DIO - The Studio Albums 1996 - 2004


VÖ: 20.03.2020
(BMG)

Style: Heavy Metal

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DIO

Den kompletten DIO-Backkatalog wollen BMG wiederveröffentlichen. Gestartet wird mit einer umfangreichen Studio-Album-Sammlung aus der späteren Dio-Ära von 1996 – 2004. Es handelt sich um die vier Alben 'Angry Machines', 'Magica', 'Killing The Dragon' und 'Master Of The Moon'. Ergänzt durch rare Studiotracks („Electra“, „Prisoner of Paradise“), sowie Bonus-Tour-Live-Mitschnitten zum dazugehörigen Album als Deluxe Version im lukrativen Mediabuch sollten diese umfangreichen Sonderauflagen nicht nur allein für Sammler, sondern vor allem für DIO-Fans überaus reizvoll sein. Den Anfang dieser Besprechung macht 'Angry Machines'.

Angry Machines (1996)
erschien im Jahr 1996. Dieser Release zeigte sich als entgegen gesetzt zum bekannten Turnus von den bisherigen DIO-Releases völlig abweichend durchweg beklemmend schwermütig düster über weite Strecken regelrecht unzugänglich und sperrig - ein echtes Novum in der DIO-Historie! So ziemlich jeder große Metalact aus den 80ern hat neben zahlreichen Klassikern auch ein Streichergebnis in seiner Bandhistorie vorzuweisen. Bei DIO hieß das überhaupt nicht der sonstigen Klasse des Maestros entsprechen wollende Streichergebnis 'Angry Machines'.

Ronnie James Dio liefert zwar eine von ihm nicht anders erwartete Traumgesangsleistung, womit ein großes Plus auf der Habenseite steht, auch der kraftvolle Sound passt sich der Scheibe an, doch genügt sein emotionaler in einer völlig eigenen Liga für sich schwebender Gesang hier nicht, um das überraschend unorthodoxe Gesamtwerk in höhere Bewertungsregionen zu hieven. Der Versuch zeitgemäß modern produziertes Songmaterial in ein angepasstes extrem düster-futuristisches Gewand gekleidet unters Volk zu bringen, misslang recht deutlich.

Die beigefügte Bonus-CD rettet 'Angry Machines' buchstäblich vor dem Absturz in den unteren 5er-Wertungsbereich. Darauf enthalten sind insgesamt zwölf Tracks neueren Materials vom 'Angry Machines'-Release („Jesus, Mary & The Holy Ghorst – Straight to the Heart“, „Double Monday“ und „Hunter of the Heart“), sowie bewährten sich deutlich in der Mehrzahl befindlichen DIO-Live-Klassikern, darunter sage und schreibe neun (!) live gebrachte Genreperlen: „Don't Talk to Strangers“, „Holy Diver“, „Heaven & Hell“, „Man On The Silver Mountain“, „Long Live Rock n' Roll“, „Rainbow in the Dark“, „The Last in Line, „The Mob Rules und „We Rock“. Dieser fette Livemitschnitt von der ein Jahr später folgenden Angry Machines-Tour 1997 gibt unabhängig des ausnahmsweise recht durchschnittlich ausgefallenen Studioreleases noch einen sehr gewichtigen Anreiz, sich das Ding im Bedarfsfall trotzdem zuzulegen.

Magica (2000)
erblickte im Millenniumsjahr 2000 das Licht der Welt. Das Album fiel ebenfalls experimentiell aus, doch bei weitem nicht mehr so gewagt, wie das klar schwächere 'Angry Machines', und erst recht nicht modern, anders als bisher, überquellend vor bewährter DIO-Magie. Die Rückkehr auf gewohntes Terrain im Fantasy-Metal-Sektor tat Ronnie James DIO wie an Magica erkennbar wird, gut. Dieses seinem Titel gerecht werdende Meisterwerk zeigte 'den kleinen Mann mit der großen Stimme'  - wieder mit all seinen Stärken. 'Magica' wurde durch die Saitenkünste von Graig Goldy veredelt, den zwei Jahre später Doug Aldrich im Band Line Up ersetzte. 'Magica' kristallisierte sich als emotionsgeprägt spannendes Konzeptalbum heraus, dessen hochkarätig literarische Erzählkunst auf geradezu filmhafte Weise in die fesselnd abenteuerliche Welt der Mythen, Märchen und Magie führte.

Kein anderer Metalmusiker verstand es so spielend elegant, mit Worten umzugehen, sie in Musik und Geschichten zu packen, ihren Inhalt live ebenso perfekt zu vertonen, wie der 2010 an schwerem Krebsleiden verstorbene Ronnie James DIO, ich saß damals Tränen in den Augen (!) vor meiner Anlage, weil mich das Ableben dieser großen in den Herzen seiner Fans unvergessen gebliebenen Musikerpersönlichkeit sehr berührte,  - laut durchs Haus hallend eine DIO LP nach der anderen hörend, mit dem die Heavy Metal-Szene ihren (Bruce Dickinson vielleicht ausgenommen!) besten Sänger aller Zeiten verlor. R. I. P. Ronnie! Du wirst auf ewig unerreicht bleiben. Irgendeinen Track speziell hervorzuheben täte dem Gesamtwerk Unrecht, deshalb sei es dabei belassen. Gesangstechnisch zeigt sich Ronnie James DIO alle Register seines Könnens ziehend in Topform, das Songwriting ist hervorragend, ebenso klingt der Gitarrensound ganz im erfolgsbewährten Raster. Spannungsgeladene Akkustikeffekte, sanft im Hintergrund wirkende Keyboardschleier, feinfühlige Gesangsharmonien, intensiv gesteigerter Dramafaktor sowie das unverzichtbar kraftvolle Schlagzeugspiel des Schotten Simon Wright tun ihr übriges, um dem packenden Gesamtwerk seine erforderliche Klasse angedeihen zu lassen. 

Auf der als Bonus hinzugefügten CD 2 befinden sich neben der Live-Vorstellung acht Magica-Tracks („Discovery“, „Magica“, „Lord of the Last Day“, „Fever Dreams“, „Eriel“, „Chalis“, „Losing My Insanity“, „Otherworld“, sowie das für Magica Teil II vorgesehene bis dato unveröffentlichteals Studiotrack eingespielte Sahnehäubchen „Electra“. Auch die von Ronnie James DIO selbst gelesene achtzehn Minuten lange Magica-Story gibt interessanten Einblick in das Schaffen eines ganz großen Künstlers, der es wie kein zweiter verstand mit Worten umzugehen.
Dieses Gesamtpackage als 'lohnenswert' zu bezeichnen wäre deutlich untertrieben. Für DIO-Fans ist es nahezu ein unumgängliches M u s s !

Killing The Dragon (2002)
folgte 2 Jahre später auf 'Magica'. Das aus dem Jahr 2002 stammende Studiowerk zeigte DIO nun weniger experimentiell stattdessen geradlinig wie lange nicht mehr . Mit Doug Aldrich für Graig Goldy machte sich eine Veränderung im Band Line Up bemerkbar, die sich keineswegs nachteilig auf 'Killing The Dragon' auswirkte. DIO kehrte deutlich wie lange nicht mehr zurück zu seinen Wurzeln, will heißen, eingängig harte Riffgitarren, fesselnde Soli, beschwörende Gesangslinien, taktsicheres Drumming und vor allem wieder direkt nach vorn, was dem Gesamtergebnis wohltuend zu Gesicht stand, womit der Fehltritt 'Angry Machines' endgültig ad acta gelegt wurde. Zwar befanden sich mit „Throw away Children“ und dem belanglosen Stampfer „Cold Feet“ zwei Durchschnittliche Nummern auf 'Killing The Dragon' doch fallen die nur bedingt ins Gewicht. Beim sich gefühlte sechseinviertel-Minuten wie Kaugummi schleppend gedehnt in Theatralischer Langatmigkeit ergehenden seinem Titel nicht wirklich gerecht werden„Rock and Roll“ besteht selbst nach achtzehn Jahren immer noch Gefahr im Sitzen einzuschlafen. Warum gerade dieses Stück auf der Bonus CD vertreten ist (?) will sich gar nicht so recht erschließen. Gegen explosive DIO-Rock & Roll-Hymnen im Größenformat von 'The King of Rock and Roll', 'Long Live Rock and Roll' oder 'Rock and Roll Children' stinkt der ein solches Top- Niveau nicht annähernd erreichende Langweiler gewaltig ab.
Ein gutes halbes Dutzend fetziger Groover wie „Killing The Dragon“, „Along Comes a Spider“, „Scream“, „Better in the Dark“, „Push“, das von wechselhafter Tempovariation umrahmte „Guilty“ sowie ein schmissig von per Keyboard erzeugter Orgel mit viel Drive rockende „Bevore The Fall“ zeigen das 2002er-DIO-Bandline Up dem entgegen gesetzt in guter Form.

Als Bonus wurde ein Live-Mitschnitt von der 2002/03er Killing The Dragon-Tour beigefügt, der neben dem Titeltrack „Killing The Dragon“ und „Rock and Roll“ - vier Live gespielte Top-Klassiker enthält: „Holy Diver“, „Heaven & Hell“, „I Speed At Night“ und „Stand Up and Shout“ wodurch insgesamt ein richtig gutes Gesamtpaket würdevollen Ausklang findet.

Master of the Moon (2004)
erschien wiederum zwei Jahre später anno 2004 und hielt so einige Überraschungen parat, was nicht nur an der Rückkehr von Saitenhexer Graig Goldy ins Band-Line Up und dem Einstieg von DOKKEN-Bassist Jeff Pilson geschuldet ist. Der fette gleich mal deftig flott in die Vollen gehende Opener „One More For the Road“ könnte selbst sechzehn Jahre später als direktes Gegenstück zu 'Stand Up and Shout' durchgehen. Dem steht der deutlich temporeduzierte Titeltrack-Stampfer im Hymnenformat „Master of The Moon“ entgegen, „The End of the World“ besticht durch knackige AC/DC-Riff-Schule verbunden mit dem für DOKKEN seinerzeit ebenso typisch gedämpften Temporhythmus. Doch statt es hier jetzt weiter kreativ zur Sache geht, verfährt sich das Album in einer Sackgasse. Wenn es ein deutliches Manko an dieser Scheibe mit herrlich reisserischem Cover damals wie heute gab, (ein gigantisches einem Monsters of Rock-Plakat entstammen könnendes Monster hält den leuchtenden Mond in seiner Klaue!) liegt es darin, dass sich alle Tracks viel zu oft gleich bleibend im für DIO-Verhältnisse gediegenen Midtempobereich ansiedeln.

Soundtechnisch lässt die Scheibe nichts zu wünschen übrig. Spätestens im von „Shivers“ eingeleiteten Mittelteil gerät das Mond-Monster allerdings gewaltig ins Schwächeln, das Feeling geht flöten. Gerade die langen fünf bis sechs Minuten-Stücke „The Man who would be King“ und „The Eyes“ plätschern dröge vor sich hin, weshalb das Album knapp als annehmbar durchgeht. Zum Ende gelingt 'Master of the Moon' die insgeheim erhoffte Steigerung in Form des flotten Brechers „Living The Lie“ durch erhöhten Geschwindigkeits- und Drive-Faktor, „I am“ und „Death By Love“ punkten durch Dios ergreifenden Gesang in Verbindung zu kompakter Heavyness. „In Dreams“ setzt einen soliden Schlußstrich unter ein seit Erscheinens bei der Fangemeinde nicht unumstrittenes Gesamtwerk.

Der Bonus für 'Master of the Moon' ist im Vergleich zu den drei vorherigen Alben recht mager ausgefallen. Die Extra-Live-CD enthält als besonderes Extra mit „Prisoner of Paradise“ einen unveröffentlichten Studio-Track. Danach gibt’s 3x Klassikeralarm - „Heaven & Hell“, „Rainbow in the Dark“ und „Rock and Roll Children“ - sowie den während der 'Master of the Moon'-Tour 2004/05 mitgeschnittenen Live-Track „The Eye“.

Diese Neureleases sind ebenso als Vinyl-LP-Variante erhältlich, inklusive der Vinyl-Singlebeigaben "Electra" und "Magica" was den Reiz der Neuauflage noch um ein vielfaches erhöht. Unabhängig dessen, wofür das Fanherz sich entscheidet, zu Buche steht folgendes Schlußresumeé:

Das verzichtbare 'Angry Machines' lohnt wegen der starken Bonus-CD, 'Magica' und 'Killing The Dragon' sind unverzichtbares MUSS für DIO-Fans die jeweiligen Bonus-CD's machen den Erwerb zusätzlich schmackhaft. 'Master Of The Moon' ist ein annehmbares Scheibchen mit starkem Beginn, schwacher Mittelachse und gesteigert bis solidem Schlußteil.

Unter Einbeziehung aller Faktoren erreichen alle vier Tonträger die jeweils folgenden Bewertungsergebnisse:

Angry Machines: 6,6/10
Magica: 9/10
Killing the Dragon...8/10
Master of the Moon 7/10