REBELLION - Frankfurt, Black Solaris Studios
Interview vom 16.05.05
Interviewpartner: Uwe Lulis (g.)
Homepage:
www.rebellion.st
F-R:
Hi Uwe, nach dem Ausstieg von Tomi Göttlich (b.) und dir bei Grave Digger habt ihr beide Rebellion ins Leben gerufen und über Drakkar Records 2002 mit „Shakespeares Macbeth“ gleich ein Konzeptalbum veröffentlicht, welchem dann ein Jahr später „Born A Rebel“ folgte. Um mal eure Bandhistory etwas näher zu ergründen, würde ich gerne wissen, wie es zu diesen doch unterschiedlichen Alben kam?
Uwe:
Das erste Album „Shakespeares Macbeth“ sollte eigentlich der Original-Nachfolger von Grave Diggers „Tunes Of War“ werden. Nur musste sich der gute Chris Boltendahl damals ja von Tomi trennen und der hat dann quasi diese Idee mitgenommen. Das erste, was wir dann gemacht hatten, als die Idee aufkam: O. K., wir machen das jetzt, um erst mal überhaupt für die Band Rebellion einen richtigen Einstieg zu bekommen. Einen, der richtig knallt und um von Vornherein erst mal ein geiles Thema zu haben. Ich meine, das war ja ein Hammer-Thema. Und das war einfach die Idee bei dem ganzen Ding. Das ist auch der Hintergrund. „Born A Rebel“ war im Prinzip so ein Ding von mir. Ich war nach vier Konzeptalben einfach so ein bisschen müde, wieder ein Konzept-Ding durchzuziehen. Ich wollte einfach mal wieder so pur auf die Glocke hauen, einfach ein reines Metal-Album hinlegen. Und das ist auch gut gelungen. Hat Spaß gemacht.
F-R:
Jetzt habt ihr einen Labelwechsel zu Massacre Records vollzogen und bringt mit „Sagas Of Iceland“ den ersten Teil einer Konzepttrilogie heraus, die sich mit der Wikingerthematik auseinandersetzt. Hattet ihr keine Bedenken, dass diese Thematik, die ja wirklich schon oft verarbeitet wurde, irgendwie auf Missfallen stoßen könnte?
Uwe:
Na ja ... als erstes: die Geschmäcker sind verschieden. Natürlich wird es einige Leute geben, die sagen: Ugh, schon wieder ein Wikinger-Album oder: Da wird das Thema schon wieder verbraten. Aber es kommt darauf an, wie man’s macht. Ich denke mal, wenn Lulis/Göttlich da irgendwie so ein Ding in die Hand nehmen, dann hat das schon so einen eigenen Touch. Dann klingt das halt etwas anders. Der Björn hat auch noch ein paar Songs geschrieben, was der Sache natürlich auch noch eine gewisse Bandbreite gegeben hat. Aber jetzt nach den Aufnahmen. quasi als das fertig war, da habe ich für meine Teil auch keine Bedenken mehr gehabt, dass ich da irgendwelche Zweifel gehabt hätte ... ich hatte eigentlich nie Zweifel. Klar, ist natürlich richtig, was du sagst, aber letztendlich ist uns das so ein bisschen egal. Denn wir machen eh, was wir wollen.
F-R:
Noch mutiger finde ich jetzt von euch, dieses Thema im Vornherein schon auf drei Alben auszulegen. Wie kam das eigentlich von Anfang an zustande?
Uwe:
Wir haben auf der „Born A Rebel“ einen Song, der heißt „Dragons Fly“ und der behandelt quasi schon so ein bisschen das Wikinger-Thema. Irgendwann nach diesem Album kam der Tomi an und meinte: „Lass uns doch einfach mal so ein komplettes Album davon machen. Ein Wikinger-Album. Das Thema ist gut.“ Björn kam auch irgendwie an und meinte: „Das müssten wir eigentlich machen. Das ist geil. Das fühlt sich gut an ...“ Dann hat Tomi irgendwann mal angefangen, sich da reinzulesen und kam dann nach kurzer Zeit und sagte: „Ey, pass auf, das ist soviel Stuff, da können wir echt locker eine Trilogie von machen.“ Zumal du das auch schon splitten kannst – einmal die Wikinger-Ausweitung nach Westen – das, was wir jetzt gemacht haben - dann kommt die Ausweitung nach Osten – das kommt im zweiten Album – und als letztes kommt die „Götter-Mythologie“, was natürlich richtig episch aufgezogen werden kann. Das ist doch eine Sache auf jeden Fall.
F-R:
Und wann kam die Idee dazu dann letztendlich?
Uwe:
Ich denke mal, quasi schon während der „Born A Rebel“-Aufnahme-Session ... „Dragons Fly“ – das fühlt sich super an. Lass uns mal drüber nachdenken.
F-R:
Tomi zeichnet als Geschichts- und Englischlehrer für die textlichen Inhalte verantwortlich, du für die musikalische Ausrichtung. Waren die übrigen Bandmitglieder auch für das Songwriting mit eingebunden – du hast ja jetzt den Björn schon genannt?!
Uwe:
Ja genau. Björn hat einige Titel geschrieben davon, weil ich auch wollte, dass er sich da ein bisschen mehr mit involviert. Es ist ja auch gut für ihn, dass er dann irgendwann mal sagen kann: „Hey, das sind auch meine Songs!“. Dass er richtig stolz auf das Album sein kann und er sich auch ein bisschen mehr involviert fühlt. Genau wie Micha. Er hat auch einen Text geschrieben und hat sich da eingebracht. Ich denke, das war auf jeden Fall eine gute Sache und es wird auf jeden Fall auch weiterhin so durchgezogen. Ich mag Björns Stil, Songs zu schreiben. Er ist ein guter Songwriter. Das gibt der ganzen Sache, wie gesagt, eine Bandbreite.
F-R:
Bei einzelnen Songs oder auch deinem Gitarrenspiel lassen sich teilweise Vergleiche zu früheren Grave Digger – Alben ableiten. Stört dich dieser Vergleich eigentlich?
Uwe:
Nee, wundert dich das? (schallendes Gelächter). Ich meine, warum sollte ich jetzt meinen Stil ändern? Ich kann das ja nicht ändern. Das wäre jetzt, als würde ich plötzlich anders pinkeln gehen oder so (wieder lachen). Geht ja gar nicht anders. Und da ich auch für die früheren Grave Digger – Alben verantwortlich war, für den Sound, für das Songwriting, ist es klar, dass es da Vergleiche gibt. Das ist auch gut so. Denn das ist ja mein Stil. Wie gesagt: Grave Digger klangen damals auch mehr nach Lulis und Rebellion klingt jetzt mehr nach Lulis und das ist auch gut so. Ich will mich ja nicht verstellen. Da habe ich keinen Bock drauf.
F-R:
Kürzlich bekam ich das aktuelle Album von Black Destiny in die Hände, wo euer Sänger Michael Seifert auch das Mikro bedient. Stimmlich hat er dort mehr Bandbreite als bei euch zur Verfügung. Ist der raue und tiefe Part, den er bei euch an den Tag legt, gewollt? Eine Art Trademark ist seine Stimmlage für Rebellion jetzt schon allemal.
Uwe:
Auf jeden Fall. Wir haben natürlich eine gewisse Soundvorstellung, wie die Stimme zu klingen hat. Das klingt vielleicht jetzt ein bisschen hart, aber es ist jetzt nicht so, dass er sich nicht wohlfühlt, sondern er sagt ja: „Mach mal, das ist geil!“ Black Destiny ist halt eine Band, wo er aktiv mitarbeitet, d. h. er ist in das Songwriting involviert und er ist songwritingtechnisch natürlich etwas anders unterwegs. Deshalb klingt da seine Stimme halt ein wenig anders, weil das alles arrangiert wird, die ganzen Songstrukturen sind anders usw. usw. Letztendlich ist es dann natürlich eine Geschmacksfrage. Klar. Aber ich habe mir das Album jetzt auch 2-3 mal angehört und er bedient im Prinzip so 2-3 Stimmlagen, die er bei uns auch hat. Bei uns hat er dann einfach noch zwei Stimmlagen mehr. Bei uns legt er noch einen drauf. Bei Black Destiny ist er halt immer in so einem bestimmten Bereich, was natürlich geil ist. Ich mag das Album total. Es ist gut gemacht. Die Songs sind klasse, vor allem die ersten drei finde ich klasse. Aber es ist halt ein Unterschied zu Rebellion. Klar, weil es ganz andere Songwriter sind.
F-R:
Und seine Stimme als Trademark. Würdest du das auch so ansehen?
Uwe:
Auf jeden Fall. Micha hat auf jeden Fall eine sehr markante Stimme. Vor allen Dingen: Er ist ja ein Chamäleon. Er kann ja fünf verschiedene Stimmen anbieten und als Songwriter ist man natürlich total glücklich darüber, weil man sich plötzlich austoben kann. Bei Grave Digger war das so, da waren wir im Ganzen auf 3-4 Töne limitiert und das auch nur geschrieen ... Und jetzt ist es auf einmal von ganz unten bis ganz oben. Ich kann jetzt machen, was ich will und kann auch viel Vielschichtiger arbeiten. Und das ist natürlich geil.
F-R:
Du hast dieses Mal das Album selbst produziert und gemastert. Was war der Grund dafür?
Uwe:
Es gibt eigentlich keinen Grund. Ich hab das eigentlich immer gemacht, mit Hilfe von anderen Leuten, und bei „Born A Rebel“ war es das einzige Mal, wo ich gesagt habe: O. K., ich gebe das mal aus der Hand, weil ich mich beim „Macbeth“-Album einfach überarbeitet hatte. Ich hatte dann plötzlich irgendwie einen Tinnitus und dann kam der ganze Druck von der Plattenfirma: Wir müssen jetzt fertig werden usw. usw. Ich habe dann bis auf die letzte Sekunde gearbeitet, was hier jetzt auch wieder der Fall war, nur ich habe es einfach cooler angehen lassen. Ich habe gesagt: Wenn’s heute nicht klappt, dann klappt’s halt morgen. Ich hatte natürlich auch einen gewissen Druck im Rücken. Es hat aber wunderbar funktioniert und ich wollte dem ganzen Ding einfach jetzt mal einen richtigen persönlichen Schliff geben. Ich bin natürlich über die Jahre des Studioarbeitens auch weiter gekommen. Ich bin jetzt mal „besser als ich vor drei Jahren war“ und das wollte ich einfach mal alles einfließen lassen. Ist natürlich auch so eine Art Reputation für mich. Klar. Ich kann sagen: Hier, hör dir das mal an. Ihr wollt mein Studio buchen. Das sind die Sounds, die ich fahre. Bitte – ja oder nein.
F-R:
Du sprichst es an. Du hast mit den Black Solaris Studios dein eigenes Studio in Frankfurt/M. Was hältst du an dieser Stelle von ein bisschen Eigenwerbung?
Uwe:
Das finde ich natürlich klasse – klar, man kann ja den Namen nun nicht weit genug streuen, gerade für so eine mega super Qualität, die hier abgeliefert wird und diese mega Systeme, die hier herumstehen. Die Räumlichkeiten sind auch klasse. Die Bar, die wir haben, ist der Hammer. Wir haben eine großen Kühlschrank für eine Menge Bier. Internet sowieso, klar. Wir haben hier ca. 140 m² hier, mehrere Regies, Aufnahmeräume ... Was hast du gefragt??? (schallendes Gelächter)
F-R:
Du sollst ein bisschen Eigenwerbung machen. Das fängt doch schon gut an.
Uwe:
Habe ich ja gemacht. Ihr könnt ja mal gucken: www.black-solaris.de Da sind irgendwie alle Hintergrundinformation über das Studio zu finden.
F-R:
Sprechen wir mal über die anstehenden Live-Aktivitäten von Rebellion. Bisher hattet ihr zu jedem Album eine Support-Tour. Wie wird es diesbezüglich zum neuen Album aussehen?
Uwe:
Wir werden definitiv im Herbst eine Headliner-Tour fahren. Die wird zwar sehr klein ausfallen. Keine Ahnung, 10 Dates und dann in Clubs für ca. 300-400 Leute. Das hängt natürlich davon ab, wie das Album läuft. Wenn das Ding jetzt natürlich einschlägt wie eine Bombe und wir verkaufen plötzlich, ich weiß nicht wie viele Alben und die ganze Welt schreit: Juchu! und will Rebellion, dann werden wir natürlich vergrößern, logischerweise. Aber wir werden definitiv mit diesem Album Rebellion in den Headliner-Status heben. Egal, wie die Tour ausläuft und wenn wir vor 50 Leuten spielen, ist egal. Das waren jetzt vier Jahre Support, das reicht. Und jetzt kommt der nächste Schritt.
F-R:
Festivals?
Uwe:
Nein, spiele ich nicht mehr. Es sei denn, ich bin Headliner oder Co-Headliner. Ich denke, dass auf Festivals, wenn du irgendwie nachmittags spielst, eine Band wie Rebellion komplett unterpräsentiert ist. Du kommst auf die Bühne, hast scheiß Sound, du siehst einfach irgendwie kacke aus bei Tageslicht. Eine richtige Metal Show braucht Licht, die muss dementsprechend richtig gestaltet werden usw. Festivals spielen ist nicht mehr so das, was wir uns vorstellen. Dafür habe ich einfach schon in den letzten zehn Jahren zu viele miese Erfahrungen auf Festivals gehabt, wo du als Band dann wirklich abgefuckt wirst und einfach total nichtssagend dastehst, von der Bühne kommst und dich fragst: warum hast du das überhaupt gemacht? Da kann man jetzt drüber philosophieren, woran das liegt ... Veranstalter, Gleichgültigkeit der Leute an sich, die da arbeiten, usw. So ist es halt eben. Mal gucken, was passiert in den nächsten Jahren. Vielleicht verkaufen wir ja genug Alben und spielen dann plötzlich wieder Co-Headliner oder so.
F-R:
Findest du nicht, dass die Clubtour ein großes Wagnis sein könnte, da aktuell auch interessante Bandpakete auf ihren Touren vor relativ wenigen Leuten spielten?
Uwe:
Ja, ein Risiko ist das immer, aber ich meine: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Wir haben noch bis Herbst Zeit, zu checken wie das Album läuft, wie kommen wir an? Es kann natürlich ein finanzielles Risiko werden, aber das ist uns auch so ein bisschen recht. Egal, das macht nichts, wenn es ein paar hundert Euro mehr kostet als es einbringt. Letztendlich kommt es uns drauf an, auf die Bühne zu gehen, Spaß zu haben und den Leuten einfach eine gute Zeit zu bieten. Das ist unsere Art von Entertainment, was für uns ganz wichtig ist. Wenn du die Rebellion-Band mal live gesehen hast, dann weißt du, wovon ich rede. Da geht’s einfach knallhart ab und ich denke mal, die Leute, die vor der Bühne stehen, werden auf jeden Fall ihren Spaß haben. Und wenn da nur 30 Leute stehen – ist mir egal.
F-R:
Ich kenn’s ja ...
Uwe:
Ja, du kennst es ja und weißt, wie’s ist.
F-R:
Diese Frage bekommen alle Bands bei meinen Interviews gestellt. Kannst du mal eine lustige Anekdote von einem Gig oder aus dem Proberaum zum Besten geben, die noch nicht veröffentlicht wurde?
Uwe:
Keine Ahnung ... 15 Jahre Tournee, da gibt’s natürlich eine Menge. Aber das Lustigste, das ich jemals erlebt habe, war damals ein Auftritt mit Grave Digger. Da war Göttlich auch noch dabei, wir haben hier in Frankfurt gespielt bzw. in der alten „Hafenbahn“ in Offenbach. Da haben die irgendwie gerade die Bühne vergrößert, so Podeste davor gebaut und direkt vor mir war ein Spalt, ca. ½ m breit, noch nicht mal, ca. 40 cm. Ich habe mir so die ganze Zeit gedacht: O.K., nicht da reintreten, denn dann liegst du. Dann kam irgendwann ein Stück, wie hieß das noch? „Under My Flag“ ... so ein Mitgroover und dabei hatten Göttlich und ich immer die Angewohnheit, bei der zweiten Strophe die Seiten zu wechseln. So, und das ist dann natürlich auch passiert. Ich ging dann auf Göttis Seite, er kam mir entgegen mit so einem richtig verzerrten Metal-Gesicht und dann stand ich auf seiner Seite. Und dann hörte ich so ca. 5 Sekunden später einen richtig lauten Knall. Das war eine Mischung zwischen tiefem D und einem Aufprall. Da ist er nämlich in dieses Loch reingetreten. Das nächste, was ich dann gesehen habe, war, dass zwei Roadies versucht haben, ihn aus diesem Ding herauszuziehen. Die Band hat natürlich weitergespielt und wir haben auf dem Boden gelegen vor Lachen. Du musst dir vorstellen: Diese Metal-Fratze und dann im nächsten Moment hörst du so einen Knall ...he, he ... der ungefähr dreimal so laut war wie die Band selbst. Ein Aufschlag zwischen Akkord und Ton und danach erst mal keinen Bass mehr (lacht). Und diese Szene eben, wo dann zwei Leute versuchen, ihn da aus diesem Loch herauszuziehen ... Da haben wir irgendwie so 3-4 Songs danach noch gelacht.
F-R:
Da sind wir auch schon am Ende. Hast du noch ein paar Worte an eure Fangemeinde bzw. die Leute, die sich unbedingt auch mal mit Rebellion auseinandersetzen sollten?
Uwe:
Ich würde auf jeden Fall alle ganz gerne grüßen ... einen schönen Metal-Gruß ... METAL IS THE LAW OF DEATH AND FROM HELL und diese ganze Nummer …
Ich bin auf jeden Fall den Leuten, die bislang unsere Alben gekauft haben, die uns treu die Stange gehalten haben, sehr dankbar und möchte auch alle ganz gerne grüßen. Wie gesagt, sie sollen abwarten. Wir sind bald auf Tour und dann geht’s rund. Sie sollen alle kommen und dann trinken wir noch ein Bierchen hinterher.
F-R:
Eins oder mehrere?
Uwe:
Mehrere, natürlich. (Anm.: Woher kenne ich das bloß?)
Ich danke dir für das Interview.
Mike von FFM Rock
© Foto 2005 Sylvia Hoidn