VICIOUS RUMORS - Kassel, K 19

Konzert vom 28.05.13
support: IRON KNIGHTS und PHALLAX

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Electric Punishment over Europe-Tour 2013

VICIOUS RUMORS und zwei Vorbands in Kassel? Na, das sollte doch eigentlich Pflichttermin für zahlreiche Heavy- allem voran Powermetalfans sein, wenn sich diese zu den wichtigsten US-Heavy Metalbands zählende Institution, die zu den Mitbegründern des US-Powermetals gehört, im Rahmen ihrer aktuellen Electric Punishment over Europe-Tour 2013 in Kassel die Ehre gibt. Insgesamt muss ich mich sehr wundern, dass heute unverständlicherweise nur so wenige Nasen den Weg ins K19 gefunden haben, der Publikumsschnitt liegt nach grober Schätzung bei etwa 80 Leuten. Okay, das Konzert findet mitten in der Woche statt, für manche im Extremfall durch ungünstige Arbeitszeit nicht machbar, verständlich, allerdings wurde das Konzert zeitiger angesetzt, damit viele gleich im Anschluss  in der Nacht früh abreisen können, um nicht zu spät zur Arbeit zu kommen, weshalb es recht seltsam anmutet, dass heute weniger Leutchens da sind. Vielleicht hängt es ein wenig damit zusammen, das VR-Stammsänger Brian Allen aufgrund zwingend familiärer Verpflichtungen für die Europa-Tour passen musste, weshalb HELSTAR-Shouter James Rivera kurzfristig als Frontsänger bei VR aushilft, womit für hochkarätigen Ersatz gesorgt ist. 

Beginn ist um 20:00 Uhr, vor dem K 19 hat sich bereits das entsprechende Fanklientel eingefunden, es wird locker miteinander getalkt, etwas getrunken, die Raucher geben ihrer Nikotinsucht nach. Wir sind vom Wetter begünstigt es regnet kein bisschen, Aufenthalt draußen ist jederzeit möglich.

Zur Location: Im Bereich der Universität Kassel, bietet sich das mit optisch ins Auge fallendem Graffitimuster  versehene K 19,  - ein speziell von der Uni eingerichteter Raum für Live-Events an. Das K 19 ist eine kleine, überschaubar gemütliche Hauptraum, Theke und Flure umfassende  Räumlichkeit, die Toiletten befinden in direkter Nähe vom Eingang. Verlaufen ist unmöglich. Bevor es losgeht, besorge ich mir ein alkoholfreies Becks Blue, dann richtet sich der Blick direkt zur Bühne. Die Lichtverhältnisse im K19 sind klasse, was das fotografieren erheblich erleichtert. Live-Konzerte im K19 machen immer wieder Spaß, daneben gibt es die 1 x pro Monat stattfindende Drowning Sun Metalnight, geboten wird ein buntes Programm von Hardrock und Heavymetal bis Thrash/Death-,/Blackmetal  sprich: AC/DC und IRON MAIDEN bis SLAYER, CANNIBAL CORPSE und WATAIN, keine Trendrichtungen wie Nu/Modern-Metal, Crossover, Metalcore oder Neue Deutsche Härte - dafür sind andere Events einschließlich Locations in Kassel vorgesehen. Die Getränkepreise im K 19 (zwischen 1,50 und 2 Euro für Cola, Bier, Alkoholfreies, Fruchtsaft etc., liegen im fairen Rahmen), das Getränkeauswahlmenü lässt ebenfalls zumindest fast keinen Wunsch offen, nur eines fehlt bislang (noch) beharrlich seit meinem Erstbesuch im K 19: Kaffee...! 

PHALLAX

aus dem Schwabenland eröffnen den Abend mit hymnischem Melodic-Powermetal unterstützt von Keyboardklängen. Die Youngster aus dem Schwabenland geben sich lustig auf der Bühne und wirken durch ihren besonderen Akzent sehr unterhaltsam. Obwohl wenig Leute im Uni-Raum anwesend, haben die umso mehr Spaß am Auftritt, und PHALLAX dank engagierter Performance neue Fans hinzugewonnen,  womit der Auftakt des Abends gleich den ersten Pluspunkt verbucht. 

IRON KNIGHTS

stehen unmittelbar danach auf dem Programm. Klassischer Oldshool Heavy Metal mit Power- Speedeinschlag ist angesagt, der auch flüssig rockende Midtempogrooves beinhaltet. Kraftvoll, flüssig, vor allem geradlinig voran, machen IRON KNIGHTS mächtig Stimmung, es trauen sich jetzt sogar einige Leutchens mehr vor der Bühne die ganz fleißig auf das gespielte Songmaterial headbangen. Kein Wunder, schließlich beschallen die IRON KNIGHTS aus England ihr Publikum mittels fett aus den Verstärkern blasendem N.W.O.B.H.M-Sound samt integrierter Theatralik, griffigen Leadsoli und schwer auf die Zwölf-Garantie! Das kommt an, wird frenetisch bejubelt und freut erst recht die auf der Bühne alles aus sich heraus holende Band. „Burn in Hell“, „Tell me Strange Things“ oder „Jericho“ gehen straight nach vorn, gelegentlich kommt ein Midtempo-Part, ansonsten lautet die Devise des unbeschwert aufspielenden Fünfers Feuer frei (!) mit satten Riffs, rasanten  Filigran-Leadsolos, schnellen Bassläufen, laut krachenden Drums und überraschend tiefstimmig verständlichem Gesang. Shouter Duke Fang Begley's Gesang liegt manchmal ein wenig schief, was allerdings kaum ins Gewicht fällt, die Gitarren röhren, der Bass kommt druckvoll, das Schlagzeug bollert...klassischer Heavy Metal nach bewährtem Grundrezept. IRON KNIGHTS haben den Nerv eines größeren Teils des im Saal anwesenden Publikums getroffen, bekommen kräftigen Beifall und somit den Boden für den im Anschluß folgenden Headliner gekonnt bereitet. Das ohnehin den ganzen Abend prickelnde Stimmungslevel hat dank des Inselfünfers aus dem United Kingdom noch einen zusätzlichen Extraschub bekommen. IRON KNIGHTS wurden ihrer  Aufgabe wie schon die zuvor Zuschauer resonanzmäßig zu Unrecht etwas untergehenden PhallaX mit Bravour gerecht. Das schöne VR-Logo ziert den Bühnen-Hintergrund, - ein Hingucker, den es sich genussvoll in Ruhe zu betrachten lohnt, ehe die mit Spannung erwartete Liveaction abgeht! Draußen vor'm K 19 steht etwa noch die Hälfte der Leutchens in Erwartung des Headliners. Schade. IRON KNIGHTS hätten für die beherzte Vorstellung doch etwas mehr Aufmerksamkeit verdient!

VICIOUS RUMORS

Rechtzeitig zum Headliner sind alle drin, vor der Bühne wird es voll im K 19, die Fans drängen sich näher zur Bühne. So nahe wie hier bekommt man VICIOUS RUMORS generell sonst weder auf dem K.I.T, METAL ASSAULT, SWORDBROTHERS, noch H. O. A. zu sehen! Live zerlegt die neben JAG PANZER, METAL CHURCH und RIOT (und seit den 90ern ICED EARTH) bedeutendste, zu den dienstältesten zählende, bis heute beständigste mit weitem Abstand auf leistungs technischer Ebene konstanteste US-Power-Metal-Formation die Bühne des kleinen, umso kampferprobteren K 19 in all seine Bestandteile, wofür der wuchtig kräftige Sound, inklusive brillianter Fähigkeiten der Musiker verantwortlich zeichnen. Fronter James Rivera, für Brian Allen eingesprungen, gibt sich als lockerer Entertainer, seinen Auftritt genießend, den Fans die Hand schüttelnd, sie unaufhörlich mit Gesten pushend zum mitrocken bewegend, wobei er seine ganze Erfahrung ausspielt. Die Masse frisst ihm bereits nach 2 Minuten aus der Hand! In Abwesenheit des etatmäßigen Fronters Brian Allen macht sein Vertreter einen Bombenjob! Die Tatsache, das heute kaum alte VR-Klassiker zum Zuge kommen, - lediglich  „Digital Dictator“ (plus Intro „Replicant“), “Minute to Kill“, „Lady took a Chance“ und  „Don't Wait for me“ werden aus dem Köcher gezogen, - überrascht, zumal die Amis eine vom üblichen Programm schwer abweichende Setlist präsentieren. Beim Groove-Smasher „Mister Miracle“ lässt James Rivera die Fans den Refrain etappenweise allein singen. Weitere Perlen jüngeren Datums werden vom altersmäßig bunt gemischten Publikum gut angenommen, egal ob „Murderball, „Electric Punishment“, „Let the Garden Burn“ dennoch vermisse ich bei aller Begeisterung und Heavyness etwas die 80er-Schiene. Wie mir James fairerweise nach dem Gig im Gespräch bestätigt, wollen VR im Rahmen ihrer Promo-Tour zum aktuellen Album den Fans neues Material präsentieren. Genau deshalb lässt sich der Auftritt kaum nach üblichen VR-Maßstäben bewerten. Die stetige Entwicklung der Amis zeigt seit den 80ern vom klassischen Traditions-Powermetal mit vereinzelten Speedausbrüchen auf Alben jüngeren Datums in eine trotz massivem Powermetalunterbau deutlich speed/thrashlastigere Richtung. Die Fans drehen komplett durch, schütteln wild ihre Haare, lassen die Mähne fliegen, klettern sogar auf die Bühne und bangen wie Sau, um der Band verdientermaßen Tribut zu zollen! VICIOUS RUMORS fahren das volle Brett, die Gitarren sägen kompromisslos, das Axemenduo bestehend aus Geoff Thorpe und ANVILCHORUS, Ex-CONTROL /HEATHEN-Saitenhexer Thaen Rasmussen, verkörpert satte Power pur auf der Bühne! Stephen Goodwin am Viersaiter und Drummertier Larry Howe geben eine nicht weniger killende Rhythmusfraktion ab. Wenigstens wird kurz vor Schluß „March Or Die“ gebracht. VICIOUS RUMORS spendieren ihren Fans noch eine lautstark mit Recht geforderte Zugabe. Nach 90 Minuten gegen 23:30 Uhr ist Schicht im Schacht.

Festzuhalten bleibt folgende Besonderheit: Der Auftritt unterstrich deutlich, dass VICIOUS RUMORS eine geballte Macht auf dem Livesektor sind, gegen die rein gar nichts anstinkt, selbst wenn mal ein Sänger oder Gitarrist ausfällt, ist die gestandene US-Powermetalinstitution jederzeit in der vorteilhaften Lage, das für andere Bands unlösbare Problem in der Weise zu kompensieren, das es überhaupt keines gibt. Dafür gibt es einen guten Grund, werte Bangerschaft, den ich euch nicht vorenthalten will: VICIOUS RUMORS sind e i n e  Familie. Selbst die nicht zur Stammformation gehörigen Ersatzleute,  besitzen, wenn's darauf ankommt, eben so viel Klasse und Motivation auf der Bühne, um die ausgefallenen Musiker als vollständiges Bandmitglied gleichwertig zu ersetzen, was James Rivera der einen Topjob ablieferte, eindrucksvoll belegt hat. Alle fügen sich nahtlos ins Raster einer als Team operierenden Band, die wie eine Familie funktionierend, sich als solche betrachtet, wie VR-Mastermind Geoff Thorpe auf der VR-Homepage bekannt gibt. Klasse Einstellung, von der sich manche großen Topacts – egal, ob sie nun BLACK SABBATH, VAN HALEN, ANTHRAX oder W.A.S.P  heißen, eine ganz dicke Scheibe abschneiden und etwas daraus lernen können! - In Union we Stand! - Genau so soll es sein!

Fazit des Auftritts im K 19: Soviel Druck und intensive Heavyness mit Gespür für packende Melodien, entfalten nur Genretopacts auf den Brettern, - ein solcher, war im K 19 heute zu Gast. VR blasen, wie der Abend erneut zeigte, immer noch erbarmungslos alles und jeden an die Wand!

Nach Beendigung des fetten 90-Minutengigs sieht man die sympathischen Musiker froh gelaunt kräftig Autogramme verteilen, scherzhaft mit den Fans plauschen, Erinnerungsfotos machen, Tonträger und Merch verkaufen, die ebenfalls unterzeichnet werden, Postkarten beschreiben und wenn's erforderlich ist, einige Kutten signieren. Geoff Thorpe steht hinter dem VR-Merchandise Stand, neben CD's und LP's werden T-Shirts, Longsleeves und gestickte Kleinpatches angeboten. Tonträgertechnisch ist fast so ziemlich alles vertreten was VR veröffentlicht haben, vom Soldiers of the Night-Album angefangen bis zum aktuellen Output „Electric Punishment“. Wem noch etwas fehlt, der/die bekommt heute Möglichkeit, fehlende Lücken in der hauseigenen Tonträgersammlung zu schließen und sich diese obendrein auch noch von den Musikern persönlich signieren zu lassen. Mehr kann, darf und sollte nicht verlangt werden, Preis/Leistungsverhältnis stimmten, oben drein gab's auch noch einen Erlebniswert von besonderen Art. Hand auf's Herz, was will man mehr? Vor Verlassen der Location wird ein wenig in den knuffigen lila gepolsterten Sitzgelegenheiten gechillt, die an verschiedenen Ecken zu finden sind, eine Neuerung die mir außerordentlich gefällt. 

Fazit: Ein lohnenswerter Abend mit sympathischen Musikern in bewährter Live-Location inklusive gepflegter Konversation, umrahmt von passender Atmosphäre. Das angesetzte Spielzeitlimit für alle drei Bands, die ihrem Publikum etwas bieten wollten, was ihnen soviel sei ausdrücklich angemerkt, prima gelang) lag im üblichen Bereich, die Chemie zwischen Bands und Publikum stimmte. Weniger Leute als gedacht, entfachten fünfmal soviel Stimmung als tatsächlich erwartet.  Ein gelungenes Dreierpack, dessen Inhalt und Organisation nicht nur allein des erschwinglichen Ticket-Preises wegen (13 Euro im VVK, 17 Euro Abendkasse) angenehmen Eindruck hinterließ, wofür dem liebevoll den Abend ausrichtenden Veranstalter 98 Records rückblickend ein kräftiges Extralob gebührt! - Empfehlenswerte Kleinevents dieser Art wünscht man sich gern des Öfteren.