CUSTARD

11 Custard Inti

Mailer vom 17.11.21
Interviewpartner: Chris Klapper (dr., rechts)

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CUSTARD

FFM-Rock:
Moin Chris, Glückwunsch zum neuen Album „Imperium Rapax“. In der Vorbereitung zu den Fragen hier habe ich unser letztes Interview aus 2013 zu „Infested By Anger“ überflogen. Ich bin entzückt, wir beginnen mal ohne das Thema Personalwechsel. Dann starten wir diesmal mit der Zeitspanne zwischen „A Realm Of Times“ und „Imperium Rapax“. Wieder die üblichen 4-5 Jahre bis zum Release eines Nachfolgealbums. Komme mir jetzt nicht mit einem Spruch wie „Mit Traditionen soll man nicht brechen“ *lach*. Gibt es eine andere Erklärung dafür?

Chris:
Moin Mike, Dankeschön. Es hat ja immer was „Festliches“, wenn man ein neues Baby veröffentlicht. Und weil das bei uns ja vergleichsweise selten der Fall ist freuen wir uns um so mehr. Erstaunlicherweise gab es bei uns schon lange keine Besetzungswechsel, das stimmt. Vermutlich liegt das daran, dass wir inzwischen relativ entspannt arbeiten, nicht mehr „alles“ machen wollen und jeder genug Zeit für seinen privaten Kram, oder andere Projekte, hat. So ist es auch zu erklären, dass wir an neuen Songs nicht verbissen schreiben, sondern die Ideen kommen lassen. Das kann mal fix gehen, aber auch mal ein paar Monate dauern bis ein Song wirklich rund ist. Böse Zungen würden jetzt sagen, dass wir stinkfaul sind… objektiv betrachtet sind wir das wohl auch meistens.

FFM-Rock:
Themenbezogene Alben sind fast schon charakteristisch für CUSTRAD. Diesmal geht es über das römische Imperium. Das sind mehrere 100 Jahre Zeitspanne mit einer verdammt großen Flächenausdehnung. Auf was habt ihr euch inhaltlich beschränkt?

Chris:
Stimmt, diese Konzepte spielen uns echt gut in die Karten. Wir schreiben ja eher selten ganz platte Songs a la Sex, Drugs, Party all night. Hier haben wir beim letzten Album ja tatsächlich interessante Stories im Märchengewand gefunden, das war schon sehr speziell, aber sogar das hat funktioniert. Mit dem Römischen Reich hatten wir natürlich jetzt sehr viel Material, was perfekt unseren Anforderungen entsprach. Kampf, Revolution, Schlachten… Power Metal Herz, was willst du mehr. Das Material hätte sicher für 10 Alben gereicht, aber wir haben uns bemüht die Story rund zu machen. Heißt: von Romulus und Remus bis zum Abfackeln durch Nero haben wir uns ein paar markante Stories rausgesucht und vertont. Mit Quo Vadis ist auch noch mal schön „ein Strich drunter“ gekommen. Dir ist bestimmt aufgefallen, dass die Stories sogar chronologisch stimmen, oder? Natürlich!

FFM-Rock:
Na aber klar doch *hüstel*.
Musikalisch seid ihr euch weitestgehend treu geblieben. Oder gibt es für den Fan doch ein paar hörbare neue Finessen zu entdecken?

Chris:
Wir haben ja nun schon eine recht lange Bandgeschichte und unseren ureigenen Stil. Hier kann man natürlich erwarten, dass wir uns nicht komplett neu erfinden. Wir entwickeln uns halt organisch weiter. Es gibt keinen Masterplan und kein Reißbrett. Man kann sehen, dass der Trend quasi „weniger HappyMetal“ und eher vielschichtige Kompositionen aufweist. Man munkelt, die Songs klingen zunehmend erwachsen - aber das sollen andere Leute beurteilen. Es ist ja nicht so, dass wir uns eine Fanbase erarbeiten müssen und daher das abliefern, was „der Fan“ möchte, sondern wir machen das, was wir uns so vorstellen und freuen uns, wenn es ein paar Leute gibt, die das gern hören mögen.

FFM-Rock:
Schaut man das Artwork des Frontcovers an und beschäftigt sich mit dem Sound auf „Imperium Rapax“ merkt man sofort wieder, dass da wo CUSTARD drauf steht auch CUTARD drin ist. Alles bei Alten oder wurden beim Zeichner und der Produktion etwas geändert?

Chris:
Wir haben beim Cover jetzt erstmalig mit Augusto zusammengearbeitet und sind mit der Umsetzung unserer Ideen sehr zufrieden. Das waren wir aber zuvor ebenso, es gibt echt viele gute Künstler. Der Kontakt kommt hier meist über unser Label zustande, ich denke, die wissen inzwischen was wir wollen und wie wir ticken. Bei der Produktion sind wir hier weniger offen- da haben wir schon sehr genaue Vorstellungen mit wem wir arbeiten wollen. Das ist quasi mein Steckenpferd und ich kann echt super mit Thanos arbeiten und wir verstehen uns inzwischen blind. Der Mix passiert in seinem Studio in England und daran arbeiten wir über Wochen (eher Monate) in sehr enger Zusammenarbeit. Da muss die Chemie schon stimmen. Er ist schon beinahe ein weiteres Bandmitglied geworden und bringt sich kreativ und mit Herzblut in die Produktion ein. Das Ergebnis ist ohne Kompromisse und spricht für sich, denke ich.

FFM-Rock:
Kurze Nachfrage an dieser Stelle zu einem kurzen von euch geposteten Video-Mitschnitt zum Stück „Children Of The Wolf“ aus dem Studio. Was war da passiert?

Chris:
Das war ein zufällig dokumentierter Zwischenfall beim Mix des Songs. Er hat natürlich ein verdammt potentes Studio-Setup und einen Monster Rechner zum Mixen. Dennoch hat der klein beigegeben, wenn hier die „Legionen“ ins Spiel kommen. Wir haben hier nicht auf Samples oder künstliche Quellen zurückgegriffen, sondern tatsächlich viele, viele Spuren aufgenommen um diese fetten Shouts der Legionäre und Gladiatoren zu erzeugen. Viele Spuren, viele Effekte, ergeben viel benötigte Rechenleistung. In dem Fall: zu viel für den Prozessor.

FFM-Rock:
Während ich hier die Fragen formuliere habt ihr mit „Blood And Sand“ eine erste Vorabsingle als Audio-Stream veröffentlicht. In Zeiten der audiovisuellen Darstellung durch die langanhaltende, C-bedingte Konzertpause nutzen viele Bands dahingehend das Medium Video Clip. Wie schaut es bis zum Albumrelease dahingehend bei euch aus?

Chris:
Richtig, wir haben ja auch zum letzten Album einen Videoclip gedreht („Queen of Snow“). Das war tatsächlich Neuland für uns und wir haben naturgemäß auch kein großes Budget für die Aktion gehabt. War ganz lustig und das Ding wurde auch recht viel angeschaut, allerdings haben wir es damit nur mäßig geschafft den geplanten Spagat zwischen „Bierernst“ und „Augenzwinkern“ umzusetzen. Wir möchten schon Geschichten erzählen und nicht nur stumpf unser Zeug spielen während die Kamera läuft. Das haben wir auch zum aktuellen Album wieder getan- wieder mit überschaubarem Budget, allerdings diesmal mit etwas Erfahrung vom letzten Video und einem Haufen echt guter Freunde. Ohne das Engagement von diesen Freunden wären wir gar nicht in der Lage ein sehenswertes Video zu produzieren, entsprechend dankbar sind wir dafür.
Das Video zu „Morituri te Salutant“ wird ab dem 17.11. zu sehen sein.

FFM-Rock:
Für euch sicherlich kein Thema mehr, aber dennoch stelle ich die Frage. Neben Club Shows und Auftritten auf kleineren Festivals wäre es doch mal wieder Zeit für eine Support-Tour wie damals bei SABATON oder RAM. Würdet ihr heute einen ernsthaften Gedanken daran verschwenden, wenn ein solches Angebot reinflattern würde?

Chris:
Wir spielen ja durchaus gerne Live und man munkelt, wir könnten unser Zeug auch ziemlich überzeugend auf die Bretter bringen. Nun müssen wir immer sehen, dass wir das nicht hauptberuflich machen, sondern unsere Freizeit investieren. Machen wir auch gerne, aber all die Zeit, die wir in die Band investieren -und das ist eine Menge!- die fehlt an anderer Stelle. Wir haben alle Partner/Familien, die das alles mittragen müssen. Wenn du 6 Wochen Urlaub im Jahr hast und davon 3-4 Wochen mit den Jungs über die Bühnen tingelst, dann geht das sicher mal, im Ausnahmefall, aber nicht oft. Ist also sicher im Einzelfall einen Gedanken wert; wir sind für entsprechende Angebote offen und dankbar.

FFM-Rock:
Wir kennen uns jetzt seit über 15 Jahren, haben dabei auch einiges zusammen erlebt. Ich denke da z. B. an Oscars SpongeBob-Fernsehabend mit meinem damals 11-jährigen Sohn vor dem SABATON-Konzert 2006 in Frankfurt. Gibt es nach all der langen Zeit mit CUSTARD eine Sache die du gerne noch einmal erleben und eine, die du auf keinen Fall noch einmal durchmachen möchtest?

Chris:
Jaaa, die Tour mit SABATON war da schon ein ziemliches Highlight. Wir waren ja tatsächlich zusammen mit nur einem Nightliner unterwegs, das war schon sehr speziell. Hat absolut super gepasst, die sind genauso bekloppt wie wir und wir hatten mordsmäßig Spaß. Selbst der Tourbus-Fahrer hat gesagt, dass er sowas noch nie erlebt hätte; und er hat schon viel erlebt! Abgesehen davon, dass wir vermutlich Vergleichbares heute körperlich gar nicht mehr durchstehen würden (Stichwort: 2 Wochen Dauer-Suff) würde ich das schon gerne noch mal so intensiv machen wollen. Wacken war natürlich auch ein geiles Erlebnis für uns, aber auch kleinere Festivals spielen wir super gerne. Sicher gibt es zwischendrin auch mal nicht so tolle Erlebnisse, die wir nicht zwingend noch mal brauchen. Das sind meistens schlecht organisierte Gigs, wo dann -aufgrund der schlechten Orga- alle Beteiligten unzufrieden sind und alle mit mieser Laune rumlaufen. Hier wäre es aber unfair ein konkretes Beispiel zu nennen. Meist machen die Organisatoren das ja auch nicht hauptberuflich und halt einfach „so gut sie können“. Das ist auch meist echt prima, aber manchmal reicht es eben nicht.

FFM-Rock:
Diese Frage kannst du vielleicht ja noch. Es geht wieder die sensationslüsterne Frage nach den Pleiten, Pech und Pannen. Kannst du bitte mal eine Anekdote, am besten natürlich unveröffentlicht, von irgendeiner Show oder aus dem Proberaum zum Besten geben?

Chris:
Haha, ja, ich bin ein alter Mann und hab schon mehr verdrängt, als viele andere überhaupt erleben werden. Zack, 5€ ins Phrasen-Schwein. Im Ernst: das reicht natürlich von zusammenbrechenden Drumhockern während der Show bis zu Festivals, bei denen die Anzahl der Dixi-Klos die Anzahl der Besucher um das 50-fache überstieg, bis hin zu überbelegten Zimmern, die wir nur mit harten Worten und ein paar Ohrlaschen „verteidigen“ konnten. Immer auch gern erzählt ist der Fall, dass wir mit dem Bandbus unterwegs waren und es leider versäumt hatten, die Fahrer-Frage für die Rückfahrt zum Hotel zu klären. Irgendwann spät nachts sollte der Club schließen und wir saßen alle im Bandbus; leider keiner auf dem Fahrersitz- und alle waren voll wie die Kesselflicker. Irgendwie konnte das nach hitzigen Diskussionen geklärt werden und der Veranstalter hat sich erbarmt. Ich glaube alleine mit der Frage könnte ich ein Buch schreiben und den einen oder anderen Comedy-Preis abräumen. Lassen wir es lieber gut sein.

FFM-Rock:
So, dann sind wir auch schon am Ende der Fragerei. Zum Schluss bitte noch einige persönliche Worte an unsere Leser und eure Fans.

Chris:
Das Zine heißt FFM-Rock und wir haben in den letzten Jahren nicht in der Nähe von FFM gespielt. Das tut uns echt leid und das muss sich schnell ändern. Der Mike hält bestimmt auch ein Auge drauf und sobald was passendes auf dem Tisch liegt sind wir bei euch. Solange würde es uns echt freuen, wenn Ihr unsere Kanäle (FB/YT/Web/Twitter/…) im Auge behaltet und mal ein Ohr in unser neues Zeug werfen würdet. Und natürlich ganz wichtig: egal auf welches Konzert ihr bald geht… wenn ihr es könnt, dann kauft den Bands etwas Merchandise ab. Die haben jetzt lange keine Einnahmen gehabt und nicht/kaum gemeckert.

Danke für das Interview und alles Gute für die Zukunft!

Mike von FFM-Rock                                                                                                           Foto by Janine Ulbrich