LUCID DREAMING



Mailer vom 02.09.13
Interviewpartner: Till Oberboßel (g.)

Homepage:
https://www.facebook.com/luciddreamingmetal

 

F-R:
Moin Till, meinen Glückwunsch zum Start von LUCID DREAMING. Aufmerksame Szenekenner und Facebook-Begeisterte haben schon lange mitbekommen, dass bei dir etwas Neues neben ELVENPATH heranreift. Erzähl doch bitte etwas über die Entstehung und deine Gedankengänge an LUCID DREAMING heranzugehen.

Till:
Hallo und danke! Nun, zur Entstehungsgeschichte muß ich ein wenig ausholen. Ich war immer ein großer Fan von Konzeptalben, und als es populär wurde, die Rollen der Charaktere einer Geschichte von verschiedenen Sängern darstellen zu lassen, gefiel mir das auch sehr. Projekte wie AVANTASIA, AYREON, DAWNRIDER, AINA oder DELANY finde ich da sehr interessant, und irgendwann kam bei mir der Wunsch auf, mich auch mal an so etwas zu versuchen. Ich wollte das aber nicht als ELVENPATH-Album machen, denn ELVENPATH ist eine Band mit einer festen Besetzung und einem festen Sänger. Also beschloß ich, ein Nebenprojekt ins Leben zu rufen, um ein derartiges Vorhaben nach (weitgehend) meinen Vorstellungen umsetzen zu können.

F-R.:
„The Chronicles Pt. I“ ist die musikalische Umsetzung von Lloyd Alexanders’ Fantasy-Pentalogie „The Chronicles Of Prydain“. Wie kamst du auf dieses Thema und welche Geschichte beinhaltet sie?

Till:
Diese Pentalogie bekam ich schon als Kind geschenkt, habe sie in all den Jahren mehrfach gelesen und mag sie unheimlich gerne. Kurz gefasst geht es um den Jungen Taran, welcher heranwächst, zum Mann wird, viele Menschen trifft und Aufgaben bewältigen muß, um sein Land Prydain vor der Herrschaft des Bösen zu bewahren. Es handelt sich also gleichermaßen um High Fantasy wie eine Coming-of-Age-Geschichte. Als ich den Entschluß zu diesem Projekt gefaßt hatte, stellte ich mir die Frage, welche Geschichte auf dem Album behandelt werden sollte, und da kam ich schnell auf die Chroniken von Prydain zurück. Das Album behandelt dabei die beiden ersten Bände der Pentalogie; „The Book of Three“ und „The Black Cauldron“. Für eine ausführliche Beschreibung der Geschichte kann ich auf die entsprechenden Wikipedia-Artikel verweisen – oder noch besser auf die Lektüre der Bücher selbst, es lohnt sich!  

F-R.:
Hast du alleine an der musikalischen Umsetzung gearbeitet und wie lange dauerte das insgesamt?

Till:
Die Songs habe ich komplett alleine geschrieben und arrangiert, abgesehen von den Drumparts und Gitarrensoli, welche von den jeweiligen Musikern ausgearbeitet wurden. Insgesamt nahm das etwa drei Jahre in Anspruch, wobei ich nicht konstant daran gearbeitet habe. Je nach vorhandener Zeit und Inspiration habe ich teilweise recht konzentriert an den Stücken gearbeitet, dann aber das Projekt auch wieder mehrere Monate beiseite gelegt. Aufgenommen wurde dann ab Sommer 2010. Schlagzeug und Instrumente waren recht schnell im Kasten, die Gesangsaufnahmen haben sich dann teilweise ziemlich gezogen, da viele Sänger natürlich auch mit ihren eigenen Sachen beschäftigt waren und teilweise erst nach etwas Wartezeit die Zeit für LUCID DREAMING ermöglichen konnten. Der finale Mix war dann im Dezember 2012 an der Reihe, somit ist das Album wirklich über einen längeren Zeitraum entstanden und gewachsen. Ich bin jedenfalls sehr froh, daß es geschafft und jetzt endlich veröffentlicht ist, haha!  

F-R.:
Beschriebe doch bitte mal dem Interessierten, welche musikalische Richtung ihn auf „Chronicles“ erwartet.

Till:
Ich würde die Musik schlicht als klassischen Power Metal bezeichnen – melodischer Metal der alten europäischen Schule. Bei der Bezeichnung „Metaloper“ (die ich selbst überhaupt nicht mag, sie hat sich für ein derartiges Projekt aber leider allgemein eingebürgert) denkt man ja häufig an viel Bombast und Keyboards, davon gibt es bei LUCID DREAMING kaum etwas. Hier regieren noch die Gitarren, haha! Von einigen Seiten wurde dem Projekt auch ein gewisser Folkanteil attestiert, was ich ziemlich interessant finde. Ich habe das bei der Arbeit nämlich nicht so empfunden, und es gibt auch keine folktypischen Instrumente auf dem Album, aber durch manche Melodieführung in Kombination mit der Geschichte ist vielleicht tatsächlich ein kleiner Folktouch hier und da vorhanden.

F-R.:
Du hast hier viele Gastmusiker am Start, die zum Großteil aus der überregionalen Undergroundszene stammen. War es schwer diese Musiker zu finden und für das Projekt zu gewinnen?

Till:
Nein, da gab es keine großen Widerstände zu überwinden. Ich habe viele Kontakte in der Szene, und da kamen mir gleich einige Sänger in den Sinn, welche ich gerne bei LUCID DREAMING sehen wollte. Alle haben dann auch gerne mitgemacht. Die Auswahl erfolgte unterschiedlich. Es sollten ja nicht nur gute Sänger sein, sondern die Stimme mußte auch zur dargestellten Figur passen. Das war wie ein Casting für einen Film, haha. Und manche drängten sich regelrecht auf. Als ich beispielsweise die Textzeilen für Taran oder Orddu schrieb und das so vor mich her sang, da hatte ich sofort die Stimmen von Leo (Stivala, Forsaken, ex-Reflection)und Jutta (Weinhold, ex-Zed Yago, Jutta Weinhold Band) im Kopf. Das paßte so perfekt, es mußten einfach diese Personen sein! Bei anderen Charakteren habe ich etwas mehr überlegt und herumgefragt, aber im Endeffekt haben alle beteiligten Sängerinnen und Sänger hervorragende Arbeit geleistet, und es paßt wirklich alles zueinander. Und auch die drei Mitstreiter an den Instrumenten waren gerne dabei und haben großartige Arbeit abgeliefert, ich bin jedenfalls absolut zufrieden.

F-R.:
Ich habe deine Postings der ersten Reviews zu „Chronicles“ gesehen, die nicht alle positiv ausfielen. Klar, wenn man als „kleines Licht“ eine Metal Oper schreibt wird man gleich mit AVANTASIA oder anderen Profiprojekten verglichen. Der Rezensent, der den Status der Musiker, wie hier von LUCID DREAMING, meistens nicht kennt, beschäftigt sich oft nur im Schnelldurchlauf mit dem vorliegenden Album. Entweder gefällt es ihm oder nicht. Wie gehst du mit den Kritiken im Allgemeinen für dich persönlich um?

Till:
Wer seine Musik der Öffentlichkeit darbietet, muß damit leben, daß er nicht immer nur abgefeiert wird. Das ist normal, und dazu stehe ich auch ohne weiteres. Schließlich veröffentliche ich auf der LUCID-Facebookseite nicht nur die Lobeshymnen sondern durchgehend alles, was über das Projekt erscheint. Und wer sich mit dem Album beschäftigt, dann aber Kritik übt, hat meinen Respekt. Wer aber nur mal kurz reinhört und dann glaubt, sich eine Meinung bilden zu können, den kann ich nicht ernstnehmen. LUCID DREAMING ist halt kein musikalisches Fast Food sondern fordert den Hörer (und auch Rezensenten) wirklich heraus. Daß beispielsweise in manchen Reviews die Länge der Songs und der Detailreichtum kritisiert werden, finde ich schon merkwürdig. Ich könnte es nachvollziehen, wenn die langen Songs durch endlose Refrainwiederholungen oder ebenso endlose Soli zustande kämen, aber bei LUCID DREAMING gibt es sehr viele gesangliche und instrumentale Details zu entdecken, die eben auch Platz und Zeit benötigen. Das kann man nicht mal nebenher hören und dann glauben, das Album erfaßt zu haben. Daß die Scheibe aber nicht jedem gefällt, ist ja normal. Und immerhin gibt es auch gute Kritiken sowie einige Mails von Fans, die richtig begeistert sind.

F-R.:
Der Zusatz Pt. I lässt auf eine Fortsetzung schließen. Ist da schon was in Planung oder sogar in Arbeit?

Till:
Na klar – kein erster Teil ohne einen zweiten! Ich schreibe auch schon an den Songs. Frag mich aber bitte nicht nach einem Veröffentlichungsdatum, haha. Wenn alles gut läuft, möchte ich im Spätsommer 2014 mit den Aufnahmen beginnen. Ende offen…hoffentlich wird es aber nicht so sehr lange dauern, haha. Textlich wird es ebenfalls wieder nach Prydain gehen, allerdings nicht chronologisch. Den dritten Band werde ich auslassen und mir stattdessen den vierten Band „Taran Wanderer“ vorknöpfen. Das ist mein Lieblingsbuch aus der Pentalogie, und ich kann es kaum erwarten, die Charaktere gesanglich zum Leben erweckt zu hören.

F-R.:
LUCID DREAMING ist wohl eher als ein Projekt zu verstehen und nicht als Band, was sich schon alleine durch die vielen Musiker, die auf der Platte zu hören sind, verdeutlichen dürfte. Hast du trotzdem mal an öffentliche Auftritte gedacht?

Till:
Nur ganz kurz. LUCID DREAMING war von vornherein als Studioprojekt geplant und wird es sicherlich auch bleiben. Auftritte wären zwar klasse aber auch eine immense logistische und finanzielle Herausforderung. Wenn dann müßten nämlich auch alle beteiligten Sänger teilnehmen und das Album komplett darbieten; halbe Sachen gibt’s nicht. Und das wäre ein Aufwand, der nur durch entsprechend große Shows zu rechtfertigen wäre. Da stecke ich meine Energie lieber in ein weiteres Album. LUCID DREAMING ist halt Heavy Metal fürs Wohnzimmer, haha.

F-R.:
In diesem Interview soll neben LUCID DREAMING aber auch die vor einiger Zeit erschienene ELVENPATH-Single und Taunus Metal Hymne „Wild Boars Of Steel“ Erwähnung finden. Was gibt es darüber zu berichten?

Till:
Der Taunus-Metal-Verein ist ein – der Name verrät es – im Taunus beheimateter Verein, welcher sich die Förderung unser aller Lieblingsmusik auf die Fahne geschrieben hat. Sie haben öfters Gigs veranstaltet, mittlerweile machen sie aber „nur“ noch einmal im Jahr das zweitägige Taunus Metal Festival, welches neben dem Rock In Schroth das wohl wichtigste Festival hier in Hessen geworden ist. U.a. haben hier schon WITCHBURNER, HOBBS ANGEL OF DEATH, LONEWOLF und EMERALD (NL) gespielt, und es gibt auch jedes Jahr eine Tombola zugunsten des Vereins „Frauen helfen Frauen“, welcher sich um Frauen und Kinder kümmert, die Opfer von Gewalt geworden sind. Als Band sind wir Mitglied in diesem Verein und wurden daher im letzten Jahr gebeten, eine Hymne für den Verein zu schreiben. Das Ergebnis ist besagter Song, welchen wir auch mit vokaler Unterstützung der Vereinsmitglieder aufgenommen haben. Die Single ist auf 250 Exemplare limitiert, der Erlös aus dem Verkauf kommt ebenfalls komplett „Frauen helfen Frauen“ zugute. Auf dem letzten Taunus Metal Festival haben wir den Song dann auch uraufgeführt, und er wird sicherlich noch öfters in unserer Setlist zu finden sein.

F-R.:
Diese Frage bekommen alle meine Interviewpartner gestellt. Kannst du mal eine lustige Anekdote von einer Show oder aus dem Proberaum zum Besten geben, die noch nicht veröffentlicht wurde?

Till:
Da kann ich ganz aktuell von unserem Auftritt beim Metallergrillen letzten Samstag berichten. Unser Drummer Tom hatte seine beiden Söhne (elf und fünf Jahre alt) dabei, die dem Gig vom Bühnenrand aus zuschauten. Als wir als zweiten Song „Wild Boars of Steel“ spielten, stand plötzlich einer vom Taunus-Metal-Verein auf der Bühne und rockte oben ohne und mit Schweinsmaske auf ordentlich ab. Davon waren auch die beiden Jungs inspiriert und gingen dann ebenfalls für den restlichen Gig Luftgitarre spielend auf der Bühne ab, wurden von dem einen oder anderen alkoholisierten Fan auf den Schultern umhergetragen, zum Glück ohne Blessuren. War alles so nicht geplant, aber Elvenpath ist halt ein Spaß für die ganze Familie, sozusagen der Disneyfilm des Metals, haha.

F-R.:
So, dann zum Abschluss noch deine persönlichen Worte an unsere Leser und eure Fans.

Till:
Zunächst mal vielen Dank an Dich für die Gelegenheit, hier meine Musik vorstellen zu dürfen! Ich möchte die Leser einladen, mal bei ELVENPATH und LUCID DREAMING im Internet vorbeizusurfen und ein wenig reinzuhören. Und wenn Euch die Musik gefällt, dann seid bitte so fair und kauft die CDs, statt sie runterzuladen. Ich verdiene ohnehin nichts mit der Musik, da tut wenigstens ein bißchen finanzielle Schadensbegrenzung gut, haha. An alle, die selbiges schon getan haben und immer mal wieder bei einem Gig vorbeischauen: Danke für die Unterstützung, you rule!
Ansonsten: Unterstützt weiter den Underground und stay Metal!

Danke für das Interview und alles Gute für die Zukunft!
Mike von FFM-Rock                                                    Foto by Lucid Dreaming