ACT OF CREATION - Moments To Remain
VÖ: 19.07.2024
(Massacre Records)
Genre: Melodic Death Metal
Website:
ACT OF CREATION
Kam ich letztes Jahr anno 2023 auf dem F.M.O. als Oldschool Metaller (!) in den Genuss einer hoffnungsvollen Combo, die selbst zeitgemäßerer Linie auf dem Melodic Death Metalsektor fahrend, so richtig fetten Eindruck hinterließ, steht jetzt die Rezi für den nächsten ACT OF CREATION-Streich ins Haus. Das Label Massacre Records tat wohl daran, die aufstrebende Band unter ihre Fittiche zu nehmen.
Wer sind eigentlich IN FLAMES/DARK TRANQUILITY? Klar, zwei wichtige Szene-Wegbereiter die immer noch als Zugpferde des Melodic Death Metal Sektors betrachtet werden. Beide setzten in der Vergangenheit gewaltig Akzente, können es auch live nach wie vor, haben aber seit mindestens einer Dekade überhaupt keine hochwertigen Qualitätsalben mehr abgeliefert. Jedenfalls gibt der Haiger-Fünger ACT OF CREATION passend Zeugnis darüber, dass qualitativ hochwertiger Melodic Death Metal dem so mancher Schuß Thrash innewohnt, nicht generell einzig allein aus Wasa-Land kommen muss, darüber hinaus innovativ, erfrischend kreativ, leidenschaftlich und dynamisch klingt. Ebenso zeigen sie durch variable Gesangsvielfalt, facettenreiche Stimmungen ihrer Songs den großen wie es geht. Sogar Top-Adressen hierzulande im Format ARCH ENEMY sind kein wirklich direkterVergleichswert für die ungeheure Leidenschaft, Dynamik und Kreativität, verbunden mit Hingabe und geballt sich im Gehör festsetzender Attitüde. - Wow!
Neben dem ausdrucksstarken Gesang von Frontfrau Jess, die mit ihrem beissenden Organ zahlreich männlicher Kollegschaft des Melodic Death Sektors weit hinter sich lassend in die Schranken weist, ist es die geballte Energie, die gebündelt auf den Punkt gebracht hervorragend zun gesellschaftskritisch nachdenlichem Inhalt auf dem fünften Studiolangdreher 'Moments To Remain' alles mitreißt. Das äußert sich in schnellen, gewaltig Tempo machenden Death Metalgeschossen wie „Under Friendly Fire“ und galoppierende Gitarren sprechen lassenden Groovern (u. a. „Come With Me“) inklusive Heroischen Choralparts, flexiblen Gesangspassagen die auch mal hochtonlastig klingen oder unterstützende Backgroundvocals, hochgradiger Spannung, explosiver Dynamik und einem immer vorhandenen Schuß Melancholie. ACT OF CREATION verteilen schmerzhaft die Gesellschaft zum Nachdenken anregende Breitseiten in alle Richtungen. „Egoist“ rechnet gnadenlos mit der Ellebogengesellschaft (Jeder ist sich selbst der Nächste) ab, „Moments To Remain“ zeigt wie schwierig es ist, dass tiefe Narben so schnell nicht verheilen obwohl ein bekanntes Sprichwort lautet: „Zeit heilt alle Wunden,“ der Track signalisiert deutlich, dass nicht immer am Geschwindigkeitsrad gedreht werden muss, wenn zuckersüß melodische Parts soviel bittersüßes Gift verspritzen. Der gefühlvoll Akustische Song für nachdenkliche Minuten „Cry Of A Peacecrow“ geht als gelungener Brückenschlag durch, ehe der Tod des inneren Seelenlebens „Dying Inside“ danach wieder mächtig den Arsch versohlt. Selbst der unbequemen Konfrontation mit Wahrheiten, die nicht jeder hören will, gehen ACT OF CREATION konsequent und mutig kein Stück aus dem Weg! Vielleicht findet auch die verlorene kleine Seele („Little Lost Soul“) den Weg aus dem Labyrinth der Irrungen, Wirrungen und Abwege den Weg aus der Dunkelheit ins Licht zurück? Ein stimmungsvoller Marschrhythmuspart dem anschließend extrem krasse Tempoforcierung folgt, gibt Anlass zu der Hoffnung, dass es vielleicht geschieht.
Den Blick hinter die Realität einer von Doppelmoral geprägten Gesellschaft wirft das anklagende „Beyond Reality“, worauf „Agonizing Slumber“ erneut sämtliche Stärken vereinend für granatenstarken wie hochmelodischen Abschluß sorgt, dem sich der dritte Bonustrack „Into Dreams“ problemlos anschließt. ACT OF CREATION haben sich seit ihrer Gründung 2007 kontinuierlich weiter entwickelt, Wir rechnen 2 x 7 das macht gleich 14 Jahre dazu und befinden uns im Jahr 2024. Wo es in der Vergangenheit noch den ein oder anderen kleineren Hänger im Song-Gefüge gab, wirkt nunmehr alles bis ins Detail professionell durchstrukturiert.
Obgleich gern mal auf's Gaspedal getreten wird, verstehen ACT OF CREATION sich prima darauf packende Rhythmus-Tempowechsel einzubauen, denen es generell nie an Kompaktheit mangelt, hinzu kommt ein Gespür für raumgreifende Melodieführung und heroische Faustreckparts, die wechselhaft durch facettenreiche Tempovariation enormen Druck und viel Spannung erzeugen. Neben den bereits von Mike reviewten KVAEN gehören ACT OF CREATION zu den innovativsten Combos auf dem restlos überlaufenen Sektor. Dieses komplett auf ganzer Linie überzeugende Haiger-Quintett hat einen dicken Stein bei mir im Brett. ACT OF CREATION gehört die Zukunft des Melodic Death Metal!
Gelungener druckvoll auf den Punkt gebrachter zuweilen effektiver lassen sich Gesellschaftskritische Statements, die überall dort den Finger in die Wunde legen, wo es wehtut nicht äußern. Hochgradig Innovativer Albumrelease einer zu den größten Hoffnungen auf dem lange nicht mehr so derart inspirativen Melodic Death Metal-Sektor gehörenden Combo. Gratulation für das tolle Gesamtwerk. Abgerundet durch ein hervorragend optisch gestaltetes Coverartwork haben ACT OF CREATION spätestens mit der fünften Scheibe ihre harten Lehrjahre direkt hinter sich gelassen und somit ihr Meisterstück geschmiedet.
Fazit: Bockstarker Melodic Death Metal einschließlich Thrashreferenzen, der von Anfang bis Ende richtig herrlich knallt, den Duft der Freiheit atmet und kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn es darum geht, einer von Dekadenz, Korruption, Spießertum und schleimiger Doppelmoral dominierten Gesellschaft ihren Spiegel vor's Gesicht zu halten. - Feiner Genretobak auf erlesenem Top-Niveau! 9/10