BARNABUS - Beginning To Unwind


VÖ: Bereits erschienen
(Rise Above Relics)

Style: Folk/Hard Rock

Homepage:
BARNABUS

Zunächst voab ein dickes Lob an Ex-NAPALM DEATH/ CATHEDRAL-Bandmitglied Lee Dorian und das Label RISE ABOVE RELICS für die Wiederveröffentlichung eines original fast fünfzig Jahre zurückliegenden Genrejuwels. Hier wurde ganze Arbeit geleistet. Am ursprünglichen Sound wurden keine Veränderungen vorgenommen, wodurch das Gesamtresultat in der Abmischung authentisch klingt, was den verschroben-kauzigen Charme des raren Originals nur noch unterstreicht. 'Beginning To Unwind' darf mit Recht zu den vergessenen Juwelen des Folk-Rock-Sektors gezählt werden. Inhaltlich beinhaltet die randvolle Wundertüte soviele miteinander fusionierende Stilelemente, die sich überhaupt nicht alle aufzählen lassen.

Ähnlich facettenreich bunt, dennoch mit klarem Erkennungswert gibt sich die Landschaft auf dem recht simpel anmutenden Coverartwork, indem sich allein farblich betrachtet, alle vier Natur-Elemente widerspiegeln. Bei BARNABUS handelt es sich um eine von 1970 – 73 aktive Band aus den westlichen Midlands/Warwickshire, die sich einen guten lokalen Ruf erarbeitete um in dessen Zügen eine vor anspruchsvollem Songmaterial nur so platzende LP veröffentlichte, - ein für den Folk-Rock-Bereich Monster-Album, das traurigerweise bis heute nie das Tageslicht sah. So harmlos der Bandname auf den ersten Blick auch klingt, verbirgt sich dahinter eine erschreckend schaurige Geschichte, die sich tatsächlich ereignet haben muss, da sich ihr Inhalt in einem Gesetzbuch wieder findet. Ein Mann namens Barnabus (dessen Nachname und Wohnort aus besonderen Grund unerwähnt bleiben), wurde für eine schwerwiegende Straftat zum Tode verurteilt, seiner Heimat verwiesen und aufgehängt.

Am Rande sei erwähnt, dass BARNABUS den Midland Heat des Melody Maker Rock & Folk-Wettbewerbs gewannen – eine Auszeichnung, bei der keine Geringeren als OZZY OSBOURNE und TONY IOMMI die Jury bildeten. Gefrustet von der Musikindustrie folgte trotz dieses bemerkenswerten Erfolges die Trennung, wodurch das Album bis heute unveröffentlicht blieb und nun verdientermaßen Renaissance erfährt. Bestehend aus drei Mitgliedern, John Storer (Gesang/Gitarre), Keith Hancock (Gesang/Bass) und Tony Cox (Schlagzeug) stieß mit Les Bates ein Dichter als innoffizielles viertes Mitglied im Bandgefüge hinzu, dessen schöpferisches geistiges Werk die Band mit ein wenig lyrischem Input versorgte.

Soviel vorab, nun zur Musik: Trotz folkiger Ausrichtung finden sich auch Elemente aus New Orleans Jazz und Blues auf dem Tonträger. Schon ungewöhnlich, dass eine LP mit einem Cover beginnt. „America“ von LEONARD BERNSTEIN wurde gewählt, obwohl meine Verwunderung umso größer ist, kreist munter der Gedanke: - Kennst Du das nicht irgendwoher? Daneben gibt es ein weiteres Cover: „Morning Dew“ stammt im Original von der kanadischen Singer-Songwriterin Bonnie Dobson, die sich kritisch mit den Schrecken des Atomkrieges auseinander setzend ihrem Song einen sehr Düster-Post-Apokalyptischen Anstrich verpasste. „Morgen Tau“ lautet die deutsche Übersetzung eines beliebten Songs, der von vielen Künstlern gecovert u. a. durch die schottische Hardrock-Institution NAZARETH und von der US-amerikanischen Psychedelic-Folk-Rock-Blueslegende GRATEFUL DEAD als Signature-Song verwendet wurde.

Die für das Songwriting verantwortlichen Bandköpfe John Storer (Gitarre/Gesang) Gitarre und Keith Hancock (Bass/Gesang) teilten sich die Songausrichtung. Für schweres in den Hardrock-Bereich tendierendes Material wie das in Richtung Proto-Doom tendierende „The War Drags On“, einer Hymne wie BLACK SABBATH'S „War Pigs“ zumindest entfernt ein wenig ähnelt zeigte sich Hancock, dessen Organ grantiger klingt als die von Storer einer Art Captain Beefheart ähnelnde Stimmlage, verantwortlich und so manche Passage im Leadgitarrenspiel erinnert sogar an vereinzelte Passagen aus TED NUGENT'S achteinhalb-Minuten-Langriemen „Stranglehold“. Weniger kantig rockendes, mehr in den ruhigeren mystisch folkigen Bereich tendierendes Material stammt von John Storer, womit sich darüber hinaus ein klares Unterscheidungs-Merkmal hinsichtlich des gestalterischen Stils der Songs abzeichnete.

Beseelt von Themen über Mystik und Natur kritisiert der Albuminhalt bei nachdenklich in sich gekehrten Songs wie „Gas Rise“ die Folgen der Umweltverschmutzung durch die riesige Ford Fabrik in Lemington. Trotz übermässiger Länge aller Tracks entpuppt sich jedes einzelne Stück nahezu als Entdeckungsreise eines muskalisch vielfältigen Horizontes. „Beginning To Unwind“ wirkt nachdenklich in sich gekehrt, dem gegenüber steht ein vor Lebensfreude strotzendes „Clasping Hands“, dessen leichtfüssiger easy going-Taktbeat fesselnde Wirkung entfaltet. Die nächst folgenden fünf alle die Sechs Minutengrenze überschreitenden Gourmetstücke bewegen sich klar im rockigeren THE DOORS/LED ZEPPELIN/BLACK SABBATH-Bereich die Anti-Atomkrieg-Hymne „Morning Dew“ baut trotz feinfühligem Folk-Zuckergusses in rebellischer Manier geradezu enorm fesselnde Spannungsbögen auf, „Don't Cry For Me Lady“, beginnt akustisch, zeigt sich verträumt sehnsuchtsvoll von mystischem Folk-Flair umgarnt, „Resolute“ started bedächtig schleppend, um sich zur intensiven Proto Hard Rock-Orgie entwickelnd in Richtung LED ZEPPELIN/THE DOORS auszuufern. Dem gegenüber steht „Drifters Lament“ eine sehr Gitarrenbetonte unwiderstehlich ins Blut gehende, von traditonellen Volksgesängen und geheimnsivoll mystischem Bardengesang flankierte Folk-Rock-Session, bis mit „Apokalypse“ der in dunkel prophetischer Weise bizarres Kauz-Rock ans Tageslicht bringende Abschluß für das Ende einer phantastisch virtuos gestalteten Folk-Rock-Reise sorgt. Zwei neuere Demo-Tracks („Mortal Flight“ und „Winter Lady“) sowie packende Live-Versionen von „Morning Dew“ und „Resolute“ sind als Bonus auf dieser empfehlenswerten Wiederveröffentlichung enthalten.

'Beginning To Unwind' blieb ein lange Zeit dunkles Geheimnis aus dem Hardrock und Volksmusik-Fundus der Mittleren 70er, das nun endlich gelüftet ist. Dieses reichhaltige Füllhorn faszinierend melancholisch-dunkler Folk-Rock-Klänge dem an passender Stelle auch Hoffnung und Fröhlichkeit entströmt ist nicht nur für MAGNA CARTA, STEELEYE SPAN' und PAVLOV'S DOG-Fans höchst interessant. THE DOORS/LED ZEPPELIN/BLACK SABBATH-Jüngerschaft könnte ebenfalls eine Menge darin entdecken.

Welch unverzichtbares Genre-Juwel, das sich unmittelbar direkt neben Größen wie MAGNA CARTA, PAVLOV'S DOG oder STEELEYE SPAN verorten lässt. Unbeschreiblich virtuoses Elixier mit Langzeitwirkung.

Fazit: - Zeitloser 70er-Folk-Rock auf beeindruckendem Niveau! 9/10





 

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