DIO - Offenbach, Capitol


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Interview vom 03.06.06
Interviewpartner: Ronnie James Dio (voc.)

Homepage:
www.ronniejamesdio.com

FFM-Rock:
Hallo Ronnie. Zuerst muss ich mich ganz herzlich bei Dir bedanken, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview nimmst.

Ronnie James Dio:
Sehr gerne…

FFM-Rock:
Du bist nun schon seit mehr als 30 Jahren im Musikgeschäft.

Ronnie James Dio:
Oh ja ...
 
FFM-Rock:
Wann hast Du für Dich entschieden, Profi-Musiker zu werden?

Ronnie James Dio:
Ich begann im Alter von 5 Jahren Trompete zu spielen. Es war eine klassische Ausbildung. Meine erste Band gründete ich im Alter von 10 oder 11 Jahren. In diesem Moment wusste ich, dass ich das für immer tun wollte. Was auch immer passiert ... ich würde immer Musiker bleiben. Ich liebte es, die Möglichkeit zu haben, ungezwungen mit anderen Menschen Musik zu machen und dafür stand Rock´n´roll.

FFM-Rock:
Kann man sagen, dass die Atemtechnik, die Du Dir zum Spielen der Trompete angeeignet hast, Deine Gesangsstimme unterstützt hat?

Ronnie James Dio:
Oh, absolut! Wenn ich nicht die Möglichkeit gehabt hätte, die gleiche Atemtechnik anzuwenden, hätte ich vielleicht meine Stimme zerstört. Ich war glücklich, etwas Talent zu haben und ein Instrument zu spielen, das mir beibrachte, eine Atemtechnik zu erlernen. Ich benutzte meine Stimme als dasselbe Instrument, wie es die Trompete war. Ohne das hätte ich wohl eine Menge mehr Schwierigkeiten gehabt.

FFM-Rock:
Woher nimmst Du Die Energie für Deine Auftritte?

Ronnie James Dio:
Es macht mir einfach Spaß, die Möglichkeit zu haben, dies zu tun. Es gibt so viele Menschen, die sehr hart arbeiten müssen, evtl. in einem Job, den sie hassen. Ich bin so glücklich, das tun zu können, was ich schon immer geliebt habe. Ich kann es zusammen mit anderen Menschen tun, die genauso denken wie ich. Das ist das Größte. Und das Wichtigste dabei ist das Publikum. Ich liebe mein Publikum. Es geht mir dabei nicht darum, vor dem Publikum zu stehen und zu singen. Das meine ich nicht. Viele Menschen brauchen diese Selbstdarstellung und wollen, dass zu ihnen aufgeblickt wird und sie die volle Kontrolle dabei behalten. Ich brauche es, ein Teil des Publikums zu sein. Ich genieße das, was ich mache und zu sehen, dass die Fans es auch genießen. Das Publikum war immer mein Freund. Ich kenne keinen anderen Weg. Sie sind meine Freunde! Sollte dieses Gefühl eines Tages verschwinden, wird dies der Tag sein, an dem ich aufhöre. Aber ich fühle nicht so. Ich bin außerdem in der glücklichen Lage, keine physischen Probleme zu haben ... wie auch immer ... Du bist immer nur so gut wie Dein Publikum. Deine Fans sind der einzige Grund, weswegen Du da stehst wo Du bist. Deshalb stelle ich an mich die Anforderung, immer das Beste zu geben.
Ich denke immer, dass die Hälfte des Publikums aus Menschen besteht, die Dich von früher kennen, die andere Hälfte wird von diesen Fans mitgebracht, die sagen: Diese Band musst Du sehen ... sie sind großartig ... Du wirst es lieben. So habe ich zwei Aufgaben. Zum einen die Menschen nicht zu enttäuschen, die denken, dass ich gut bin, zum anderen die Leute zu befriedigen, die mich vorher nicht kannten. Ist das nicht toll, wenn diese Menschen zu ihren Freunden sagen: "Das war toll" ... und diese dann antworten: "Habe ich Dir doch gesagt."

FFM-Rock:
Die Fans merken das auch…

Ronnie James Dio:
Natürlich..

FFM-Rock:
Das Erstaunliche ist, dass es für Dich anscheinend keinen Unterschied macht, ob Du vor 200 oder vor 20.000 Fans spielst ...

Ronnie James Dio:
Das ist richtig ...

FFM-Rock:
Ich habe Dich letztes Jahr auf dem BYH-Festival gesehen, wo Du einen grandiosen Auftritt abgeliefert hast. Es war einer der besten Auftritte, den ich je gesehen habe. Ich bin schon seit fast 30 Jahren fest mit Hard Rock und Heavy Metal verbunden und bin glücklich, mit der Arbeit bei FFM-Rock die Möglichkeit zu haben, meine Lieblingsmusiker, zu denen Du gehörst, zu treffen und mit ihnen zu sprechen und habe auch großes Verständnis, wenn Du mir sagst, dass Du mit Deinen Fans fühlst ...

Ronnie James Dio:
Das tue ich auch. Es ist so wichtig für mich. Zuerst muss ich mit mir zufrieden sein und ich hänge die Messlatte für mich sehr hoch. Ich möchte für mich und für die Band bei jeder Show perfekt sein. Natürlich kannst Du nie die absolute Perfektion erreichen. Aber es ist wichtig, dass Du das Ziel hast, perfekt zu sein. Du musst das Publikum zufrieden stellen weil Du ohne sie nichts bist ... absolut nichts! Was wärst Du ohne Dein Publikum? Du kannst Dich zu Hause vor den Spiegel stellen und singen und Dir selbst applaudieren. 
So wie Du habe auch ich habe meine Idole, glaube mir.

FFM-Rock:
Wer sind Deine Idole?

Ronnie James Dio:
Als ich die Möglichkeit hatte, Richie Blackmore zu treffen, war das für mich großartig. Er ist einer meiner Idole. Ich liebe Deep Purple. Selbst Leute, die ich mittlerweile gut kenne, sind immer noch meine Idole. Wenn man dieses Gefühl Idole zu haben einmal verlieren sollte, glaube ich, dass man von sich selbst so überzeugt sein würde, dass man dabei ausbrennen würde. Das will ich nicht. Die Beatles gehören zu meinen Idolen, speziell John Lennon ... auch McCartney ... zusammen waren sie unschlagbar. Natürlich haben sie auch schlechtes Material veröffentlicht, aber das hat nichts damit zu tun, dass sie zu meinen Idolen zählen.
Ich bin ebenfalls unheimlich an Sport interessiert. Das waren meine ersten Idole weil ich schon immer ein Baseballspieler sein wollte, nur war ich nicht groß und stark genug ... ich war recht gut ... aber eben zu klein. Das waren meine Idole und ich traf einige davon während der Tour und stellte dabei fest, dass deren Idole Leute wie ich waren. Wir spielten eine Show und ich traf - der Name wird Dir sicherlich nichts sagen - Mike Piazzo, ein großartiger Baseball-Spieler. Nach der Show sagte jemand zu mir: "Mike Piazzo ist hier und er möchte Dich sehen." Ich sagte: "Nein, das kann ich nicht glauben." Er kam zu mir und sagte: "Es ist so eine große Ehre für mich ..." ... ich sagte: "Nein, nein, es ist für mich eine große Ehre ..." - "Nein, für mich ..." usw. Was ich damit sagen will ist, dass Du Deine Idole brauchst und ich habe eine Menge Idole im Musik- und im Sportbereich und ich bin so glücklich sie kennengelernt zu haben.

FFM-Rock:
Du sagtest, dass Richie Blackmore zu Deinen Idole zählt. Wie beschreibst Du Deine Gefühle als Du realisiert hast, mit Richie zusammen arbeiten zu können?

Ronnie James Dio:
Ich war nie schüchtern, was mein Talent angeht. Ich bin ein eher schüchterner Mensch, aber ich bin nicht schüchtern, was mein Ego anbelangt. Du musst ein Ego haben ... Du musst wissen, wenn Du gut bist in dem was Du tust, sonst kannst Du nicht überleben, speziell wenn Du mit Leuten zu tun hast wie Richie, der manchmal recht schwierig sein kann. Man kennt die Geschichten wie kaltblütig, gemein und krankhaft er sein soll, wenn Du mit ihm sprichst ... das passierte mir nie. Mit mir ging er sehr respektvoll um. Er respektierte mich als Sänger und Musiker und ich respektierte ihn als Gitarrist und Musiker. Er war bereits ein großer Star, als er mich damals fragte zu Rainbow zu kommen. Ich war nicht schüchtern; wäre ich es gewesen, wäre ich nie in der Lage gewesen, in die Band zu kommen. Für mich ging damals ein Traum in Erfüllung, mit einem großartigen Musiker zusammen zu arbeiten. Ähnlich war es damals auch mit Tony Iommi, als die Zeit mit Black Sabbath begann. Auch er ist ein großartiger Gitarrist, aber eine andere Persönlichkeit als Richie. Es war schon etwas leichter mit ihm. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einen guten Ruf durch Rainbow, was die Sache erheblich erleichterte. Ich machte niemals einen Hehl daraus, dass Richie einer meiner Idole war und ich erinnere mich immer gerne daran. Der gegenseitige Respekt war immer da.

FFM-Rock:
War es nicht sehr schwer, nach Ozzy bei Black Sabbath einzusteigen?

Ronnie James Dio:
Nein, es war sehr leicht. Ich hatte es bereits kurz angesprochen ... Richie war ein phänomenaler Virtuose, nicht nur in seinem Gitarrenspiel, sondern auch in seinem Geist. Die Sabbath Jungs waren eigentlich genauso wie ich. Ich kam aus einer Arbeiterfamilie. Meine Eltern hatten nie viel Geld. Wir hatten praktisch die gleiche Einstellung. So war es sehr leicht, mich in der Band zu integrieren. Musikalisch war es vielleicht etwas schwieriger, da ich aus einer ganz anderen Richtung kam, was auch deutlich wird, wenn man "Heaven And Hell" und "Mob Rules" mit den alten Alben wie z.B. "Sabbath Bloody Sabbath" oder "Black Sabbath" vergleicht.
Wenn man sich die frühe Bandgeschichte ansieht - sie wurden als schlechteste Band mit den schlechtesten Songs bezeichnet, doch die Leute wollten sie hören und das alleine zählt, die kritischsten Kritiker hassten sie. Als ich dann in die Band kam, gab ich ihnen vielleicht die Glaubwürdigkeit. Tony wollte immer für die Musik, die er machte, respektiert werden und es funktionierte auf einmal. Wahrscheinlich lag es daran, dass ich nicht nur Sänger, sondern hauptsächlich Musiker war, der auch Bass spielen konnte. Ich spielte sehr lange Bassgitarre,  bevor ich Sänger wurde und das war auch immer mein ganzer Stolz. Sänger stecken oft in dieser Zwangslage, nur der Sänger neben den Musikern zu sein. Als wir in den Aufnahmen zu "Heaven And Hell" steckten, schnappte ich mir den Bass und spielte die Melodien. So bekamen die anderen Musiker Respekt und akzeptierten mich als vollwertigen Musiker. Bei Rainbow war es genauso, weil ich ein Instrument spielen konnte. Wenn Du nicht spielen kannst, wirst Du zum Arschloch-Sänger mit einem schlechten Stand in der Band. Aus diesem Grund war es für mich sehr leicht bei Black Sabbath.

FFM-Rock:
Ist es für Dich leichter, Deine Songideen den anderen Musikern zu übermitteln weil Du Bass spielen kannst?
  

Ronnie James Dio:
Ja, natürlich. Ich schreibe sehr viele Songs selbst. Ich schrieb "Holy Diver", "Don´t Talk To Strangers", "We Rock" ... und wenn Du den anderen die Songs vorspielen kannst, sagen die: "Ja, das können wir auch." Die Akzeptanz der anderen Musiker ist enorm viel größer, wenn Du es Ihnen vormachen kannst. Ganz klar. Sänger, die das nicht können, haben nicht die Möglichkeit, ihre Ideen so zu verwirklichen, wie ich das kann. Ich kann ihnen die Ideen einfach viel leichter rüberbringen - die Kommunikation stimmt einfach. Was können andere Sänger sonst tun? Sie können den anderen Musikern etwas vorsummen - das ist nicht das Gleiche.

FFM-Rock:
Wenn Du nicht die Möglichkeit gehabt hättest, Musiker werden zu können, welchen Job würdest Du heute ausüben?

Ronnie James Dio:
Ich glaube, ich wäre Installateur geworden. Mein Onkel war Installateur. Ich hatte nur einen Job in meinem Leben, das war während der Sommerferien. Mein Vater sagte zu mir: "Verdiene Geld und lerne ein Handwerk." Ich arbeitete in dieser Zeit für meinen Onkel. Er war ein toller Installateur und machte eine Menge Geld damit, aber das war nicht das Richtige für mich. Ich kann im Nachhinein nicht sagen, was ich geworden wäre, aber das wäre wohl mein Weg gewesen.

FFM-Rock:
Wenn Du die Zeit zurückdrehen könntest, würdest Du den gleichen Weg wieder gehen?

Ronnie James Dio:
Ja, absolut, genau den gleichen Weg, sowohl die guten, als auch die schlechten Zeiten, die glücklichen und die traurigen Momente - dafür bin ich da. Das ist mein Schicksal. Ich bin gesegnet mit einem wundervollen Leben, für das ich bestimmt war und bin.

FFM-Rock:
Kannst Du mir etwas über die Zukunft verraten, neue Projekte, ein neues Album, DVD, usw.?

Ronnie James Dio:
Natürlich werden wir weiterhin Alben veröffentlichen. Du kannst Dich nicht auf den alten, klassischen Sachen ausruhen. Du musst nach vorne schauen und nicht auf jeder Tour die gleichen alten Sachen spielen. Ich bin jemand, der nur nach vorne und nie zurück schaut. Deshalb schaue ich mir nachher auch keine DVD mehr von mir an ... Warum? Es ist getan und ich kann sowieso nichts mehr daran ändern. Mit den Alben ist es genauso. Jedes Album ist für mich wie ein Kind, das geboren wird. Du steckst Deine ganze Kraft in das Kind, damit es ein guter Erwachsener wird. Ich weiß, dass ich in dem Moment das Bestmögliche getan habe. Natürlich wird es ein neues Album geben. Im Moment stecken wir in einem Projekt "Black Sabbath – The Dio Years", es wird zwei neue Songs geben, einige Songs, die wir live gespielt haben und bisher nicht veröffentlicht haben, alles nach dem Motto: "Value for money", was uns sehr wichtig war. Es hat nichts mit einer "Black Sabbath Reunion" zu tun, dafür liebe ich die Menschen, mit denen ich im Moment bei Dio zusammen spiele, zu sehr. Ich arbeitete zweimal mit Black Sabbath zusammen und es endete zweimal mit Tränen. Das brauche ich nicht. Ich liebe das, was ich im Moment mache, zu sehr.
Ich hatte kürzlich die Möglichkeit, auf Quennsryche`s "Operation Mindcrime II" einen Song zu singen. Ich spielte zusammen mit Jack Black in einem Film, in dem ich mich selbst spielte und auch einen Song im Film spielen konnte. Der Titel des Films ist "Tenacious D: In The Pick Of Destiny“.

Zwischendurch erfährt Ronnie, dass Doro an diesem Tag Geburtstag hat und lässt es sich natürlich nicht nehmen, Ihr ein Geburtstagsständchen zu singen.

FFM-Rock:
Möchtest Du noch einige Worte an Deine Fans richten?

Ronnie James Dio:
Ich möchte sagen: Danke, dass Ihr immer für mich da wart. Ihr habt mein Leben möglich und glücklich gemacht. Ich werde Euch nicht verlassen und weiterhin die Musik machen, die Ihr von mir erwartet und die Ihr immer geliebt habt. Wir werden wieder kommen. Das ist das, was ich zu sagen habe.

FFM-Rock:
O.K. Ronnie, vielen, vielen Dank für alles. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich hoffe, es war nicht zu langweilig für Dich ...

Ronnie James Dio:
Nein, nein, ich liebe es mit Leuten zu sprechen, vor allem, wenn sie so aufgeweckt sind wie Du es bist. Ich weiß, wie wichtig die Arbeit ist, die Ihr macht und wie wichtig Magazine wie FFM-Rock sind. Man hat mir über Euch schon viel erzählt.

FFM-Rock:
Wirklich? WOW!!! Dabei haben wir manchmal so viele Probleme.

Ronnie James Dio:
Wieso?

FFM-Rock:
Nun ja, es gibt einige Promotion-Agenturen oder Bandmanagements, die Online-Magazine ablehnen.

Ronnie James Dio:
Ich finde, dass ihr wichtig seid, jede Form von Pressearbeit ist wichtig. Ich hoffe, dass Ihr das größte Online-Magazin der Welt werdet. Ich stehe 100%ig hinter Euch und dem was Ihr macht.

Vielen Dank! Alles Gute für Dich.
Stefan von FFM Rock

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