LINKIN PARK - From Zero
VÖ: 15.11.2024
(Warner Records)
Genre: New Metal/Crossover/Alternative Metal
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LINKIN PARK
Man hatte die New Metal-Überflieger schon aufgegeben, zu tief saß der Stachel nach dem Tod von Chester Bennington. Wie sollte es ohne den Ausnahmefrontmann weitergehen, wer sollte ihn ersetzen? Vor ein paar Woche platzte plötzlich die Bombe, LINKIN PARK sind zurück – und wie! Ein paar Warm-Up-Dates waren weltweit innerhalb von Minuten ausverkauft, ein neues Album wurde angekündigt, die erste Single ist seitdem auf Platz eins der Charts festbetoniert. Die größte Überraschung, mit der bisher eher unbekannten EMILY ARMSTRONG hat man eine Sängerin verpflichtet. Will man vom eigenen Erbe weg kommen, kann sie ob ihres völlig anderen Ansatzes die Lücker eher füllen, wie fügt sie sich ein?
In der Tat ist die Scheibe deutlich anders ausgefallen als alles was bisher kann, immerhin unterlag der Output sich ständig ändernden stilistischen Ausprägungen. Und diesmal ist alles noch ein wenig anders, „From Zero“ trägt den Neustart nicht nur im Namen. So gut wie weg sind die für das Genre so typischen heruntergestimmten Gitarren, die Riffs brettern mehr als dick zu grooven. Klanglich macht sich das ebenso bei der Elektronik bemerkbar, die nicht mehr so wuchtig wirkt, alles ist viel roher und direkter. Ohne Schnörkel kommen die Kalifornier auf den Punkt, kein Song knackt die Vier-Minuten-Marke. Phasenweise ist das fast punkig, was sich in „Cut The Bridge“ nachhören lässt, das alternative Pendel schlägt deutlicher aus.
Diese Rotzigkeit kommt Armstrong zugute, die sich da wunderbar entfalten kann, bisweilen röhrt die Dame amtlich. Man tat gut daran, keinen Chester-Klon zu engagieren, das hätte nur schief gehen können. Seine warme Melancholie, sein klares Timbre sind nicht zu imitieren, so mussten LINKIN PARK auch bei den Gesangsarrangements umstellen. Bisher war die Aufteilung klar, wo Mike Shinoda die härteren Vocals und Raps übernahm, nun darf die gute Emily ebenfalls rocken und der Mastermind an die melodischen Linien ran.
Was auffällt sind die von der Intensität oft unterschiedlichen Strophen, von der auch der aktuelle Superhit „Emptiness Machine“ profitiert. Aggressiver klingen nun die Ausbrüche und suchen nicht mehr die Hymnenhaftigkeit. Am ehesten an alte Zeiten ist „Two Faced“ angelehnt, gerade weil die Gitarren hier tiefer liegen und an Neunziger-Crossover denken lassen. Das dickste Brett bohren die Sechs mit „Casuality“, das grenzt an frühen Hardcore, überhaupt ist der hohe Härtelevel eine weitere Überraschung, zuletzt hat man es sich ziemlich im Mainstream bequem gemacht.
Natürlich ist „From Zero“ alles andere als ein Metalwerk, die ruhigen Sachen beherrschen sie nach wie vor. Noch viel mehr macht ihnen weiterhin niemand was beim Songwriting vor, das Gespür für große Hooks haben sie immer noch, selbst in Rap-Skills als auch den Screams von Armstrong. Unter all den neuen Aspekten ist dennoch immer noch die Handschrift früherer Tage erkennbar, in Sachen Struktur und Melodieführung. Dieses Talent hat sie an die Spitze gebracht und man muss kein Prophet sein, um die Rückkehr dorthin zu orakeln.
Bei den ruhigen Songs dürfte das balladeske „Stained“ über das meiste Hitpotential verfügen, „Overflow“ hingegen mit seinen sich steigernden Soundscapes die Musikliebhaber am meisten faszinieren. Eine der ganz großen Überraschungen, damit war vor wenigen Monaten noch gar nicht zu rechnen, auf „From Zero“ ist ein Hunger und Spielwitz wie bei einer jungen Combo zu spüren. Weniger überraschend dürften die Pits sein, welche die neuen Gassenhauer auf den Festivals lostreten werden.
8 / 10