CELTIC FROST


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Phoner vom 20.04.06
Interviewpartner: Thomas Gabriel Fischer (voc./g.)

Homepage:
www.celticfrost.com

FFM-Rock:
16 Jahre sind seit eurem letzten Release vergangen. Ich dachte eigentlich, als die Re-Releases heraus kamen, dass da die Reunion von euch schon ansteht.

Thomas:
Damals war das die Initialzündung, aber ich dachte, dass es damals zu billig gewesen wäre und man hätte gesagt, dass es nur ums Geld gegangen wäre. Die Wiederveröffentlichungen waren eher ein Werk der Liebe, weil wir riesige Probleme mit unserem alten Label in den 80‘ern hatten. Die hatten unsere Alben nach deren Vorstellungen heraus gebracht, das Artwork verwüstet und die Lyrics weggelassen. Als Noise Records dann in neuen Händen lag, war es uns endlich möglich, diese Fehler 1999 zu berichtigen. Und es war in diesem Zuge das erste Mal nach der Trennung, dass alle Mitglieder von Celtic Frost wieder miteinander sprachen. Martin und ich haben uns dann regelmäßig getroffen und über neue Musik gesprochen. An einem Abend in 2001 stellten wir dann fest, dass wir genau die selben Ideen für ein neues Album haben, obwohl wir uns 10 Jahre kaum gesehen oder miteinander gesprochen hatten. Das hat uns so fasziniert, dass wir beschlossen haben, die Songs dann aufzunehmen.

FFM-Rock:
Ich hatte mit dir 1999 zu den Re-Issues ein Interview geführt und du sagtest, dass „Cold Lake“ nicht wieder herauskommen wird, weil es das schlechteste Album von euch war. Hat sich deine Meinung diesbezüglich nun geändert ?

Thomas:
Die Meinung hat sich geändert, ich finde das Album nun noch beschissener. Es ist zwar ein Teil von Celtic Frost, das lässt sich ja nicht bestreiten und erfüllt den Qualititätsanspruch von Celtic Frost in keinster Weise. Das Artwork, die Photos, die Lyrics und die Musik erfüllen diesen Aspekt überhaupt nicht. Ich bin mit in der Verantwortung für dieses Album und bin Realist genug, um zu sagen, dass dieses Album einfach scheiße war.

FFM-Rock:
Am 26. Mai erscheint nun endlich das neue Album „Monotheist“, woran ihr ja vier Jahre lang gearbeitet habt. Hat sich die Produktion so lange hingezogen oder habt ihr euch einfach die Zeit genommen?


Thomas:
Wir waren ja nicht unter irgendeinem Zwang, das Album in einer gewissen Zeit fertigzustellen, was der Unterschied zwischen uns und sogenannten anderen Reunionen ist. Es sind viele Leute an mich herangetreten, die Summen für ein neues Album oder eine Live Show geboten haben, die absolut keine Verbindung zur Realität mehr hatten. Trotzdem habe ich nein gesagt. Das Album ist entstanden, weil Martin und ich wieder eine Verbindung gefunden hatten und nicht, weil es ums Geld ging. Wir hatten wieder die selben Vorstellungen, wie das neue Album klingen sollte und wollten genauso unabhängig bleiben. Wir wollten nicht vom Geld einer Firma oder einem Termin, wann das Album fertig sein soll abhängig sein. Uns hat keiner gesagt, wir müssen dann oder dann aus dem Studio sein, egal wie es klingt oder diverse Leute, die uns reinquatschen, brauchen wir auch nicht und deshalb haben wir unsere eigene Plattenfirma gegründet und haben das Album von A bis Z selbst produziert. Niemand redete uns beim Songwriting, bei den Lyrics oder dem Artwork rein und wir wollten eine ECHTE Reunion machen und keine geldgeile Reunion. Die ersten Jahre waren sehr schwierig, wir haben Unmengen an Songs geschrieben und diese immer aufgenommen. Wir waren in verschiedenen Studios und es gibt sehr qualitative, interessante und experimentelle Aufnahmen, aber es ist eben nicht Celtic Frost. Wären wir zu diesem Zeitpunkt bei einem Label gewesen, wäre dies wohl veröffentlicht worden, weil die Firma ja dafür bezahlt hat.

FFM-Rock:
Seitens der Presse gingen ja die Spekulationen los, bei welchem Label ihr nun unterschreiben werdet. Ihr habt euch für Century Media entschieden, aber ich denke mal, dass ihr mit Angeboten überschüttet wurdet.

Thomas:
Wir fühlten uns bei Century Media sehr ernst genommen und sehr verstanden. Wir sind zwar noch nicht so lange hier, evtl. ändert sich das auch noch, aber bisher macht das Label einen guten Eindruck. Wir sind ja quasi in einer Machtposition hierher gekommen, weil wir ja das Album nicht vom Label finanzieren ließen, sondern das Album an die Plattenfirma lizensiert haben. Wir wollten ein Label, das persönliches Interesse an uns hat und nicht als Punkt in der Bilanz. Unser Label soll unsere Musik verstehen und soll Fan von unserer Musik sein, auch wenn das bei unserer Musik nicht ganz einfach ist. Das war bei Century Media im Gegensatz zu anderen Labeln der Fall.

FFM-Rock:
Ihr habt ja nicht immer als Celtic Frost gespielt, ihr seid ja aus Hellhammer hervorgegangen, habt euch einen Kultstatus erspielt und dann aufgelöst. Für viele Black Metal Bands seid ihr Vorbilder und dann macht ihr eure Listening Session in einer Kirche. Beißt sich doch irgendwie?


Thomas:
Man sollte nicht in der Kirche sein, wir sind keine Anhänger irgendeiner Region, schon gar von Satanismus oder Christentum und deshalb ist für mich eine Kirche ein Haus aus Backsteinen wie jedes andere Gebäude auch. Ob Toilette oder Kirche, das schert mich einen Dreck. Die Kirche, die strahlte unglaublich majestätisch aus und die war der geeignete Rahmen, um unser blasphemisches Werk darzustellen, eben weil mir die Kirche einen Scheiß bedeutet.

FFM-Rock:
„Monotheist“ kommt ja aus dem griechischen und bedeutet „Ein Gott“. Steht das bedrückende Cover in Zusammenhang mit den Songs oder ist es eher als Gesamtrahmen zu sehen ?

Thomas:
Du hast recht, es bedeutet, wer an einen Gott glaubt. Der Titel steht eigentlich für beides, im Großen und Ganzen beschäftigen sich unsere Texte, wie eigentlich so oft in unserer Geschichte, mit tiefer, verzweifelter Suche der Menschheit nach einem Sinn im Leben und einem Sinn im Tod. Nach diesen verzweifelten Erklärungsversuchen, warum sind wir alle hier, man sucht krampfhaft nach einem großen Gott, der allem einen Sinn gibt und diesem so winzig sein in diesem Universum doch einen Hintergrund und eine Bedeutung gibt. Das geht vom großen Globalem bis ins intimste Detail und solche Gedanken machen wir uns natürlich auch, wahrscheinlich für viele jedoch blasphemischer oder losgelöster. Es sind diese Themen wie Okkultismus, der Tod und die Verbindung zum Leben, die Unausweichlichkeit zwischen Leben und Tod sind Themen, die Martin und mich schon seit dem Teenager Alter beschäftigen.

FFM-Rock:
Dein „Uh“ kommt kultig wie immer und einige Songs sind doch eher untypisch bzw. man hatte es von euch noch nie gehört.


Thomas:
Das liegt wohl daran, dass Martin diese Songs wie „Drown In Ashes“ geschrieben hat, die mehr in die Gothic und Dark Wave Schiene gehen. Wenn man solche Sachen im Kontext der Düsterheit und der Heaviness der Platte sieht, dann sticht das eben doch schon stark hervor.

FFM-Rock:
Bei „A  Dying God“ kommt die Stimme etwas verzerrt rüber, oder bist du das gar nicht?


Thomas:
Bei dem Song singt Martin, ich singe nur ganz zum Schluss und auch bei „Totengott“ singt Martin die radikalen Vocals.

FFM-Rock:
„Totengott“ kann man ja als ewigen Kampf zwischen Gut und Böse ansehen, der Song geht in „Synagoga Satanae“ über, der mit 15 Minuten Länge und mit schön gezogenen Gitarren ein wahres Doom Epos ist und das Instrumental „Winter“, das fast wie bei einer Beerdigung klingt, beschließt sozusagen diese „Trilogie“.

Thomas:
Diese drei Songs sind auch so gedacht, dass man sie zusammen hört. Obwohl jeder Song was komplett anderes ist, klingt es für uns wie ein Gesamtwerk. Es ist wie ein musikalisches Theaterstück, es soll nicht nur ein Headbanger sein, sondern dazu eine Emotion rüber bringen, eine Farbe vor dein Auge bringen.

FFM-Rock:
Festivals sind bestätigt, Tour im Ausland ist bestätigt, wie sieht es für den deutschsprachigen Raum aus?


Thomas:
Ich bin ganz ehrlich, ich würde die Tour lieber in Europa beginnen, da ich derzeit ein kontroverses Verhältnis zu den USA habe. Wenn wir Ende 2006 oder Anfang 2007 aus den USA zurückkommen werden wir auf ausgiebige Europa Tour gehen, wo wir auch entweder schon lange nichtoder noch gar nicht gespielt haben.

FFM-Rock:
Lange nicht gespielt haben ist ja relativ gesehen.

Thomas:
Ha, ja eine Untertreibung.

FFM-Rock:
Wie wichtig war es dir, der Celtic Frost Linie treu zu bleiben, viele bauen ja Samples mit ein oder springen auf einen Zug auf, egal was gerade „In“ ist.


Thomas:
Zunächst muss ich sagen, dass wir auf unserer Platte keinen einzigen Sample haben, es ist alles echt. Natürlich war es uns wichtig, nach Celtic Frost zu klingen, aber wir saßen nicht am Reißbrett, sondern sind flüssig und natürlich an die Sache herangegangen. Ich denke, die Chemie, die zwischen Martin und mir herrscht, ist das, was die Fans als Celtic Frost definieren.

FFM-Rock:
Ich finde es nur schade, wenn ein Fan alles von euch haben will, muss er die Digi CD und die LP kaufen, weil da unterschiedliche Bonustracks drauf sind.

Thomas:
Am besten bist du mit der Digi Version bedient, Martin ist ein Die Hard Vinyl Sammler und wollte das eben so haben.

FFM-Rock :
Thema Charts - viele Metal Bands steigen heutzutage in diese ein, ihr mit Sicherheit auch!

Thomas :
Ha, ich weiß nicht - das Album ist dermaßen düster und zum Teil auch ziemlich obskur, ich weiß nicht, ob das Album eine Chance hat. Ich weiß auch gar nicht, ob Celtic Frost eine Band ist, die sich in den Charts wohl fühlt, was sollen wir da?

FFM-Rock:
Aber daran könnte  man doch sehen, wie sehr euch die Fans vermisst haben!!

Thomas:
Ja, schon richtig, aber das siehst du auch, wenn du live spielst oder die Fans E-Mails schicken, was auch täglich passiert. Ich bin lieber mit den Brüdern aus der Metal Szene zusammen, die unser ganzes Leben bestimmt haben. Die Charts sind so eine gemischte Sache, klar, das Label will die Bands natürlich gerne dort sehen, aber mir bedeuten ganz andere Dinge etwas, z. B. wenn sich die Fans die Texte durchlesen und mit mir darüber diskutieren.

FFM-Rock:
In dem heutigen Reunion Wahn und mit den heutigen Möglichkeiten ist doch eine DVD bestimmt auch geplant!


Thomas:
Definitiv ja, aber ich will nicht billig nur ein Konzert abfilmen, nur damit ich eine DVD auf dem Markt habe.
Ich finde, wenn Celtic Frost eine DVD herausbringen, dann muss sie auch so aufwendig sein wie das Album. Das macht man nicht über Nacht, da werden wir noch viel Arbeit haben und sie wird auch nicht in den nächsten Monaten erscheinen, aber irgendwann mit Sicherheit ja.

Vielen Dank für das Interview.
Jochen von FFM Rock

Foto Celtic Frost