POKER - Red Neck Roller


VÖ: Bereits erschienen
(GoldenCore Records)

Style: Hard Rock

Homepage:
GoldenCore Records

Mit POKER geht das GoldenCore-Veröffentlichungspaket unentdeckter Rock Juwelen von 1980/81 in die nächste Runde. Bei Namen wie KING PING MEH, TWENTY SIXTY SIX AND THEN und GEFF HARRISON BAND (jene Combo benannt nach dem unverwüstlichen Krautrockurgestein), sollten Krautrockfans mit der Zunge schnalzen. Selbiges lässt sich über die auf 'Red Neck Roller' enthaltene Musik auch festhalten. Die 70er waren passé, der Beginn der 80er zeichnete sich ab.

Künstlerisch gesehen, besaß das unter dem Titel „Red Neck Roller“ veröffentlichte 'rote Ding' durchaus Reiz, auch das Vinyl erschien in roter Farbe, dessen Hülle allerdings ohne Bandfoto (!) das Innenleben fehlte. SL-Records ein Ableger des damals noch recht unerfahrenen GAMA-Labels waren diesbezüglich „grün hinter den Ohren“. Besser wäre es vielleicht gewesen, wenn sich ein größeres Label der talentierten Combo mit dem kurzen, simplen, dafür absolut passenden Namen erbarmt, sich deren Bedürfnissen angenommen hätte, um sie marktfähiger zu promoten, ein ungeschriebenes Gesetz besagt: POKER ist ein unkalkulierbares Risiko, dass weder „ja“ noch „nein“ zulässt. Entweder man gewinnt alles oder verliert alles. Auch das beigefügte 1983er Demo belegt den Wert dieses ungeschliffenen Rohdiamanten. Im Zuge dieser verschlafenen Entwicklung war die Zeit zwecks Wiederauflage eines vergessenen Schmuckstücks mitsamt Beigabe des unveröffentlichten Demos via GoldenCore Records im Prinzip schon lange reif.

Dementsprechend schmissige Kost auf Hymnenformat bietet das heute kaum noch bekannte POKER-Debüt mit dem zackigen Opener „No Compromise“, der schon mehr als nur andeutet, in welche Richtung der früh80er Hard n' Heavy-Sektor gehen würde. 'Red Neck Roller' beinhaltet(e) überwiegend griffiges Songmaterial zum lässigen im Takt mitgrooven, das nach vier Jahrzehnten erfrischend eingängig dennoch exotisch ins Land der Kakteen führende(„Mexico“. Einen AC/DC-ähnlichen 'Ride On' Schnulzentrip konnten sich auch POKER mit dem Schmuser mit dem keinen Deut weniger gediegenen Schmuser „B.O.F.“ etwas abgewinnen, während ein knackig beschwingt in cooler STATUS QUO trifft THE SWEET-Optik rockendes „Long Way To the Top“ den Rockstatus von POKER umso mehr unterstreicht. Als echte Rockhymne im Stars & Stripes-Look outet sich „Making Me Hot“ einschließlich zuckersüß im Schlaf mitsingbarem Refrain. Nach dem ein wenig zu verspätet in die Pötte kommenden „Out There“ swingt „No Load Ranger“ in cooler Highway Rock-Manier, mit „Loosing Out all Ends Up“ gibt’s noch eine empfindsame Ballade die ebenso mühelos auf einem NAZARETH oder BARCLAY JAMES HARVEST-Album Platz gefunden hätte, während im noch auf dem Original-Vinyl unveröffentlicht gebliebenen Bonustrack „Back To The Balls“ im gediegenen Tempo auf kauzigen Hard Rock geschaltet wird.

Auch wenn die Band POKER heißt, servierte sie zwar noch keinen Royal Flush oder Full House, doch immerin ein so gutes Blatt, aus dem sich in der Tat etwas machen ließ, wozu es leider nicht mehr kam, doch das ist eine andere Geschichte... kleinere Abzüge für unterschiedliche Songqualität und verspielter Endlosschleifen am Ende mancher Songs sind unvermeidbar, ansonsten ist musikalisch alles im sicheren Bereich. Die Musik erinnert im Groben an eine Mischung aus NAZARETH, THE SWEET, STATUS QUO, BAY CITY ROLLERS, ALVIN & THE CHIPMUNKS, gemischt mit Krautrockinfluenz und ein wenig STEVE MILLER, wobei all diese Aspekte nur den äußeren Rahmen einer in ihrem Wirken faszinierend vielseitigen Band abdeckt. 

Damit blieb Red Neck Roller als für sich stehendes Einzelwerk anno 2021 in Zusammenarbeit zwischen Bandmitglied Peter Oehler und Break Out Classics-Mitarbeiter Mike Möller stehen, das nun via GoldenCore in gelungener Neuauflage plus Bonusbeigabe von Neudi remastert, der wieder einen tollen Job geliefert hat, als vollständiges Gesamtpaket erhältlich ist.

Nach der POKER-Phase schlossen sich die Musiker anderen Bands teilweise mit komplettem Genrewechsel an. Gagey Mrotzek wechselte in der Zeit von 1982 – 90 ins gediegenere Rock Lager zu HERBERT GRÖNEMEYER, komponierte die Lyrics für dessen Hit „Alkohol“ und schloss sich Edu Zanki an. Sänger Michael Pozz und Schlagzeuger Jürgen Astor stiegen sogar bei der NWOBHM-Legende TOKYO BLADE ein, um sich der aufgekommenen Heavy Metalbewegung anzuschließen, um danach mit THE DEAD BALLERINAS ihre eigene Band zu gründen. Jürgen Astor trommelte noch für STAHL und Peter Oehler wechselte ins Schlager-Genre zu Costa Cordalis.

CD und LP sind mit Liner Notes, beschriftetem Textinlet, raren Fotos und Memorabilia bestückt, beide Versionen enthalten das zunächst produzierte doch nach der Bandauflösung unveröffentlicht gebliebene Demo aus dem Jahr 1983, womit reichlich Anreiz für eine ich drücke es mal vorsichtig aus, Anschaffung dieser lliebenswert lukrativen 'Ultimate Editon' besteht.

Fazit: Eine entdeckungswürdige Zeitreise zum vielseitigen Früh-80er-Signatur-Hard Rock mit griffigem Faible zum locker im Takt mitgrooven. 8,5/10