INY LORENTZ - Die steinerne Schlange

VÖ: bereits erschienen
(Lübbe Audio)

Hompage:
LÜBBE AUDIO

Klappentext:

Deutschland, 213 n. Chr.: Quintus Severus Silvanus kommt zu den Sueben, um den Stammesfürsten zur Heerfolge für einen von Kaiser Caracalla geplanten Feldzug  aufzufordern. Als Quintus Gerhild zu Gesicht bekommt, will er sie als Geliebte mitnehmen. Gerhild sträubt sich jedoch und besteht auf einen Wettkampf. Sie tritt selbst gegen Quintus an, besiegt ihn und blamiert ihn damit vor dem ganzen Stamm. Quintus gibt sich damit nicht zufrieden, er sinnt auf Rache. Er will die junge Germanin als Sklavin...

Gelesen von Nicole Engeln

Kritik:

Die schöne wie eigensinnige Germanin Gerhild setzt sich zu Wehr, als der römische Heerführer Quintus in ihrem Dorf auftaucht und sie als Geliebte begehrt. Begleitet und unterstützt von Gerhilds Bruder, welcher in der römischen Armee dient, beabsichtigt Quintus, eine neue römische Kolonie in Germanien zu gründen und sich selbst als Statthalter aufzuschwingen. Der Stammesfürst, Gerhilds anderer Bruder – schwach und ohne Führungsqualitäten, hat diesem wenig entgegen zu setzen. Julius, ebenfalls ein Germane, der in Quintus Gefolge dient, scheint hingegen nicht ganz so entschlossen hinter seinem Führer zu stehen und ist ebenfalls fasziniert von der mutigen Fürstentochter des suebischen Stammes. Mit Intrigen und falschem Spiel, am Ende mit blanker Gewalt, versucht der skrupellose Quintus, seine Ziele durchzusetzen und das Land der Sueben sowie Gerhild an sich zu bringen. Diese tritt den römischen Besatzern kämpferisch entgegen und führt die benachbarten Stämme als „Schildmaid Wuodans“ in den Kampf. Begeistert von der zeitlichen Ansiedlung des neuen Hörbuches „Die steinerne Schlange“ von Iny Lorentz war ich stark gespannt. Fernab von Mittelalter und Renaissance bewegen wir uns „Wanderhuren-untypisch“ im 3. Jahrhundert nach Christus im von den Römern besetzten Germanien. Und auch hier hält das Autorenpaar, was sich der genretreue Hörer von einem echten Iny Lorentz Roman verspricht: Schöne und mutige Frauen, gutaussehende Helden und böse, böse Bösewichte. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer: Sieht man vom historischen Hintergrund ab, liegt hier ein erneuter Roman mit gewohntem Strickmuster vor. Beliebig austauschbare und leider sehr einseitige Charaktere handeln in den nur allzu bekannten Bahnen, die ein jeder Iny Lorentz Roman zieht. Ein kampfunerfahrenes Mädchen wächst über sich und seine Fähigkeiten hinaus und besiegt römische Heere und erfahrene Kämpfer. Dabei bedient sie sich teilweise recht gewitzter Ideen, vieles erscheint jedoch eher unglaubwürdig und etwas wildromantisch übertrieben. Die Handlung eiert recht einseitig vor sich hin und eigentlich präsentiert man eine ständige Wiederholung von Verfolgung, Einfangen, Flucht und Befreiung sowie den dummen Römern mal kurz auf die Mütze hauen und wieder verschwinden. Die üblichen Vergewaltigungsfantasien werden ebenso selbstverständlich ausgelebt wie die ewig unglaubwürdige Darstellung der Superfrau, die ohne Fehl, Tadel oder persönliche Schwächen der eigentlich zu damaliger Zeit rechtlich privilegierten Männerwelt zeigt, wo der Hammer hängt. Hmh. Zugegeben, die Einbettung in diesem geschichtlichen Hintergrund und die Einbeziehung der historischen Gegebenheiten haben ihren Reiz, sind aber bei weitem zu dünn gesät und färben nicht genug ab, um diesen Roman aus dem Meer der anderen Iny Lorentz Romane in irgend einer Weise herausragen zu lassen. Zu gleich die Figuren, zu viel Wiederholungen. Auch die sprachliche Umsetzung hat ihre Grenzen. Ebenfalls zu viele Wiederholungen, die beim zügigen Hören irgendwann etwas nerven. Erreicht man mit etwas ungewöhnlicher Wortwahl zwar eine gewisse scheinbare Nähe zum historischen Stoff, dürfte aber der „Mundvorrat“ nach dem gefühlten zehnten Mal gut und gern auch einmal „Proviant“ oder „Verpflegung“, der „Gaul“ auch einmal „Pferd“ oder die „Jungmannen“ auch einmal irgendwie anders (um)benannt werden. Trotz guter Ansätze konnte mich dieser Audio-Roman zu keiner Minute wirklich fesseln. Schade, denn Story und Idee hätten genug Potenzial geboten, wenn auch nur einmal vom ewig gleichen Schema F abgewichen worden wäre und man etwas mehr in die charakterliche Entwicklung der Figuren investiert hätte. Allein Gut und Böse funktioniert mal, aber leider eben nicht immer. Entgegen der sonst gewohnten Lübbe-Audio Stamm-Lesestimme der Lorentz Romane, Anne Moll, leiht diesmal Nicole Engeln ihre Stimme. Solide und angenehm hörbar vorgetragen, konnte mich Nicole Engeln allerdings nicht zur Gänze begeistern. Gerhilds Dialogparts werden teilweise für meinen Geschmack in einer zu hohen, extrem dumm und naiv klingenden Stimme gelesen, welche das Mädel komplett anders darstellt, als beschrieben. Dies ist insbesondere in Situationen der Fall, in denen sie zur versammelten Menge spricht oder sich gegen ihre Brüder oder ihre römischen Widersache auflehnt. Gerade da würde man eine feste, entschlossene Stimme erwarten. Die Stimmen der Gegenspieler werden zwar mit viel Inbrunst und Verschlagenheit stimmig interpretiert, leider werden aber dabei schon mal letzte Silben zum Satzende verschluckt. Vielleicht ein bißchen zu viel Negativkritik in der Summe, denn insgesamt hält das Hörbuch seinen Hörer dennoch bei der Stange. Nicht weniger, aber leider eben auch nicht mehr. Hier wäre autorenseitig meiner Meinung nach einfach mehr möglich gewesen. Etwas mehr Klasse statt Masse lautet die Devise.

Fazit: Solider Historienroman in gewohnter Iny Lorentz-Manier, der unterhält, aber zu keinem Zeitpunkt überrascht. Empfehlung nur für Genre- und absolute Iny Lorentz-Fans.

4,8 von 10