NAZARETH - Surviving The Law
VÖ: 15.04.2022
(Frontiers Music)
Genre: Heavy Rock
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NAZARETH
Was ist im Lager der Schotten los? Legen doch glatt ein Album vor, ohne dass ihre Freunde und Konkurrenten von URIAH HEEP etwas Ähnliches angekündigt haben. Gut, zumindest eine Megatour ist für Jahresende geplant, sofern der Corona-Satan nicht wieder in die Suppe spuckt, da wird auch was in der Mache sein. Aber NAZARETH scheinen wieder vor Tatendrang zu sprühen, mit Carl Sentance konnte man Dan McCafferty endlich ohne allzu viele Reibungsverluste ersetzen. Fast vier Jahre nach dem ersten Album mit dem früheren PERSIAN RISK - und KROKUS-Mann ist er mit dem zweiten noch mehr angekommen, eine Ehre, die Linton Osbourne nie zukam.
Es ist nicht neu, das Line-Up-Wechsel sich auch auf die musikalische Linie auswirken, aber bei den Veteranen hätte ich das so nicht unbedingt erwartet. Mit Pete Agnew ist jedoch auch nur noch ein Originalmitglied dabei und man hat sich stark verjüngt, immerhin sitzt dessen Sohn hinter der Schießbude. So lassen die ersten Töne allerdings doch schon sehr rätseln, um welche Band es sich auf „Surviving The Law“ handelt. Mit dem was im Laufe der bisherigen Karriere geliefert wurde, hat das nur wenig zu tun, nicht einmal mit dem Output in dem Jahrhundert, als man schon zeitgemäßer produzierte.
Die Gitarren durften bei den ganz frühen Sachen in den Siebzigern auch mal spacig sein, als man noch seine Identität suchte, aber zum Auftakt überraschen sie schon. Dass es in der Folge ordentlich nach vorne treibt, überrascht jetzt nicht unbedingt, dass der psychedelische Unterton bleibt schon eher. Ich weiß nicht wie sich „Strange Days“ mit dem guten, alten Dan angehört hätte, aber mit Sentance würde ich blind auf rockige MONSTER MAGNET tippen. „Psycho Skies“ macht seinem Namen alle Ehre, nimmt mit Unterstützung einiger Leads den Faden später wieder auf und verschreckt alte Fans schon ein wenig.
Man könnte die Nähe zu einer sehr retro gewandeten Band zwar als Rückkehr in die Siebziger deuten, doch die Vier geben sich eher postmodern. Man kann schon annehmen, dass sich hier eine Formation freischwimmen möchte, denn die Unterschiede zum schon kernigen Vorgänger „Tattooed On My Brain“ sind schon gravierend. Auch der Sound ist nicht mehr so rund wie auf jenem Werk, analog zur musikalischen Direktive tönt der neue Dreher staubtrocken wie die Wüste auf ihrem „Snakes´n´Ladders“-Artwork. Das bekommt ausgerechnet der Bass von Pete Agnew zu spüren, der nicht mehr ganz so präsent ist wie gewohnt.
Man muss jedoch klar dafür halten, dass es an allen Enden rockt und raucht, die Band eine Power versprüht wie schon ganz lange nicht mehr. Vielleicht erzeugt man so nicht die memorabelsten Melodien, live dürften die Titel aber auf alle Fälle Spaß machen, gerade weil sie so kurz und knackig auf den Punkt kommen. Über weite Strecken ist das straighter Hard Rock, etwa bei Songs wie „Falling In Love“. Das flotte „Sinner“ bedient sogar einen AC/DC-Groove, der schottischen Musikern nicht fremd sein dürfte.
Nach dem eigenen Erbe muss man schon etwas genauer suchen, zumal sich dies ebenfalls hinter dem direkten Klangbild versteckt hat. „Ciggies And Booze“ hat auf jeden Fall das Augenzwinkern, für welches NAZARETH bekannt sind. Die typischen Harmonien findet man in „You Gotta Pass It Around“ und bluesigen Swing in „Better Leave It Out“. Wie die Drums die Strophen in „Runaway“ führt, lässt an „Razamanaz“ denken und im Boogie von „Waiting For The World To End“ dürfen sich auch mal die dicken Saiten zu Wort melden.
Dem Bandurgestein bleibt es dann überlassen „You Made Me“ zu intonieren, das wie schon „You Call Me“ auf dem Vorläufer den ruhigen Schlusspunkt setzt. Hier hat Jimmy Murrison ganz Sendepause, stattdessen dröhnt die Orgel herrlich stoisch im Sixties-Style. Dies bleibt die einzige Nummer von „Surviving The Law“, die Dampf aus den Kesseln nimmt, davon gab es zuletzt einige mehr. Man muss jedem Musiker Weiterentwicklung zugestehen, man darf gespannt sein, wie es die Anhänger aufnehmen werden.
7 / 10