H.E.A.T. - FESTIVAL – Ludwigsburg, Rockfabrik




Konzert vom 03.11.13
Bands: HAREM SCAREM, THE POODLES, AT VANCE, HARTMANN, NEWMAN, LIONVILLE, BAI BANG, COVERED CALL  

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H.E.A.T. Festival

 

2008 fand dieses AOR & Melodic Rock Stelldichein zum ersten Mal unter dem Namen H.E.A.T. – FESTIVAL statt. Davor gab es bereits das UNITED FORCES OF ROCK FESTIVAL an gleicher Stelle mit ähnlicher Ausrichtung. Nachdem das H.E.A.T. im letzten Jahr nicht stattfand, lud man in diesem Jahr wieder zum Sonntagsausflug in die Ludwigsburger Rockfabrik ein. Diesem Aufruf folgten gut 500 Melodic Rock Fans nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus der Schweiz, Frankreich und Italien, wie von den Kennzeichen auf dem gut gefüllten Parkplatz vor dem Club abzulesen war.

COVERED CALL eröffneten den musikalischen Reigen um 14.00 Uhr. Die schwedische Melodic Rock Band veröffentlichte im März 2013 ihr zweites und ein für mich wirklich ansprechendes Album namens „Impact“ über AOR HEAVEN. Dieses Album markierte auch die Rückkehr von Sänger Göran Edman (Ex-YNGWIE MALMSTEEN, JOHN NORUM) in den Melodic Rock Zirkel. So lag es auch fast auf der Hand, dass man heute hier nur Songs von dem aktuellen Album spielte. Dass der 5er nicht oft zusammen spielt, zeigte sich an der gebotenen Performance. Es wirkte alles sehr statisch, und jeder war mehr oder weniger mit sich selbst oder seinem Instrument beschäftigt. Edman selbst hatte zur Sicherheit sogar seine Texte auf einem Notenständer vor sich platziert. Gesangstechnisch war der Schwede, den man später den ganzen Abend genießend im Publikum erblicken konnte, jedoch über jeden Zweifel erhaben. Der Mann hat nach wie vor ein breites, sauberes und technisch anspruchsvolles Stimmvolumen. Auch wenn man die Band nicht kannte, fühlte man sich musikalisch gut aufgehoben, was auch die jetzt schon gut 100 Neugierigen so sahen und den Auftritt mit viel Applaus würdigten. Warum man aber anstatt der 45 nur 30 Minuten Spielzeit nutzte, entzieht sich meiner Kenntnis.
HP: COVERED CALL

Weiter ging’s mit Sleaze Rock aus Schweden. Mit BAI BANG war eine erste Party des heutigen Festivals vorprogrammiert. Das Quintett wurde schon lautstark von jetzt 200 Interessierten empfangen und quittierte dies über die nächsten 60 Minuten mit einem Querschnitt aus sechs Alben. Eingängige Songs, viel Chorgesang und noch mehr Posen waren angesagt. Einen Saitenriss schon beim zweiten Song bei Gitarrist Pelle Eliasson überbrückte die solariumsgebräunte Frontröhre Didi Kastenholt mit teilweise perfekten Ansagen auf Deutsch unter Berufung auf seine hannoveranischen Wurzeln. Das Publikum schien ihm danach regelrecht aus der Hand zu fressen. Die Jungs auf der Bühne genossen in der Folge die Atmosphäre im Club und feierten mit ihrem dankbaren Publikum eine „Bigtime Party“, wie es im gleichnamigen Song vom 2009er Album „Are You Ready“ heißt. Definitiv rocken die Jungs live deutlich mehr als auf ihren Tonträgern, wie ich hier feststellen musste. Hut ab! BAI BANG schau ich mir nach Möglichkeit noch einmal an.
HP: BAI BANG

Ihr Debüt auf einer deutschen Bühne gab im Anschluss die italienische Melodic Rock Band LIONVILLE. Das bekannteste Gesicht dieser fünfköpfigen Kombo war natürlich der körperlich kleine, aber musikalisch große Keyboarder/Sänger Alessandro Del Vecchio (u. a. HARDLINE und ganz aktuell SILENT FORCE), der etwas ungewöhnlich mit seinem Tasteninstrument die Centerposition auf der Bühne inne hatte. Die Band blickt ebenfalls auf zwei veröffentlichte Tonträger zurück und präsentierte diese durchaus eindrucksvoll, indem man die Setlist mit Songs der beiden Alben gerecht verteilt bestückte. Den Gesangspart teilte sich Ale, wie er liebevoll von seinen Fans und Freunden genannt wird, mit dem Gitarristen Stefano Lionetti, und beide lieferten hierbei bravourös ab. Musikalisch gab es nach der Sleaze-Party jetzt etwas für Genießer mit Gefühl für gute Melodien. Technisch einwandfrei gespielte Musikfolgen, die in den ruhigeren Elementen sogar den AOR-Bereich abdeckten, konnte man hier ebenfalls bestaunen. Del Vecchio lockerte das einstündige Set mit kurzen Ansagen zwischen den Songs immer wieder auf und würdigte hierbei seinen Partner Lionetti, der für den Großteil der Songs in seiner Entstehung verantwortlich zeichnet. Eine kurzweilige und gute Show von der gesamten Band, die mich dazu veranlasste, erstmal beide CDs am AOR Heaven Stand für kleines Geld käuflich zu erwerben.
HP: LIONVILLE

Nachdem WHITE WIDDOW ihren Auftritt beim diesjährigen H.E.A.T - Festival kurzfristig abgesagt hatten, wurden NEWMAN zu ihrer ebenfalls ersten Show in Deutschland eingeladen. Das britische Quartett veröffentlichte immerhin auch schon 11 Alben, wobei der aktuelle Release „Siren“ erst aus diesem Sommer stammt. Bandkopf Steve Newman und seine drei Mitstreiter schafften es allerdings nicht, die Massen zu mobilisieren und vor der Bühne zu halten, obwohl ihr knackiger und melodischer Hardrock ebenfalls gut bei den verbliebenen Interessierten ankam. Ich nutzte diesen Slot dann auch für eine Stärkung in der Kantine, zumal mir die Band jetzt auch nicht wirklich viel sagte, geschweige denn mich so richtig vom Hocker riss. Ihren akustischen Höhepunkt hatten sie dann hörbar auch erst beim letzten Song „One Step Closer“, der lautstark vom Publikum mitgesungen wurde.
HP: NEWMANN

Veranstalter Eddy Freiberger kündigte den nächsten Act als Deutschlands beste Hardrock Band an, was man durchaus mittragen kann. Auf jeden Fall konnte man bei HARTMANN ggü. NEWMAN neben einer musikalischen, auch eine deutliche Perfektionssteigerung in Sachen Timing, Druck und Bandfeeling feststellen. Die heutige Show bildete den Abschluss von ein paar Promo-Konzerten zur kürzlich erschienenen Compilation „The Best Is Yet To Come“. Die musikalische Reise durch annähernd eine Dekade HARTMANN mit vier Studioalben sorgte auf der Tanzfläche für viel Bewegung und durchweg lautstarken Applaus, wobei die Publikumsreaktionen bei den Stücken vom letzten Studioalbum „Balance“ etwas verhaltener ausfielen, als bei denen vom Debüt „Out In The Cold“, dessen Songs am Ende noch einmal die Emotionen zum Köcheln brachten. Gerade der vorgenannte Titelsong artete zu einer regelrechten, annähernd 10-minütigen Jamsession aus und bildete neben der ersten gespielten Zugabe an diesem Abend in Form vom JOHN MILES-Cover „Music“ den Höhepunkt dieser Show. Das waren 70 Minuten wirklich gute musikalische Unterhaltung.
HP: HARTMANN

Nun folgte ein Auftritt mit einer gewissen Brisanz. Nachdem der Ex-AT VANCE Sänger Oliver Hartmann eben noch abgeräumt hatte, spielte jetzt seine alte Band auf. Nach über 10 Jahren das erste für mich bekannte direkte Aufeinandertreffen zweier Musiker, die früher mal erstklassische Alben zusammen eingespielt hatten. Eine +/- Kritik ist bei AT VANCE leider dann doch fällig. Eigentlich hatte ich mich auf die Show des heute einzigen Melodic Metal Acts im Billing gefreut, da es auch schon wieder ein paar Jährchen her ist, dass ich die Kombo von Denker und Lenker Olaf Lenk zum letzten Mal live gesehen habe. Zudem hatte ich die Gelegenheit auf einen Direktvergleich Sänger Rick Altzi in kürzester Zeit bei zwei unterschiedlichen Bands (MASTERPLAN) erleben zu dürfen. Aber es kam dann doch anders als erhofft. Olaf selbst war nach einer Schultereckgelenkssprengung noch nicht wieder ganz fit, gab aber an der Gitarre sein Bestes. Dem 4er an sich merkte man zudem an, dass sie nicht all zu oft zusammen spielen, aber sie gaben sich redlich Mühe, dies zu kompensieren. Die Jungs scheiterten letztendlich aber an den technischen Problemen, die u. a. ihr nicht funktionierender Klicktrack bei den Drums verursachte. Der Sound war unter dem Strich der schlechteste des ganzen Tages, und die ersten beiden Songs „Ride The Sky“ und „Evil In You“ konnte man nur erahnen. Danach wurde es etwas besser. Auch der bis dahin kaum zu hörende Gesang von Altzi wurde lauter und klarer. Altzi zeigte sich zudem wesentlich agiler und stimmlich besser als noch bei MASTERPLAN. „Chained“ z. B. kam trotz aller Widrigkeiten im Gesamten echt stark rüber und ließ Altzi zeigen, was er stimmlich drauf hat. Die Setlist stellte einen kurzen Streifzug durch die Schaffensphase der Band dar. Selbst „Dragonchacer“ aus der Hartmann-Ära ließ man nicht außen vor. Nach 45 Minuten beendeten die Jungs dann vorzeitig ihre Show. Auf der einen Seite schade, aber unterm Strich war es wohl die beste Lösung.
HP: AT VANCE

Eins vorweg. Ich bin kein Freund der POODLES und werde es auch nicht mehr, auch wenn ich meine bisher vertretene Meinung, dass sie nur ein Abklatsch anderer und besserer Sleaze- und Glam Rock Bands sind, nach diesem fulminanten Auftritt hier nicht gänzlich revidieren werde. Ich erinnere mich noch an eine gemeinsame Tour vor einigen Jahren mit HAMMERFALL, wo ich sie als reine Lachnummer empfunden habe. Hier auf dem H.E.A.T. haben die Schweden bei mir aber einigen Boden wieder gut machen können. Die erste Hälfte des einstündigen Sets schenkte ich mir, zumal mir der weibische Klang von Sänger Jakob Samuel, gerade in den Höhenlagen, auf die Nüsse ging. Das Songmaterial klang aber durchaus hörenswert und einige Refrains hatte ich irgendwo auch schon mal gehört. Zusammen mit den lautstarken positiven Publikumsreaktionen wurde ich dann doch neugierig. Vor der Bühne herrschte ein glasklarer Sound, wie ich ihn mir bei AT VANCE gewünscht hätte. Bei einer sehr ansprechenden Lightshow wurden die einzelnen Akteure stets gut in Szene gesetzt und ihr treibendes Stageacting kam noch besser zur Geltung. Und wenn ich ehrlich bin, haben die Schweden mich und einige andere ältere Herren in meiner Nähe sogar zum Mitwippen gebracht. Definitiv der Auftritt mit bis dahin der besten Stimmung im Publikum.
HP: THE POODLES

Wehe dem, der jetzt Böses ahnte. Nach sieben Bands und einem bereits durch die POODLES durchgekochten Publikum hätte man meinen können, dass es der Headliner jetzt recht schwer haben würde. Doch weit gefehlt. Die kanadische Melodic Rock Legende HAREM SCAREM, seit 2002 zum ersten Mal wieder auf einer deutschen Bühne stehend, hatte es am Anfang tatsächlich nicht leicht, die gut 500 Anwesenden rum zu bekommen. Man merkte dem Quartett zwar gleich an, dass sie durch zwei Single-Shows vor dem heutigen Auftritt eingespielt und voller Spiellaune waren, aber die Fans reagierten zunächst etwas verhalten. Es gab zwar nach jedem Song fetten, bejubelten Applaus, auch konnte man sehen, dass fast jeder einzelne vor der Bühne die Songs aufsog wie ein Schwamm das Wasser, aber das war es auch schon bis etwa bis zum ersten Drittel des Sets. Vielleicht wollten die meisten, wie ich auch, aber auch nur den Moment für sich erst einmal festhalten, diese Ausnahmeband wirklich gesehen, erlebt und gehört zu haben. Nach der Halbballade „If There Was A Time“ gab’s eine Runde Schnäpse auf die Bühne und das war wohl auch für das Publikum der offensichtliche Startschuss zum Abfeiern, denn jetzt wurde Stimmung gemacht. Wenn ich richtig mitgezählt habe, bestand die Setlist alleine aus 11 von 14 Tracks vom aktuellen Album „Mood Swings II“ in dessen Neueinspielung. Frontmann Harry Hess, stimmlich offenbar auf seinem Höhepunkt, reihte sich ganz mannschaftsgetreu in die Reihen seiner Mitstreiter ein. Drummer Creighton Doane fungierte als sehr gute „zweite Stimme“, brillierte sogar als Solist bei einem Song und lockerte ganz nebenbei als Animateur zwischen den Songs auf. Für mich einen Höhepunkt der Show stellte der Akustik-Part über zwei Songs mit Hess (voc.) und Pete Lesperance an der Gitarre u. a. mit „Mandy“ dar – Gänsehautfaktor pur!  Mit „No Justice“ und dem alles überragenden „Change Comes Around“ setzten die Kanadier definitiv einen Schlusspunkt hinter einen denkwürdigen Auftritt und ein rundum gelungenes Festival – haste gedacht, denn als die Ersten die Halle unter Beschallung der Saalmusik verließen, kehrte das Quartett noch einmal auf die Bühne zurück und gab noch eine weitere, hartnäckig geforderte, kurze Zugabe zum Besten. Definitv 75 denkwürdige Minuten, die jeden Hardrock Fan ärgern dürften, wenn er diese versäumt hat!
HP: HAREM SCAREM

Fazit: Das H.E.A.T. – FESTIVAL ist wohl DAS Melodic Rock & AOR Festival in Deutschland und mit Ticketpreisen von 36 € im VVK bzw. 38 € an der AK recht erschwinglich. Eine sehr gute Entscheidung der Organisatoren war, das Festival wieder in die Rofa nach Ludwigsburg zu holen und eintägig zu veranstalten (2010 fand es 2-tägig im H2O in Reichenbach a. d. Fils statt). Beim Sound und Licht wurden alle Bands gleich behandelt, was in die Hände eines einzigen und sehr guten Soundengineers gelegt wurde, der seinen Job wirklich brillant erledigte. Der gesteckte Zeitplan wurde von der Crew fast minutiös eingehalten. Es gab Autogrammstunden aller Bands und externe Merchandise Anbieter mit teilweise super günstigen Preisen, was zu einer regen Kauflust führte. Für das geschmacklich durchwachsene und überteuerte Catering der hauseigenen Rofa-Kantine kann der Veranstalter allerdings nichts. Unterm Strich ein mehr als gelungenes Festival, das nach einer Fortsetzung förmlich schreit.

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