FATHOM NAGG - Dead Lady Gloves
VÖ: 26.11.2021
(GoldenCore/ZYX)
Style: US-Heavy/Progressive/Power/Thrash Metal
Homepage:
GoldenCore Records
Das Internet bietet ungeahnte Möglichkeiten. Mittlerweile gibt es fast nichts mehr, was es nicht gibt: Diverse Glantaten alter Schule aus der goldenen 80er-Ära egal, wie unabhängig sie auch sind, werden dank Hilfe von Mama Internet wieder für die Fans zugänglich gemacht, allerdings muss man auch nicht immer unbedingt alles haben, doch auf dieses feine Schmankerl trifft der Konsens nicht zu, denn FATHOM NAGG brachten alles, was guten 80er Oldschool-US Metal ausmacht. Und wenn die Namen Mark Shelton und Harvey Patrick fallen geht die Reise mal wieder zurück nach Wichita, Kansas, der Leitzentrale kultiger Undergroundreleases von Combos der Eliteliga MANILLA ROAD oder STYGIAN SHORE, - , obwohl der Stil von FATHOM NAGG im allgemeinen überhaupt nicht mit dem dieser zwei Combos vergleichbar ist.
Rasante Tempovarianz, harrsche Geschwindigkeitsattacken, abrupt das Tempo drosselnde Brückenparts, kantige Riffs, flexible Gitarrenarbeit, präzise Schlagzeugrhythmen und mit Vocalist/Gitarrist Mark Moerner ein Shouter mit ungewöhnlich schrägem bei Hochtonparts manchmal zu kehligem Stimmvolumen im beständig im Schnittmengenfeld von klassischem Heavy Metal bis aggressivem Thrash-Shouts liegt. Einiges wird eher wie gesprochen denn gesungen, das kommt vor allem auch bei den Live-Tracks zum Tragen. Dazu wurde das Gesamtresultat, im authentisch verwaschenen Sound abgemischt, knallt diese Stück US-Metal vermischt mit Power, Thrash und progressiven Tempowechseln gut rein.
Im Endeffekt spielt es dabei überhaupt keine Rolle, ob FATHOM NAGG auf einschlägigen Internet-Blogs zu finden sind oder nicht. Die Musik auf dieser Collection spricht deutlich für sich. Basser Harvey Patrick dessen unnachahmlich eigenwilliger Stil sich auf 'Dead Lady Gloves' deutlich heraus kristallisiert auf zwei MANILLA ROAD-Alben, siehe 'Gates Of Fire' (2005) und 'Vojager' (2008) zu hören, und nicht nur als Bassist, sondern auch als zweiter Vocalist neben Mark Shelton, der das Material mit Harvey Patrick am Bass teilweise produziert hat.
So selten wie es im Imfoblatt heißt ist dieser Stil heute bei weitem nicht mehr, doch in den 80ern waren solche Bands wie FATHOM NAGG, deren Material bereits aus dem Zeitspanne der Späten 80er bis Früh90er - von 1988 - 1991 stammt, extrem rar gesät, die einen unorthdoxen Stil irgendwo zwischen LAAZ ROCKIT, POWER MAD, den herrlich abgedrehten CYCLONE TEMPLE und über weite Strecken schon mal auf Dauer etwas häufig in die TESTAMENT-Ecke präsentieren. Zwei Demos reichten für die Pressung einer als vollständiges Album durchgehende 10-Track Compilation, die darüber hinaus mit sieben Livetracks von Goldcen Core gewohnt liebevoll aufgestockt wird. Viele eingeschworene US Metal/Power/Thrashfans, auch diejenigen denen die Band unbekannt ist (Ausreden zählen nicht!) werden vor dieser Offenbarung möglicherweise ehrfürchtig nieder knien oder es gar in Erwägung ziehen, der Band wenn es sein muss, - ein steinernes Monument errichten.
Im flexiblen zwischen stampfenden Beats, progressiven Tempowechseln auf hochtechnisch verspieltem Niveau bis flotten Thrashausbrüchen operierende Opener „Junky Pride“ vereinigt gekonnt das Einflussspektrum der Band, „Malice In Wonderland“ steht dem furiosen Opner einschließlich brillianter Tempovarianz zwischen Heavy-, Power- und Thrashmetal kaum nach. „Tis The Season“ bewegt sich irgendwo zwischen IRON MAIDEN und TESTAMENT, letztere dominieren zusammen mit EXODUS-Schlagseite auch „The Unheard Lullaby“. „Death Dance Serenace“ lässt dann endlich der LAAZ ROCKIT/POWERMAD-Prägung verstärkt freien Lauf.
Zu schwächeln beginnt das Album spätestens mit „Dead Lady Gloves“, wo erneut vermehrt auftauchende TESTAMENT/EXODUS-Thrashattacken das Fundament bilden, ein Schema das sich auf Dauer schon etwas abnutzt, der überflüssigen Instrumentalorgie „Imposter“ hätte es ebenso wenig bedurft. „Live's But a Dream“ röhrt häufig zwischen Midtempo und Thrashknüppel, wobei das Stück gut ausbalanciert rüber kommt. Neben viel hochkarätigem Stoff gibt es leider Songergüsse, die das Prädikat 'nicht vollständig überzeugend' rechtfertigen. „Not Like The Rest“ vereinigt POWERMAD sehr gekonnt mit der Abgedrehtheit von CYCLONE TEMPLE und „Objekcts of Wrath“ sorgt für den gelungenen Power-Thrashausklang des Studiosongmaterials.
Tape 2 leidet streckenweise unter extremen Soundschwankungen, mit denen es bei „Junky Pride“ heftig zu kämpfen hat. Auch der Gesang von Mark Moerner hakt öfter, da es ihn sehr viel stimmliche Anstrengung kostet, der dynamischen Rasanz der Livestücke zu folgen, was durchaus über weite Strecken, aber nicht permanent gelingt. So manches mal gerät sein Organ derbe ins Stocken. Coole Ansagen und eine insgesamt überwiegend konsequent ihr Ding durchziehende Band gleichen dieses Manko größtenteils wieder aus.
Remastert von Neudi wird der Anhängerschaft klassischem US-Metal/Power-Thrashs mit progressiven Tempowechseln dieses feine Perlchen im deutlich vergrößerten Gesamtformat via Golden Core Records nun zugänglich gemacht. Die Überspielung beider in hervorragendem Zustand befindlichen Kasettentapes erfolgte im bewährten Verfahren, was diesem Sahnestück vollauf gerecht wird. Ein vollständiges Booklet mit Linernotes von Mark Moerner, Phill Ross und Neudi gibt es einschließlich rarer Foto- und Memorabilia-Extras selbstverständlich dazu.
Tape 2 leidet streckenweise unter extremen Soundschwankungen, mit denen es ordentlich zu kämpfen hat, andernseits wurde das Livefeeling 1 : 1 aufgefangen,wodurch die beiden nicht auf den Studiotapes verarbeiteten Tracks „Killing Myself“ und „Living In The Rebellion“ sich richtig stark zu den Fetzern der Studiosessions „Tis The Season“, „Objects Of Wrath“ und „Malice in Wonderland“ ergänzen. Aufgewertet durch das interessante Beigabenmaterial entpuppt sich diese recht seltene dank Neudi seit kurzem erhältliche Rarität als lohnenswertes Package. Weil die rar gesäte Perle nirgendwo auftaucht, gebe ich für alle Maniacs, denen es lange in den Fingern juckt, das Teil in den Händen zu halten, noch die Setlist bei:
Junky Pride
Malice In Wonderland
Tis The Season
The Unheard Lullaby
Death Dance Serenade
Life´s But A Dream
Dead Lady Gloves
Imposter
Not Like The Rest
Objects Of Wrath
Tis The Season (Live)
Killing Myself (Live)
Living In The Rebellion (Live)
Objects Of Wrath (Live)
Junky Pride (Live)
Death Dance Serenade (Live)
Malice In Wonderland (Live)
Fazit: Interessantes, technisch hochkarätig versiertes Gebräu aus US Metal, Power Metal, Progressive und Thrash. - So geht wahrer Heavy Metal-Underground! 8,7/10