FREEDOM CALL – Michelstadt, Hüttenwerk
Konzert vom 10.05.13
Support: Minotaurus
Homepages:
www.freedom-call.net
www.minotaurus-metal.com
In diesem Jahr verschlägt es mich offensichtlich in Clubs oder Eventhallen, die ich in all den Jahren meiner Schreibertätigkeit vernachlässigt habe oder gar nicht auf dem Schirm hatte. So ging es heuer in den Odenwald. Genauer gesagt in einen Vorort vom schönen Michelstadt, um mir eine der Shows zur 15. Anniversary-Tour von FREEDOM CALL anzusehen. Bedingt durch das vor der Show angesetzte Interview mit Chris Bay hatte ich ausreichend Gelegenheit, den Club vorher zu inspizieren und musste feststellen, dass hier mit viel Herzblut eine wirklich schöne Location entstanden ist. Leider sind in dieser Eventhalle, die nicht nur für Indoor-Veranstaltungen genutzt wird, sondern auch genügend Platz für Open Air Veranstaltungen bietet, kaum Hard Rock- oder Metal Konzerte angesetzt. Vielmehr finden hier Shows von Tribute- oder Cover Bands bzw. Disco-Veranstaltungen beim Besitzer mehr Anklang, da diese einfach mehr Leute ziehen. Schade eigentlich…
Während ich noch mit Ilker Ersin (b.) über sein neues POWERWORLD-Album und das aktuelle F C Bandgeschehen in der schnieken Club-Bar bei einem heimischen Bier plauderte, eröffneten MINOTAURUS ihren Set mit zwei Rittersleuten auf der Bühne, was ich aber von unserem gewählten Platz aus nicht verfolgen konnte. Mittelalter Metal ist bekanntlich nicht jedermanns Sache. Man muss dazu schon einen Bezug haben, um in dieser Art von Musik aufzugehen. Das Aschaffenburger Sextett gab einem dazu noch einige Fragen auf. Männlichen/weiblichen Wechselgesang, hier mit zwei relativ guten Stimmen, kennt man; auch gewandete Musiker, was hier allerdings nicht ganz autark umgesetzt wurde; Liedgut in deutsch und englisch kennt man auch; ebenso mystische Figuren, die besungen werden wie z. B. „The Lonley Dwarf“, aber was für mich persönlich gar nicht ging und auch ein wenig lächerlich klang, war der Schlachtruf: „Holla die Waldfee“ in einem Song, zu dem die anwesende kleine Fangemeinde auch des Öfteren zum Ausrufen aufgefordert wurde. Sei’s drum. MINOTAURUS standen an diesem Abend unmittelbar vor dem Release ihres vierten Longplayers und performten über ihre 55-minütige Settime davon auch einige Songs. Mir selbst blieben nachhaltig nur zwei Songs in Erinnerung. Zum einen „Warriorhearts“, das wohl mal als Titelsong zum Film „Kriegerherzen“ beigetragen hat und wo die Band durch einen gelungenen Mix aus Melodic Metal meets Mittelalter bei mir richtig glänzen konnte, und eine 9-minütige Nummer am Ende des Sets mit einem beachtenswert langen Instrumentalteil (die Truppe verzichtet übrigens komplett auf Mittelalterinstrumente), der deutlich noch einmal aufzeigte, dass die Truppe bei ihrem Songwriting auch viel auf den Spirit der 70er zurückgreift.
Wie im Vorfeld schon vermutet, hielt sich der Zuschauerzuspruch bis zum Beginn der FREEDOM CALL-Show im Hüttenwerk dann auch in Grenzen. Die gut 150, teils von weit her, angereisten Fans wurden über die nächsten 105 Minuten wie immer bestens unterhalten. Bei gestochen scharfem Sound, einem musikalischen Hitfeuerwerk und wie immer spaßiger Unterhaltung zwischen den Songs hatten die Mannen um Chris Bay (voc., g.) zu keiner Zeit Mühe, das hellwache und dankbare Publikum an sich zu binden. Wer die Postings zur Tour auf Facebook verfolgt hatte, dem wird aufgefallen sein, dass die „Jacky Brüder“ Ilker Ersin und Lars Rettkowitz (git.) in den letzten Tagen recht viel Spaß zusammen hatten. Genau dieses Feeling zeigten sie in Michelstadt auch. Es schien, als würden sie jeden Takt am heutigen Abend genießen. Auch Neuzugang Ramy Ali (EVIDENCE ONE, IRON MASK) an den Drums zeigte, dass er ein begnadeter Metaldrummer ist. Seine Performance erinnerte neben seiner Stickakrobatik optisch oftmals an das „Tier“ von der Muppet Show, was er in seinem Show bedingten Solo unter Beweis stellen durfte/musste, denn die Saitenfraktion rüstete für das Animationsprogramm von „Mr. Evil“ und „Rockin’ Radio“ um. Wer die aktuelle limited Edition zur Best Of „Ages Of Light“ sein eigen nennt, wusste, was kommen würde. Beide Songs wurden in den Versionen der „Masqueraded“-Version angespielt und in ihrer Urform beendet = „Mr. Evil“ auf Reggae und „Rockin’ Radio“ als Rockabilly Version. Tja, was soll man sagen, die Callers, wie sich die F C-Fans nennen, sind flexibel. Egal, ob Reggae oder Killerbilly, sie mögen und tanzen es, unglaublich! „Power & Glory“, eine der Neuzeithymnen, mutierte an diesem Abend jedoch zum Publikumsliebling und wurde zum Fest an Unterhaltung. Den Ritterschlag fürs Publikum gab es letztendlich durch Chris Bay himself aber bei „Faraway“, denn der Song wurde durch ihn zum Facebook Song ausgerufen. Hierbei zeigte Mr. Evil erneut seine Entertainerkünste und entlockte dem Crowd beim Mitsingpart „I Like It, You Like It“ ohne viele Anläufe ein Stimmvolumen, als würden anstatt 150 gleich 1500 die Halle zum Beben bringen. Hiervon wirklich dauerhaft beeindruckt flogen die nächsten drei Songs förmlich an mir vorbei und das Konzert war vorüber. Echt schade, denn den heutigen Rausch hätte ich gerne noch etwas länger genossen.
Man kann zu der Musik der Happy Metaller stehen wie man will. Entweder man mag FREEDOM CALL oder nicht. Die Shows der fränkischen Frohnaturen suchen aber ihresgleichen. Kaum eine Metalband schafft es, während ihrer Shows einen solchen Stimmungspegel im Publikum aufzubauen und ihn dauerhaft über die Show hochzuhalten, geschweige denn immer noch einen drauf zu setzen, ohne lächerlich zu wirken oder sich zum Affen zu machen. Das verdient meinen Respekt und ich freue mich auf weitere viele Jahre FREEDOM CALL. Meinen Glückwunsch zur 15, die Herren!
Setlist Freedom Call:
Back Into The Land Of Light
Freedom Call
Hero On Video
Rockstars
Tears Of Babylon
Farewell
Hunting High And Low
Drum Solo
Mr. Evil
Rockin’ Radio
We Are One
Power & Glory
Perfect Day
Far Away
Metal Invasion
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Warriors
Land Of Light
Fotos by Mike Langer