FERDY DOERNBERG
Mailer vom 12.07.10
Interviewpartner: Ferdy Doernberg (voc, slide-guitar, keyboards u. s. w.)
Homepage:
www.ferdydoernberg.de
F-R:
Moin Ferdy, wenn auch etwas spät, aber besser spät als nie. Du hast mit „Travelling Light“ im Februar 2010 dein 4. Studioalbum veröffentlicht, was mir nach „…‚Till I Run Out Of Road“ (2006) auch sehr gut gefallen hat. Mein persönlicher Eindruck ist beim neuen Werk, dass es etwas tiefsinniger und persönlicher ausgefallen ist, als noch sein Vorgänger. Wie stehst du persönlich zu beiden Alben im Direktvergleich?
Ferdy:
Danke sehr - da freue ich mich, dass Dir die CD gefällt. Ich denke, dass das Coverartwork bereits ein Spiegel der Atmosphäre der Platte ist, die - im Gegensatz zum eher „ländlich geprägten“ Vorgänger „…`till I run out of road“, der mehr eine Mischung aus Folk-Rock, Brit-Pop und Singer/Songwriter-Material war – meiner Meinung nach ein gewisses Großstadt-Flair aufweist - wohl auch dadurch bedingt, dass Teile der neuen CD in New York aufgenommen wurden (ja, das is auch New York auf dem Cover!), was einen ziemlichen Einfluss hatte. So finden sich auf der neuen CD neben vielen Elementen des Vorgängers auch Jazz- und Soul-Einflüsse, die es so auf dem Vorgänger eher nicht gab. Auch ist die neue Platte deutlich dynamischer – es gibt mehr wirklich leise Momente und im Gegenzug dazu aber auch deutlich lautere und härtere Parts als auf dem Vorgänger. Auch die Trompete und das akustische Piano und haben deutlich mehr Raum und Funktion als auf „…`till I run out of road“. Ich denke, das ist dafür verantwortlich, dass die CD in einigen Reviews die als sehr "amerikanisch" empfunden wurde. Ich persönlich denke aber immer noch, dass es auch viele britische Momente auf der CD gibt – so habe ich nach wie vor viele klassische Modulationen und „Beatles-Harmonien“ benutzt und meine Vorbilder an der – natürlich eher amerikanisch geprägten – Slide-Gitarre sind dann auch oft eher Engländer oder Iren wie z.B. David Gilmour, George Harrison, Chris Rea, Rory Gallagher und natürlich Jeff Beck, der auch einer meiner Haupteinflüsse als „Nicht-Slide-Gitarrist“ ist, als viele der – natürlich auch großartigen - Bluesleute. Ich denke, auch in den Texten ist sehr viel britischer Humor und Sarkasmus enthalten. Ich bin ja auch Halb-Engländer und denke, das sollte ich auch nicht verleugnen und nicht versuchen, „Coca-Cola nach Amerika zu verkaufen“.
F-R.:
Schaut man sich deine Texte genauer anstellt man fest, dass du persönlich erlebtes, deine Gedanken und Meinungen, aber auch viel von dir selbst Preis gibst. Sind deine Songs und Alben ein Thema, dein Leben und Wirken nach außen zu tragen?
Ferdy:
Das stimmt. Speziell bei meinen Soloalben sind die Texte sehr wichtig und für mich persönlich haben sie noch mehr Priorität als die Musik - wobei ich die natürlich auch nicht vernachlässige... Mir ist sehr wichtig, dass die Texte authentisch und "echt" sind und habe deshalb auch schon einige durchaus gelungene Songs nicht mit auf die CD genommen, weil sie nicht wirklich meinen aktuellen Stand im Leben widerspiegelten.
Laß´ mich ruhig mal auf einige Texte zu sprechen kommen:
“Keep me in your heart when I´m gone” handelt natürlich auf den ersten – und durchaus so gemeinten - Blick von mir selbst und meinem Leben als Musiker. Es ist gedacht als letztes Stück des Abends und ich bedanke mich beim Publikum für die kurze Zeit, die oft durchaus eine gewisse Intimität mit sich bringt, bevor die Lichter ausgehen und ich in die nächste Stadt fahre. Das kling vielleicht etwas nach Klischee – aber es gibt noch einen anderen Hintergrund für den Song: Vor 1 ½ Jahren hatte ich den Verdacht auf einen Darmtumor und ich schrieb den Song genau in dieser Zeit bevor ich das zum Glück entwarnende Ergebnis bekam. Die Zeile “....when I´m gone” in „Keep me in your heart when I´m gone” heisst also sowohl “wenn ich weitergefahren bin in die nächste Stadt” als auch “...wenn ich gestorben bin”. Und welcher Künstler wünscht sich nicht, dass ihn zumindest einer seiner Songs „überlebt“?
„Along the road“ macht genau da weiter und beschreibt mein Leben als reisender Musiker. Geschrieben wurde der Text im Van von Springfield, West Virginia nach Cleveland auf der USA Tour mit Uli Jon Roth und der Text ist zu 100% authentisch.
„Jugband“ stellt einen von mehreren Songs der Abrechnung mit dem Musikbusiness dar. Ich bin der Meinung, dass es nicht wirklich eine schlechte Sache ist, dass das Musikbusiness derartig den Bach runter geht, da sich das Ganze a) verselbstständigt hat und sich b) hinterher die Spreu vom Weizen trennen wird – d. h. wer in der Lage ist, ohne viel Technik, Tourbus, Crew und Aufwand live zu spielen und sich auch nicht zu schade ist, sein Equipment selbst aufzubauen, wird auch weiterhin spielen können, da es immer Musik geben wird – die selbsternannten „Rockstars“ und vor allem die „Businessparasiten“ hingegen werden es nicht mehr ganz so leicht haben. Jugbands waren die Straßenmusiker zur Zeit der großen Depression in den 20er und 30er Jahren.
„Integrity“ – „I officially declare myself an enemy of the music business“ – klarer geht´s ja kaum – oder? Hier geht es neben den oben erwähnten Punkten auch noch darum, dass in den größeren Medien alles nur noch auf Bestechung (z.B. durch das Buchen von Anzeigen) basiert und nicht mehr auf der Qualität von Musik. Aber ich denke, auch dieser Text müsste für sich selbst sprechen – oder?
Muskalische Gäste waren hier Michael Hankel und Sabina Classen von Holy Moses – beides sehr gute Freunde von mir. Mit Holy Moses habe ich viel live gespielt und für ihr letztes Album – ein Konzeptalbum – auch viele Zwischenspiele komponiert und gespielt.
Wie vorhin schon gesagt, bin ich der Meinung, dass die Krise im Musikbusiness nicht wirklich nur etwas Schlechtes darstellt. Natürlich gibt es deutlich weniger Unterstützung seitens der Plattenfirmen - aber ich bin sowieso ein großer Fan des "Do-it-yourself-Prinzips". Dafür sind sich viele gerade im Metal-Bereich zu fein - aber mit meinen Solosachen fahre ich auch jedes Wochenende irgendwohin, baue meinen Kram selbst auf, spiele die Show, baue selbst wieder ab und fahre zum nächsten Gig. In Amerika ist das - außer bei den ganz großen Acts - gang und gäbe - aber hier haben alle noch diese Business-Brille auf und wenn man dann zu einem Konzert geht und 2 Nightliner vor der Tür stehen, im Club ungefähr 20 Leute mit Tourpässen rumstehen aber nur 40 zahlende Gäste, dann fragt man sich doch, wie zur Hölle sich das denn finanzieren soll!!! Da wird es in den nächsten Jahren ein großes Umdenken geben müssen. Das Musikbusiness, wie es jetzt existiert, wird sich gehörig verändern unter anderem wegen des Internets. Das wird von allen bejammert - ich sehe das aber eigentlich als eine gute Sache an, da sich damit auch die Spreu vom Weizen trennen wird.
Dieses Überangebot, das wir zurzeit haben, ist doch Wahnsinn. Jeden Monat erscheinen ungefähr 350 CDs zum Beispiel nur im Metal-Bereich - wer soll denn das alles kaufen? Und das Schlimme daran ist, dass die Hälfte der Bands nur Plastik sind. Projekte, bestehend aus 2 Typen und einem Drumcomputer, die sich fürs Photo ein paar Langhaarige dazugenommen haben, brav das obligatorische Schwert hochhalten und natürlich nie auch nur ein einziges Konzert gespielt haben.
Die wirklich guten und talentierten neuen Bands gehen zwischen diesen ganzen Retortenbands natürlich unter, wenn sie nicht wirklich viel Glück bzw. viel Geld in der Hinterhand haben.
F-R.:
Beschäftigt man sich näher mit deiner Bio, stellt man schnell fest, dass du die musikalischen Gene von deinen Eltern gerbt zu haben scheinst und schon im frühen Kindesalter mit diversen Musikinstrumenten in Berührung kamst. Was hat dich musikalisch am meisten geprägt?
Ferdy:
Ja klar mein Dad - auf jeden Fall - zumindest als Kind und Jugendlicher.
Später natürlich Tausende von Platten - frei nach Bruce Springsteen : "...We learned more from a three-minute record, baby, than we ever learned in school.........!"
Ansonsten denke ich, dass man als Musiker bzw. als Mensch generell niemals aufhören sollte, neuen Einflüssen gegenüber offen zu sein und eigentlich immer lernwillig bleiben sollte. Ich habe von so ziemlich jedem Musiker, mit dem ich gearbeitet habe, etwas gelernt - manches Mal im positiven Sinne - oft aber auch im negativen!!!
F-R.:
Beachtlich ist auch deine persönliche musikalische Historie. Du hast jetzt bereits auf über 150 Alben mitgewirkt. Mit welchem Genre fühlst dich am tiefsten verbunden?
Ferdy:
Ach weißt Du, es kommt ja nicht nur auf den Stil an. Manchmal wird man zum Beispiel für einen Studiojob mit einer völlig coolen Metalband gebucht - freut sich auch sehr darauf - und dann entpuppen sich die Musiker bzw. die Studiocrew als Arschlöcher und man selbst hat auch nicht viel Interessantes zu spielen außer ein paar Akkorden im Hintergrund, die dann auf der CD eh kaum zu hören sind. Im Gegensatz dazu hat man halt manchmal Sachen, wo man vorher denkt: "Na ja - muss ich das wirklich machen?" - fährt dann da hin und die Leute sind super und hochprofessionell und musikalisch ist es viel anspruchsvoller als erwartet. So geschehen im Fall Carpendale, der a) ein super-angenehmer und intelligenter Kollege ist, b) mit hervorragenden Musikern wie z.B. Frank Itt von u. a. Terence Trent d´Arby (den übrigens Johnny von ARP heiß verehrt!) zusammenarbeitet und den ich seitdem sehr schätze. Er ist ja auch kein "Schlagersänger" sondern eher das, was man in den USA einen Entertainer nennen würde. Ich war auch ein paar Mal zu Gigs von ihm eingeladen und das ist auch live qualitativ sehr gut. Ähnlich war´s mit Emma Bunton von den Spice Girls - da hatte ich auch eigentlich nicht so richtig Bock drauf und dann war´s richtig cool, da Emma eine wirklich gute Musikerin ist und menschlich absolut klasse und "down to Earth" und ich das Material ihrer Soloplatten inzwischen auch sehr gut finde. Ich bin stilistisch sowieso sehr offen und denke, dass es in jedem Genre gute und schlechte Sachen gibt. Nur mit Techno habe ich mich noch nie wirklich anfreunden können. Aber selbst vor Hip Hop habe ich keine Berührungsängste - als wir mit Axel in Bulgarien gespielt hatten, spielte auch Busta Rhymes und Mike Terrana und ich sind nur mal kurz gucken gegangen und dann den ganzen Gig über dageblieben, weil es einfach eine perfekte Show war - gerade im rhythmischen Bereich. Das Scratchsolo war im Prinzip nichts anderes als ein Schlagzeugsolo und Mike und ich waren echt begeistert.
Mit den ganzen Deutschen Hip-Hoppern kann ich aber weniger anfangen - das ist mir ein bischen zu aufgesetzt. Hier in Deutschland brennen nun mal keine Mülltonnen auf der Strasse....................
Meine erste Band war ja eine "Ramones-artige" Punkband und spätestens nach Anthrax´ "Among the living" , die ja viele NYC-Hardcore-Elemente beinhaltete, was ja in der Szene nicht unumstritten war damals, hatte ich auch die anderen Original-Rough Silk-Mitglieder auf den Geschmack der Verbindung von Hardcore und Metal gebracht. Bei uns gab es dann natürlich zusätzlich klassische Klavierparts, Slidegitarren und allerlei untypisches Zeug, so dass wir die beiden Bandnameneckpunkte "Rough" und "Silk" in extreme Kontraste umsetzten, was uns zwar eigenständig sein ließ, aber natürlich auch vielen Leuten zu sperrig und nicht kategorisierbar genug war.
Ich höre privat fast alles von Jazz über FolkBlues/Singer-Songwriter-Sachen bis hin zu Punkrock und wirklich hartem Zeug. Ich habe auch kein Problem mit gutgemachter Popmusik. Wenn Metal, dann höre ich persönlich eher wirklich harte Musik wie z.B. Trash, Hardcore und Death Metal - ich finde, dass Metal eine Stilrichtung ist, die mit (durchaus positiver) Aggression zu tun hat und irgendwo "wehtun" muss - deshalb kann ich mit dem, was heute Powermetal genannt wird, auch nicht ganz so viel anfangen. Für mich sind das oft eher Schlager oder Kinderlieder mit Doppelbass darunter. Die klassischen US-Powermetalbands wie z. B. Armored Saint, Omen, Vicious Rumors oder Lääz Rockit meine ich damit aber nicht - das war eine ganz andere Baustelle und eben wirklich coole Bands! Natürlich liebe ich auch nach wie vor die ganzen klassischen Alben der NWOBHM, klassischen Hardrock und auch die ganzen großen Ami-Bands der 70er und 80er.
Aber in diesem Bereich kommen irgendwie keine interessanten neuen Bands mehr zu Tage.
Ich finde, dass die interessanteren neueren Alben eher aus dem Bereich Hardcore (z.B. die letzte Agnostic Front, die neue Sick Of It All oder Bloodclot!), Thrash (die letzte Slayer-CD, Testament und die letzte Machine Head waren z.B. der Hammer!) und Death-Metal (z. B. die letzten CD´s von Cannibal Corpse und Deicide) oder sogar von New-Metal-Bands wie Linkin Park, die wirklich gute Songs schreiben, kommen.
Wenn man heute guten melodiösen Hardrock hören möchte, muss man sich ja eher bei den ganzen moderneren Countryrock-Leuten aus Nashville wie z.B. Toby Keith, Dierks Bentley, Montgomery Gentry oder Big & Rich umhören - nicht umsonst sind ja viele Musiker aus der alten LA - Szene inzwischen nach Nashville ungesiedelt und spielen heute auf eben diesen Platten - z. B. Dann Huff von Giant. Die meisten alten Hardrockbands bringen - wenn es sie überhaupt noch gibt - ja nur noch wirklich schlechte Alben heraus oder veröffentlichen alte Demos mit Drumcomputer als "neue CD" um die Kassen mal wieder etwas aufzufüllen. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel (wie z. B. die neue Honeymoon Suite-CD oder die letzte Stan Bush-Scheibe.
To make a long story short: Ich bin - was Musik angeht - ziemlich offen und habe eigentlich gar keine "Lieblingsmusikrichtung".........
F-R.:
Auf „Travelling Light“ sind wieder viele verschiedene Musiker und Wegbegleiter von dir am Mitwirken. Gibt es selbst gestellte Vorgaben, wen du auf deinen Alben dabei haben möchtest und/oder hat dies auch finanzielle Hintergründe?
Ferdy:
Nee - finanzielle nun gar nicht - da geht es einfach nur um Musik und Freundschaft. Auf meinen Solo-CD´s spielen Leute, die ich gerne mag - Punkt!!! Okay, spielen können sollten sie auch - aber das können ja viele meiner Freunde zum Glück auch.......
F-R.:
Nenn mir doch bitte mal dein persönliches Highlight auf „Travelling Light“ und erkläre kurz warum gerade dieser Song?
Ferdy:
Das ändert sich von Tag zu Tag.... Im Moment ist mein Favorit vielleicht der Song „May God save us from religion“, ein Duett mit dem amerikanischen Singer/Songwriter Joseph Parsons aus Philadelphia, der aus dem Hooters-Umfeld stammt und sowohl mit seiner Band Hardpan als auch solo erfolgreich ist und mit dem ich 2006 auf Tour war und mich angefreundet habe. Joseph ist großartig und wenn ich seinen Beitrag zu dem Song höre, bekomme ich immer noch eine Gänsehaut. Dasselbe gilt für Mike Terrana´s Percussion-Arbeit – Wahnsinn!! Das sind keine Samples – das sind 24 Spuren voller Congas, Bongos, Kuhglocken, Shaker, Tiumbales, etc., die Mike nach und nach über seine eigentlichen Drumspuren „aufgetürmt“ hat – die meisten kennen ihn ja eher als Meatal-Drummer – aber das ist nur eine von Mike´s Facetten. Den Text haben Joseph und ich gemeinsam geschrieben und jeder von uns hat sich unabhängig voneinander Gedanken zu dem Satz „May God save us from religion“ gemacht und auch jeder seine Einstellung zu Glauben und Religion eingebracht. Ich kann hier darum auch nur zu meiner persönlichen Einstellung etwas sagen. Ich bin nicht wirklich religiös und denke, das alle Religionen von Menschen gemacht wurden. Ich glaube durchaus, dass es irgendetwas Höhergestelltes gibt – glaube aber auch, dass wir Menschen nicht im Entferntesten in der Lage sind, dieses auch nur ansatzweise verstehen zu können. Deshalb glaube ich auch nicht, dass eine der Religionen diese „Macht“ oder wie immer man es auch nennen möchte – vielleicht auch einfach nur „Natur“! – verkörpert. In jeder Religion ist sicherlich ein ganz kleiner Teil des Ganzen enthalten – aber wirklich nur dieses! Von mir aus soll jeder an das glauben, was ihn glücklich macht – aber sobald es dann zu Alleinigkeitsanspruch und religiöser Intoleranz und den daraus Entstehenden Dingen kommt, habe ich damit deutliche Probleme. Wobei ja auch sehr oft religiöse Gründe nur vorgeschoben werden ……. Aber das ist wie gesagt nur meine Meinung, die sich nicht mit Joseph´s decken muss. Ja - aber wie lange das nun der Favorit ist, kann ich gar nicht sagen, da sich das täglich ändert. Ich bin mit jedem Song sehr zufrieden.
F-R.:
Viele kennen dich „nur“ als den Keyboarder von PELL u. a. Acts. Auf deinen Alben dominiert aber die Dobro (Slidegitarre) und selbst die Trompete und Mundharmonika sind fester Bestandteil deiner Werke. Wie kommt man als Rockmusiker dazu solche Genre fremde Instrumente in seine Werke mit einzubauen?
Ferdy:
Na ja, ich spiele sie halt........... Ich habe mit 6 mit Klavier begonnen - mit 8 kam die Trompete hinterher. Und mit 12/13 die Gitarre...... Auf Slide habe ich mich so mit Anfang 20 spezialisiert. Klar, im Metal-Bereich kennt man mich eher als Keyboarder - aber ich mache genauso viel - wenn nicht inzwischen sogar mehr - als Slide-Gitarrist (viel Studiojobs u. a. Tatort-Soundtrack, etc...). Da es nicht so viele Leute gibt, die hier in Europa Lap Steel, Dobro, Hammond oder Akkordeon spielen - speziell noch im Rockbereich, habe ich mich darauf ein bisschen spezialisiert. Gerade der Beruf des klassischen Keyboarders ist ja eine aussterbende Spezies, seitdem immer mehr Bands einfach ein Laptop mitnehmen und das ja leider von den Fans auch problemlos akzeptiert wird. Ein Freund von mir spielt in der Band von Jessica Simpson, und da ist wirklich alles "live" - wohingegen bei vielen Metalbands ja inzwischen durchaus die große Playbackshow angesagt ist - verkehrte Welt!!!!
F-R.:
Welche Ansprüche setzt du eigentlich persönlich an einen Rezensenten für ein ordentliches CD-Review? Ich für meinen Teil, der eigentlich ein anderes Genre bedient, deine letzten beiden Alben aber als sehr interessant empfand, hab mich dann doch an deinen Werken versucht, musste aber feststellen, dass ich mit meinem Latein dann gerade mal so hinkam, da deine Alben doch sehr vielschichtig ausfallen.
Ferdy:
Ach Gott - ich hoffe ja immer auf Fairness. Und sehr oft trifft man auch darauf. Ich habe auch kein Problem mit ehrlicher Kritik. Aber die Realität sieht inzwischen ja leider so aus, dass eine gute Kritik mit dem Buchen von Anzeigen gekoppelt ist und das ist natürlich zum Kotzen. Ich freue mich natürlich immer sehr, wenn sich jemand damit auseinandersetzt und sich vielleicht mal das Booklet zur Hand nimmt und die Texte mal mitliest.... Ich meine - ich habe ein halbes Jahr gebraucht , um die CD aufzunehmen - da kann ich doch eigentlich erwarten, dass sich das Ganze jemand zumindest mal konzentriert durchhört und nicht einfach nur kurz was vonwegen "....klassischer Hardrock wie Axel Rudi Pell..." schreibt und die CD dann bei Ebay verkauft.......
F-R.:
Eine Frage noch zu ROUGH SILK, deiner eigentlichen Hauptband. Wie geht es da weiter?
Ferdy:
Wir haben gerade einen neuen Plattenvertrag unterzeichnet und sind mitten in der Produktion zum neuen Album. Am wichtigsten ist uns natürlich die Tatsache, dass es sich bei uns ja eigentlich um eine "neue" Band handelt. Rough Silk hatte sich ja 2003 aufgelöst, nachdem die 3 Mitglieder der "End of Infinty" - Besetzung sich sozusagen in die "Rock-Rente" zurückgezogen hatten. Irgendwann hatte ich dann aber viele Ideen für Metal-Songs, die definitiv nicht auf meine Soloalben gepasst hätten und vermisste es irgendwie, eine "eigene" Metalband zu haben. Also gründete ich mit André Hort und Mike Mandel, mit denen ich schon länger befreundet war, da ich u. a. das Album ihrer Band A.O.D. produziert hatte und sie mit A.O.D. auch bei diversen Gigs als Vorgruppe von Rough Silk gespielt hatten. So begannen wir, zusammen Songs zu schreiben und irgendwann hatten wir dann genug Material für ein Album. Ursprünglich wollten wir der Band einen ganz anderen Namen geben, aber als wir den ersten Freunden die Songs vorspielten, sagten die alle einstimmig, dass das mehr nach Rough Silk klingen würde als die letzten RS-Alben. Da die anderen Originalmitglieder sowieso nichts mehr machen und ich die Namensrechte besitze, überlegten wir kurz und so wurden wir zur Neuauflage von Rough Silk. Nun brauchten wir nur noch einen Drummer, den wir nach kurzer Suche in Alex Wenn fanden. Die Platte lief durchaus zufrieden stellend, obwohl sie natürlich keine Bon Jovi-Dimensionen erreichte. Und nun geht´s weiter. Rough Silk sind halt eine Band im klassischen Sinne: Wir sind richtig gut befreundet und wohnen alle in einem Radius von 30 Kilometern - können also problemlos proben und Gigs spielen... Das ist ja bei vielen Bands nicht mehr so.....
F-R.:
1995 hast du dein Debüt „Just A Piano And A Handfull Of Dreams“ als Support von Nils Lofgren betourt. Wie siehst du in der heutigen Zeit die Chancen noch einmal ein Support-Slot zu ergattern, der sich a) musikalisch lohnt und b) finanziell nicht all zu große Löcher reißt?
Ferdy:
Ich habe danach ja auch viele Touren als Solokünstler gemacht - z.B. mit John Wesley Harding, Jason Ringenberg, Jeff Kollman und Joseph Parsons. Oft mache ich es so, dass ich vorweg ein Solo-Set spiele und danach den jeweiligen Headliner begleite. So ist es für beide Seiten ein Vorteil... Ich kann mich aber über mangelnde Live-Präsenz nicht wirklich beklagen und spiele ohnehin fast jedes Wochenende solo, wenn ich nicht auf Tour bin....
Kleine Folkclubs, Kulturzentren und so.... sehr gerne bestuhlt, da die Leute dann besser zuhören... Da trete ich ganz alleine auf und wechsle zwischen Klavier, Gitarre und Slide hin- und her und erzähle ein paar Geschichten.... Das läuft in zwischen sehr gut und hat sich vom Hobby zu einer professionellen und auch finanziell durchaus lukrativen Geschichte entwickelt. Der Vorteil bei "Kleinkunst" ist eben, dass man keine Crew - keinen Bus - und keine Band braucht und darum auch "kleinere" Gigs durchaus ein Plus abwerfen....
F-R.:
Diese Frage bekommen all meine Interviewpartner gestellt Kannst du mal eine lustige Anekdote von einem Gig oder aus dem Proberaum zum Besten geben, die noch nicht veröffentlicht wurde?
Ferdy:
Klar gibt´s da viel - aber eigentlich erzähle ich so etwas nicht so gerne öffentlich, da ich nicht "aus dem Nähkästchen plaudern" möchte, ohne es mit den jeweiligen Künstlern abgesprochen zu haben.... Vieles ist auch nur für Musiker lustig - aber nicht für "Nicht-Musiker"...
F-R.:
So, zum Schluss noch eine Abschlussmessage an unsere Leser und deine Fans.
Ferdy:
"Be open-minded and support live-music !"
Vielen Dank und bis bald hoffentlich......
Danke für das Interview und alles Gute für die Zukunft!
Mike von FFM-Rock Foto by Ferdy DoernbergHomepage