LENINGRAD COWBOYS - Buena Vodka Social Club
VÖ: 14.10.11
(SPV)
Homepage:
www.leningradcowboys.fi
Die russischsten Finnen der Musikgeschichte haben ihre Frisuren wieder in Form gebracht und der Wahnwitz hält in Form des neuen Studioalbums "Buena Vodka Social Club" auch in die heimischen vier Wände neuerlich Einzug. Obgleich sich die LENINGRAD COWBOYS aufgrund ihrer wilden und zu jeder Sekunde amüsanten Bühnenshows ein respektables Image geschaffen haben, konnten die Alben eigentlich nie 100%ig überzeugen. Ich nehme es vorweg: Daran ändert auch beim 2011er Release nichts. Zur Kaltaquise neuer Kundenstämme eignet sich das bloße Tondokument wenig. Viel zu wirr und scheinbar unkoordiniert prasseln die Eindrücke und musikalischen Manigfaltigkeiten auf den Hörer ein. Was live, unterstützt durch die optische Komponente hervorragend funktioniert, stellt sich auf CD wie in der Folge kurz skizziert dar: Bereits der wilde Opener kombiniert wüsten Punk mit russischer Polka und Humpa-Rhytmen woraufhin sich der Hörer bereits Platz im Wohnzimmer verschaft um old schoolig pogender Weise seine Kreise ziehen zu können. Die Tanzfläche stünde bereit, die Band erlaubt sich aber bereits den nächsten Stilbruch. In "All you need is love" werden bluesige wie funkige Einflüsse in einem poppigen Gewand kombiniert und sind so gar nicht mehr "pogbar". An und für sich ein wirklich interessanter Song, aber nach dem fulminanten Einstieg erscheint er hier doch irgendwie deplatziert. Und das lässt sich für so gut wie jeden Song auf "Buena Vodka Social Club" festhalten. Als Einzelkunstwerk durchaus bestaunenswert (Das 13köpfige Ensemble versteht sich als multiinstrumental sowie stilistisch in keinster Weise fixiert aber präsentiert sich allzeit souverän), als Konzept bereitet es allerdings Kopfschmerzen. "Drill-a-hole" oder die "Rock'n'Roll Show" wären passendere Nachfolger zum Opener gewesen, doch werden diese schnellen Tanzbein- und Ellenbogenschwinger durch auf amüsante Art und Weise poppigen Nummern wie z. B. dem retro-getrimmten "Gimme your sushi" unter- oder besser aufgebrochen, und ein Fluss im Album entsteht gar nicht erst. Doch die LENINGRAD COWBOYS wären nicht die LENINGRAD COWBOYS, wenn die Unterscheidung zwischen wild und reserviert die einzige wäre, mit der sich der Hörer konfrontiert sehen würde. Nein, da gibt es noch Marriachi-Gitarren über Hardrockriffs ("I kill the dog!"), puristischen 80's Stadionrock inklusive aufgeblasenem und Hall lastigen Sound ("Buena Vodka Social Club") oder schunkelbare russische Folklore ("Gasolina") und noch vieles mehr. Das Album ist in jedem Fall eine Entdeckungsreise, wenn auch eine sehr beschwerliche, aber die COWBOYS haben es ihrer Hörerschaft eben noch nie einfach gemacht. In diesem Sinne beschließt gar eine gefühlvolle Halbballade names "Mule" mit interessantem Text in sehr stimmungsvoller Manier das neueste Kunstwerk aus Finnland. Wie könnte man diese Band einem Quereinsteiger näher bringen? Wer sich eine Mischung aus EAV, dem DIABLO SWING ORCHESTRA und russischer Folklore vorstellen kann, liegt zwar vollkommen falsch, kann sich aber in etwa ausmalen, wie wild es hier zugeht. Meine Empfehlung an dieser Stelle: Beschreiten Sie den umgekehrten Weg. Gehen Sie zunächst auf ein Konzert, lassen Sie sich von der Stimmung mitreißen und kaufen Sie sich dann das Album oder gleich den ganzen Backkatalog. Wer die LENINGRAD COWBOYS studiert und verstanden hat, dem geht auch dieser neuerlich schwere Brocken runter wie Öl.