URIAH HEEP - Lauda, Stadthalle
OUTSIDER-Tour 2014
Konzert vom 06.12.14
Support: VOODOO CIRCLE + 21OCTAYNE
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URIAH HEEP
VOODOO CIRCLE
21OCTAYNE
Nach kurzem Fußmarsch (etwa 500 m) erreichen wir die geräumige Stadthalle in Lauda, um das Ticket an der Abendkasse zu lösen, sogleich richten wir unseren Blick auf's Merchandiseangebot und bekommen einen Schreck. URIAH HEEP-Shirts für 25 Okken, Signierte CD's für 30 Okken und vieles andere zu stark erhöhtem Preis, nee... da klappen einem glatt die Augen zu! Beim 21 Octayne und VOODOO CIRCLE-Stand wird weitaus fanfreundlicheres Niveau gefahren. 10 – 12 Euronen für ein vollständiges Longplayalbum auf CD, das ist fast schon mehr als O.K.
Die Preise für Apfelsaftschorle, Wasser, Orangenlimonade, Cola und Bier (2,50 pro 0,33er-Flasche) liegen im Rahmen gängiger Standards, wobei 1 Euro Pfand pro Flasche abgedrückt werden muss. Zunächst sind zwei Apfelsaftschorlen fällig, um das Geschehen auf der Bühne relaxt zu verfolgen.
21 OCTAYNE
betreten pünktlich die Bühne der Stadthalle Lauda. Die Band um Axxis-Klampfer Marco Wriedt bringt melodischen Hardrock, dessen leicht ins Ohr gehende Melodien verbunden mit catchy Hooks und schmissigem Groove am frühen Abend gegen 20:00 Uhr schon eine größere Anzahl neugieriger in die Stadthalle locken, 21 OCTAYNE klingen erfrischend lebendig, statt belanglos dröge, obgleich sie in den ersten 10 Minuten noch keinen Flächenbrand auslösen. Das Publikum kommt schrittweise mehr, ab der zweiten Hälfte zunehmend besser auf Touren. Mit dem Titeltrack vom Debüt, „Into the Open“ verabschiedet sich der mit respektvollem Höflichkeitsapplaus bedachte Vierer ordnungsgemäß noch ehe der Gig so richtig begann, weil die halbe Stunde zügig vorbei geht und das Bühnenplateau geräumt wird. Ein kurzweiliger Aufgalopp mit solidem Unterhaltungswert.
Vertieft in lockeren Gesprächsmodus munden Apfelsaftschorle und Orangenlimo erfrischend lecker nach kurzer Umbaupause wird’s höchste Eisenbahn, unseren Fokus vor die Bühne zu verlagern.
VOODOO CIRCLE
Am sich redlich mühenden, alles gebenden Fünfer liegt's nicht, wenn das Publikum über weite Strecken ziemlich hüftsteif aus dem Kreuz kommt. Als Vorgruppe von GOTTHART & Co. wäre die Truppe um Alex Beyrodt und Matt Sinner wesentlich besser aufgehoben. Das alle fünf Band- mitglieder des 'Voodo Zirkels' gelernte Vollblutprofis sind, dürfte speziell Insidern bekannt sein.
Nummern wie „Blind Man“ und „The Saint and the Sinner“ wecken serienweise Erinnerungen an 70er-DEEP PURPLE/WHITESNAKE-Zeiten. Wüsste ich's nicht eindeutig besser, würde zumindest in puncto Mimik, Tonlage und Gestik WHITESNAKE-Sangesikone David Coverdale auf der Bühne stehen. David Readman hat das gesamte Repertoire des großen Idols nahezu perfekt drauf. Band und Publikum werden erst zur Hälfte des VOODOO CIRCLE-Auftritts warm, wobei dies nicht an der Band selbst liegt, die einige sehr feine Kostproben ihres Könnens gibt. Alex Beyrodt spielt hinter dem Rücken Gitarre, legt seine Stratocaster auf den Boden, spielt kniend, macht sich im Kreise auf dem Boden rollend den Angus Young, zeigt was er in diverser Variation alles am Griffbrett kann, auch wir kommen kaum aus dem Staunen heraus. Atemberaubend, was der sonst amtlich u. a. bei PRIMAL FEAR und SINNER tätige Seitenästhet an seinem Lieblinsinstrument zu Wege bringt. Am Schluß wird mit der Frage „Habt ihr vielleicht Bock auf etwas Rock n' Roll?“ kräftig die LED ZEPPELIN-Keule geschwungen (das Kultstück „Rock n' Roll“) setzt noch ein Ausrufezeichen und das Publikum zu gut erletzt heftig abtanzend endlich auch mal headbangend oder irgendwelche anderen Formen des aus sich heraus gehens demonstrierend in Bewegung, ehe die Band endlich den ihr zumindest gebührend starken Beifall erntend, von der Bühne abtritt. Schlecht waren VOODOO CIRCLE, die uns richtig überzeugten keineswegs, nur heute vielleicht am falschen Ort, wie auch die etwas magere Merchausbeute des Voodookreises hinterher belegt.
Bevor der mit Spannung erwartete Headliner die Bühne betritt, dessen aktueller Release für uns zu den Topreleases des Jahres 2014 gehört, werden schnell noch Cola und Apfelsaftschorle besorgt.
URIAH HEEP
Auf die anstehende Tour der neben LED ZEPPELIN und DEEP PURPLE vielleicht wichtigsten Gründerväterlegende des klassischen Hardrocks haben wir uns bereits lange im Vorfeld gefreut. URIAH HEEP waren seit jeher eine klassische Hardrockband mit Experimentierstil (und sind es noch immer), keine wie manchmal fälschlicherweise behauptet wird, Progressive-Hardrockcombo. Nach Aufklärung dieser Räuberpistole, deren Pulverstaub wie eine Zeitungsente durch manches Internetforum geistert, nun zum eigentlichen Bericht, das Geschehen möge also revue passieren.
Einmal völlig abgesehen vom unverständlicherweise sauteuren Merchandise liefert das englische Hardrockgeschwader den erwartet starken Gig. Shouter Bernie Shaw kommuniziert häufig auf denglisch mit dem Publikum, d. h. er spricht eine Mischung aus Deutsch und Englisch und schafft es tatsächlich, die Massen in der Sporthalle Lauda durch markige Spruchvielfalt zu unterhalten. So sympathisch der Mann sich gibt, kommt mir desöfteren der Gedanke in den Sinn, ob er sich nicht so manches bei SAXON-Häuptling Biff Bifford abgeschaut hat, diese kumpelhaft väterliche Art auf die Masse einzuwirken, fröhliche Mitsingspielchen einzubauen, sich permanent selbst parodierend auf die Schippe zu nehmen. Es ist eine völlig eigene Kunst für sich, über ein richtiges Sammelsurium Entertainmentqualitäten zu verfügen und sie derart geschickt miteinander zu kombinieren! Hinsichtlich Stimmlage ist der Mann von der kaum geringwertiger einzuschätzenden Szenekorpiphäe ebensowenig entfernt. URIAH HEEP Gründungsurgestein Mick Box lässt die Klampfe extrem virtuos quietschen, kreischen und Sägen das es wie so oft ein Segen ist, diesem Filigrankönner bei seiner Arbeit zuzuschauen oder schlichtweg ins deftige Abrocken zu geraten!
Drummer Russel Gilbrook, Phil Lanzon, der Mann hinterm Keyboard und Bassist Davey Rimmer, dessen moderne Bassequipment für erstaunte Blicke sorgt, garnieren den Auftritt mit harmonisch zusammengeführter Rhythmusarbeit. Russel Gilbrooks' Schlagzeug kommt klar und laut. Überhaupthaben die zuständigen Leute für den Sound einen perfekten Job geliefert, warum sich allerdings eine verwirrt dreinblickende Lady demonstrativ die Ohren zuhält, leuchtet nicht ein: Ohrenstöpsel, Watte, Taschentücher oder schlicht irgend etwas zum Dämmen der Gehörgänge ist hier umso empfehlenswerter, ein Hardrockkonzert ist weder Kaffekränzchenball noch Adventsmarktgedudel!
Das recht lange nicht mehr gebrachte, fast zehnminütige Opus „Magician's Birthday“ wird zum frenetisch umjubelten Konzert-Höhepunkt, intensiver groovend und Spirit entfachender geht’s schon nicht mehr! Auch die Lightshow kommt an, wenngleich der häufige Farbwechsel zwischen rot und violett sich des öfteren ungünstig auf's Fotografieren auswirkt. URIAH HEEP haben seit über 4 Jahrzehnten Musikgeschichte geschrieben. Dem entsprechend verwundert es nicht, das neuere Stücke vom aktuellen immens geradlinig ausgefallenen Touralbum Outsider („Speed of sound“, „The Law“, „Rock the Foundation“, „The Outsider“, „Can't take that away“ usw.), von der treuen Anhängerschaft genauso positiv angenommen werden, wie bewährtes Klassikermaterial, an dem es für beinharte URIAH HEEP-Fans überhaupt kein Vorbei gibt, „The Hanging Tree“, „Too Scared to Run“ oder das düstere Pathoslehrstück „July Morning“ gehören definitiv dazu. So mancher Abstrich lässt sich entsprechend eines derart speziellen Sets kaum vermeiden, wobei fast alle Outsider-Stücke gespielt werden, dafür bleibt zeitloses Klassikermaterial auf der Strecke, was doch einige Fragen aufwirft. Der „Rainbow Demon“ bleibt im Schrank, der Zauberer („The Wizard“) darf sich ebenfalls nicht in seiner Kunst üben, „Bird of Prey“ fehlt, auch der HEEP-Nostalgiebringer „Stealin'“ wird im Koffer gelassen. Ansonsten war im Groben betrachtet so ziemlich alles dabei, was URIAH HEEP in ihrer Größe ausmacht. Ein mitreißender Auftritt inklusive Zugabeteil, nur das wirklich sündhaft teure Merch hinterlässt zumindest etwas merkwürdigen Beigeschmack, ansonsten muss den alten Recken die erwartet energiereiche Leistung in vollem Umfang attestiert werden! „Lady in Black“ (tauscht die Akustikklampfe gegen den E-Stromheuler), wird vom gesamten Hallenareal bis zur letzten Reihe mitgesungen, die Fans liegen sich überschwänglich in den Armen, Klatschen, Tanzen, Singen, Paare kuscheln miteinander, erheben die Hände oder lassen heftig ihre Haarpracht fliegen! Ebensowenig dürfen die ultimative Psychedelic-Hymne „Gypsy“ und der peitschende Rocker „Easy Living“ fehlen, Melissa gerät in Fahrt und ich bekomme jetzt noch einmal richtig Hörner!
So kennen und lieben zahlreiche Fangenerationen den britischen Fünfer, der in derartiger Topform absolut sehens- und erlebenswert ist, wobei stets mit einer unterschiedlich variierenden Auswahl an Klassikern zu rechnen ist. Kleine Anmerkung vom Verfasser dieser Texteruption sei angebracht: nächstes Mal zwei Stücke weniger vom beinahe komplett runter genudelten Tour-Album, das ein phantastisches Werk geworden ist, doch will man als Fan bevorzugt gerade die Klassiker hören; dem gemäss bitte wieder mit dem Fünfsternehotel für Hardrockgourmets auftrumpfen, will heißen: „The Wizard“, „Rainbow Demon“ und „Stealin“, dem Hippiebonus „Free Me“ und „Fallen Angel“!
Im Gefühl eines beschwingt lockeren Konzertabends mit bunt gemischtem Auditorium verlassen wir etwa gegen 00:30 den Ort des Geschehens, die Sporthalle in Lauda, um zeitig den Rückweg per Taxi anzutreten. URIAH HEEP waren wiedermal ein Erlebnis. Ja, die alten Recken können's noch, das haben sie auf ganzer Linie bewiesen. Wie heißt es dabei so schön? Je oller, je doller...!
Setlist URIAH HEEP
Speed of Sound
The Hanging Tree
Too Scared to Run
The Law
Outsider
Sunrise
The Magician's Birthday
What Kind of God
One Minute
Can't Take That Away
July Morning
Lady in Black
Zugaben:
Gypsy
Easy Livin'
Fotos: Melissa Hart