DAY SIX - The Grand Design

Für folgende Situation liebe ich meinen Job als Rezensent: Ein nichtssagender CD Rohling und eine Presseinfo mit dem typisch hochtrabenden Label Geschwafel "...größte Erfindung seit geschnitten Brot, beste Musik wo gibt" vor mir. Anlage an, das Plastikrund rein und Play gedrückt. Ich noch völlig neutral und im Alltag hängend, bekomme, mit jeder Minute die vergeht während die Scheibe läuft, immer größere Ohren, der Blick wird glasig, der Alltag verblasst und versinke zunehmend in einer Welt, die aus Tönen gebaut, getragen und bestimmt wird. Mächtige, akzentuierte Gitarrenriffs, stilvolle der Atmosphäre zuträgliche Keyboardschwaden, manchmal von einer klassischen Orgel durchsetzt, getragenes Tempo, vertrackte Rhythmen und wechselnde Gefühlsbäder: mal eiskalt und verloren durch reduzierte Klangtropfen und mechanische Geräusche, dann wieder wärmend und mit dem Gefühl der Geborgenheit, durch schöngeistige Melodien hervorgerufen. The Grand Design nennt sich das zweite Album der aus Holland stammenden Prog Formation DAY SIX und "grand" ist das Werk nicht nur durch seine Länge von über 72 Minuten, sondern durch seine grandiose Ausführung. Eine homogene Verbindung der verschiedensten Einflüsse, die man sofort wahrnimmt ohne das Gefühl von "geklaut" zu haben, da DAY SIX es zu ihrer eigenen, spannenden und düsteren Klangwelt verbinden. Von der düsteren und oftmals unterkühlten Ausrichtung hat The Grand Design damit viel mit Fear Of A Blank Planet von PROCUPINE TREE gemeinsam. Aber auch was die Verbindung und Weiterentwicklung klassischer wie moderner Klänge im Songwriting angeht, können DAY SIX durchaus an die gegenwärtig subtilste Progband aufschließen: Die träumerische Atmosphäre von PINK FLOYD, die Dynamik und rhythmische Komplexität von TOOL, dazu dosiert eingesetzte Technik von DREAM THEATER und die metalische Härte von OPETH. Gebündelt und durch fließende Übergänge verwoben, ist diese Essenz von DAY SIX beim überlangen (16 Minuten!) "Inside" am besten herauszuhören. The Grand Design ist ein wirklich großartiges Album geworden, auf welches die vom Label vorgeschossenen Lorbeeren auch tatsächlich mal zutreffen. Echte Prog Musik, die in ihrer Komplexität und Länge entdeckt werden will und die man am besten unter Kopfhörern geniesst. Klasse!