GIANT - Shifting Time

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VÖ: 21.01.2022
(Frontiers Music)

Genre: AOR

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GIANT

Nur alle Jubeljahre kehren die AOR-Helden für eine neue Veröffentlichung zurück, dafür sitzt die Fangemeinde gespannt vor der Anlage und lauscht. Die einst von Dann Huff mitbegründete Kapelle hat sich mit ihren ersten zwei Scheiben einen legendären Ruf erspielt, mit „Shifting Time“ hat aber niemand mehr gerechnet. Leider ist Terry Brock nicht mehr an Bord, dafür kam mit dem Schweden Kent Hili von PERFECT PLAN ein Musiker aus dem Frontiers-Stall. Das lässt zuerst einmal etwas skeptisch werden, denn die Gefahr dass GIANT von Produzent Alessandro DelVecchio zu sehr in die Schiene ihres Labels gepresst werden besteht in der Tat.

Zum Glück gibt gleicht das titelgebend Instrumental Entwarnung, wobei es sich kaum um einen kompletten Song handelt. Wie filigran John Roth die Leadmelodien aus den Synthieflächen steigen lässt hat etwas von STEVE VAI´S „Passion & Warfare“. Interessanterweise könnte das folgende „Let Your Love Win“ auf der WHITESNAKE-Platte stehen, welche der Ibanez-Inventor einst kaputt dudelte. Hier gibt es mit dem treibenden Riff die besseren Attribute der Scheibe. Die Axt kracht herrlich kantig, keine Spur von Verwässerung durch zu viel Kompression.

Von dem Schlag gibt es sicher zu wenige Songs, „Standing Tall“ lässt die Saiten ebenso rauchen und würde sich gerne auf „Prisoners Of Paradise“ von EUROPE wiederfinden. Gut dass der kernig rockende Unterton behalten wurde und sich die Gitarre soundtechnisch eindeutig von den Tasten absetzt. Ebenso furios wird das Solo rausgefeuert, die Gangshouts bringen noch mehr Attitüde. Den immer mal vorbei schauenden Bluestouch vermag „Highway Of Your Love“ noch deutlicher einzubringen, hier weht der Wind über die verstaubten Autobahnen des Südens, dazu schiebt die Orgel von unten nach.

Was GIANT seit jeher auszeichnete war das ausgefeilte Songwriting, die detaillierte Instrumentierung, ohne zu viel Druck wegzunehmen. Das Händchen stets dafür um die Arrangements nie zu platt werden zu lassen, ohne jetzt zu anspruchsvoll zu werden. Bestes Beispiel sicherlich wie sich die richtig schön drückenden Riffs von „My Breath Away“ aus den flächigen Synths aufsteigen und tolle Atmosphäre zaubern. Wenn sich die Strophe zurück nimmt verschmelzen die Keyboards mit Akustikgitarren, bevor sich die Bridge in den hymnischen Chorus steigert.

Bei so viel technischer Brillanz und kompositorischer Intelligenz geraten aber einige Refrains etwas zu konstruiert und zünden nicht wie die Strophen, was für eine amerikanische Formation ungewöhnlich ist. Auch vor dem ansonsten wirklich starken Opener macht das Manko nicht Halt, teilweise verliert man sich in der Weite der Melodien wie es JOURNEY Mitte der Achtziger oft passierte. Dem Schlusspunkt „I Walk Alone“ gelingt es sich zu befreien und in epische Dimensionen vorzudringen.
Mehr Schmiss hat zudem das eher softe „Don´t Say A Word“, die Leadfills bringen die Fanfare so richtig in den Fluss. Vor allem weil das Spiel von Roth Wärme und Feeling mitbringt, was er in der Ballade „It´s Not Over“ gewinnbringend einsetzt. Neben dem schönen Solo wissen die Synthesizerflächen den Hörer wunderbar zu umgarnen.

Die Arrangements gänzlich von der Kette lassen die Vier gegen Ende bei „I Don´t Wanna Lose You“. Hili überzeugt in langen weichen Tönen, die Röhre des Mannes ist wie gemacht für das Material. Aus heiterem Himmel knallen einem plötzlich die Akkorde um die Ohren und lösen sich wieder schön in der getragenen Strophe auf. Der Charakter der Band bleibt auch mit neuem Input und Personal unangetastet , der Haus – und Hofproduzent ihre Plattenfirma arbeitet die Nuancen schön heraus. AOR der gehobenen Klasse, dem jedoch die ganz große Klasse zu Huffs Zeiten abgeht.

7,5 / 10

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