ENVY OF NONE - Stygian Wavs
VÖ: 28.03.2025
(KScope/Edel)
Genre: Alternative/Elektro/Prog
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ENVY OF NONE
So langsam scheint sich da eine echte Band heraus zu schälen, mit der der frühere RUSH-Gitarrist unterwegs ist. Versandete sein erstes Soloprojekt noch, war auch jetzt zu befürchten, dass sich Alex Lifeson in zu vielen Projekten wie TODAY WAS YESTERDAY verliert. Doch nach dem selbstbetitelten Debüt und einer nachgeschobenen EP sind ENVY OF NONE wieder da, und zwar in der gleichen Besetzung. Ihr bisheriges Schaffen überraschte viele, da sich die Formation so gar nicht an den früheren Bands der Protagonisten orientierte. Was bringt nun „Stygian Wavs“?
Zuerst einmal nichts auffällig anderes, die Zutaten sind geblieben, der Vierer kredenzt einen Cocktail aus alternativem Rock und viel elektronischem Zierrat. Von den Musikern bedient niemand das Schlagzeug, den Rhythmus steuert Alf Annibilani am Synthesizer bei, die Sequenzer puckern schön vor sich hin und drängen sich nur selten auf. Ihre zurückhaltende Art behält die Truppe weiter bei, alles ist eher im Schweben inbegriffen und setzt vornehmlich auf Atmosphäre.
Unter der Oberfläche versucht man sich doch an ein paar Gegensätzen, die im Gesamtbild stark, fast bis zur Unkenntlichkeit eingearbeitet werden. Hier wird beim Mastering schon arg komprimiert, manch Feinheit verschwindet, nur wenn sie die Arrangements nicht so dicht packen kann sich mehr entfalten. Bestes Beispiel zu Beginn mit „Not Dead Yet“, das ansatzweise nach vorne treibt und einen Hauch Prog versprüht. Besonders in der Mitte packt Lifeson ein Riff aus, das bei RUSH sicherlich hätte Verwendung finden können.
Noch schwerer liegt die Gitarre beim folgenden „The Story“, bevor sich alles zu einem der melodiösesten Refrains auflöst. „Thrill Of The Chase“ lässt lockeren Groove und dunkle Synths aufeinanderprallen, wobei auch hier wieder der Sechssaiter Akzente setzen kann, was ihm auf dem Erstling weniger gelang. Die Entwicklung deutete sich „That Was Then, This Is Now“ an, obwohl gerade der Titel den neuen Weg untermauern soll. Jener Titeltrack ist auch hier noch einmal vertreten und hat neben einem sich echten Schlagzeugspuren nähernden Hintergrund auch ein bluesiges Solo am Ende.
Ein paar Sachen wie das schwerfällige „Raindrops“ fallen sogar etwas jazzig aus, gerade wenn die Töne aus verschiedenen Quellen duellieren. Andy Curran darf am Bass auch mit ein paar Läufen glänzen, etwa in „The End“, bei dem wiederum Akustikklänge den Kontrast bilden. Dazu gesellen sich noch einige Ausflüge ins orientalische Fach, wobei sich hier der finale Titeltrack heraushebt. Die Beats fordern hier mehr als bei allen anderen Tunes und Maiah Wynne nutzt ihre Stimmer rein als Instrument.
Eigentlich tut sie das die ganze Zeit, doch hier agiert sie komplett ohne Lyrics, ihre Vocals schweben nur so dahin. Das macht es den Melodien etwas schwer zu greifen, so dass der Zugang zu den Liedern erschwert ist. Bei Ausnahmen wie im Stile von „Clouds“ geht es stilistisch zurück in die Achtziger, während man den Großteil den Neunzigern zuordnen könnte, gerade wegen den partiellen Trip Hop-Einsprengseln. ENVY OF NONE verfeinern auf „Stygian Wavs“ ihre Mixtur, die sich der Hörer allerdings erst erarbeiten muss, dafür wird er mit sehr eigenständigen Ideen belohnt.
7 / 10