SOUL DOCTOR - Frankfurt, Musikladen
Interviewpartner: Tommy Heart (voc.), Chris Lyne (g.)
Interview vom 02.10.07
Homepage:
www.souldoctorrocks.de
F-R:
Moin, ihr beiden. Erstmal willkommen in Mainhatten und meinen Glückwunsch zu einem starken vierten Album „Blood Runs Cold“. Dazu gleich meine erste Frage. Wieso für ein Hardrock-Album doch dieser eher ungewöhnliche Titel?
Tommy:
Man sucht halt immer nach einem tollen Titel und das bei uns wieder mal ziemlich spät. Wir hatten die Songs fertig und ich meine „Blood Runs Cold“ sagt halt eine Menge aus. Er erzählt irgendwie viel von Rock’n Roll und ist auch ein bisschen Shocking – „Blood“, da schauen die Leute auch hin. Es drückt auch eine Menge aus, was unsere Musik auch darstellt. Es ist schweißtreibend und manchmal spielen wir auch so lange, bis die Finger bluten. Wir 4 dachten: Das ist genau der richtige Titel fürs Album. Wir haben nicht probiert, irgendeine Message dahinter zu schieben, sondern einfach einen knackigen Titel zu finden, der von vorne herein klar macht: hier handelt es sich um eine Rockband.
F-R:
Steht dazu auch das Front-Cover im Einklang?
Chris:
Das Frontcover steht ja schon für sich - Ein Gitarrist, der sich die Hände blutig spielt. Jeder der in den Laden geht, weiß genau, was ihn da erwartet, wenn er das Album sieht. Bei keiner anderen Musik wird die Gitarre so im Vordergrund stehen wie bei der Rockmusik. Ich glaube, dass dies schon alles sagt.
F-R:
Seit 1999 und jetzt vier Alben steht ihr jetzt für Soul Doctor. Der Rest der Band wurde bereits ausgetauscht. Aktuell ist Michael Wolpers neues Mitglied an den Drums. Hat er die Drumparts zum Neuling komplett schon eingespielt?
Tommy:
Klar, hat er. Er war ja schon vorher bei uns. Er hat uns eigentlich schon nach der „For A Fistful Of Dollars“ begleitet, wo er die Tour zum Album in Italien und Spanien schon spielte. Zu diesem Album hatten wir uns schon von unserem ersten Schlagzeuger getrennt und hatten Mario B. von Skew Siskin als Aushilfe bekommen, aber es hatte sich nach einer Weile schon heraus kristallisiert, dass er keine Lust mehr hatte, in Deutschland zu bleiben. Er war ein Österreicher und wollte wieder nach Hause. Micha war aus Hannover und wir kannten ihn. Er hat nach unserem Anruf sofort zugesagt und ist jetzt dabei.
F-R:
Beschäftigt man sich näher mit Soul Doctor und seinen Kreativköpfen, sprich euch beiden, findet man schnell heraus, dass eure musikalischen Faves bei den Zepps, Purple, Whitesnake, Rainbow, AC/DC etc. liegen, deren Einflüsse sich auf „Blood Runs Cold“ auch allgegenwärtig wieder finden. Wie siehst du selbst eure Chancen hierzulande auf diesem doch gerade stagnierenden Bereich der Rockmusik?
Chris:
Dazu kann ich nicht viel sagen. Unsere Chance besteht eigentlich darin, bzw. das einzige, was wir beeinflussen können, besteht darin, dass wir gute Musik machen, 100 % zu dieser Musik zu stehen und den Leuten eine fantastische Live-Show zu bieten. Einfach richtig abzurocken und den Leuten zeigen, dass wir eine richtige Band sind. Ob man die Musik mag oder nicht, muss jeder selbst entscheiden. Es interessiert uns eigentlich nicht weiter, wie unsere Chancen stehen, weil wir bestimmt Dinge nicht beeinflussen können und auch nicht wollen. Wir beeinflussen nur Dinge, die wir selbst machen und das werden wir definitiv zu 150 % machen. Alles andere wird sich zeigen.
Tommy:
Kommerzielles interessiert uns eigentlich überhaupt nicht. Wir machen das, wozu wir Lust haben. Wenn es den Leuten gefällt, ist es O.K. Uns ist es lieber, ein tolle CD zu machen, wo wir dahinter stehen und sagen: O.K., das lieben wir, was wir machen. Ob wir davon jetzt Millionen verkaufen, ist erst mal nicht so wichtig. Wir sind nicht so orientiert, dass es Erfolg für uns bringen muss. Es ist viel wichtiger, dass wir das lieben, was wir machen und glauben eigentlich auch daran, dass wenn du was machst und es lebst und es durchziehst, irgendwann deine Chance bekommst.
F-R.:
Nochmals zu den Einflüssen der aufgezählten Bands. Diese lassen sich, wie ich finde, deutlich aus den Songs in Bereich der Refrains und bei der Gitarrenarbeit heraushören. Beispielhaft möchte ich hier mal „Laugh In The Face Of Danger“ anführen, das mich doch stark an Aerosmith erinnert. Keine Angst vor Plagiatvorwürfen o. ä.?
Tommy:
Bei Aerosmith haben die Leute früher geschrieben, sie wären ein Led Zeppelin Abklatsch. Die Musik geht einfach in diese Richtung. Das kann und wird auch kommen. Die Leute suchen am Anfang sowieso immer irgendwelche Fächer, wo sie dich reinstopfen können. Wir halten davon nichts. Wir wissen genau, was wir lieben und was wir machen. Wir folgen da unserem Herzen. Ich hab noch keinen Song von Aerosmith gehört, der wie „Laugh In The Face Of Danger“ klingt, aber nichts desto trotz sind es ganz normale Gitarrenakkorde. Wenn ich anfangen würde, irgendwelche Riffs 1 zu 1 zu übernehmen, könnte man darüber reden. Dann wäre es ne Plagiatsverletzung, aber das tue ich ja nicht. Es ist eine ganz normale Begleitung zum Gesang. Letztendlich sind diese Sachen, die dort gespielt wurden, klar nicht neu erfunden, die hat man schon irgendwo mal gehört. Das sind Rock-Riffs, die du auch irgendeiner Platte in einer ähnlichen Form schon mal gehört hast.
F-R.:
Kommen wir mal zum aktuellen Album. Da ich wenig Vergleiche zu früheren Werken von euch habe und den Vorgänger „For A Fistful Of Dollars“ nur überflogen habe, bitte mal euer Empfinden des Unterschiedes zu dem Vor- und jetzt aktuellen Werk. Wo liegen für dich die Unterschiede?
Tommy:
Die Unterschiede hast du ja schon angesprochen. Wir hatten personelle Wechsel, dann musst du eine Band erst mal wieder zusammenflicken. Sie muss ja wieder erst entstehen. Ich meine, wenn du die erste Platte von einer Band hörst weißt du ja gar nicht die Vergangenheit, wie sie dazu gekommen sind miteinander zu spielen. Da sind ja manchmal Jahre dazwischen. Bei „For A Fistful Of Dollars“ war es natürlich ein sehr, sehr großer Kampf die Band zusammen zu halten, neue Leute zu finden. Du musst ja ausprobieren, ob das überhaupt die richtigen sind. Wenn du dann mit den Leuten eine Platte machst und die verlassen dich dann wieder, sieht es vielleicht nach einer schwierigen Band aus. Insofern ist sie nicht schwierig, sondern ein ganz normaler Prozess eine Band zu kreieren und zu gründen. Wir haben es einfach mit dem Album jetzt geschafft und sind wieder eine Band. Das hört man auch auf dem Album. Das ist eigentlich auch die größte Stärke darauf. Das ist der größte Unterschied zwischen „For A Fistful Of Dollars“ und „Blood Runs Cold“.
F-R.:
Mir gefallen musikalisch speziell die rauen Gitarren, die den gewissen AC/DC Touch haben. Vielmehr begeistert mich zudem noch der Blues- und Sleaze-Anteil dazu. Chris, ist das alleine dein Part oder Teamwork beim Songwriting?
Chris:
Definitiv Teamwork beim Songwriting. Es gibt auch Gitarrenparts, mit denen kommt Tommy an und versucht mir Sachen auf der Gitarre zu zeigen und sagt, dass er sich das so vorstellen kann. Natürlich setze ich das immer ein bisschen auf meine Art um; das ist genauso, wenn ich ihm was vorsinge. Da kann ich auch nicht so singen wie er. Wir arbeiten aber die Songs eigentlich zu 100 % zusammen aus.
F-R.:
Wie sieht es da bei den Lyrics aus? Was sind inhaltlich deine Lieblingsthemen und hast du sie auf „Blood Runs Cold“ so verarbeitet?
Tommy:
Na klar. Themen würde ich nicht unbedingt sagen, das sind Erfahrungswerte, die man da verarbeitet hat. „Laugh In The Face Of Danger“ z. B. Ich bin damals als Jugendlicher in einer Gang groß geworden und wir haben sehr viel Mist gebaut. Das wurde darin verarbeitet, wie auch bei „Mr. Youngblood“, wo es um einen guten Freund geht, den ich verloren habe, weil er ins Gefängnis gegangen ist. Das gehört dazu, deshalb machen wir die Musik. Wir drücken unsere Gefühle künstlerisch einfach damit aus. Wir probieren natürlich auch das immer tiefer und intensiver zu machen. Bei „Blood Runs Cold“ ist uns einfach was gelungen, wo ich vorher soweit noch nicht vorgedrungen bin, in einer Band musikalisch meine Gefühle so intensiv auszudrücken. Deshalb bin ich so stolz darauf.
F-R.:
Es wurde aber kein Konzeptalbum. Es steht jeder Song für sich, oder?
Tommy:
Wir machen keine richtigen Konzeptalben. Uns ist wichtig, dass die Songs auf jeden Fall auf einem Album zusammenpassen. Deshalb kann es auch passieren, dass Songs darauf enthalten sind, die schon zwei oder drei Jahre alt sind, da wir permanent Songs schreiben. Auf „Blood Runs Cold“ sind z. B. zwei Songs drauf, die eigentlich schon fertig für das „For A Fistful Of Dollars“ – Album waren, aber wir sie nicht darauf gepackt hatten, weil wir der Meinung waren, dass sie nicht passen oder einfach nur untergehen würden. Uns ist es wichtig, unseren Fans einfach nur das Beste zu bieten und einfach auch nur ein Album, hinter dem wir stehen können. Deshalb ist es bei Fremdkompositionen uns auch scheißegal, wer die geschrieben hat und so findest du auf diesem Album auch einen Song, den Joe Lynn Turner und Glen Hughes geschrieben haben (Anm.: „Touch Of Love“). So war das auch auf den ersten beiden Alben. Uns ist es immer wichtig, die besten Songs für unsere Fans herauszusuchen und da ist jeder Weg eigentlich egal, wer den schreibt. Da kannst auch du mit einem Song ankommen..
F-R.:
..das glaub ich jetzt nicht…
Tommy:
… du, wenn du dafür ein gutes Gespür hast.. Wir sind da wirklich immer auf der Suche nach guten Songs.
Chris:
Man muss ein Album ja auch als Ganzes sehen. Man kann ja auch sagen, dass wir ziehen jetzt einen Streifen durch, das Album hat den gleichen Sound, jeder Song klingt gleich und so. So ein Album ist ja, wenn du dir mal die großen Platten anhörst, die uns ja in unseren ganz jungen Jahren alle bewegt haben, wirst du nur solche Alben finden. Ein Album steht immer als Ganzes, ob das nun eine Band war wie Queen, Deep Purple oder Led Zeppelin, die haben sich eigentlich nie wiederholt. Da wurde einfach noch ein ganz anderer Wert auf Musik gelegt. Das versuchen wir mit unseren Alben ebenfalls durch zu ziehen. Ob man heute damit noch Brombeeren erntet, sei mal dahingestellt. Das ist auch nicht wichtig. Uns ist wichtig, hinter dem Album zu 200 % zu stehen und dann kann ich so ein Album auch zu 500 % promoten.
F-R.:
Welche Unterschiede zur der Produktion von „Blood Runs Cold“ und „For A Fistful Of Dollars“ fallen dir spontan ein?
Tommy:
„For A Fistful Of Dollars“ war unser erster Versuch, eine Platte selbst zu produzieren. Normal arbeitest du ja mit einem Produzenten, der alles auf seine Kappe nimmt. Wenn’s schief geht, bekommt er die Schuld. Hier haben wir gesagt:Wir machen das selbst. Deswegen heißt das Album auch so, weil unser Budget nicht so hoch war. Wir sagten: O.K., für die Hand voll Dollar werden wir alles rausholen, was zu machen geht. Wir mussten natürlich viel lernen, ist ja klar. Man springt nicht einfach ins Studio und sagt: Wir machen jetzt ne super Platte und alles funktioniert. Und das, was da schief gelaufen ist und viele vielleicht noch nicht mal gehört haben, konnten wir jetzt bei diesem Album richtig machen, weil du einfach dazu gelernt hast. Das, würde ich sagen, ist der große Unterscheid und es war sehr gut, dass wir das gemacht haben.
F-R.:
Jetzt kommt meine immer wiederkehrende Frage. Könnt ihr mal eine lustige Anekdote von einem Gig oder aus dem Proberaum zum Besten geben, die noch nicht veröffentlicht wurde?
Vielleicht gibt es ja aktuell was Lustiges vom United Forces Of Rock 3 am vergangen Sonntag oder auch zu Fair Warning zu erzählen?
Tommy:
In Paris gab es was Lustiges, was aber schon mal veröffentlicht wurde. Wir spielten dort auf Einladung in so einem Club und spielten eine Headliner-Show. Dort haben wir die PA in die Luft gejagt. Nach dem dritten Song fing unsere ganze Road-Crew an, ganz aufgescheucht rumzurennen. Sie sind in die Speaker von der PA reingesprungen, stand plötzlich auf der Bühne und haben mit einem zweiten Mikro mitgesungen und -gequatscht. Wir dachten nur, was ist denn jetzt los? Das war so was von merkwürdig, da du das als Musiker gar nicht so mitbekommst, da dich freust und deine Show abziehst und plötzlich stehen die Roadies mit auf der Bühne (lacht). Das war für mich das Witzigste, was ich erlebt hatte. Das Coole dabei war noch, dass es das Publikum gar nicht interessierte. Die sind so abgefahren.
F-R.:
So, kommen wir zum Schluss. Eure Worte an eure Fangemeinde und unsere Leser, die euch vielleicht auch noch nicht kennen, sind jetzt gefragt.
Chris:
Unsere Fangemeinde weiß, was sie an uns hat, dazu brauchen wir nichts mehr zu sagen. Die uns noch nicht kennen, sollten unbedingt mal bei Soul Doctor auf der Website oder Live vorbeischauen und sich mal die Qualität der Band ansehen.
Tommy:
Wenn ihr die Möglichkeit habt, kommt vorbei, da wir auch keine Band sind, die euch die Kohle aus der Tasche ziehen will. Wir halten zu unseren Fans und tun auch alles für sie. Ihr werdet es sehen. Hört in „Blood Runs Cold“ einfach mal rein.
Danke für das Interview und alles Gute für die Zukunft!
Mike von FFM-Rock
Foto by Musikladen Frankfurt/M.