WALTER TROUT - Sign Of The Times

09 waltertrout

VÖ: 05.09.2025
(Provogue/Mascot)

Genre: Blues Rock

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WALTER TROUT

Ein echtes Arbeitstier, und das schon seit Beginn seiner Karriere vor fast vierzig Jahren. Dabei scheint der Sänger und Gitarrist seit seiner Lebertransplantation noch aktiver zu sein, und nimmt es in Sachen Produktivität fast mit der jungen Garde um JOANNE SHAW TAYLOR oder ROBERT JON auf. „Ride“ ist noch gar nicht abgeklungen, da hat WALTER TROUT schon die nächste Langrille raus, obwohl er mit der letzten Scheibe auch viel getourt ist. Sein Team ist eingespielt, mit seiner Frau Marie als Texterin, die auf „Sign Of The Times“ den Finger in so manche Wunde dieser Welt legt.

Da passt die Meldung ganz gut, dass sich heute Senioren für verpflichtende Analogangebote stark gemacht hat. Denn mit der künstlichen Intelligenz fremdelt der Mittsiebziger ebenfalls, was er im Opener „Artificial“ direkt offenlegt. Dieser schleppt sich streckenweise vorwärts, teils haut aber die Rhythmusfraktion auch hektisch dazwischen. Meist dann wenn Trout selbst die Harmonika recht scharf hinein bläst. Deren prominenter Einsatz lässt eher an traditionelle Blues denken, aber den bekommt man unter Führung von besagtem Instrument eher im Talking Blues „Too Bad“, der tief im Delta watet.

Im doch eher heftigen Albumeinstieg wirkt das Ganze etwas zerrissen, ein Bild, dass sich auch bietet, wenn man auf das große Ganze schaut. Nicht schwer fällt die Einschätzung, dass es sich hier um das härteste Werk in seiner Karriere handeln könnte. Nachdem er auf den letzten Alben seine Formel einfach weiter durchexerziert hat, sah er jetzt die Zeit gekommen, seine Fühler anderweitig auszustrecken. So sehr ich die Weiterentwicklung und den Mut zu schätzen weiß, aber mir tendiert das ein wenig zu weit von dem weg, wofür der Name zuletzt stand, die Handschrift ist ein Stück weit abhandengekommen.

Der Titeltrack ist das beste Beispiel für das, was fast unter dem Banner postmodern firmieren könnte. Die schreienden Soli, fast psychedelischen Passagen und schweren Riffs zeugen eindeutig vom Einfluss von JIMI HENDRIX, die Umsetzung tönt zeitgemäßer als alles bisher von dem Künstler. Völlig verzerrt knarzt der Bass, welcher nach vorne pumpt, die „OhOh“-Chöre wirken entrückt, dazu alles etwas verschwommen.
In der gesamten Mischung kommen einem hier sogar die RIVAL SONS in den Sinn, die es aber sehr stringent verstehen Retroklänge ins Hier und Jetzt zu transportieren. Diesen Ansatz verfolgt WALTER TROUT noch öfter auf seinem neuen Longplayer, etwa bei „No Strings Attached“. In dem Track entfaltet sich die Dynamik schubweise, gerade wenn die Orgel mit hineindrückt und die Leadfills noch wilder ausfallen.

Dem stehen deutlich rootsigere Nummern gegenüber, wie das bereits angesprochene „Too Bad“. „Hightech Woman“, ebenso ein zeitgeistreferenzieller Song flirtet ungeniert mit dem Rockabilly, Michael Leasure swingt fast hinter seinem Kit. Im Gegensatz zu den düsteren Titeln kommen die Tasten besser zur Geltung, wovon speziell das Honky Tonk-Piano profitiert, daneben bringen klassische Licks und die Hammond zusätzliche Tupfer.
Nochmal komplett gewandelt zeigt sich „Mona Lisa, Smile“, eine sehr reduzierte Akustikballade. Nur mit der Klampfe begleitet sich der Barde seine brüchige Stimme, Rhythmusbegleitung ist höchstens marginal. Dafür erklingt das Schifferklavier, ein paar Wurlitzertöne, eine Mandoline und am Ende sogar die Geige des bekannten Arrangeurs Stevie Blacke. So nahe an Folk und Country wagte sich der gute Walter noch nie, auch die Melodieführung ist ungewohnt.

Dann sind da noch einige Stücke, welche man so erwartet hätte, die den Faden ein wenig zum Vorgänger spinnen. Etwa „Blood On My Pillow“, ein melancholischer, lyrischer Moll-Blues in der Tradition von GARY MOORE oder JOE BONAMASSA. Hier spielt er warme gefühlvolle Leads über die tiefen vier Saiten von John Avila und die Orgelflächen von Teddy Andreadis. „Hurt No More“ versprüht eine Lockerheit wie bei TOM PETTY, der Refrain kommt sehr harmonisch und die Tasten bekommen ihren Raum. Trotz oder gerade wegen dieser Schwenke findet sich auf „Sign Of The Times“ kein roter Faden, obwohl die Kompositionen für sich allein überzeugen können.

7 / 10

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