BEARDFISH - Songs For Beating Hearts
VÖ: 01.11.2024
(Inside Out/Sony)
Genre: Retro/Folk Prog
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BEARDFISH
Im Prog-Boom der Nullerjahre waren die Schweden eines der heißesten Eisen, vor allem durch ihre Unberechenbarkeit zwischen Retro-Prog und zappaesker Avantgarde. Sänger und Gitarrist Rikard Sjöbolm war nebenher noch mit anderen Projekten wie GUNGFLY beschäftigt, dennoch war der Output von BEARDFISH sehr hoch. Als er jedoch bei BIG BIG TRAIN anheuerte fiel jene Combo vom Laster und wurde aufgelöst. Nachdem der Mainman vom britischen Kollektiv löste wurden die Gerüchte um eine Reunion lauter, und tatsächlich zu Beginn des Jahres die Rufe erhört. In der identischen Besetzung wie seit der Gründung veröffentlicht der Vierer nun „Songs For Beating Hearts“.
Neun Jahre seit dem letzten Werk gehen natürlich nicht ins Land ohne Spuren zu hinterlassen, die sich eben auf die stilistische Marschroute auswirken. Dabei könnte die Zusammenarbeit mit Longdon, Spawton und Co. eine Rolle gespielt haben, denn deren eher ruhige Ausprägung hat sich in dem neuen Werk eingeschlichen. Irre jazzige Abfahrten findet man nur noch sehr wenig, stattdessen hat man akustischen Momenten viel Raum eröffnet. Das zeigt sich bereits beim Opener „Ecotone“, der wunderbar verträumt aus dem Unterholz heraus lugt und mit verhallten Stimmen aufwartet.
Teilweise spielt man ganz offen mit folkloristischen Motiven, was aber für eine schwedische Band keine Seltenheit darstellt. Man denke nur an KAIPA oder KEBNEKAJSE, die ganz tief im Folk Prog verwurzelt sind, wobei auch der Einfluss von WISHBONE ASH in „In The Autumn“ nicht zu verleugnen ist, bei dem Sjöbolm mit einer Frauenstimme im Duett singt.
Im Quasititeltrack „Beating Hearts“ kann man sogar den Klang einer Geige bewundern, welche dem reichhaltigen und dennoch sehr tiefen und differenzierten Klangbild zusätzliche Facetten hinzu fügt. Gegen Ende gibt der Song dann etwas Gas und erinnert an die hardrockige Phase im letzten Jahrzehnt, allerdings auch mit klaren Bezügen in die Siebziger.
Herzstück der Scheibe ist das fünfteilige „Out In The Open“, welches sich über zwanzig Minuten erstreckt. Darin erinnern BEARDFISH am ehesten an den Retro Prog, für den sie bisher standen, wo auch die Tasten mehr Platz einnehmen. Im zweiten Teil „Oblivion“ gibt das E-Piano den Ton an, während im dazugehörigen Reprise nach dem ruhigen Abschnitt „Hopes And Dreams“ die Orgel röhren darf.
Interessant in dem Hinblick auch der Bonustrack, eine „Norrsken 1982“-Edition des Openers, bei dem mithilfe analoger Synthesizer mit dessen Themen gespielt wird. Das hat etwas von TANGERINE DREAM, solche Experimente finden sich auch oft bei THE TANGENT, mit denen BEARDFISH befreundet sind. Damit ein weiterer Baustein der einnehmenden Atmosphäre von „Songs For Beating Hearts“, ein wunderbar im Fluss befindliches Kleinod.
8 / 10