BEGGAR`S OPERA - Lose A Life (A Nano Opera)

VÖ: bereits erschienen
(Repertoire Records)
Homepage:
www.beggarsopera.co.uk
Myspace:
www.myspace.com/beggarsoperaofficial
Nachdem es viele Jahre lang still um BEGGAR`S OPERA war, meldete sich Urmitglied und Gründer Ricky Gardiner 2010 mit Close To My Heart zurück. Die Beggar`s zählten Anfang bis Mitte der Siebziger neben unter anderem GENTLE GIANT, zur Speerspitze schottischer Progressive/Art Rock Acts und hatten in dieser Phase einige achtsame Alben abgeliefert und landeten mit "Time Machine" sogar einen echten Single-Hit in Deutschland. Die Opera von damals zeichnete sich durch ständig wechselnde Lineups aus, welche aber auch gerade dadurch zu interessanten Veröffentlichungen unterschiedlichster musikalischer Couleur führte. Heute sind BEGGAR`S OPERA ein Familienunternehmen bestehend aus Ricky Gardiner (Gitarre) und seiner Lebensgefährtin Virginia Aurora Scott (Keyboards, Gesang), welche ehemals auch schon ab und dann zur frühen Besetzung gehörte. Das Schlagzeug wurde, wie schon auf dem Vorgängeralbum, von Sohn Tom Gardiner eingespielt. Lose A Life stellt heuer für Ricky Gardiner wohl das persönlichste Album überhaupt da. A Nano Opera speist sich aus biografischen Zügen seines Lebens, oder genauer: das Leben mit der überaus diffizilen und diskussionswürdigen Krankheit Elektromagnetische Hypersensibilität (E.S.). Gardiner leidet seit den frühen Neunzigern an einer (Nerven)Krankheit, die ein normales Leben in unserer Gesellschaft so gut wie unmöglich macht. Jede Art von elektronischem Gerät, vom Handy und deren Funkmasten, über Mikrowellen bis hin zur Kasse im Supermarkt, verursacht bei Gardiner körperliche Schmerzen durch abgesonderte Strahlung. Die Folgen sind dauerhafter Live-Abstinenz, soziale Isolation und die psychisch belastende "Diagnose", dass man gemeinhin als Kauz angesehen wird, welcher nicht alle Tassen im Schrank zu haben scheint. Denn: die Krankheit ist kaum erforscht oder therapeutisch heilbar und wird von den Medien, der Wirtschaft (Beispiel: milliardenschwere Mobilfunk Industrie) wie auch den Regierungen entweder totgeschwiegen oder belächelt. Dieser Umstand ist für die Betroffenen, von denen wahrscheinlich nicht einmal eine Dunkelziffer besteht, absolut unerträglich und verachtend. Lose A Life ist für Gardiner demnach nicht nur ein weiteres Album Musik, sondern eine definitive Herzensangelegenheit, mit wichtiger Botschaft. Egal wie man selbst also zu diesem Thema stehen mag, ein Recht auf transparente Information zu diesem "Tabuthema" hat ein jeder Interessierte verdient.
Da wir hier aber eigentlich ein Musik-Fanzine sind, sollte es nun auch endlich um die Musik auf Lose A Life gehen: Diese ist überwiegend meditativ ausgefallen (Gardiner schrieb Ende der Siebziger selbst Meditationsmusik am Computer). Die sechs Songs zwischen viereinhalb und zwölf Minuten enthalten hauptsächlich lange Keyboardteppiche und Synthieflächen, verbreiten analog zum lyrischen Inhalt, eine recht kalte, "elektrische" und synthetische Atmosphäre. Ab und dann fühlt man sich dabei an Division Bell von PINK FLOYD erinnert. Virginia Scott singt sanft, mal sakral, dann beschwörend oder führt Textabschnitte beinahe im Sprechstil auf. Der Rhythmus ist relativ unspektakulär, Tom Gardiner hält fast konsequent das immer gleiche langsame Tempo bei, was zusätzlich zum meditativen Charakter des Albums beiträgt. Musikalisch setzen BEGGAR´S OPERA, bei allem Respekt vor dem ernsten Konzept, leider keine Ausrufezeichen. Lose A Life klingt völlig altbacken, verzettelt sich in so mancher instrumentalen Passage in Langatmigkeit, enthält nur selten Gitarren und ist letztlich genau das, was die Protagonisten sicherlich am allerwenigsten sein möchten: kauzig. Ich hoffe dennoch, dass das Trio wenigstens ein kleines Signal an die Öffentlichkeit senden kann, vielleicht nicht nur anhand ihrer Musik, sondern auch in Interviews oder ähnlichen Auftritten!