IRON MAIDEN - Senjutsu


VÖ: 3.9.2021
(Parlophone)

Style: Heavy Metal

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IRON MAIDEN

Seit Wochen fiebere ich dieser Veröffentlichung wie keiner anderen auf dem Heavy Metal-Sektor entgegen! Nun ist sie also endlich per Post angekommen. 'Senjutsu' heißt der nächste Streich der englischen Heavy Metal-Kultband IRON MAIDEN geziert von Bandmaskottchen Eddie das bedrohlich ein Samuraischwert in Händen hält, dessen fest entschlossener Blick sagt: Ich bin zu allem bereit (!), und zeigt die Musiker in beeindruckender Form. Der Branchenprimus ist zurück, mit einem Doppelalbum im Überlängenformat (CD 1 = 40:15 Min, CD 2 = 41:38 Min. ergeben 80:53 Min rein effektiver Gesamtspielzeit!)  außergewöhnlicher denn je, dadurch aber keinen Deut schwächer. Ungewöhnlich schleppend beginnt der Titeltrack 'Senjutsu' dem eine fesselnde Chorusline innewohnt, eine Nummer, bei der viel orientalisch gefärbtes Flair zu Tage tritt und Bruce Dickinson zeigt, wie eine saubere Gesangsleistung klingen sollte. „Stratego“ tendiert weitaus flotter getaktet mit galoppierenden Riffs in Richtung der letzten IRON MAIDEN-Studioalben, guter Song, im typischen MAIDEN-Strikmuster. Die Offenbarung zur ersten Video-Hitsingle „The Writing On The Wall“ fesselt durch ungewöhnliches Classic Rockflair, überzeugt durch atmosphärisch viel Dichte, obwohl der Song auch einem Dickinson-Soloalbum zur Ehre gereichen würde, passt er mit seinen tollen Choruslines hervorragend auf 'Senjutsu'. Balladesk beginnt „Lost in a Lost World“ eine typische Steve Harris Komposition, die sich zum Rocker entwickelnd, opulent heroische Parts enthält, am Ende wieder in einer Ballade mündend zusammenfließt. „Days Of the Future Past“ die zweite Single, zugleich kürzester 'Senjutsu'-track überrascht durch vierminütige Spielzeit, geht als mitreissender, bekannte MAIDEN-Stärken bündelnder Up-Tempo-Groover durch.

Auf Zeitreise zurück in die 80er Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft fließend verbindend stattet 'The Time Machine' (die Zeitmaschine) allen drei Zeitebenen einen abenteuerlichen Besuch einschließlich herrlicher Leadsolischleifen ab. Mit „Darkest Hour“ eröffnet von Küstenrauschen und kreischenden Möwen, die vielleicht stärkste Komposition aus den Händen von Adrian Smith/Bruce Dickinson kristallisiert sich der vielleicht größte Albumhöhepunkt heraus. Bruce zeigt sein ganzes Können und was ihn als Sänger so unwiderstehlich macht: Charismatisch, heroisch, ausnahmslos leidenschaftlich, gefühlvoll und heroisch in einer völlig eigenen Liga! Das letzte Songtriple gehört drei ausgedehnt langen Steve Harris-Monumentalsongs zwischen 10 – 12 Minuten. Den Auftakt bildet „Death Of The Celts“ leise, unscheinbar beginnend, erreicht das Stück dramatische Höhepunkte, schildert den Untergang der einst in Europa gefürchteten, weit verbreiteten Kelten – je mehr es sich zur Mitte orientiert, gefühlvolle Leadsoli und heroische Insel-Folk-Melodiezauber wechselt sich mit hart riffenden Gitarrenakkorden und gipfelt im dramatischen ohne offenes Ende gestalteten Schlußfinale. „The Parchment“ fußt auf einem Bassriff, gefolgt von orientalischer Melodie, steigert sich schrittweise sein Spannungslevel erhöhend, mutiert die Nummer zum fesselnd killenden Inferno, womit ein weiteres Albumhighlight auf der Habenseite verbucht wird. Einen absolut überzeugenden Schlußpunkt setzt „Hell On Earth“, mit berauschender Gitarrenarbeit neben „Darkest Hour“ ein weiterer Kandidat für künftige Liveperformances. Janick Gers' Songwriterqualitäten sind wie so oft beachtlich, funktionieren sowohl mit als auch ohne Bruce, bringen wo es erforderlich scheint frischen Wind ins Geschehen und es bleibt unverständlich, warum der „dritte“ Gitarrist im Bunde von manchen Leuten, die sich 'Iron Maiden-Fans' nennen, im Internet völlig unterbewertet teilweise heftig beleidigt wird. - Nein, das geht gar nicht!

'Senjutsu' mag vielleicht dem einen oder anderen gewöhnungsbedürftig erscheinen,  - drei lange Harris-Kompostionen hintereinander zum 'Ausklang' sind nicht leicht verdaulich, - erschließt sich allerdings mit jedem weiteren Hördurchlauf umso besser, tendiert  mehr in Richtung IRON MAIDEN knapp nach der als 'Millennium' bezeichneten Jahrtausendwende, zur „Brave New World“ Phase, deren Faible sich öfter mit Flair aus der Früh90er 'Fear Of The Dark'-'Ära kreuzt. 81:53 Minuten Gesamtspielzeit (!) verteilt auf 2 Cds ergeben ein bis zum Rand gefülltes Hörerlebnis im Überlängeformat. Natürlich blitzt beim 17. IRON MAIDEN-Studiorelease ebenso deutlich manche 80er-Vergangenheitsbewältigung spürbar präsent auf. Ob 'Senjutsu' an die IRON MAIDEN-Klassiker heranreicht oder selbst zu einem werden könnte, bleibt selbst nach zweifachem Hördurchlauf offen. Dies wird sich vielleicht erst in kommenden Jahren zeigen. Gitarrentechnisch auf brilliantem Niveau agieren die Herren Smith, Murray, und Gers. Steve Harris Bass brummt gewohnt sicher angetrieben durch präzise wie ein Schweizer Uhrwerk getaktetes Drumming von Schlagzeuger Nicko McBrain. Welcher Sangesvirtuose kann es auf dem klassischen Heavy Metalsektor mit Bruce Dickinson aufnehmen? Da käme nur noch der 2010 traurigerweise an Krebs verstorbene Ronnie James DIO (R.I.P.!) in Frage, auch JAG PANZER-Sirene Harry 'The Tyrant' Conklin oder (mit Abstrichen) JUDAS PRIEST-Sangesikone Rob Halfod - danach klafft eine Riesenlücke. Bruce liefert eine traumhafte Gesangsleistung, ganz König in seinem Element. Dezente nie allzu sehr aufdringlich in den Vordergrund rückende Keyboardklänge sorgen an erforderlicher Stelle für wohlige stets spürbar vorhandene Hintergrundatmosphäre. Das Album entpuppt sich sowohl musikalisch wie lyrisch als ungemein variables Altersreferenzwerk, mit zum teil extrem komplex arrangierten Songs deren Aufnahme alle sechs Musiker vor eine immense Herausforderung stellten - eine wirklich reife Leistung, die den Herren Dickinson/Smith/Murray/Gers/Harris/McBrain mehr als nur überzeugend gelungen ist! Daran zeigt sich erkennbar: IRON MAIDEN sind beileibe nicht RUSH, bleiben dafür auf dem klassischen Heavy Metal-Sektor unbestritten einzigartig. Abwechslungsreichtum liegt in der Vielfalt, davon versprüht 'Senjutsu' genug. Produzent Kevin Shirley, der sich bei früheren Alben nicht immer mit Ruhm bekleckerte, verdient für 'Senjutsu' ein dickes Extralob auch wegen der blitzsauberen Produktion, womit er sich meines Erachtens nach selbst übertroffen hat.

Phantastisch abwechslungsreiches Album im Überlängenformat, das durch immense Vielseitigkeit glänzend erneut zeigt, warum IRON MAIDEN seit den 80ern meine Helden sind. Ungewöhnlich und doch komplett überzeugend von der besten Heavy Metalband der Welt.

Fazit: IRON MAIDEN haben ihren unanfechtbaren Status Quo eindrucksvoll bestätigt. - Up,The Iron's!!! 9/10.