EXXPERIOR - Escalating Conflicts


VÖ: 17.09.2021
(Iron Shield Records)

Style: Progressive Thrash mit diversen Zutaten

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EXXPERIOR


Ohne Labelunterstützung ein solch gewagtes Werk zu veröffentlichen, das ist schon reichlich verrückt, wie auch der Inhalt dieses abgedreht irrwitzig skurill schrillen Gesamtwerkes, das zwar auf Genretypischer Basis wurzelt, jedoch beständig darüber hinaus geht. Krachend heftige Thrashattacken, orchestralen Passagen und Pop Apeal verbinden sich fließend mit Chorgesängen, Sprechpassagen, Death Metalgrowls oder aberwitzigen Keyboard-Spielereien, selbst Rap-Anteile (!) und Singer-Songwriter-Spirit fügen sich direkt hintereinander kombiniert ins Gesamtbild. Ok, mancher nach Nintendo müffelnder Klingelton (!) stiftet ein wenig Verwirrung, was nur mal wieder zeigt, wie durchgeknallt man wirklich sein muss, solch ein Album zu produzieren, dessen futuristisches Coverartwork allein optisch regelrecht ins Auge fällt. Tom Liebing alias EXX-TOM und seine Mitstreitercrew sind echt so drauf, dass sie vor keinem noch so gewagten Experiment halt machen. 2010 startete Tom Lieblings Projekt EXXPERIOR, mit diveren Gastmusikern und -Sängern die auch als Liveband fungierten. Seit vier Jahren verfügen EXXPERIOR über ein konstantes Band Line Up. Mittels vieler Konzertauftritte, einem Demo, zweier Studioalben, zweier EP's, einer Compilation und zweier 7 Inch Singles konnten sich EXXPERIOR einen Namen in der Underground Metalszene machen.

 

Falk Mittenentzwei alias Jaxx Basilisk bringt eine herausragende Gesangsleistung, die weit über das übliche Stimmspektrum hinausreichend sämtliche Grenzen auslotet, egal ob theatralischer Hochtongesang, verkopfter Proggressestimmlage, Musicalgesang, verträumt oder hymnenvoll heroisch bis aggressiven Thrash-Shouts einschließlich tiefkehliger Deathgrowls, - flexibler geht’s schon nicht mehr. EXXPERIOR kommen nicht, wie mancher Zeitgenosse vielleicht glauben mag aus den USA, sondern sind ein deutsches in Sachsen beheimatetes Eigengewächs.

Inhaltlich dreht sich das Geschehen um eskalierende Streitigkeiten zwischen Gesellschaft und Politik einer sich beständig transformierenden Menschheit gepackt in ein dynamisches phasenweise futuristisch modernes zugleich düsteres Gewand. Musikalisch machen sich manche gar nicht so weit von Allroundmusikus Devin Townsend oder Al Jourgensen (wohlgemerkt zu besseren MINISTRY-Zeiten) entfernt liegende Parallelen bemerkbar. Die Frage, inwiefern sich ein solch dauerhaft hochexplosives auf diversen Stil- und Tempi-Wechseln verbunden mit opulenten Spannungsbögen basierendes Gemisch miteinander verträgt, beantwortet sich von selbst: Ausgezeichnet! Hinter dem lyrischen Gesamtkonzept auf 'Escalating Conflicts' der dritten EXXPERIOR Studiolangrille stehen illustre Namen wie u. a. Michael Apelt (WARFORGER), Lenny Bruce (DUST BOLT), Ryan Tylor (MALEVOLENT CREATION). Iron Shield Labelboss Thomas „Duck“ Dargel tat richtig daran, dieses Juwel unter seine Fittiche zu nehmen, dass normale Rahmengrenzen locker sprengend außer Kraft setzt. Bei manchen Parts kreisen Gedanken um die Rocky Horror Picture Show oder das NWOBHM-Musical... And God gave Us Max... selbst Gedanken an Filmsoundtracks wie Beverly Hills Cop scheinen hier nicht so ganz abwägig, dermaßen abgedreht wirkt die Musik an mancher Stelle. Allein der Einzigartigkeit der Sache Rechnung tragend, verbietet es sich ganz allein von selbst, auch nur irgendein Stück gesondert hervorzuheben. Auch das 28-Seitige mit Texten und Bildern gefüllte Booklet hat sehr viel zu bieten.

Otto-Normal-Metallerschaft sei ausdrücklich gewarnt: Dieser Tonträger verlangt extrem viel Toleranz, Geduld und Faible für facettenreiche Songstrukturen. Wem das alles zu überfrachtet klingt, mag dieses Album herunterwerten, ich für meinen Teil tu's nicht, denn mit kraftvollem Produktionsmuster und Top-Masteringtechnik liegt das druckvolle Konzeptwerk ebenso sicher wie dessen musikalischer Inhalt sauber im oberen Grün-Bereich. 76 Minuten Genregrenzen überschreitender Progressive Thrashmetal-Kraftstoff, der Stimmungen transportiert, spannungsvoll gehalten überall wo es erforderlich wird an passender Stelle das zugehörige Maß Abwechslung reinbringt. Das Album geht sogar weit über den Genreüblichen Proggressive-Thrashsektor hinaus, unzählige Breaks, Rhythmus-, Tempo-, Stilwechsel inklusive, Blastbeatgeknüppel, gedämpft sphärische Parts, sanfter Frauengesang, Musical-Anteile und mystische Phasen dürfen hierbei auch nicht fehlen. Es fühlt sich fast wie ein moderner Fantasyrollenspielsoundtrack an.

Fazit: Exzellenter Progressive Thrash auf gewaltig hohem Niveau. - Respekt! 9/10