DOROTHY - Gifts From The Holy Ghost
VÖ: 22.04.2022
(Roc Nation/Spinefarm)
Genre: Roots Rock / Hard Rock
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DOROTHY
Auf ihrem Debüt gab sich die Combo um die namensgebende Dorothy Martin noch sehr alternativ geprägt, auch wenn die Nähe zu HALESTORM da schon bestand. So folgte mit „28 Days In The Valley“ die Kehrtwende zum Classic Rock, womit zwei Eckpfeiler umrissen wären. Um den stetigen Wandel zu unterstreichen wurde in den letzten vier Jahren die komplette Besetzung ausgetauscht. Die neue Mannschaft hat nun „Gifts From The Holy Ghost“ eingetütet, was irgendwie spirituell klingt.
Angesichts der persönlichen Geschichte der Frontfrau und jüngsten Ereignissen ist dieser Hinwendung durchaus verständlich. Sucht die Dame nämlich heute Zuflucht in weniger weltlichen Dingen als weltlichen Substanzen. Dieser cleane Ansatz mehr bei sich selbst setzt scheinbar neue Energien frei. Nur so ist es zu erklären wie man so einen Hit schreiben kann wie den Opener „Beautiful Life“.
So abgehangen das bluesige Riff auch ist, so stoisch die Drums, das drückt wunderbar nach vorne bevor sich im Refrain alles paart, was Rock so ausmacht. Sind die Riff eher im Alternative Rock zuhause, so würde der Chorus jeder AOR-Truppe gut zu Gesicht stehen. DOROTHY verquicken, was eigentlich nicht vereinbar ist und schnappen sich das Beste aus den jeweiligen Welten.
Speziell die rootsige Schlagseite überrascht in dem Hitfeuerwerk, immerhin haben die folgenden Stücke „Big Guns“ und „Rest In Peace“ Anleihen bei der Coolness von LARKIN POE. Deren Vorgaben setzen sie in etwa so um wie sich JEFFERSON AIRPLANE zu JEFFERSON STARSHIP verhalten. Hier ein paar knallige Arrangements, da eingängige Refrains, aber immer die Grundform wahrend.
Gerade die zweitgenannte Nummer weiß mit einem Gospeltouch die ideologische Spur weiter auszutreten. Kulminiere tut das alles im abschließenden Titelstück, wo ROLLING STONES-Licks breitbeinig dargeboten werden. Mit so viel Soul wie beim Höhepunkt hätten POISON auch gerne mal ihren Hairspray Rock zelebriert, vor allem weil es einfach mitreißt.
In dem Sog fegt auch „Top Of The World“ über uns hinweg, die kommerziell verwertbaren Gesangsarrangements prallen herrlich auf tiefe RIVAL SONS-Riffs. Die Band spielt euphorisch auf, braucht keine vier Minuten, um in einem Song alles zu sagen, einfach direkt auf den Punkt. So wandlungsfähig ist auch die Dame mit dem auffällig roten Lippenstift, die faucht, schreit, röhrt, fleht, rotzt, jubiliert und auch mal schmachtet.
„Close To Me Always“ bringt sogar ruhige alternative Elektronik mit rein, doch ihr Organ hält auch die Nummer im Rahmen, wenn sich die rockige Kraft Bahn bricht. Wer hat den im Übrigen gesagt, dass Rock tot sei? Hier werden alle Facetten dieser Musik in den Topf geworfen und zu einem unwiderstehlichen Cocktail verrührt. So muss Rock heute klingen!
8,5 / 10