NEPTUNE - Northern Steel
VÖ: 06.11.2020
(Melodic Passion Records)
Style: Melodic Hardrock mit Heavy Metal Anteil
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NEPTUNE
Demoaufnahmen, die nie zur Veröffentlichung ausersehen waren, wurden auf dem Debüt professionell neu eingespielt – eine in Bezug auf dieses Hochmelodische Werk der Schwedencombo NEPTUNE lohnenswerte Maßnahme. Nach vier Demos in den 80ern blieb es lange Zeit still um die seit 2018 ein knappes Dutzend Singles und mindestens eine weitere EP veröffentlichende Formation. Dadurch, dass sich in Melodic Passion Records ein Label bereit erklärte, ihr eine Chance zu geben, rotieren die lange Zeit wohlgehüteten Aufnahmen jetzt als Debüt im CD-Player.
Nun, was dröhnt mir in die Ohren? Zunächst nach stimmungsvollem von Trommelschlägen, eingeläuteten fetter mit ACCEPT- Balls To The Wall-Gedächtnisriff klingender Heavy Metal („Viking Stone“), bei „Fallen Nations“ kommen gemäßigtere HAMMERFALL in den Sinn, der flotte Hymnenbringer „Last Man Standing“ hat etwas von frühen HEAVY LOAD. Poppige Grooves, sind bei einigen Songs zeitweise (nicht durchweg!) harmonisch mit ins Geschehen eingebunden, auch das nie zu aufdringliche Keyboard sorgt für manch hilfreiche Farbtupfer. „Viking Stone“ powert sich im flotten Taktrhythmus durch die Boxen, „Angels“ entwickelt ein Wechselspiel zwischen pop-rockigen-Strukturen und Hard Rock-Grooves wodurch immens Airplay-Hitpotential entwickelt wird, während die ultraeingängig schwülstige beständig sich selbst wiederholende tief in den Schmalztopf greifende Nummer verstärkt Assoziationen zu Mainstream orientierten Formationen wie BEAST IN BLACK oder (späteren) BATTLE BEAST auslöst, vor denen es mich ekelt. Der Titeltrack raubt mit modernen auf abgeschwächte RAMMSTEIN-Variante getaktetem Gitarrenrhythmus ebenfalls den Nerv, obwohl diese Sequenz nur Teilaspekt mehrerer Faktoren ist, die u. a. mit einer Menge Zuckerguss angereichert wird. Nicht wirklich prickelnd. „Black Rain“ versprüht ULI JON ROTH-Flair, wobei die größte Stärke des eingängigen Rockers im von hochmelodischer Leadgitarre voran getragener Sequenz liegt, die fein gewebte Ballade „Land Of Northern“ wo der Gesang starke Momente hat, bewegt sich irgendwo im Spannungsfeld von AXEL RUDI PELL bis HAMMERFALL, ehe „Run For Your Life“ im lockeren Stampfgroove-Ryhthmus hochmelodisches Piratenodeur verströmt, wobei der Gesang in Sachen heroischer Pathosstimmkraft erheblich schwächelt. Überhaupt könnte das Stimmvolumen in Bezug auf's Gesamtergebnis mindestens noch eine Spur mehr Ausdruckskraft vertragen, die Leadgitarre setzt positiven Impuls. Richtig fett groovt sich „Seriously“ der stärkste Pfeil im Köcher von 'Northern Steel' unweigerlich in Mark und Bein, der Song hat in der Tat etwas von ABBA und ROXETTE treffen HUMAN LEAGUE auf härterem Gitarren-Level; wie gut dass hier in erster Linie Rockfaktor, Ohoho-Singalongs und dazugehörend geschmeidige Taktführung tonangebend sind, während „Vanaheim“ zum Ausklang durch zarte in Richtung melancholisches Herr der Ringe-Frauen-gesangspathos mitsamt heroischer tiefer Männer-Sprechpassage tendiert, die eventuell als Ausblick für's nächste Album zu verstehen ist..?
Wenngleich dieser Release zum Teil einiges an Ohrwurmhitpotential entfaltet ist das Material auf Dauer häufig etwas weichgespült. Unter nordischem Stahl verstehe ich etwas anderes als künstlich aufgepumpten Schlager mit tanzbarem Melo-Soft-Rock. Ob sich eine ursprünglich im Oldschool Bereich fußende Band mit zentnerdick modern aufgetragener Soundmischung wirklich einen Gefallen getan hat, bleibt fraglich. Für die Lyrics und Songideen gibt’s einen Extrapunkt dazu. Das die Band etwas kann will ich schon deshalb nicht Infrage stellen, weil zumindest die Hälfte des auf Northern Steel befindlichen Songmaterials durchaus Klasse hat, allerdings werde ich trotz mehrfachem Durchlaufs mit dieser Scheibe nur bedingt warm.
Fazit: Extrem polarisierendes Melodic Hard Rock Elixier, das am Horizont zwischen rockigen Grooves, phasenweise kräftig verpopptem Schmalz und einem zumindest vorübergehend leicht angedeuteten Hauch von „Heavy Metal“ kratzt. Weder wirklich schlecht noch sonderlich gut, bewegt sich 'Northern Steel' irgendwo in einer jenseits von Gut und Böse gelegenen Zone. Anders ausgedrückt: Für die Zuckerguss-Fraktion interessant, für echte Metaller hingegen belanglos. In der Hoffnung, das auf dem nächsten Studiorelease eine Schippe mehr Härte drauf und ein an manch entscheidender deutlich ausdruckstärkerer Gesang hinzugegeben wird, muss man diesmal bedauerlicherweise (noch) mit 6 von zehn Punkten Vorlieb nehmen. 6/10