GAZPACHO - Fireworking At St. Croix
VÖ: 11.03.2022
(KScope/Edel)
Genre: Art Rock
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GAZPACHO
Aufgrund der Pandemie fiel die Tour zum letzten Album der Norweger leider aus. Dabei hätte die Band ihren Fans gerne ihr elftes Studiowerk in den Clubs präsentiert. Daher nahm man die Idee auf, das Ganze per Streaming zu tun, wobei man ganz bewusst den eigenen Proberaum in Fredrikstad als Location wählte. Das Ganze ging am 25. Oktober über die Bühne und war die einige Möglichkeit seitdem mit den Anhängern in Kontakt zu treten. Da sich der ganze Lockdown noch länger streckte, bearbeiten GAZPACHO das Material fügten noch ein paar Bonustracks dazu und veröffentlichte dies als „Fireworking At St.Croix“.
Dabei wollte man eben bewusst der Proberaumcharakter erhalten, die Musik vollkommen in den Vordergrundstellen. Daher verzichtet man auf alles was ablenken könnte, selbst auf eine Lightshow, so dass der Raum recht dunkel ausgeleuchtet ist. Was aber eine durchaus interessante Atmosphäre erzeugt, die den Fokus des Zuschauers auf die Klänge erhöht. Die Bandaufteilung unterscheidet sich ebenfalls klar vom klassischen Rockmuster, die Musiker stehen in einem Halbkreis, der mit dem Schlagzeug beginnt und den Frontmann in der Mitte sieht.
Die Probleme bei der Umsetzung fangen allerdings schon damit an, dass unter den Musikern keinerlei Kommunikation zu erkennen ist, obwohl diese Anordnung dafür prädestiniert wäre. Klar ist deren Musik sehr introspektiv, aber die Performance ist schon sehr zurückhaltend, der Bewegungsradius ist fast bei null. Sicher muss man sich bei so einer Aktion nicht wie ein Rockstar gebärden, doch Sänger Jan-Henrik Ohme ist nicht nur optisch eher in der Gymnasiallehrer-Liga, sondern auch von der Gestik. Dabei benötigen die schwebenden Klänge die ein oder andere theatralische Untermalung.
Am ehesten lässt sich die geringe Performance am Schlagzeuger Robert R Johansen ausmachen, der oft mit geschlossenen Augen da sitzt. In der Welt von GAZPACHO kommt es mitunter schon einmal vor, dass er länger auf seinen Einsatz warten muss. Ob er nun gelangweilt oder konzentriert dreinblickt kann ich nicht eindeutig beantworten. Wenn er aber Gitarrist Jon-Arne Vibo bei dessen Höheflügen untermalen darf scheint er aus sich heraus zu gehen. Ansonsten ist der Sechssaiter mehr mit endlosen Flächen beschäftigt, die eben viel Gefühl und Konzentration erfordern.
Natürlich ist das großartige und wunderschöne Musik, die uns GAZPACHO da servieren, man kann sehen, wie sie diese förmlich vor den Augen erarbeiten. Ohme liefert erhabene Melodien ab, besonders beim Titeltrack oder dem abschließenden „Winter Is Never“ von „Tick Tock“. Der zweite Gitarrist Michael Krömer, der mit Lap Steel alles noch weiter öffnet, schnappt sich an und an die Geige und lässt sie wie etwa bei „Hourglass“ in den wunderbarsten Tönen weinen. Auch Bassist Kristian Torp greift ab und an zur akustischen Variante und zupft seine schweren Noten auf dem Kontrabass.
Doch sonst ist eben visuell wenig zu vernehmen. Speziell wenn Keyboarder Thomas Andersen mit ein paar Tastendrücken einen Chor in den Gesamtsound zaubert wünschen sich Zuschauer und Zuhörer eben einen echten. Der Albumtitel evoziert ja ein wenig den Gedanken, dass die Scheibe in einer Kirche aufgenommen worden ist, umso mehr ist man von den dunklen Bildern enttäuscht.
Gerade die oft sakrale Atmosphäre würde in solch einem Ambiente zu voller Blüte reifen und eben für einen Chor den richtigen Raum gestalten. Musikalisch ist das alles absolut top umgesetzt und auf den Punkt und fein dosiert gespielt, Klangmalerei in Vollendung. Ich weiß den unprätentiösen Ansatz zu schätzen, aber hier wurden viele Möglichkeiten verschenkt, um dem Fan gleichwertiges Videomaterial dagegen zu stellen.
6 / 10