EXISTENT
Mailer vom 07.07.21
Interviewpartner: Jonas Mensing (b., 1. v. li.)
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EXISTENT
FFM-Rock:
Moin Jonas, meinen Glückwunsch zur überaus gelungenen neuen EP „Kartenhaus“. Da ich denke, dass es viele Leute gibt, die euch nicht auf dem Schirm haben, möchte ich dieses Interview dazu nutzen, mal näher auf euch als Band einzugehen. Bevor wir hier gleich eure Musik näher beleuchten, stelle doch bitte EXISTENT und eure Historie zunächst einmal vor.
Jonas:
Moin Mike, ja… Vielen Dank für die Einladung zum Gespräch und die Blumen direkt am Anfang. Wir sind EXISTENT, eine eigentlich vierköpfige, aktuell leider Mal wieder dreiköpfige Band aus Hamburg, die mit modernen deutschsprachigen Texten und harten Metal- & Rockgitarren mittlerweile doch seit einigen Jahren durch die Republik zieht. Entstanden ist die Band im Endeffekt aus der Freundschaft zwischen Julian, Marcel und mir - anfangs noch mit mehr Gitarren - und die Lust Musik zu machen. Die Schlagzeuger wechselten über die Jahre, sodass wir nach unserem Debüt Album eine Weile gebraucht haben, um uns zu sammeln, jetzt aber mit “Kartenhaus” eine neue EP mit 5 Songs am Start haben.
FFM-Rock:
Der Bandname EXISTENT hat mit Sicherheit eine tiefere Bedeutung. Wenn dem so ist, welche wäre das in eurem Fall?
Jonas:
Tjaaaa, machen wir es kurz. Der Name hat keine sonderlich tiefe Bedeutung. Wir haben am Anfang immer Mal den Bandnamen gewechselt und nicht das richtige gefunden. Dann stand ein größerer Gig sowie die Aufnahme der ersten Songs im Studio an und da mussten Nägel mit Köpfen gemacht werden. Es war eine endlose Diskussion - das ist das Ergebnis.
FFM-Rock:
Nach bislang einer EP („Ein neuer Weg“, 2013) und eurem Debütalbum „Startschuss“ (2016) folgt mit „Kartenhaus“ eine 5-Track EP. Gab es irgendwelche speziellen Gründe sich für die Veröffentlichung einer EP und nicht für einen neuen Longplayer zu entscheiden?
Jonas:
Seit 2016 ist einige Zeit vergangen und bei uns ist auch einiges passiert, dass man so als außenstehender nicht so unbedingt sieht (Studium abgeschlossen etc.) und da wollten wir uns lieber jetzt mit ein paar Songs melden, als später erst mit einem ganzen Album. Denn das ist definitiv in Planung und auch schon in Arbeit.
FFM-Rock:
Sprechen wir weiter über „Kartenhaus“. Stilistisch deckt ihr hier neben dem Deutschrock, auch die Punk-, Metal- und Alternative-Ecke ab und hebt euch somit von vielen anderen deutschsprachigen Bands ab. Ohne eure bisherigen Veröffentlichungen zu kennen nun meine Frage: wenn überhaupt, in welcher Form unterscheiden sich eure Alben zueinander?
Jonas:
Die Songs der ersten EP waren auf dem ersten Album mit drauf, sodass sich hier nur der Mix unterscheidet. Die EP war ein Stück weit roher, die Vocals rotziger. Das Album war dann sehr rockig, auf jeden Fall Punk mit drin und hier und da Mal ein metallischeres Riff.
Das haben wir bei “Kartenhaus” deutlich ausgebaut. Also im Vergleich zu den alten Songs, knallt es jetzt teilweise ganz schön und das Tempo wurde erhöht. Die Entwicklung verläuft da schon auch in die Richtung, wie wir selbst auch Musik hören. Ich war schon immer eher im Metal-Bereich unterwegs, aber musikalisch hat es sich bei uns insgesamt schon eher in die härtere Richtung entwickelt. Dadurch dass wir bei der Produktion nicht auf das Geld geguckt haben, konnten wir die härtere Gangart ganz gut in ein modernes Gewand aus Rock und Metal packen, denke ich.
FFM-Rock:
Ihr greift in euren Texten nicht nur sozialkritische Themen oder globale Geschehnisse auf, sondern verbaut hier auch mal ein politisches Statement. Früher war das beim Songwriting eher verpönt, heute greift dies gerade bei jüngeren Bands mehr und mehr um sich. Was sind die Gründe sich in euren Texten politisch zu positionieren?
Jonas:
Mit dem Alter kommt die Erkenntnis. Spaß beiseite. Bei Musik ist es ja die eine Sache, wenn man sich als Band auf eine Position einigt, aber eine andere Sache ist, das Ganze dann in einem Text mit recht limitierter Länge an Text, wenn der Song nicht 10 Minuten lang werden soll, mit passender Musik auszudrücken. Ich denke, dass wir mittlerweile einerseits andere Dinge im Kopf haben als mit 18 und andererseits natürlich auch mehr Übung darin bekommen, uns in den Songs auszudrücken. Ob das nun verpönt ist oder war, kann ich nicht sagen, da haben wir uns jetzt nicht so die Gedanken drum gemacht. Wir haben vorher gutes und schlechtes Feedback bekommen und jetzt auch. Wobei “politische” negative Kommentare meistens deutlich unterhaltsamer sind als “normale”.
FFM-Rock:
Das Thema Film oder Video ist aktuell wieder ein gern gewähltes Medium, um ein neues Album vorzustellen. Ihr habt bislang zu drei der fünf neuen Stücke jeweils Musikvideos gedreht und veröffentlicht. Für eine eher kleinere Band doch ein schon größeres Vorhaben. Erzähl doch bitte mal etwas zu den Videos?
Jonas:
Ja genau, drei Singles, drei Videos. Die Videos zu “Kartenhaus” und “Tick Tack” haben wir in der Kulturwerft Gollan in Lübeck gedreht, wo auch ALLIGATOAH und SANTIANO ein Video gedreht haben, wie wir festgestellt haben. Ausgearbeitet und erdacht wurde das Ganze dann von Marcel und Finn. Gefilmt und geschnitten wurde ebenfalls von Finn, der an allen unseren Musikvideos bisher entscheidend mitgewirkt hat. Die beiden Drehs waren für uns sehr aufwendig mit knackigem Zeitplan, da wir nur 48 Stunden zum Drehen hatten und gerade bei “Tick Tack” diverse Kulissen und Statisten untergebracht werden mussten. Später haben wir im WilhelmsRock bei Lars “Vegas” Ide in Hamburg Wilhelmsburg ganz coronakonform noch das Musikvideo zu “Im freien Fall” gedreht. Hier waren wir tatsächlich nur zu viert, da alles andere angesichts der Pandemie Quatsch gewesen wäre. Das war dann natürlich etwas beschaulicher, da wurden entspannt 20 Quadratmeter Vorhang gebügelt, Croques gegessen und nebenbei dann tatsächlich auch ein Video gedreht, da dieses bewusst schlicht gehalten wurde, um die Statements im Song zu unterstreichen.
FFM-Rock:
Müsste ich jetzt einen Anspieltipp aus eurer neuen EP nennen, wären das ohne Umschweife der Titeltrack „Kartenhaus“ und „Im freien Fall“. Welche, sagen wir mal, zwei Stücke würdest du hierzu empfehlen und erkläre bitte auch gleich mal warum?
Jonas:
Hmm, ja also da die beiden ja jetzt quasi raus sind… entscheide ich mich für “Tick Tack” und “Panik”. “Tick Tack” ballert einfach vom Riff her, hat eine ernstes Thema als Hintergrund, das vermutlich immer mehr Menschen beschäftigt - einmal aus der persönlichen Perspektive (Leistungsdruck, Stress, Burnout) und aber auch aus gesellschaftlicher Perspektive; wir müssen immer höher, größer, schneller, weiter. Aber geht das? Wachstumsdruck aber eher auf das Thema Umwelt bezogen, sprechen wir ja auch bei “Kartenhaus” an.
“Panik” ist da ein bisschen lockerer unterwegs, sowohl musikalisch als auch mit einem Augenzwinkern beim Text - bei dem der Songname Programm ist, aber eher rockig, vielleicht sogar punkig klingt.
FFM-Rock:
Ein Thema möchte ich in diesem Interview auch ansprechen und das ist die für „Kartenhaus“ gelungene Produktion. In eurer Bio liest man, dass ihr in der Vergangenheit Songs unter der Federführung von Alex Henke (u. a. DARK AGE, WIRTZ, DIE KRUPPS) und Leon Christen geschrieben und produziert habt. Wie lief das jetzt bei und für „Kartenhaus“ ab?
Jonas:
Ja, da haben Alex und Leon im Mastering ganz gut aus unserem Geschrammel gezaubert. Bei Alex im alten Studio haben wir unsere erste EP sowie das erste Album aufgenommen. Da geisterte dann auch ein Leon rum, der dann insbesondere bei “Kartenhaus” häufig an den Reglern saß. Das sind auf jeden Fall auch zwei Personen, die uns über die Jahre unterstützt und gefördert haben. Küsschen gehen raus an die beiden! Insbesondere dadurch, dass Alex einem ganz klar sagt, wenn er was scheiße oder gut findet, nehmen die Songs im Studio dann teilweise noch Mal eine ganz andere Gestalt an, als sie vorher im Proberaum hatten.
FFM-Rock:
Auch wenn seit Monaten keine Konzerte mehr stattfanden, aber irgendetwas in dieser Richtung gibt es immer. Wie all meine Interviewpartner bekommst auch du die Pleiten, Pech und Pannen-Frage gestellt. Kannst du bitte mal eine Anekdote, am besten natürlich unveröffentlicht, von einem Konzert oder aus dem Proberaum zum Besten geben?
Jonas:
Nun es gibt da einen Auftritt in einer hier nicht näher benannten Stadt, bei dem sich einiges ereignet hat. Es beginnt damit, dass wir nach dem Auftritt in einer Bar freundschaftliche Bande zu den Ansässigen knüpfen wollten, bis ein nicht näher benannter Mensch aus unserem Umfeld sich dazu entschloss, sechsmal seinen Mageninhalt in der Bar und später mehrfach davor zu verteilen. Später entstand im Hotel ein kleines freundschaftliches Handgemenge um den besten Schlafplatz, bei dem dann plötzlich der Sessel auf einem ebenfalls nicht näher benannten Menschen aus unserem direkten Umfeld saß.
FFM-Rock:
So, dann sind wir auch schon am Ende der Fragerei. Zum Schluss bitte noch einige persönliche Worte an unsere Leser und eure Fans.
Jonas:
Noch Mal vielen Dank an dich für die Einladung, bleibt alle geschmeidig und gesund. Schaut gerne Mal bei uns auf Spotify, Instagram oder YouTube vorbei!
Danke für das Interview und alles Gute für die Zukunft!
Jonas:
Das wünsche ich dir auch! Hoffentlich bis bald!
Mike von FFM-Rock Foto by Finn Koelln