GOST - Rites Of Love and Reverance
VÖ: 13.8.2021
(Century Media)
Style: Psychedelic Horror Dark Wave/Gothic Rock
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GOST
Es gibt Alben, die nicht nur extrem dickes Fell benötigen, dafür auch mindestens ebensoviel Toleranz abverlangen. Scheuklappen- und Schubladendenken ist hier nicht. Es würde diesem kompositiorischen Kunstwerk, dem sechsten von GOST wohl kaum gerecht. Als dahinter stehendes Konzept steht das Thema 'Hexerei' entsprechend geisterhaft sphärische Gruselstimmung verbreitet sich auf 'Rites Of Love and Reverance', wobei das heftige manchmal grausam überzogene Synthiegeschwurbel des öfteren die Toleranznerven bis zur Grenze strapaziert.
80Er Jahre Gothic-Dark Wave trifft bizarre Sci-Fi-Soundtracks, auf anspruchsvollem Level. Electro-, Nintendosoundzugaben und Industrial mischen sich mit Synth-Dark Wave Gothic-, Rock und Metal zu einer heftig verquert schrägen Melange. Hinter diesem außergewöhnichen Projekt steckt James Lollar alias GOST. 'Rites Of Love and Reveranze' schwimmt in unterschiedlichen Genreteichen ohne sich nur auf einen ganz bestimmten festzulegen. Stimmlich unterstützt von Sängerin Bitchcraft liegt hier ein reichlich abgedrehtes Werk vor, dass übergangslos Brücken zwischen Dark Wave/Gothic, Industrial und Rock. Ideale Musik für WGT-Gängerschaft oder AND ONE/NACHTMAHR-Volk.
Normalerweise sind solche Alben gar nicht mein Fall, doch dieses hier schafft es vielschichtig Spannungsbögen aufzubauen, die wirklich fesseln und besitzt zudem eine Menge Hintergrund: Initiator James Lollar, der alle Instrumente eingespielt hat und mit Unterstützung von Bitchcraft allein für den Gesang verantwortlich zeichnet, sagt selbst über die vorab ausgekoppelte Videosingle 'A Fleeting Whisper: „Die Unsicherheiten im Leben machen das Leben sowohl wunderschön als auch bedrohlich. Wir alle tragen in diesem modernen und digitalen Zeitalter so viele Unsicherheiten und Zweifel mit uns herum. Eine Zeit in unserer Geschichte, die uns ständige Verbindungen verspricht, scheint uns doch immer öfters mit dem Gefühl zurückzulassen, allein und abgetrennt zu sein. Musik war für uns immer ein Weg, unsere Unterschiede zu vergessen und als eine Spezies zusammenzukommen. Für mich persönlich war die Musik immer eine Konstante in meinem Leben und in vielerlei Hinsicht die einzig wahre Spiritualität, in der ich Trost fand. Wie ein flüchtiges Flüstern, manchmal fast nicht wahrnehmbar, bindet Musik die Ereignisse meines Lebens zusammen.“
Statements, die nachdenklich machen. Und nocheinmal äußert sich James Lollar zum Inhalt dieser keineswegs normalen Tonträgerkonserve, erneut in erklärender Wortwahl genauer zu Albumkonzept und Hintergrundthematik: „Die Texte wurden von Hexerei-Themen inspiriert“, „Es geht hauptsächlich darum, wie Hexerei Frauen im Laufe der Geschichte beeinflusst hat. Hexenprozesse und die anschließenden Hinrichtungen durch die Jahrhunderte hindurch machen mir Angst. Ich fürchte, dass wir als Gesellschaft immer am Rande einer solch schrecklichen Psychose stehen, die auf dem Missverständnis und der Intoleranz des anderen beruht. Ich versuche, mich über jedes historische Thema, das ich verwende, zu informieren, aus Respekt vor den Menschen, die es tatsächlich durchlebt haben.“ Gesunde Einstellung, Herr Lollar!
Musikalisch bietet 'Rites of Love and Reverance' der Thematik folgend eine Menge: Nach dem Hexenintro „Bell, Book and Candle“ von Vocalistin Bitchcraft geht’s mit „Bound By The Horror und „The Fear“ zunächst mal mehr in den Industrial-Elektro-Synthie-Bereich, ehe „A Fleeting Whisper“ ein erstes Signal zu drückend raumgreifender Gothic-Darkwave-Schwere verbunden mit tanzbar flotten Grooverhythmen setzt. „We are The Crypt“ verirrt sich in tiefer Gruft, während die Hexenformel „Blessed Be“ sich als tanzbarer von Sakral-klängen per Keyboard eingeleiteter Gruft-Gothic Rocker outet, somit dem Thema erforderliche Aura verleiht. „November is Dead“ wurde von Bitchcraft komponiert, outet sich als geheimnisvoll düstermelancholisch und erweist sich ebenso sicher als tanzbares Gruft-Gothic-Perlchen. „Embrace The Blade“ und „Coven“ tauchen gar in Metallisches Gefilde ab, das sich in einem wilden Wust mit Industrial-Dark Wave-Klangwerken mischt. „Burning Thyme“ setzt dem Gesamtwerk zum Schluß noch das tiefen psychedelische Sahnehäubchen auf. Verziert von einem Bild des Meisters weltentrückt darstellender Kunst - Nona Limmen – wurde 'Rites Of Love and Reverance' in ein passendes Coveroutfit gekleidet wodurch dieses beeindruckende Gesamtwerk noch bizarrer wirkt als es ohnehin aufgrund seiner Inhalte schon ist.
Fazit: Düster, melancholisch, klagend, aufrührerisch, geheimnisvoll. Wer Genredinos auf dem Synthwave-Sektor wie PERTURBATOR und CARPENTER BRUT mag, kommt an dieser unheiligen Düster-Horror Cyber-Gothic-Rock-Dark Wave-Grufti-Messe nicht vorbei! 8/10