Colos-Saal, Aschaffenburg - der letzte (Still)Stand
Hallo Real Music Lovers, was soll ich Euch groß erzählen? Die meisten wissen es ja mittlerweile, denn es gibt in allen Medien kaum noch andere Themen, als die Auswirkungen der Corona-Krise. Aber ganz kurz zusammengefasst sieht es so aus:
Ausgerechnet am Freitag, den 13. März ist in unserem Land das Tourneegewerbe, das Konzertbusiness, ja die ganze Bühnenkultur schlagartig und komplett zusammen gekracht. Nichts ging mehr. Es gab Versammlungs- und Veranstaltungsverbote, Reisebehinderungen, geschlossene Grenzen, abgebrochene Tourneen und ziemliches Chaos. Gleichzeitig wurde ja auch klar, dass die Bedrohung durch das Corona Virus überall auf der Welt so massiv eingeschätzt wurde, dass man sie als verantwortungsbewusster Mensch einfach nicht mehr ignorieren konnte. Wer da ein wenig mehr drüber erfahren will, dem empfehle ich diesen Podcast ab Minute 5:45 min, ein langes Interview mit mir, in dem ich die Zusammenhänge erkläre.
Als wir am Vormittag des 13.3. unsere Bürorechner eingeschaltet haben, kam eine Flut von Absagen und Verlegungswünschen auf uns zu, die bis heute nicht aufgehört hat. Wir mussten sofort die beiden Veranstaltungen des Wochenendes absagen und möglichst noch viele Leute online darüber informieren. Als wir einigermaßen durch waren, hat sich das Colos-Saal-Team am Freitagnachmittag versammelt, gemeinsam die Lage analysiert und verstanden, dass wir alle nun auf einen Schlag und auf absehbare Zeit keine Arbeit mehr haben werden. Und dann habe ich schweren Herzens meine Leute nach Hause geschickt und musste ihnen zum Abschied sagen, dass wir nun wohl alle in den Zwangsurlaub gehen müssen.
Schon Wochen vorher hatte ich geahnt, dass sowas auf uns zukommen könnte und meine Leute auch schon vorgewarnt. Am Montag darauf kamen dann die offiziellen Veranstaltungsverbote und am Dienstag hielten wir unsere Betriebsversammlung ab, in der das Team Bereitschaft zur Kurzarbeit signalisierte, um den Laden und die Jobs zu retten, weil alle wussten, dass wir ab sofort keinen Cent Einahmen mehr haben werden – auf unbestimmte Zeit.
Danach wurde es sehr einsam und still in unseren Räumlichkeiten, nur mein Sohn Max und ich hielten noch die Stellung und hatten tatsächlich bis heute sehr viel zu tun. Wir mussten nämlich unser komplettes Restprogramm März und den ganzen April neu terminieren oder auch einzelne Veranstaltungen ganz absagen. Viel Arbeit für nix, aber wichtig, weil Ihr ja schon alle Tickets gekauft und reserviert hattet und das Recht habt, von uns über alles informiert zu werden.
Planen ins Blaue hinein. Ohne Sicherheit. Keine/r weiß, wie lange das Virus noch wütet und wie lange die behördlichen Maßnahmen sein müssen bzw. je nach Sichtweise überhaupt von den Menschen erduldet werden. Ergebnis: Das komplette Aprilprogramm wird nicht stattfinden. Auch im Mai sind schon erste Veranstaltungen verschoben und ob der Rest überhaupt stattfinden kann und darf, steht völlig in den Sternen. Mittlerweile wird in den Medien schon darüber gerätselt, ob im Sommer überhaupt irgendetwas stattfinden kann.
Das wichtigstes Element für Euch alle auf unserer neugestalteten Website, sind im Moment die News, die wir vorübergehend dominant auf die Startseite von www.colos-saal.de genommen haben. Insbesondere diese hier: „Corona Virus und die Folgen – Programmänderungen“. Denn dort führen wir sämtliche Änderungen des Programm in einer Liste zusammen und erklären explizit für jede einzelne Veranstaltung, was für bereits gekaufte Tickets gilt. Ganz unten auf der verlinkten Seite findet Ihr auch eine Liste der zurückliegenden Termine seit 13.3., damit Ihr selbst für diese Konzerte noch im Nachhinein nachschauen könnt, was jeweils Sache ist.
Ich kann es nicht anders sagen: diese Entwicklung ist für unsere Firma mit über 30 Mitarbeitern eine sehr bedrohliche Situation, zumal ich auf keinen Fall auch nur einen meiner 15 Festangestellten entlassen werde. Das wunderbare, eingespielte Colos-Saal-Team ist nicht einfach auszutauschen. Wir machen keinen Cent Einnahmen mehr, da es derzeit nicht nur bei uns, sondern in der ganzen Branche quasi keine Ticketverkäufe mehr gibt. Aber wir haben erhebliche laufende Kosten, die jeden Monat auf uns zukommen. Das halten wir so vielleicht ein paar Wochen noch durch, bei hoher Kreditaufnahme vielleicht noch ein paar weitere Wochen. Aber dann wird es irgendwann zappenduster.
Stand heute wird auch immer deutlicher, dass für den Fall, es käme zu Lockerungen der behördlichen Gewerbeeinschränkungen und Schließungen, es in den beiden Bereichen Kultur/Entertainment und Sport mit ihren Massenveranstaltungen mit Sicherheit Verlängerungen der Versammlungsverbote geben wird, da hier die größten Ansteckungsgefahren sind. Mit anderen Worten: Wir müssen uns auf einen sehr langen Zeitraum der Konzertverbote einstellen, möglicherweise viel länger, als wir alle derzeit noch hoffen. Das geht nicht nur uns so, eigentlich sind alle Spielstätten davon betroffen und segeln blind in eine völlig ungewisse Zukunft mit täglich zunehmender finanzieller Belastung und der Insolvenzgefahr am Horizont. Viele werden das wirtschaftlich nicht durchstehen können. In etlichen anderen Branchen ist es ja genau so schlimm.
Nach zwei Wochen Zögern haben wir uns daher entschlossen, unsere Besucher um Unterstützung zu bitten. Bislang war ich jahrzehntelang stolz auf unsere Unabhängigkeit, denn wir haben immer ohne irgendwelche staatlichen oder kommunalen Kulturzuschüsse gewirtschaftet. Aber jetzt sind wir an einem Punkt, an dem es ohne Finanzunterstützung nicht mehr geht. Daher haben wir uns zu einer Crowd Funding Kampagne entschlossen, die seit Sonntag läuft und bitten Euch, die Freunde des Colos-Saal und real music lovers darum, uns mit einer Spende zu unterstützen.
Wir benutzen dazu die fast kostenfreie Crowd Funding Plattform GoFundMe: Unsere Kampagne lautet "Der Colos-Saal braucht Eure Unterstützung" und ihr findet sie mit Klick auf diesen Link.
Wer eine Spende über Paypal bevorzugt: Direkt über die Kampagne ist das leider nicht möglich. Wir haben allerdings einen Paypal-Link erstellt, über den ihr uns unterstützen könnt:
https://www.paypal.me/colossaal
Bitte beachtet, hier den Haken bei "Sie zahlen für Waren und Dienstleistungen..." zu entfernen, dann läuft das für uns gebührenfrei.
Zu unserem absoluten Erstaunen ist diese Kampagne, an die ich zunächst nicht so recht gelaubt habe, bislang sehr gut angelaufen und das ganze Team hat nun die Hoffnung, dass es irgendwann weiter gehen kann, wo es doch zwei Wochen lang absolut düster aussah. Es gibt über 1700 Spender jetzt schon (aus aller Welt übrigens, selbst internationale Bands spenden), hunderte von uns rührenden, motivierenden, stärkenden Solidaritätsbekundungen und wir sind jetzt schon unglaublich dankbar, lesen alles, freuen uns und haben nun langsam doch die Hoffnung, notfalls auch länger diese Situation auszuhalten und sofort anzufangen, wenn es wieder unbedenklich ist, größere Veranstaltungen zu besuchen.
Mit den Spenden werden wir die erheblichen laufenden Kosten während der Schließung bezahlen und ich will unbedingt das Kurzarbeitergeld meines Teams aufstocken, denn 60% bzw. 67% vom Nettogehalt wird ihnen auf Dauer zur Existenz nicht reichen.
Wir sehen uns (hoffentlich irgendwann wieder) bei den Konzerten.
Herzliche Grüße von
Claus Berninger und dem Colos-Saal-Team
Quelle: Colos-Saal