ENSLAVED - Utgard
VÖ: 02.10.2020
(Nuclear Blast)
Style: Progressive Viking Metal
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ENSLAVED
Von ihrer eisigen Vergangenheit haben sich die früheren Viking/Black Metaller ENSLAVED größtenteils schon lange befreit, doch löblicherweise nicht endgültig. Auf Studiorelease Nummer Fünfzehn zeigt sich die Armee des Nordsterns gewohnt experimentierfreudig. Acht Songs mit Titelgebendem Intro als Brücke lassen Utgard als Metapher erscheinen, als eine Art geheimnisvollen in der Seele des Unterbewusstseins versteckten Ort der Inhalte wie Kreativität, Wahnsinn, Humor und Chaos verbindet, wo entspannt relaxt zugleich unkontrollierbar chaotisch gefährliche Strömungen unberechenbaren Charakters herrschen. Genauso intensiv fesselnd unberechenbar wie genannte Attribute klingt dieser heftige Extremtrip.
Überrascht „Fires In The Dark“ zunächst durch heroische Nordmännerchoräle gefolgt von akkustischer Klampfe bis das erste Stromgitarrenriff erklingt dem sich neben heißeren Growls getragen vom heulenden Sturmwind kräftig aufgepepptes DEAD CAN DANCE-Feeling verziert von Flötenklängen anschließt, lässt „Jettegryta“ wieder ihre Black Metallischen Wurzeln durchblicken, ansonsten herrschen des öfteren richtig schön fett rollend satte Grooves, die sich mit nordischem Folkflair paaren selbst vor diverser Gesangslage nicht Halt machen, während das progressive nicht zu lange anhaltende Keyboardgeschwurbel hingegen abtörnend wirkt. „Sequenze“ outet sich als zwischenzeitlich recht tanzbare Viking-Metal-Nummer, ehe das ein derber Geschwindigkeitsausbruch folgt, und plötzlich in verträumte Sanftheit übergeht um sich in schrittweisen Grooves ergießend zum flotten Finale sogar in rockige Grooves übergehnd steigernd, auszuklingen. Laut-Leise-Dynamik auf exzellent praktiziertem Niveau! „Homebound dröhnt heroisch zugleich intensiv flott nach vorn gehend, hier passt auch der raumgreifende Klargesang begleitet von schleppender Gitarrendynamik hervorragend ins Raster, selbiges gilt für an passender Stelle eingebaute Aggro-Deathgrowls. Nach der von prophetischer Sprechpassage durchsetzten Brücke „Utgard“ als eine nicht mehr endende Dunkelheit über die Menschheit hereinbricht, ehe der kosmische Schöpfungsmythos sich im Gewand von Licht- und Schattenseite präsentiert. Richtig schön frostklirrende Gitarrenwände kollidieren bei „Flight Of Memory“ mit verträumtem Heldengesang, bis feine AOR-Melodien parallel in einer in kompromisloses Black Metal-Geknüppel ausartenden Raserei gipfeln, ehe das Stück durch einlullende Sprechsequenz endet. „Storms Of Utgard tendiert heftig in Blackmetallische Viking-Gefilde einschließlich Choralgesänge, um sich in einer gigantischen BATHORY-Leadgitarrenorgie zu ergießen, die auch Quorthon zu Lebzeiten kaum besser hinbekommen hätte. Der Ausklang „Distant Seasons“ entpuppt sich als Kuriosum: es hat etwas von hippiemäßigem Rocker der sich mit SISTERS OF MERCY-Groove samt feinen Gesangsfacettierungen kreuzt, und es harmoniert perfekt. Wie herrlich abgedreht ist das denn, bitte?
Alle Achtung! Respekt vor dem, was der Norweger-Vikingertrupp angeführt von Grutle Kjelsson und Ivar Bjornson hier mal wieder geschaffen hat. Mittlerweile klingen ENSLAVED wie eine wohl ausbalancierte Mischung aus DEAD CAN DANCE, KING CRIMSON, WOLFSHEIM und BATHORY. Obwohl der Quantensprung von 'Vikingligr Veldi' bis 'Utgard' fast schon von überdimonsionaler Größe ist, heben ENSLAVED ihren Stil erneut auf ein unglaublich extrem hohes Level, wo andere Combos überhaupt erst einmal hingelangen müssen.
Fazit: Hochdynamisch fesselnder Progressive Wikingermetal mit heroischen Parts und harrschen Black Metalattacken aus dem eisigen Norden, der würdevoll dem sagenumwobenen Mythenkulturerbe alter Wikingerlegenden gedenkt. Hier wird nordische Magie lebendig! 8,5/10