CLOUDBERRY - Frankfurt, Dornbusch-Bunker
Interview vom 06.12.05
Interviewpartner: Marco Pleil (voc./g.)
Homepage:
www.cloudberry.de
FFM-Rock:
Hallo Marco, du bist der Sänger der Band „Cloudberry“. Könntest du dich und die anderen Bandmitglieder kurz vorstellen?
Marco:
Also am Schlagzeug, das ist der Lothar Weise, den kennst du ja auch.
FFM-Rock:
Stimmt!
Marco:
Der Robert Beyer spielt Bass, der Oli Schmidt, der auch bei LENNARD Frontmann ist, spielt Gitarre und ich, der Marco, singe und spiele auch Gitarre.
FFM-Rock:
Bei euch war es so, dass du zu Beginn alleine warst, als Liedermacher sozusagen. Wie kam es dann letztendlich dazu, dass du gesagt hast: Ich brauche jetzt eine Band um mich herum?
Marco:
Eigentlich hab’ ich das gar nicht gesagt und das war auch nicht geplant. Das war eigentlich ne’ Sache beim ersten Album und meinem alten Verlag. Die meinten, ich müsste die Songs live präsentieren. Das war nie so gedacht, das war mehr so ein Studioprojekt und eine Wohnzimmergeschichte, so Homerecording. Und die meinten dann halt, das müsste man mal live testen, als Showcase. Ich hab’ dann über den Tobi, der die Platte produziert hat, der Tobi Hahn, der 50 % von JANUS ist, mit dem habe ich das Ganze dann live umgesetzt, gerade das Ding mit den Samples. Den Lothar kannte ich dann auch über den Tobi, der hat ja dann auch bei JANUS in der Liveband angefangen zu spielen. Den Oli, den kannte ich noch von früher, von seiner alten Band INDIAN FIELDS aus Offenbach, die hatten mit meiner alten Band auch ziemlich viel zu tun und da hat sich das alles so zusammengepuzzelt. Irgendwann hat sich das dann so entwickelt, glaube ich, es ging alles sehr natürlich. Ich bin dann immer mehr von den Samples weggekommen, weil Lothar das alles besser kann, als so schlecht zu programmieren, wie ich das mache und dann hat sich das mehr und mehr zu einem Live-Ding entwickelt.
FFM-Rock:
Bist du jetzt traurig darum, weil du das lieber alleine weitermachen wolltest, weiterhin als Projekt?
Marco:
Projekt in dem Sinne war das ja nie, es war eher der Mangel an Musikern. Als ich CLUODBERRY alleine machen wollte, hatte ich einfach keinen Bock, Musiker und einen neuen Proberaum zu suchen und neue Meinungen und dann: „Können wir heute proben? – „Ne, heute kann ich nicht.“ Ich wollte einfach ohne Rücksicht auf alles mein eigenes Ding machen. Und unglücklich, nö gar nicht! Wir spielen viel live, ich bin wieder ganz gut drin, ich war ja irgendwie 4-5 Jahre komplett aus der Szene weg, aber jetzt ist es super, wie es ist. Also, ich kann mich nicht beschweren, Es könnten noch mehr Leute zu den Konzerten kommen, aber da arbeiten wir dran! (lacht)
FFM-Rock:
Wenn ich mir ein paar Reviews von Schreiberkollegen über euer aktuelles Album „Destroyer“ durchlese und ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich den Vorgänger „Elijah“ nicht kenne, dann sticht ein Kritikpunkt immer heraus, und zwar, dass das letzte Album wesentlich „elektrischer“ war.
Marco:
Ja, schon. Das war, ähm, ein sehr großes Missverständnis in der ganzen Presse. Ähm, dass die Platte so elektrisch wurde, war eigentlich nur aus dem Mangel an echten Musikern! Wie gesagt, ich kannte z.B. Lothar zu dem Zeitpunkt, als ich das mit dem Tobi aufgenommen habe, noch nicht und wir haben uns diese ganzen Schlagzeugteile von so Session-Cd’s runtergeklaut, also diese Drum-Sessions, wo man in irgendwelchen Geschwindigkeiten diese Patterns hat und die haben wir uns dann so zusammengeschnibbelt und dann so produziert. Und es waren noch einige Keyboards drauf, aber das war auch so die Sache, weil ich damals noch nicht so gut Gitarre spielen konnte, habe ich gesagt, bevor ich da so ein paar nicht gekonnte Gitarrenfiguren hinmache, lieber ein schönes Keyboard drüber. Das waren halt noch diese argen 80er-Einflüsse bei mir, das gebe ich zu. Aber, ähm, es war trotzdem eine Gitarrenplatte. Also wenn du dir die heute anhörst, ist der Großteil immer noch sehr gitarrig. Der Hintergrund, die Rhythmusfraktion ist halt elektronisch, aber wie gesagt, das kam dann halt bei den Reviews, die geschrieben wurden, alles sehr seltsam an. Das war alles ein bisschen missverständlich, aber naja…
FFM-Rock:
Die aktuelle Platte „Destroyer“ hat vor nicht allzu langer Zeit VÖ gehabt und das ist jetzt wieder eine ganz andere Richtung. Auch aus dem Grund heraus, dass du jetzt eine Band um dich herum hast?
Marco:
Findest du, dass es eine ganze andere Richtung ist?
FFM-Rock:
Das kann ich ja nicht beurteilen, ich kenne ja die erste nicht! (allgemeines Gelächter)
Marco:
Ok, hm, andere Richtung… Hm… Ja, sagen wir mal so, von der Herangehensweise beim Songschreiben hat sich das verändert. Weil ich gemerkt habe, wie wir die ersten Gigs gespielt haben, dass die Songs von der „Elijah“ nicht so funktioniert haben, wie sie sollten. Also, es gibt schon so ein paar, die wir live heute auch noch spielen, die auch ganz gut hinhauen, aber es waren auch viele da, die waren auch sehr atmosphärenabhängig von dem, was dann die Samples gemacht haben und das hat sich dann beim Schreiben immer mehr entwickelt, dass ich gedacht habe, die müssen auch live funktionieren. Und das hat sich dann irgendwann so ins Extrem gezogen, dass halt überhaupt keine Samples mehr drauf sind. Aber es sind immer noch, ja… Popsongs. Was vorher auch war, mit anderen Voraussetzungen vielleicht.
FFM-Rock:
Ist das dein Favorit, was die Musikrichtung angeht, oder würdest du vielleicht auch experimentell was anderes machen?
Marco:
Hm, andere Richtung…
FFM-Rock:
Also mehr diese Indi-Schiene.
Marco:
In Indi wird es ja jetzt sehr reingedrückt. Ich bin eigentlich ein Popper-Schwein! (Kleine Unterbrechung wegen akutem Lachkrampf :-) ) Nein, das gebe ich ganz offen zu! Ich bin 80er Popper-Schwein, mit NEW ORDER und diesem ganzen Kram aufgewachsen. Ich mag aber auch SONIC YOUTH, BUFFALO TOM, LEMONHEADS und diese ganzen alten, schönen Sachen. Und experimentell… Wir arbeiten jetzt schon an der dritten Platte und das ist alles schon ein bisschen ruhiger. Aber frag’ mich das in ein paar Monaten noch mal, dann kann ich dir mehr dazu sagen, haha!
FFM-Rock:
Dritte Platte? Ihr habt gerade erst die zweite rausgebracht?
Marco:
Saint Records, das verlagseigene Label vom neuen Verlag…
FFM-Rock:
…hat euch gedrängt, gleich noch eine neue Platte hinterher zu machen?
Marco:
Gedrängt eigentlich nicht. Das war mehr die Idee von Guido Lukas, der „Destroyer“ produziert hat. Der hat gesagt: „Marco, du musst, um gut im Gespräch zu bleiben, da musst du jetzt eigentlich gleich nachlegen. Dass ihr im Gespräch bleibt und konstant so weitermachen könnt.“ Da ich sowieso recht fix im Songschreiben bin, ist das auch kein Problem, mal schauen. Frühjahr 2006 wieder ins Studio, das wäre super.
FFM-Rock:
Fixes Songschreiben, das Stichwort! Von allen Seiten hört man, dass die Songs mit 2 Minuten zu kurz sind.
Marco:
Mag sein.
FFM-Rock:
Du verteidigst die 2 Minuten-Songs natürlich vehement…:-)
Marco:
Was heißt verteidigen? Was ich halt gar nicht abkann, dass irgendwann mal jemand festgesetzt hat, dass ein guter Song 3:30 zu sein hat. Dieses Radioformat, das jeder Plattenfirma gefällt. Wo der Chorus x-mal wiederholt werden muss und was weiß ich für ein Quatsch. Das soll jetzt kein Protest sein, es ist einfach…so fühle ich mich wohler. Hm, wenn ich finde, dass in einem Song alles gesagt ist, dann ist eben alles gesagt. Live, dass das für das Publikum ein bisschen schwer ist, kann ich nachvollziehen. Aber mein Gott, ein bisschen fordern muss man das Publikum doch auch, oder? Haha! Ich komme mit der Kritik klar. Das ist noch lange kein Grund, dass ich bei der nächsten Platte 3:30-Songs schreibe.
FFM-Rock:
Und die anderen haben da auch keine Probleme mit?
Marco:
Yo! (lacht) Mittlerweile machen wir auch einige Songs ineinander und ein bisschen länger im Gegensatz zur Album-Version, aber mein Gott, das ist eben Gewöhnungssache. Irgendwann meckert keiner mehr, aber ich lass’ mir da auch nicht rein funzen.
FFM-Rock:
Wie werden die neuen Songs?
Marco:
Mal schauen. Glaub’ schon, dass sie was werden! J Das ist absolute Bauchsache.
FFM-Rock:
Thema Songwriting: Du schreibst, die anderen spielen?
Marco:
So würde ich es jetzt nicht ausdrücken. Zu 95% bringe ich die Songs fertig mit in die Proben. Ich programmier’ das immer zu Hause mit einer uralten Cubase-Version, also nur ganz grob. Und so jammer ich eben zu Hause vor meinem Rechner, als wie mit der Band. Und wenn der Song dann fertig geschrieben ist, mach’ ich das meistens so, dass der Lothar das von mir zugeschickt bekommt, wo die Schlagzeugspur drauf ist und hört sich das dann an. Und in der Probe singe ich das dann alles noch mal vor und dann versuchen wir das umzusetzen. Manchmal meckert der Lothar dann ein bisschen: „Ne, also das geht gar nicht!“ Aber das ist eben sein Fachgebiet und ich bin froh, wenn Ideen eingebracht werden. Aber nicht, wenn es um die Länge der Songs geht! (lacht) Aber für das Songschreiben bin fast ausschließlich ich zuständig.
FFM-Rock:
Ganz andere Ecke: Was macht ihr, wenn ihr nicht mit CLOUDBERRY beschäftigt seit?
Marco:
Also drei von uns sind selbstständig und tummeln sich quasi so durchs Leben und der Oli fährt am Flughafen Promis durch die Gegend. Sehr geiler Job, oder? Lothar ist Schlagzeuglehrer, ich mache so Büroarbeiten, im Moment aber nur Musik und der Robert ist Gärtner…oder Florist??? Auf jeden Fall hat er eine Umschulung gemacht und ist jetzt Baummeister, oder so was. (allgemeines Gelächter) Ich weiß nicht, wie man das nennt…
FFM-Rock:
Kommen wir zur obligatorischen Pleiten-, Pech- und Pannenfrage. Kannst du da etwas zum Besten geben?
Marco:
Ui! Spontan fällt mir da ein…Sound of Frankfurt 2003!? Im Vorfeld wurde da große Hektik gemacht wegen des ganzen Technikkrams, den man so hat! Da war noch viel von der ersten Platte im Set, mit ganz vielen Samples und Keyboard. Und wir spielen dann eben und ab ¾ vom Set merkt der Mischer da vorne erst, dass man die Samples auch nach vorne heraus anschalten muss, damit das Publikum das auch hört. Wir haben ungefähr die Hälfte des Sets die Keyboard-Samples nur über die Monis gehört, aber die Leute eben überhaupt nicht! Und das hat mich schon sehr angepisst; Riesen-Pleite, sag’ ich dir! Das war schon ziemlich Panne und der Gig war nicht wirklich gut, glaube ich… (grinst) Aber sonst alles sehr harmonisch und unspektakulär… (grinst noch breiter).
FFM-Rock:
Zum Abschluss darfst du das Wort noch an die Leser und eure Fans richten.
Marco:
Ob wir Fans haben, weiß ich nicht (lacht), aber für die Leser: Kauft unsere Platte, die ist schön! Downloads zum Reinhören gibt’s auf www.cloudberry.de und auch das Video von Newcomer TV. Ansonsten: Bleibt gesund!
Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!
Denise von FFM-Rock
© Foto 2005 Denise Lichterfeld