METALLICA - Göteborg, Ullevi-Stadion
Konzert vom 22.08.2015
Support: Meshuggah
Ein ganz normaler Samstag im August? Weit gefehlt. Zum siebten Mal in ihrer Karriere gastiert eine Band namens METALLICA in Göteborg. 1981 gegründet stellt eine der erfolgreichsten Metal Bands der Welt nach 34 Jahren mit über 63.000 Zuschauern im ausverkauften Ullevi Stadion einen Zuschauerrekord für das größte Publikum bei einer Hard Rock Veranstaltung in Schweden auf. Respekt. Muss ich wirklich noch mehr schreiben? Oder ist so ein Konzert eh ein Selbstläufer? Naja, macht euch selbst ein Bild!
Seit über einer Woche herrscht in der Göteborg Region das gleiche Bild wenn man morgens aus dem Fenster schaut: Strahlender Sonnenschein, keine Wolke in Sicht. So auch an diesem Tag. Das bedeutet für mich ganz konkret, voller Vorfreude zunächst etwas Gartenarbeit, dann Grillen, dann Fußball-Bundesliga, dann ab zum Pendelbus. Perfekte 22 Grad erwarten mich und die bereits anwesenden Zuschauer im Altehrwürdigen Ullevi Stadion. Der rote Teppisch wurde ausgelegt, was bedeutet, dass es viele Vorfeste für dieses Konzert in allen möglichen Pubs gibt. Gleichwohl spielt die in Göteborg ansässige Rock-Radio Station Bandit Rock vermehrt Metallica Hits und die hiesige Zeitung Göteborgs Posten berichtet auf ihrer Homepage via Live Stream schon ab dem frühen Nachmittag vom Stadion. Im Grunde die allerbesten Voraussetzungen für ein geniales Konzert.
Um 19:30 Uhr betreten die Schweden MESHUGGAH die Bühne, um das bis dahin etwa mit 25.000 Leutschen gefüllte Rund anzuheizen. Kirk Hammett ist großer Bewunderer der Band und beide Bands bringen sich gegenseitig großen Respekt entgegen. Ob die Auswahl von Meshuggah als Vorband gelungen war, oder ob Bands wie Metallica und Konsorten überhaupt eine Vorband brauchen, da 99% der Zuschauer eh nur wegen dem Hauptact kommen sei mal dahingestellt. Die Fakten des 45 minütigen Auftritts: Im riesigen Stadion welches nicht mal zur Hälfte gefüllt war wirkt der 5er trotz Heimspiel verloren. Die Bühne ist zu groß und die Videoleinwände allein dem Hauptact vorbehalten. Kaum Licht (außer das der untergehenden Sommersonne) und ein Sound, der einfach mit einem Wort zu beschreiben ist: Schlecht!
Nichtsdestotrotz mag ich die kaum in eine Schublade zu steckende Musik von Meshuggah. Irgendwo eine Mischung aus Pantera, Fear Factory und vielen progressiven Einflüssen unterschiedlichster Herkunft. Eine zu erahnende fantastische Schlagzeugarbeit die zusammen mit Stakkato Bass und Rhythmusgitarren ein herausragendes Soundfundament legen, welches eben nur leider an falscher Stelle mit der falschen Soundanlage präsentiert wurde. Die Reaktion aus dem Publikum war dann auch eher bescheiden.
Irgendwie hatte ich dann dummerweise mit einer kurzen Umbaupause gerechnet und mit Metallica Konzert Beginn um 20:30 mit 2,5 Stunden Spielzeit. Ullevi liegt immerhin mitten im Centrum und da dachte ich, dass das Konzert eher früh anfängt und zu Ende geht. Tja, was dann passiert, war nicht nur unverständlich, sondern schon fast provozierend frech. Um 21:30 Uhr also nach 75 Minuten Pause (warum soll ein Support das Publikum in so einem Fall anheizen?) ging das typische Metallica Western-Intro los.
Als dann die ersten Töne von Fuel ertönten dachte ich mir, aha okay, ich verstehe. Ihr wolltet warten, bis die Sonne untergegangen ist, damit die Flammenwerfer beim Opener besser zur Geltung kommen? Und was passierte dann? Genau, nix! Häh? Was soll das denn? Flammen waren einzig und allein auf den Videoleinwänden zu sehen und das war's. Bereits der 2te Song war eines der (wenigen) Highlights des Sets: For whom the bell tolls lies zum ersten Mal richtig Stimmung im jetzt vollbesetzten Stadion aufkommen. Danach ohne das Intro vom Band der Einstieg zu Battery, dem wahrhaftig einzigen richtig schnellen Song des Sets. Häh schon wieder, was geht denn hier ab? Okay okay, ich verstehe, ihr seid ja nicht mehr die Jüngsten und vor allem Lars, der auch vor 15 Jahren und 25 Jahren schon Schwierigkeiten mit schnellem Double Bass Spiel hatte rettet sich wie ein japsender Hund ins Ziel. Egal, Ulrich gehört zu Metallica in guten wie in schlechten Zeiten. Und wie eigentlich immer wenn ich Metallica sehe, hört man die Bassdrum eh nur bei langsamen Passagen mit leicht zu unterscheidenden Schlägen. Wenn dann das Gaspedal durchgedrückt wird, wird entweder die Lautstärke von den Bassdrums runtergeregelt oder Lars spielt mit sehr viel weniger Kraft.
Effekte, das darf ich an dieser Stelle vorwegnehmen, waren komplett gestrichen, wenn man mal von den schwarzen Gummibällen, die bei der letzten Zugabe Enter Sandman von oben auf die Zuschauer regneten absieht. Achja und ein wenig Lasershow gab es, die vor allem bei One und Nothing else matters schön in Szene gesetzt wurde. Und dann gab es da noch was, was zwar irgendwie Metallica typisch ist (siehe Snakepit), aber diesmal doch irgendwie komisch anmutete. Ca 50 Metalliheads wurden nämlich mit weißen T-Shirts bestückt und dann auf der Bühne direkt hinter dem Drumkit platziert und konnten so ein unvergessliches Erlebnis mit nach Hause nehmen. Für die restlichen 63.000 erschloss sich der Sinn irgendwie nicht.
Richtig schade war dann die Songauswahl, denn es war so eine Art „Nummer sicher“ Setlist ohne Überraschungen. Letztes Jahr wurde an gleicher Stelle noch Call of ktulu präsentiert, diesmal dann eben Turn the page… häh? The frayed ends of Sanity erfreute mich persönlich dann doch noch.
Und One ohne die altbekannte und doch so liebgewonnene Knallerei am Anfang mit krawumm durch Mark und Bein… da fehlt irgendwie was. Was nicht fehlte (und dann ist auch Schluss mit dem Lars Ulrich Bashing – versprochen) waren die verzweifelten Versuche, die Double Bassdrum Passagen im schnellen Teil von One hinzukriegen. Entweder hat der Mixer da das Mikro einer Bassdrum ausgeschaltet oder Lars hat tatsächlich versucht Double Bass mit einem Fuß zu spielen.
Achja, der Sound… mit einem Wort: Schlecht. Ja ich weiß, Open Air ist so eine Sache. Aber ich habe an gleicher Stelle The big 4 mit eben Metallica gesehen und der Sound war klasse. Die Balladen waren okay, aber sobald das Tempo in etwas schnellere Regionen driftete war's vorbei mit der Herrlichkeit.
Summasumarum kann man sich über den Sinn dieses Konzertes oder der Europa-Tour streiten. Andernorts wurde zumindest das neue Lords of summer vorgestellt, aber ansonsten liegt das letzte Album Death Magnetic, welches im September 2008 veröffentlicht wurde ja schon sieben Jahre zurück. Auch hierzu wird in den schwedischen Medien aufgrund der Biografie „Into the black“ von Paul Brannigan und Ian Winwood wild spekuliert. In der Überschrift der schwedischen „Bild“-Zeitung Aftonbladet heißt es zB: Darum sind Metallica gezwungen in Schweden aufzutreten! In der genannten Biografie errechnen die Autoren nämlich, dass Metallica seit 2010 mehr Geld verloren als eingenommen haben. Natürlich hat ein so großes Unternehmen einen immensen Kostenapparat, der nicht stillsteht, wenn die Band mal Pause macht oder etwas länger für das nächste Album braucht. Dazu kommen Flopps wie St. Anger, der Film Through the never oder das vollkommen in die Hose gegangene Projekt Lulu, die mehr kosteten als einbrachten.
So ein Konzert mit 63.000 bei durchschnittlichen Ticketpreisen von umgerechnet ca. 60 EUR bei extrem abgespeckter (um nicht zu sagen billiger Produktion) macht sich dann natürlich positiv in den Büchern bemerkbar.
Um das Konzert abzurunden noch ein paar allerletzte fragende Worte: Müssen diese Soli von Kirk Hammett und Rob Trujiillo wirklich sein? Oder braucht die Band einfach diese Verschnaufpausen? Kann es wirklich sein, dass die Cover Version eines irischen Folkliedes, welches von unzähligen anderen Acts zur Genüge ausgelutscht wurde bei einer Band der Kategorie Metallica den Zugabenteil einleitet und (jetzt kommts, festhalten) am meisten von allen Songs des kompletten Sets abgefeiert wurde… häh? Auf der anderen Seite kann es bei einer Band wie Metallica im Grunde kein wirklich schlechtes Konzert geben. Die Klassiker dieser mächtigen Band werde ich auch in vielen Jahren noch gerne Hören und haben auch am gestrigen Abend Spaß bereitet. Und James Hetfield hat in Göteborg einen 1A-Gig gesangstechnisch abgeliefert. Es ist wohl eher so, dass die Messlatte hier einfach sehr hoch liegt.
Fazit: Was hab ich nicht schon alles für magische Konzerte mit dieser Band miterleben dürfen, immer wieder wurde man von tollen Showmomenten überrascht und auch die Songauswahl hat mich im Grunde nie enttäuscht. Im August 2015 lautet die Überschrift zum Konzert-review der oben bereits genannten Tageszeitung „Wie ein guter Tag auf der Arbeit“. Dem kann ich mich in etwa anschließen, denn es waren eher routinierte auf Sicherheit gehende 2 Stunden anstelle eines energiegeladenen mitreißenden Konzerts. Die fehlende Überraschungen im Set als auch das Verweigern jeglicher Pyros und der schlechte Sound lassen mich sogar eher noch die Frage stellen, ob es wirklich ein „guter“ Tag auf der Arbeit war oder doch eher ein durchschnittlicher?
Setlist Meshuggah:
obZen
Do not look down
Bleed
New millennium cyanide Christ
Demiurge
Mind’s Mirrors
In death – is life
In death – is death
Spielzeit: 45 Minuten
Setlist Metallica:
Intro: The Ecstasy of Gold (Ennio Morricone)
Fuel
For Whom the Bell Tolls
Battery
King Nothing
Disposable Heroes
The Day That Never Comes
The Memory Remains
The Unforgiven
Sad But True
Turn the Page (Bob Seger cover)
The Frayed Ends of Sanity
One
Master of Puppets
Fade to Black
Seek & Destroy
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Whiskey in the Jar (Cover eines irischen Volkslieds)
Nothing Else Matters
Enter Sandman
Spielzeit: 120 Minuten
Zuschauer: 63.036
Wertung 6,5/10
Fotos: Dirk Hauer