GAMMA RAY – Aschaffenburg, Colos-Saal
Konzert vom 11.04.14
Support: RHAPSODY OF FIRE, STORMWARRIOR
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Im Aschaffenburger Colos-Saal schlagen derzeit vermehrt Bands aus Hamburg auf. Im Falle von DARK AGE, deren Sänger Eike O. Freese bekanntlich der Mitproduzent von GAMMA RAY’s aktuellem Chartstürmer „Empire Of The Undead“ ist, wurde an gleicher Stelle vor ein paar Wochen schon mal eine amtliche Duftnote gesetzt. Jetzt hieß es für die Truppe um Kai Hansen nachlegen, um die livetechnische Nr. 1 von der Waterkant zu behaupten. Das vom Tourveranstalter zusammengestellte Package versprach dazu noch einen musikalisch abwechslungsreichen Abend. Aber wie heißt es so schön: 1. kommt es anders und 2. als man denkt. Die nächsten 4 ½ Stunden wurden jedenfalls sehr unterhaltsam und waren garniert mit einigen Überraschungen…
Den Abend eröffneten STORMWARRIOR, die erst kürzlich mit MAJESTY unterwegs waren, um ihr neues Album “Thunder and Steele” zu promoten. Da keine Tourdates in Heimatnähe stattfanden, war es für mich umso erfreulicher, dass die Hanseaten auf diese Tour noch mit aufspringen und hier in Aschaffenburg ihre erste Show der Tour spielen konnten. Dass an diesem Abend alles anders kam als erwartet zeigte sich, als die Mannschaft um Frontmann Lars Ramcke pünktlich um 20.00 h die Bühne enterte. Für den kurzfristig familiär verhinderten Alex Guth spielte die zweite Klampfe der nur Insidern bekannte Tom Geldschläger, auch Fountainhead genannt (hat ein Solo-Album namens „Fear Is The Enemy“ veröffentlicht) und hatte seine Feuertaufe gleich ohne vorherige Bandprobe zu bestehen. Vielleicht war es so auch ganz gut für das Quartett, dass man mit hier noch drei aufgebauten Drumsets recht wenig Platz auf der Bühne und auch nur 30 Minuten Spielzeit zur Verfügung hatte. Zu sehr waren alle Akteure damit beschäftigt, die Songs, die zum größten Teil von den letzten beiden Studioalben und nicht vom neuen Longplayer stammten, halbwegs fehlerfrei zu zocken. Das Ganze hatte showtechnisch leider nur etwas von Standfußball. Von den hier schon gut 500 Zuschauern dürfte dies aber den wenigsten aufgefallen sein, da sich die STORMWARRIOR Fanschar am heutigen Abend doch recht überschaulich gestaltete. Stimmung kam leider auch nur vereinzelt auf, und mehr als Höflichkeitsapplaus sprang zum Setende auch nicht heraus. Schön war es trotzdem, STORMWARRIOR zumindest mal wieder live gehört zu haben.
Deutlich anders sah das bei RHAPSODY OF FIRE aus. Die nächste Stunde sollte ein Triumphzug für den italienisch/deutschen 5er werden. Das Set bestand weitestgehend aus älteren RHAPSODY Titeln, die aber mit Bedacht ausgewählt wurden und im Publikum durchweg zündeten. Mit dem ehemals überladenen cineastischen Fantasy Bombast vom nicht mehr an Bord weilenden Gründungsmitglied Luca Turilli (git.) hatte das Ganze hier musikalisch fast nichts mehr zu tun. Diese Orchestrierungen wurden deutlich zurückgeschraubt und machten so z. B. „March Of The Swordmaster“ zu einem ersten reinen Metal Highlight der Show, was neben mir auch das überschwänglich jubelnde Publikum wohl so gesehen hatte. Diese Euphoriewelle nutzte Sänger Fabio Leone, der neben seiner charismatischen Ausstrahlung souverän im interaktiven Umgang mit dem Publikum war, dass er es ständig mit einband und stimmte bei „Unholy Warcry“ ein erstes Mitsingspielchen an, das lautstark vom Publikum angenommen wurde. Zum Thema Stimmvielfalt ließ Fabio weitere Taten folgen. „Lamento Eroico“, eine auf italienisch gesungene Ballade mit Opern Attitüde, wird gesanglich zum Highlight. Sein Stimmvolumen gleicht fast schon dem eines Opernsängers, was ihn wohl auch zu Recht zu einem der besten europäischen Sänger macht. Wahnsinn! Aus musikalischer Sicht kamen auffallend wenig Samples vom Band. Alle Keyboard Parts schienen tatsächlich vom letzten Gründungsmitglied Alex Staropoli zu stammen, was so auch nicht immer war. Wer heute auf Stageacting stand, hatte auch bei ROF schlechte Karten. Bewegung – Fehlanzeige. Die Holzwarth-Brüder spielten gewohnt souverän in der Rhythmusabteilung und auch Roberto De Micheli (git.) überließ seinem Frontmann alle Showaktivitäten. Dafür bewegte sich das Publikum von Song zu Song mehr, peitschte die Band an und bekam mit „Emerald Sword“ den erwarteten und geforderten Absacker, da die Jungs an ihren Instrumenten nochmals alles an Energie raus hauten, was ihnen zur Verfügung stand. Nach dieser (Lehr)Stunde stand für mich fest, dass ich die bisher verschmähten ROF mir noch mal geben werde.
Setlist RHAPSODY OF FIRE:
Rising From Tragic Flames
Land of Immortals
The March of the Swordmaster
Unholy Warcry
Dark Wings of Steel
Lamento Eroico
Holy Thunderforce
Dawn of Victory
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Reign of Terror
Emerald Sword
Vor dem Konzertabend traf ich bereits die Jungs von GAMMA RAY zu einem Interview und erfuhr hier von Michael Ehré, dass Kai Hansen wegen bestehender Stimmprobleme gerade in ärztlicher Behandlung wäre. Für die heutige Show bedeutete das, dass man mit Gastsängern agieren würde, um die erste Tourshow auf deutschem Boden nicht absagen zu müssen. Die ersten beiden Songs dieser einzigartigen und denkwürdigen Show sang Hansen mit noch recht guter Stimme, wobei „Avalon“ zu einem kleinen Highlight wurde. Danach entschuldigte er sich bei den jetzt knapp 600 Fans, dass er wegen einer „Bronchitis und so“ nicht alle Songs singen wird und rief Tobi Sammet (EDGUY, AVANTASIA) auf die Bühne. Mit typischen Sammet Witzeleien wie „Ich bin auch angeschlagen und hab mit Heuschnupfen zu kämpfen. Im April sind‘s die Pollen, im Mai ist es regnerisch und im Juni sonnig. Verstehst du Kai, im UNI SONIC“ ging es los. So gut wie jeder hatte den Joke kapiert, nur Kai selbst stand zunächst auf dem Schlauch. Ein erster Brüller bei Band und Publikum. Gesanglich ging es mit Sammet und „Heaven Can Wait“ sowie einer coolen Version von “I Want Out” incl. Reggae Jam Session weiter. Anschließend wurde Fabio Leone’s Einsatz über drei Songs erneut zu einem gesanglichen Leckerbissen. Und das, obwohl er die Songs heute ganz kurzfristig erst einstudiert hatte und teilweise die Texte noch ablesen musste, da es sich in zwei Fällen um neue Songs („Empire Of The Undead“ und „Time For Deliverance“) handelte. „Blood Religion“ artete zu einem längeren Mitsingspektakel aus, das ein anpeitschender Hansen sichtlich genoss und ihm selbst eine stimmliche Verschnaufpause verschaffte. Die nächste Überraschung stellte Gastsänger Frank Beck dar, den wahrscheinlich nur 1 % der im Saal Anwesenden überhaupt kannten. Kai stellte ihn als aufgelesenen Straßenmusikanten vor und hinter vorgehaltener Hand erfuhr man, dass der Mann mit der brillanten Stimme ein Freund der Band war. „Land Of The Free“ und vor allem „To The Metal“ wurde zu einem wahren Ohrenschmaus. Da sich schon beim “Master Of Confusion” abzeichnete, dass sich Kai’s Stimme verabschiedete, stieg zum letzten Hansen Song „Man On A Mission“ Beck noch einmal helfend ein. Aber in diesen Zeilen sollten nicht nur die Sänger gewürdigt werden, sondern auch Dirk Schlächter am Bass, der einem gewissen truemetallischen Basskollegen aus Amiland aus der Ferne nicht nur sehr ähnlich sah, sondern diesem hier eine Lehrstunde erteilt hätte, wenn er denn anwesend gewesen wäre. Henjo Richter (git.) wirkte über die ganze Show hinweg, als hätte man ihm ein fettes Grinsen ins Gesicht gemeißelt, und Michael Ehré an den Drums, der als Neuling vom Publikum sehr gut aufgenommen wurde, stand ihm da in nichts nach. Die lockere Stimmung auf der Bühne übertrug sich sofort ins Publikum und stellte den Stimmungspegel auf vollen Anschlag über die gespielten 130 Minuten. Tobi Sammet durfte diesen einzigartigen Konzertabend dann mit „Rebellion in Dreamland und „Send Me a Sign“ abschließen. Minutenlang feierten Band und Fans das eben Erlebte, und ich bin froh, das auch erlebt zu haben. Das war hier eben ganz großes Kino von allen.
Setlist GAMMA RAY:
Avalon (KH)
New World Order (KH)
Heaven Can Wait (Tobi)
I Want Out (Tobi)
Tribute to the Past (KH)
Future World (Fabio)
Empire of the Undead (Fabio)
Time for Deliverance (Fabio)
Drum Solo
Blood Religion (KH)
Master of Confusion (Beck)
Land of the Free (Beck)
Man on a Mission (KH, Beck)
To the Metal (Beck)
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Rebellion in Dreamland (Tobi)
Send Me a Sign (Tobi)