SUDDEN DEATH - All Or Nothing (Ultimate Edition) 2020
VÖ: 31.07.2020
(GoldenCore Records)
Style: Heavy Metal
Homepage:
GoldenCore Records
Es gibt Bands, die mit nur einem Album Mauern einreissen, obwohl danach kein weiteres von ihnen folgte, weil sie irgendwo wieder in tiefster Versenkung verschwanden, woher sie kamen. Die Berliner SUDDEN DEATH passen als echter Insidergeheimtipp tradtionellen 80er-Teutonenstahls als Paradebeispiel nahezu perfekt in das erwähnte Schema. Mit packendem abseits jeglicher Trends liegendem Heavy Metal den ihr 1987 in Eigenregie unter dem Labelname MPB veröffentlichtes Debüt 'All Or Nothing' enthält, wurde ein gehaltvolles Undergroundjuwel auf Reinstahlbasis geschmiedet, wonach selbst 33 Jahre später Teutonenstahlfans & Echtmetalpuristen lechzen. Gassierenden Szenetrends (Glam, Thrash) und der nervigen Tendenz den Geschwindigkeitsrekord zu brechen, um (nicht immer damit gleichsam verbundenes Härtelevel) zu toppen, wirkte man mit unverfälscht bodenständig ehrlichem Heavy Metal gesundermaßen entgegen, der es dank fließender Energie, geballter Dynamik und toller Melodien jederzeit mit bekanntern Genrevertretern aufnehmen konnte.
Wenngleich das 'All Or Nothing'-Vinyl irrtümlich oft als NOISE RECORDS Pressung im Zusammenhang mit Top-Musik-Produzent Harris Johns genannt durch die Szene geistert, (zu jener Zeit und weit darüber hinaus von 1978 – 2015) betrieb dieses für diverse bekannte deutsche und internationale Szene-Größen arbeitende Allroundtalent das Tonstudio Lab in Berlin. Auch als Musiker stand Harris Johns als Sänger/Bassist in Reihen der 1987 kurzweilig bestehenden weil im gleichen Jahr wieder aufgelösten Berliner Power/Speed Metal Band CHARN. Mit der 1970 gegründeten Psychedelic Hardrockband KON SAMETI ist der vielseitige Produzent und Musiker seit 2014 auf den Livebühnen unterwegs. Bezüglich der Gerüchte um NOISE RECORDS zur Klärung eines Riesemissverständnisses: SUDDEN DEATH standen nie bei NOISE unter Vertrag (!) obwohl sie es bezüglich ihrer Klasse könnten. Näheres hierzu folgt an späterer Stelle.
Scharf riffende Gitarren auf deutlicher ACCEPT-Grundlage, wuchtiges Powerdrumming, pumpende Bassrhythmen, gefühlvolle Leadsoli, heftige Killerhooks und ein durch kraftvolle Tiefe bärbeissig, kehlig, emotional und aggressiv beseelter Gesang, der ein echtes Alleinstellungsmerkmal damals wie heute darstellt(e) lautet das dahinter stehende Erfolgsrezept. Die bärbeissige Reibeisenröhre von Bassist Arno Schamberg jagt einem heute noch literweise Schauer über den Rücken, so intensiv klingt sein extrem unorthodox kehlig weder zu kopierend noch in irgendeiner Form auf dem Teutonenstahl-Sektor erreichter Gesang. Stimmfarbnuancen von Udo Dirkschneider (Ex-ACCEPT, heute U.D.O.), Rock n' Rolf (RUNNING WILD), Chris Boltendahl (GRAVE DIGGER), Charlie Huhn (Ex-VICTORY) und FAITHFUL BREATH-mäßige Frequenzen vereinten sich zu einem urigen Gesangsstil, den es in solcher Form überhaupt kein zweites Mal auf dem Teutonenstahlsektor gab! Exakt so faszinierend wie früher greift diese LP heute immer noch wenn sie ersteneinmal rotiert. Darüber hinaus lässt dieses von intensiver Leidenschaft aus dem Bauch heraus beseelte Organ selbst anno 2020 ganze Armeen quietschquengelnd abtörnender Transparent-Powermetal-Hochtonheulbojen blass aussehen! Ungemein kraftvoller Heavy Metal im Zeichen gestandener Acts erster Stunde! Außerhalb von 'All Or Notin' und verschiedenen kleinen 1986er Vorgänger-Demotapes mit Live- und Studiotracks gelangten zu jener Zeit russische 'All Or Nothin' CD-Bootlegs in Umlauf; -Signal dafür, das eine handwerklich begabte Combo wie das Berliner Eigengewächs auch internationales Faninteresse auf sich zog!
Das Spektrum auf 'All Or Nothing' bot 1987 im Grunde genommen so ziemlich alle Geschwindigkeitsvarianten, unabhängig ob schleppend langsam, kerniges Midtempo sowie furiose Speed nähe erreichende Attacken. Eingeleitet vom kräftig aufs Gaspedal tretenden an der Grenze zum Speed kratzenden Opener „Killer“ (immer wieder geil!), regierte bei den Berlinern SUDDEN DEATH konstant auf traditionell eingängige Songstrukturen im Hymnenformat setzender Heavy Metal. Kein Doom, kein Glam, kein Speed - einfach nur Heavy Metal in reinster Form - ohne auch nur irgendwelche dazu erst recht nicht passen wollenden Zusätze! Heroisch klirrende Schwerter, Sturmwindrauschen, spannungsvolle Marsch-Trommelssequenz und prophetische Düstersprechpassage flankieren das epische Album-Highlight „Dust in the Wind“. Selbst heute noch erinnert der Epic Stampfer fast an eine Art Schwesterversion der Wittener Szene-Pioniere FAITHFUL BREATH. „Bloody Conclusion“ marschiert mit heftig treibendem Kickass Faktor vorwärts, während „Loaded Brain“ sich im klassischen Midtempobereich bewegt, bei heftigen Speedbrettern Marke „Killer“, „Backstage Queen“ blieb das Qualitätslevel ebenfalls hoch. Auch zieren das Albumcoverartworkdesign weder Helden, Drachen, Schlachtenszenen, Fantasywelten und anderes. Ein deutlich erkennbar mit roter Frakturschrift arrangierter Schriftzug der Bandname und Albumtitel auf schwarzem Hintergrund zeigt, verdeutlicht die Bescheidenheit einer bodenständigen Band mit reichlich Potential, die es gar nicht nötig hatte, es derart zur Schau zu stellen, umso mehr. Einfach gestaltet, doch extrem aussagekräftig!
Dieses einzige SUDDEN DEATH-Album gibt sicheren Beleg, dass im 80er-Jahre Teutonenstahl-Dschungel Perlen versteckt schlummerten, deren damals überhaupt (noch) nicht wirklich abschätzbarer Wert für die stets hungrige Underground Heavy Metalszene heute umso höher ist. Dahin gehend erscheint es geradezu wie ein schlechter Hohnwitz, dass eine solch begnadete Kapelle ihrem Bandnamen auf bezeichnend ironische Weise gerecht werdend, sich auflöste. Der Tod von Gitarrist Frank Barz (makabrerweise an Herzinfarkt verstorben) war nicht kompensierbar, zwei Einbrüche in den Proberaum und einige zügige nicht unbedingt das gewünschte Ergebnis bringende Besetzungswechsel im Line Up bedeuteten das Ende von SUDDEN DEATH. Im durch Liner Notes ergänzten Textinlet wurde das gesamte Schaffen einer in den 80ern zu den ganz wenigen positiven Ausnahmen mit unabhängig eigenem hohen Wiederkennungswert im nicht unbedingt vor Kollegialität glänzenden Berliner Heavy Metal-Szenefundus angehörenden Combo eindrucksvoll dokumentiert.
„All Or Nothing – Ultimate Edition“ ist das gelungene Vermächtnis einer ungemein bodenständigen Band mit berechtigter Aufstiegs-Chance in die Topliga. Das vergessene Juwel erfreut ältere Fans wie auch neue auf 80er Metal geeichte Fangenerationen. Das 20seitige mit raren Fotos, Abbildungen und intensiven Linernotes versehene Booklet basiert auf einem aktuell in jüngerer Zeit geführten Review mit Sänger/Bassist Arno Schamberg. Alle vier Tracks vom bereits 1986 erschienen Live-Promo-Tapes, ein titelloses vier Minuten Instrumental simplerweise einfach nur „Intro“ genannt – und die unveröffentlichte Bandhymne 'Sudden Death' ergänzen als weitere Boni ein rundherum gelungenes für Kenner und Liebhaber klassischen Teutonenstahls mit viel Power und Drive gleichermaßen interessantes Edeljuwel. Ein lange bei Producer Harris Johns verschollenes 2-Track Demo plus Instrumental als gut erhaltener Kassette kam dank der Frau des verstorbenen Gitarristen Frank Barz' die einige Kassetten fand (darunter auch das längst verloren gegelaubte Demotape mit zwei unveröffentlichten Songs. Frank's Bruder hatte die Möglichkeit Kassetten von Tape auf Tape zu überspielen, was er mit dem alten Original schließlich auch tat. Für den glänzenden Job sei ihm bei dieser Gelegenheit gedankt, sonst wären diese verschollenen drei Tracks auf der 'All Or Nothing' Ultimate Edition weder enthalten, noch würden sie soundtechnisch derart prima zur Geltung kommen.
Nocheinmal zurück zu der angedeuteten Frage: Warum hat das bekannte Berliner Label NOISE RECORDS nicht reagiert? Aufgrund schlechter Erfahrungen mit anderen Berliner Bands, von denen sich eine Formation wie SUDDEN DEATH meilenweit abhob, rührte selbst das bekannte NOISE-Records-Label mit Wohnsitz Berlin auf Empehlung anderer Bands keinen Finger, SUDDEN DEATH unter Vertrag zu nehmen. Ärgerlich für die Band sowie (im Nachhinein) auch das Label. - Was für eine verpasste Chance!
Unvergesslich bleibt die Begebenheit, dass die einzige am Bundesrockfestival 1986“ teilnehmende Heavy Metalband den Siegern des Bundesrockpreises PUR, in Sachen Mediengunst die Show stahl. Auf dem 1986 bei ROCKWERK gepressten LP-Sampler 'Bundesrockfestival 86' sind SUDDEN DEATH mit ihrer gleichnamigen Bandhymne vertreten, kurioserweise fehlt ausgerechnet die auf dem 1987er LP-Debüt 'All Or Nothing', was dem Bundesrockfestival 86 Vinyl-Sampler durchaus wenn auch unbeabsichtigten Sonderstatus verleiht! SUDDEN DEATH waren möglicherweise vom Outfit interessanter als die vollständig unerwähnt gebliebenen Chartvokuhila-Popkönige mit den drei Buchstaben. Dafür wurde im ZDF 'Heute Journal' fünfzehn Minuten am Stück (!) über SUDDEN DEATH berichtet, allein der (pure) Gedanke daran lässt grinsen wie ein Honigkuchenpferd. Vielleicht war der zu jener Zeit für dieses Kuriosum verantwortliche Redaktions-Chef Heavy Metal Fan...?
Nur einige wenige Demo/Tapetrader, die möglicherweise in Besitz dieser damals wie heute extrem gesuchten Kassetten-Rarität sind sollten allen Grund haben, sich schelmisch grinsend ihre Hände zu reiben. Heavy Metal Fans, welche diese Zeiten nicht miterlebten, bekommen ab Ende Juli 2020 mit dieser hervorragend ausgestatteten Neuauflage endlich Gelegenheit, sich diesen im Original als Kleinauflage von limitierten 1.000 Vinyl-Pressungen herausgebrachten Leckerbissen, der in Zweitauflage 2000 vom Management selbst georderte LPs folgten im kompletten alles beinhaltenden Gesampaket zu sichern. Zu den feinen Extras gehört zwei wie eines wirkend zusammengeschnittene mit der Band geführte Radio-Interviews, die locker vom Hocker plaudernd zu Themen wie Heavy Metal in der (heutigen) Bundeshauptstadt Berlin, Entstehung des Bandnamens abgeleitet von einer Sportart (die sich bei Bedarf selbst erraten könnt) Songinhalten usw. Stellung nimmt, zu sichern. Damit könnt ihr dieses Schmuckstück eines kleinen, dafür umso vorzeigenswerteren Kapitels klassischer Teutonenstahlhistorie zum fairen Preis bei GoldenCore beziehen. Einen ersten kleinen Vorgeschmack bekommen eventuell neugierig gewordene auf dem feinen auch bei GoldenCore erhältlichen Genre-Sampler 'The Epic Side Of Metal Vol. 1' worauf SUDDEN DEATH mit dem schleppend eingängig epischen Antikriegshymnen-Stampfer 'Dust In The Wind' vertreten sind.
Wer eingängig direkten geradlinigen Heavy Metal irgendwo in Schnittmenge zwischen ACCEPT, FAITHFUL BREATH, RUNNING WILD, TRANCE oder VICTORY liebt, für den sollte 'All Or Nothing' uneingeschränkt Pflichtlektüre sein! Fetter Teutonen-Metal mit viel Eigenständigkeitswert für Genrepuristen. 'All Or Nothing' klingt immer noch genauso unorthodox, urig-originell (an mancher Stelle gar etwas kauzbehaftet) wie vor 33 Jahren, von vereinzelten Soundschwankungen der Livetracks einmal abgesehen. Die gehören bei Live-Demos dazu. Wer sich nicht daran beisst, sollte sich das Kleinod rechtzeitig zulegen, ehe es vergriffen ist.
Fazit: Zeitloser Oldschool Heavy Metal unverfälscht ehrlicher Art, der selbst nach über drei Dekaden kein Gramm Qualität verloren hat. - Teutonenstahl in Reinkultur, dessen gehaltvoller Inhalt allen Trendströmungen trotzend bei Kutte-, Nieten-, Ketten-, Bikerkarohemd, Leder und Kopftuch tragender Fraktion offene Türen einrennt! 9/10