GAMMA RAY – Aschaffenburg, Colos-Saal
Interview vom 11.04.14
Interviewpartner: Michael Ehré (dr.)
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GAMMA RAY
F-R:
Moin Michael, zunächst stellvertretend für die Band meine Gratulation zu 25 Jahre GAMMA RAY, zu einem starken Album „Empire Of The Undead“ und dem aktuellen Chart-Einstieg damit auf Platz 13 der deutschen Charts. Auch die Besucherzahlen auf der aktuellen Tour scheinen zu stimmen. Wie nimmt man das als alter Hase des Showgeschäftes noch auf?
Michael:
Erstmal sind wir natürlich voll glücklich, dass das alles so gut läuft. Mit dem Chart-Einstieg auf 13, das ist der Hammer und hat die Band bislang noch nicht geschafft. So hoch, das Höchste war, glaub ich, 23. Das ist schon echt tierisch. In anderen Ländern sind wir ja auch in die Charts gekommen, von vier weiteren Ländern weiß ich das. Und nicht mal unter ferner liefen, sondern auch relativ weit oben. Und was die Zuschauerzahlen angeht, die sind auch fantastisch. Wir haben schon zwei, drei ausverkaufte Shows gehabt. Ansonsten auch immer richtig gut voll. Jetzt bin ich gespannt, wie es in Deutschland läuft. Das ist immer so schwierig als Prophet (lacht).
F-R.:
„Empire Of The Undead“ wurde ein Album, das ich so nicht von euch erwartet hätte und das sich von den bisherigen zehn GAMMA RAY Veröffentlichungen deutlich abhebt. Fast jeder Song beinhaltet Elemente oder Melodieführungen, die man auch von anderen Bands her kennt. Mich erinnert das Konzept der Songgestaltung sogar an die powermetallische Variante deiner eigenen Band LOVE.MIGHT.KILL. Kannst du das so stehen lassen?
Michael:
Ich weiß gar nicht, ob irgendeine Band überhaupt von irgendwelchen Einflüssen frei ist. Könnte ich jetzt gar nicht sagen. Aber da hast du Recht, man findet bei GR viele Einflüsse von außen und bei LMK genauso. Und bei beiden Bands ist das Coole, dass wir auch dazu stehen (lacht). Das klingt halt gut, und man kann nicht mal richtig sagen, das ist geklaut, ist es ja nicht; es sind wirklich Einflüsse. Wenn du das so meinst, dann hast du Recht. Dann ist das wahrscheinlich eine härtere Variante. Das kann man so stehen lassen.
F-R.:
Mit „Pale Rider“ hast du selbst einen Song auf dem Album platzieren können. Gerade als Schlagzeuger ist es ja nicht alltäglich, dass man einen Song beisteuert, der es dann auch noch aufs Album schafft. Wie wichtig ist bzw. war das für das eigene Ego in Bezug auf deinen Einstieg bei GAMMA RAY und der jetzt ersten Plattenveröffentlichung mit dir?
Michael:
Ich würde mal so sagen: Wenn jetzt kein Song von mir auf dem Album gelandet wäre und wir erreichen die Top 13, spielen vor vollen Häusern, ist mir das genauso lieb wie jetzt auch. Also das spielt im Prinzip keine große Rolle. Natürlich hast du Recht, wenn du sagst, dass einen das natürlich auch ein bisschen freut, dass man sich selbst mit in die Musik einbringen kann und dann auch einen Song dazu beisteuern kann. Da würde ich lügen, wenn ich sagen würde, das würde mich nicht freuen. Natürlich freut mich das. Und wenn wir ein bisschen mehr Zeit gehabt hätten, dann wäre mit Sicherheit auch noch die eine oder andere Idee, die ich noch auf Halde habe, bestimmt auch noch verwurschtelt worden. Aber das ging dann eben aus Zeitgründen nicht mehr. Das wäre nicht mehr zu realisieren gewesen.
F-R.:
Man hört, dass sich GAMMA RAY in Bezug auf das Songwriting zu „Empire Of The Undead“ gewisse Regeln selbst auferlegt haben. Welche waren das genau?
Michael:
Das war im Prinzip eine Regel, dass wir die Songs zusammen im Übungsraum ausarbeiten, d.h. irgendjemand kommt mit einer Idee an oder vielleicht auch schon mit einem fertigen Song, der dann aber (lacht) vollkommen einmal auf den Kopf gestellt wird. Das war eine Regel. Und woran ich mich auch noch erinnern kann ist, dass Kai (Anm.: Hansen, git.) schon lange bevor wir angefangen haben, überhaupt an dem Album zu arbeiten, gesagt hat, dass er, nachdem er mit UNISONIC die Tour und die Platte und alles gemacht hat, jetzt wieder Bock hat, dass das ein bisschen mehr mit Metal abgeht. So als Ausgleich dann wieder. Das weiß ich noch. Ansonsten haben wir uns eigentlich im Prinzip keine Regeln gesetzt, überhaupt nicht. Erlaubt ist, was gefällt – wie Rammstein so schön sagt (Gelächter).
F-R.:
Nenne doch bitte mal drei Songs, die du auf „Empire Of The Undead“, für dich persönlich als Anspieltipps empfehlen würdest und erkläre auch gleich warum genau diese.
Michael:
Du hast das ganz geschickt formuliert. Du hast mich nicht nach meinen Lieblingsliedern gefragt. Letztes Mal hat mich das jemand gefragt, und da musste ich sagen, nee, es ist irgendwie schwierig Songs rauszupicken, um zu sagen: Das ist jetzt mein Lieblingslied, da wir letztendlich ja an dem ganzen Album zusammen gearbeitet haben. Da kannst du dann nicht sagen, hier das ist mein Lieblingsbaby. Das geht halt nicht. Du findest es alles gut. Wenn du jetzt fragst, welche drei Songs ich rauspicken würde, um irgendjemandem das Album so in kurzer Form mal vorzustellen, dann würde ich vielleicht den Titeltrack nehmen „Empire of the Undead“, dann würde ich vielleicht sogar die Ballade „Time For Deliverance“ nehmen. Ach, das ist relativ schwierig. Na gut, „Avalon“ würde ich vielleicht auch nehmen. Dann müsste derjenige viel Zeit mitbringen, da der Song ja nicht ganz kurz ist (lacht). Aber ich finde, das ist schon so ein bisschen das Aushängeschild vom Album.
F-R.:
Ende letzten Jahres brannten eure Hammer Studios ab, das bis dahin aufgenommene Material zu „Empire Of The Undead“ konnte u. a. von Eike Freese (DARK AGE) gesichert werden und an anderer Stelle dann zusammen mit ihm fertig produziert werden. Wie sieht es mit dem Rest des ganzen GAMMA RAY Equipments und den Memorabilien aus?
Michael:
Man muss sich diesen Gebäudetrakt als langen Schlauch vorstellen. Das war ein ganz langes Gebäude, und wenn man jetzt sagt, das Feuer hat am Anfang des Gebäudes angefangen zu brennen, waren wir am Ende des Gebäudes. Das heißt, das Feuer hat sich durchgekämpft. Es gab dort einige Proberäume von Hamburger Bands. Die sind alle abgebrannt. Unser Studio hat angefangen. Es gab Räume, die auch schon betroffen waren, aber wir konnten eine ganze Menge vom Equipment retten, wobei uns noch nicht so ganz klar ist, inwieweit das noch zu gebrauchen ist, da die Feuerwehr natürlich schon prophylaktisch alles eingesprüht hat, damit da nicht noch mehr anfängt zu brennen. Die haben Wände eingerissen, damit sie reinkommen, da es anders nicht mehr ging. Auch das Dach war schon ein bisschen runtergekommen. Irgendeine Wand war komplett weg, glaub ich. Von daher war es schon so ein kleines Wunder, dass wir da tatsächlich im Nachhinein noch einiges an Equipment herausholen konnten. Einiges ist auch schon restauriert und funktioniert auch wieder. Aber dadurch, dass wir im Dezember erst von der Tour wiedergekommen sind, dann 2, 3 Tage Pause gemacht und dann in einem anderen Studio weiter an dem Album gearbeitet haben, dazu ging Promo-Arbeit los und dies und das, hatten wir gar nicht so richtig Zeit, um uns da richtig drum zu kümmern. Die Gerätschaften sind jetzt alle zwischengelagert, das hab ich letztes Mal gesehen. Das sieht schon heftig aus. Aber ich glaub, da ist so einiges, was man noch benutzen kann.
F-R.:
Habt ihr jetzt wieder neue Räume?
Michael:
Ja, wir haben wie gesagt dieses eine Lager, wo wir den ganzen Krempel erstmal unterstellen konnten. Und dann haben wir auch mittlerweile zumindest einen neuen Proberaum. Ein Studio ist das nicht, aber es ist zumindest was, wo man sich auf Touren vorbereiten oder Ideen austauschen kann oder was auch immer. Was da jetzt auf lange Sicht von Kai und Dirk (Anm.: Schlächter, b.) geplant ist, letztendlich war es deren Studio, weiß ich nicht, keine Ahnung. Aber ich denk mal, dass die sich bestimmt wieder so was aufbauen möchten.
F-R.:
Du hast mir vor dem Interview erzählt, dass Kai aktuell Probleme mit seiner Stimme hat und sogar einen Arzt konsultieren musste. Was bedeutet das für heute Abend und den Rest der Tour, die ja noch ein paar Tage andauert?
Michael:
Wir haben jetzt auf den Tag genau noch zwei Wochen. Dreieinhalb haben wir schon rum, fast vier Wochen. Und es hat sich schon bei den letzten Shows ein bisschen abgezeichnet, dass Kais Stimme so langsam den Schlappmann macht. Es ist eben schwierig, jeden Abend zwei Stunden durchzubrüllen. Jetzt war er heute bei zwei Fachärzten. Ich hab noch keine genauen Infos, was da jetzt Sache ist, aber wir wollen erstmal zumindest die nächsten drei Shows, heute in Aschaffenburg, morgen in Bochum und Köln, damit behelfen, dass wir uns Gastsänger holen. Also z.B. wie der Fabio von RHAPSODY. Er wird bei drei Stücken mit uns mitspielen. Heute Abend kommt der Tobias Sammet (EDGUY, AVANTASIA), der noch ein paar Sachen mit uns spielt. Wir hatten noch ein paar andere kontaktiert, die dann leider so kurzfristig jetzt nicht zur Verfügung stehen. Ich denk mal, dass Kai sich das vielleicht auch nicht nehmen lassen will, vielleicht doch ein oder zwei Sachen ein bisschen auf Sparflamme zu singen. Ja, und dann muss man mal gucken. Wir hängen gerade so ein bisschen in der Luft. Wir wollen es auf keinen Fall ausfallen lassen. Wir müssten es dann auch irgendwann nachholen, was nicht das Problem wäre, aber das muss man eben doch erstmal koordiniert bekommen. Deswegen setzen wir alles da dran, dass wir die nächsten drei Tage spielen und dann haben wir wieder einen Tag frei. Bis dahin hat sich Kais Stimme vielleicht dann auch hoffentlich wieder ein bisschen erholt, so dass er dann wieder selber voll im Einsatz ist.
F-R.:
Eine Frage zu LOVE.MIGHT.KILL muss gestattet sein. Wann und wie geht es da weiter?
Michael:
Also im Prinzip geht es immer weiter. Aber jetzt, wo ich seit gut anderthalb Jahren mit GR unterwegs war oder Platten gemacht hab, geht’s natürlich nicht so schnell voran, wie wir uns das wünschen würden. Aber nichtsdestotrotz sind wir ständig im Kontakt, wir haben auch ein paar Shows gespielt. Wir werden auch demnächst wieder ein bisschen was spielen. Wir haben zwischenzeitlich auch schon wieder was aufgenommen, z.B. haben wir jetzt zwei Stücke für einen Sampler aufgenommen bzw. wir sind gerade dabei. Wenn ich nach Hause komme, muss ich die Drums machen. Wir haben noch eine andere Nummer, ein Special, darüber kann ich noch nicht so viel verraten. Ein ganz neuer Song, den wir aufgenommen haben, wofür wir ein Video drehen wollen, und der wird, ich denk mal auch innerhalb der nächsten zwei Monate rauskommen. Das ist auch gut geworden. Es ist wirklich schade, da ich denke, dass in der Band so viel Potential steckt, aber es ist heutzutage echt tierisch schwierig, was zu reißen, weil es viele viele viele gute Bands gibt. Da ist man eben nur eine von vielen. Und da muss man eben versuchen, sich zu behaupten. Das versuchen wir gerade, aber es ist halt echt schwierig.
F-R.:
Diese Frage kennst du ja bereits. Kannst du mal eine lustige Anekdote von der aktuellen Tour, einer Show oder aus dem Proberaum zum Besten geben?
Michael:
Ich kann dir was erzählen, das ist eigentlich gar nicht lustig, aber es ist eine Anekdote. Hat auch nichts mit GR zu tun. Das war im letzten Jahr am 20. Oktober und kann man nicht unter lustig abtun. Da hatten wir mit LMK eine kleine Tour mit 6, 7 Shows, wovon wir vier Stück mit MASTERPLAN spielen sollten. Wir sind zur ersten Show nach Erfurt gefahren, haben gespielt, war geil, war alles gut, mal abgesehen davon, dass da, wenn es hoch kommt, nur 10 Leute im Publikum waren. Ich bin dann nachts ins Bett. Wir hatten so nen Doppeldecker-Nightliner. D.h., unten kann man sitzen, oben gibt’s Betten zum Pennen. Ich musste dann morgens irgendwann aufstehen, musste nötig auf Toilette, und da geht’s eben ne Treppe runter. Ich hatte nur Socken an und bin dann die Treppe auch runter, aber leider nicht auf den Füßen, sondern auf dem Hintern und hab mir dabei vier Rippen gebrochen. Danach mussten wir die Shows absagen. Das war nicht witzig! Die Ärzte in Nürnberg, wo wir zu diesem Zeitpunkt waren, meinten, ich solle jetzt erstmal die Woche da bleiben. Da hab ich gesagt, mach ich nicht, das geht nicht. Unsere Gitarristen von LMK waren mit dem Auto dem Tourbus hinterhergefahren und das war die einzige Chance für mich, wieder nach Hause zu kommen. Da hätte mich sonst jemand von zu Hause abholen müssen, ich wohne ja ganz oben im Norden. Wir sind dann abends zeitig nach Hause gefahren. Das hat halt irre weh getan und es war auch schade wegen der Shows. Aber was mir dann noch echt Sorge gemacht hat war, dass drei Wochen später diese Südamerika-Tour mit GR losging, und da muss ich sagen, haben meine Bandkollegen echt supergeil reagiert. Ich habe Dirk angerufen, hab ihm das gleich erzählt, dass ich mir hier vier Rippen gebrochen habe und die Ärzte meinten, dass das mindestens sechs Wochen dauern würde, bis da überhaupt wieder an so was wie Bewegung zu denken sei. Ich sagte, da müsst ihr euch jetzt jemanden suchen, der das macht. „Ach komm, jetzt wart erstmal die Woche ab, vielleicht geht’s dir ja in einer Woche schon wieder ein bisschen besser, und dann kriegen wir das schon hin“. Und tatsächlich, so war es auch: Ich hab mich echt ausgeruht. Wider meiner Natur zwei Wochen GAR NIX gemacht, und pünktlich zu den Shows konnte ich zumindest spielen. Während der Tour war es dann auch wieder gut, Gott sei Dank! – Ja, das war jetzt nicht lustig, aber das war ne Anekdote!!
F-R.:
So, dann zum Abschluss noch deine persönlichen Worte an unsere Leser und eure Fans.
Michael:
Da muss ich mich echt erstmal tierisch bedanken! Zum Ersten, weil ich auch von den Fans super aufgenommen wurde, was nicht unbedingt selbstverständlich ist, wenn eine Band für 15 Jahre zusammen in einer Konstellation gespielt hat. Wenn dann jemand Neues reinkommt, ist das immer schwierig für den Neuen, für die Band, aber natürlich auch für die Fans, das zu akzeptieren. Aber es sind halt Dinge, die sich manchmal ändern im Leben. Und da muss ich sagen, bin ich echt super aufgenommen worden und freue mich natürlich auch tierisch, dass das Album jetzt so gut ankommt und die Tour so prima läuft. Also von daher, ein riesiges, riesiges Dankeschön an alle!!
Danke für das Interview und alles Gute noch für die Tour und eure Zukunft!
Mike von FFM-Rock Foto by Astrid Reich