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FREEDOM CALL - Michelstadt, Hüttenwerk



Interview vom 10.05.13
Interviewpartner: Chris Bay (voc., git.)

Homepage:
www.freedom-call.net


F-R:

Moin Chris, zunächst meinen Glückwunsch zu 15 Jahre FREEDOM CALL und dem Release des ersten Best Of-Albums „Ages Of Light“. Ein recht repräsentativer Querschnitt über bisher sieben Studioalben, der deutlich die Weiterentwicklung der Band aufzeichnet. Mich würde an dieser Stelle gleich interessieren, welche der F C-Epochen bzw. Studioalben für dich hier die wichtigsten waren?

Chris:

Die Studioalben sind alle wichtig, weil man ja letztendlich in so einem Album seine momentane emotionale Verfassung produziert, die sich in der Musik widerspiegelt. Also man schreibt Musik, wie man sich einfach fühlt. Man kann das ja nicht vorher kalkulieren oder synthetisch irgendwas erzeugen; das würde, glaube ich, jeder merken. Deswegen ist jedes Album einfach wichtig, weil es sehr, sehr viel Zeit und sehr viel Leidenschaft und auch halt sehr viele Gefühle, die man dafür investiert, beinhaltet. Und deshalb kann ich jetzt überhaupt nicht sagen, dass irgendein Album mehr wert ist. Man kann sagen: Das Album hat mehr verkauft, das andere hat weniger verkauft, oder mit dem Album waren wir mehr auf Tour und mit dem weniger. Aber jedes hat da für mich genau den gleichen Stellenwert. Wir haben auch bei keinem Album spontan oder übereilt irgendwas gemacht. Das hat alles seine Berechtigung. Deswegen kann ich jetzt kein Album hervorheben oder sagen: Das ist mein Lieblingsalbum. Das müssen andere machen. Es ist schwer, den entsprechenden Künstler danach zu fragen.

F-R.:
15 Jahre FREEDOM CALL bedeuten aber auch, dass sich der Fan in den letzten Jahren immer wieder an neue Gesichter und Namen im Line Up gewöhnen musste. Noch beim letzten Album „Land Of The Crimson Dawn“ wurde als neuer Bassist Samy Saemann verkündet, der jetzt durch deinen Ex-Basser Ilker Ersin (POWERWORLD) wieder ersetzt wurde. Für Klaus Sperling (NITROGODS) trommelt jetzt Rami Ali (EVIDENCE ONE, IRON MASK). Was gibt es über den neuerlichen Besetzungswechsel zu berichten?

Chris:
Das ist halt immer wieder das alte Leid mit den Bandmitgliedern oder Line-Up-Wechseln. Natürlich machen wir das nicht bewusst oder wollen das machen. Natürlich ist das immer schade, weil wir uns immer wieder von Leuten verabschieden müssen, mit denen wir viel Zeit verbracht haben, gerade auf Tourneen. Das ist ja so ungefähr wie ein Zeltlager oder wie ne Klassenfahrt, und man hockt da 24 Stunden aufeinander. Irgendwie ist das schon so ein bisschen wie eine zerbrochene Beziehung. Aber damit muss man einfach leben, weil sich jeder Mensch auch weiter entwickelt. In diesem Falle ist es einfach: Wenn Familienzuwachs kommt, da kann der Papa nicht einfach zu seiner Frau sagen: „Schatz, ich bin jetzt mal 6 Wochen auf Tour; kümmer dich mal ums Kind und am besten, ruf mich nicht an, weil ich mich auf die Musik konzentrieren muss.“ Das geht einfach nicht. Und da bin ich auch der Letzte, der so was nicht respektieren kann, sondern ich würde demjenigen raten, diesen Weg zu gehen und sich um seine Familie zu kümmern. Oder es ist einfach der Job, der einen davon abhält, viel unterwegs zu sein, weil wir mit FC nicht so viel Geld verdienen, dass wir davon leben können. Deswegen ist jeder irgendwie damit beschäftigt, selber irgendwas ranzukarren: Ob das jetzt ein fester Job ist oder Unterricht geben oder ne andere Band noch an der Seite hat. Und das geht halt manchmal nicht alles auf. Wir wollen uns aber auch nicht mit FC schon zur Ruhe setzen und nur noch das machen, was quasi als Hobby- oder als Amateurband übrig bleibt, sondern wir wollen natürlich voll Gas geben, und das beinhaltet einfach, dass man sich dann vielleicht auch mal von Leuten trennen muss – auch wenn das bei uns ausschließlich immer im Guten gegangen ist. Der Ilker ist ja mehr oder weniger nur zurückgekehrt; der hatte ein kleines Päuschen gemacht. Und Ramy hat ja auch schon die letzte Tour gespielt und in den letzten zwei Jahren immer wieder ausgeholfen, weil es eben Terminschwierigkeiten gab mit dem Klaus. Ja, mit dem Line-Up sind wir jetzt auf jeden Fall superhappy. Es ist noch einfacher zu händeln, weil die Mitglieder aus der Heimatstadt kommen und keine weiten Wege mehr reisen müssen. Da muss man einfach ganz praktikabel denken. Wir sind nicht die Rolling Stones und wir sind nicht U2 oder irgendwelche Bands, die ihre Bandmitglieder aus anderen Kontinenten einfliegen können. Das ist finanziell nicht möglich, und der Aufwand wäre einfach nicht entsprechend.

F-R.:
Wenn ich richtig hingehört habe, sind alle 18 Songs auf „Ages Of Light“ in ihrer Urfassung hinterlegt. Du hast also auf das vielerorts beliebte und angewandte remastern älterer Aufnahmen verzichtet. Warum?

Chris:
Ich hab gar keinen Grund gesehen, warum man irgendwas remastern sollte oder remixen, weil ich den Sound an sich klasse finde. Der Sound ist auch nicht old-fashioned. Die Aufnahmen stammen ja nicht aus den Spätsechzigern oder so, dass man da noch mal Hand anlegen muss, sondern das waren alles moderne, auch aufwändige Produktionen. Natürlich kann man das als Ausrede sehen, wenn ich jetzt sage, ich wollte natürlich auch die Originalfassungen drin haben, damit die neu dazu gewonnenen Fans und Zuhörer einfach die Entwicklung vom Sound und vom Songwriting, vom Arrangement erkennen. Aber wir haben auch die Notwendigkeit nicht gesehen, und es hätte keine Änderung stattgefunden. Die Songs hätten nicht anders gewirkt, nur weil sie vielleicht irgendwie ein halbes dB lauter wären. Wir haben dann lieber das Geld, das man da doch hätte investieren müssen, in dieses Bonus-Album „Masqueraded“ investiert, und das ist für mich einfach besser angelegte Mühe und Investition, als dass man alte Songs, die wir für gut befinden, noch verdreht.

F-R.:
Wie schon auf dem letzten Studioalbum bieten FREEDOM CALL eine Bonus-CD auf der Limited Edition an. Diese hier nennt sich „Masqueraded“ und beinhaltet sechs FREEDOM CALL Songs, die aber allesamt Genre fremd inszeniert wurden. Erzähl doch bitte mal etwas darüber.

Chris:
Naja, wir haben uns eben gedacht, so ein Best-of-Album ist ja nicht gerade die innovative Krönung. Die Songs und die Alben gibt’s ja schon, und die meisten Fans werden auch einige oder vielleicht sogar alle Alben besitzen. Das Verlangen nach einer Best-Of kann man natürlich als Sammler noch in seine Kollektion mit einbringen, ist aber kein dringend zwingendes Muss. Und um eben solchen Fans einfach dieses Paket als einen gewissen Wert noch ein bisschen zu steigern, haben wir uns eben die Mühe gemacht und diese Songs mal ganz anders gemacht. Man soll aber keine Angst haben, dass wir unsere Richtung deswegen ändern und jetzt zur Reggae-Band mutieren. Wir wissen genau, was wir sind, dass wir eine Metal-Band sind, gar keine Frage. Aber wir hatten auf jeden Fall einen Mega-Spaß, diese Songs umzuschreiben und mal ganz anders zu produzieren. Quasi als ein ganz außergewöhnliches Geschenk dazu, um zu zeigen, was in der Musik halt auch möglich ist. Ich denke, dass in jedem Musikbereich – das muss nicht nur Metal sein – immer in diese eine Richtung gedacht wird. Wir haben das einfach ein bisschen aufgelockert. Wir arbeiten natürlich sehr ernsthaft und nehmen unsere Arbeit sehr ernst, aber wir nehmen uns selber gerne mal auf die Schippe, also sehen das alles nicht so eng. Und ich glaube, dass unsere Fans – die sind so offen und ja, so open-minded – das verstehen und dass da kein Missverständnis entstehen wird.

F-R.:
Aber mal ehrlich, wie kommt man darauf, eigene Songs in Ska, Swing oder Reggae-Versionen umzuarrangieren und dann aufzunehmen? Das muss man ja auch so privat mal hören …

Chris:
Genau. Das ist einfach Innovation. Das ist eine gewisse Kreativität oder auch eine Fähigkeit, dass man halt offen ist für Musik. Für viele ist das Original ja immer vollkommen unantastbar: So muss es sein, und alles, was verändert wird, ist schlecht. Da bin ich halt komplett anderer Meinung. Das ist einfach so eine musikalische Illusion und so eine Idee von einem Song, dass sie nicht bloß mit Sound und einem gewissen Arrangement verbunden sein muss, sondern dass man das auch ein bisschen globaler betrachten kann. Dass man den Song einfach als eine Illusion, eine Idee, ein Kreativum sieht und den nicht unbedingt mit Klang und Sound und Rhythmus verbinden muss, sondern einfach als Idee. Und dann kann man so was in alle Richtungen machen. Man muss das nur auf sich ein bisschen größer wirken lassen und nicht immer so kleinkariert.

F-R.:
Eben von dieser Bonus-CD stammt auch euer neues Video „Rockin’ Radio (Killerbilly)“. Ähnlich wie bei den Metallern am Tresen ging es mir, als ich die Songs dieser CD zum ersten Mal angehört habe, wobei ich mit der Rockabilly–Version hier noch am wärmsten wurde. Das andere ist nicht so mein Genre. Wer euch Spaßvögel kennt, erahnt, dass ihr einiges beim Dreh an Spaßfaktor gehabt haben dürftet, oder?

Chris:
Dieses Video, die Idee, das zu machen, ist natürlich auch gewachsen mit dieser Bonus-CD „Masqueraded“, und da der Rockabilly noch so am Genre nahesten ist zum Rock/Metal, haben wir uns dafür entschieden, weil die Version auch gut geworden ist. Wir hatten jetzt auch keinen Bock, uns als irgendwelche Rastafari-Reggae-Leute zu verkleiden. Wir wollen ja keine Maskerade, kein Faschings-Rumgekasper machen, sondern hatten mehr Bock drauf, so was zu drehen und uns auch in diese Rollen zu versetzen. Und der Videodreh war ein Riesenspaß! Wir hatten eine 25 Mann große Tanzgruppe aus München mit am Start, die uns da tatkräftig unterstützt hat. Wir sind da mit viel Humor rangegangen und haben das Ganze so authentisch wie möglich versucht, natürlich nachzustellen. Mit Kontrabass, mit Jazz-Gitarre und Stehschlagzeug; haben uns die Haare ein bisschen hochtoupiert. Also, wir haben uns dabei echt krankgelacht. Ja, das war ein Mega-Spaß an diesem Tag. Das war einfach mal so ein bunter Tag im Leben. So was erleben wir nicht immer, und es ist auch für uns eine schöne und gerne angenommene Abwechslung, so was machen zu dürfen. Das sehe ich als Ehre, dass man nicht nur in diese eine Richtung verdammt ist.

F-R.:
Wer FREEDOM CALL und dich kennt, wird erahnen, dass ein neues Studioalbum bereits in Planung bzw. sogar schon in der Mache ist. Kannst du hierzu schon etwas verraten?

Chris:
Ganz Konkretes natürlich nicht. Aber wir hatten erstmal natürlich sehr wenig Zeit, um uns wirklich um neue Sachen schon zu kümmern, weil wir ständig auf Tour waren letztes Jahr und auch dieses Jahr mit der Produktion von „Masqueraded“ und mit dem Videodreh sehr beschäftigt waren. Das bedarf alles vieler Vorbereitungen. Aber trotzdem haben wir schon angefangen Songs zu schreiben und wollen jegliche Pausen, die uns dieses Jahr zur Verfügung stehen nutzen, um neue Materialien zu schreiben und es auch bis Herbst diesen Jahres so weit zu bringen, dass wir ins Studio gehen und das nächste Album produzieren, was wir dann im frühen Jahr 2014 rausbringen und wieder auf Tour gehen. Also das gleiche Spiel von vorne.

F-R.:
Genau, und da knüpfen wir an. Beim letzten Mal hast du ein bisschen gescheut und hast dich drumrum geredet (Gelächter). Aktuell seid ihr auf Tour, um mit euren Fans 15 Jahre FREEDOM CALL zu feiern. Bei unserem letzten Interview im letzten Jahr habe ich dir bereits diese Frage gestellt und du hattest spontan keine Antwort dazu parat. Versuchen wir es heute noch einmal. Kannst du mal eine lustige Anekdote von einem Gig oder aus dem Proberaum zum Besten geben, die noch nicht veröffentlicht wurde? Ja, diese Geschichte wieder (Gelächter), komm, eine musst du jetzt rausschütteln! Du bist einer der ganz wenigen, denen nichts einfällt dazu. Das gibt’s doch nicht!

Chris:
Das ist aber auch eine blöde Frage, Mike! Ich will ja auch keinen reinreißen, weißt du. (Gelächter). Hmm, das ist wirklich schwer, denn es passieren die ganze Zeit lustige Sachen. … Wenn eine ganze Produktion sich entscheidet, zu einem Dinner zu gehen, zu einem Abendessen – und nur eine Person meint, sie will was anderes essen möchte, dann zurückkommt und damit triumphiert, uns alle quasi auslacht, warum wir so was essen, obwohl es noch was viel Besseres gibt und nach 10 Minuten merkt, dass er Dünnschiss bekommt und deswegen ins Venue zurück rennen muss … Das war auf jeden Fall sehr lustig; man hätte aber dabei sein müssen.

F-R.:
So, da es ja hier wahrscheinlich gleich mit den Shows heute Abend losgeht, haben wir auch nur ein kurzes Interview vorbereitet, deshalb deine abschließenden persönlichen Worte an unsere Leser und eure Callers, jetzt noch mal an dieser Stelle.

Chris:
Erstmal an alle, die von Anfang an dabei waren und an die, die dazu gekommen sind: Bei 15 Jahren FREEDOM CALL freuen wir uns sehr, sehr darüber und merken auch, was für treue Fans wir haben. Großes Dankeschön an alle, dass sie uns die Stange gehalten haben! Wir sind noch lange nicht müde! Auf die nächsten 15 Jahre!!

Danke für das Interview. Ich wünsche noch einen schönen Abend, und auf  weitere 15 Jahre!
Mike von FFM-Rock                                              Foto by Mike Langer

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