X. HAMMER OF DOOM - Würzburg, Posthalle

Festival vom 20./21.11.15

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HAMMER OF DOOM

Ein Jubiläumsfestival extrem schräger Art

Am vorletzten Novemberwochenende lockt die Jubiläums-Ausgabe des HAMMER OF DOOM-Festivals bereits das 10. Mal hintereinander ein auf schleppend schwere Düsterheimerkost geeichtes Publikum in die Posthalle. Dauerhafter Regenfall begleitet von scharfer Kälte kündigt den Winter an. Vor der Halle ist diesmal recht wenig los, draußen ist es lausig kalt, so manches Bierchen geht zusätzlich über den Tresen, unser Einstieg erfolgt mit gekühlter Cola, das weckt gleich richtig die Lebensgeister, nach der Einparkrunde am Tresen werden Freunde und Bekannte begrüßt, noch ehe sich unser Blick direkt gen Bühne richtet. Ein Rundgang durchs Ambiente vermittelt ersten Eindruck von der Stimmung. Die Händlerstände sind berstend voll mit einer bunten Auswahlpalette diverser CD/Vinyl-LP-Tonträger, sowie T-Shirts, Kapus, Anstecker, Schmuck, Hosen, vorgefertigte Gebrauchs-Kutten, sowie andererer Merchandise-Artikel, etc. . Das umfangreiche Getränkeangebot in der Posthalle reicht von Wasser, Cola, Bier, Apfelsaftschorle, Orangensaft und Kaffee bis alkoholfreies Bier. Der Stand vom ebenfalls zum Festival-Inventar zählenden Hotdog-Verkäufer befindet sich an gewohnter Position im hinteren Teil der Halle. Schade, das den lässiges Chillout-Flair garantierenden Holzsesseln vom Vorjahr biedere Bierzeltgarnituren vorgezogen wurden.

HAMMER OF DOOM-Freitag, 20.11.15

Aus dem dunklen Turm des Zauberers ragt ein umgekehrtes Pentagramm

CROSS VAULT

geben eine respektable Auftaktperformance. Gelangen dem Detmolder Doom-Trio mit Spectres of revocable Loss und The All-Consum bis dato zwei starke Scheiben, hinterlässt die Nordrhein-Westfälische Truppe, deren kräftig vom Novemberregen profitierendes Gastspiel eine unerwartet beträchtliche Zahl Neugieriger anzieht, live on Stage mit langatmigen Slo-Mo-Schwerblütern der Justierung „Revocable Loss“ eine kaum weniger beachtliche Visitenkarte. Zeitweise blitzen Schattierungen ganz früher-PARADISE LOST/ MY DYING BRIDE auf. - Bemerkenswert starker Einstieg in den kürzeren Festival-Freitag!

PATH OF SAMSARA

Egal, ob sich das Gemisch des Freisinger Trios (laut Selbstdefinition) Black Magic Rock n' Roll oder vom meiner Warte aus Dark Magic Okkultrock nennt, die YEAR OF THE GOAT-, BLOOD CEREMONY-, THE DEVILS BLOOD-Fraktion heißt einen neu aufgehenden Stern am Düster-Okkultrock-Firmament willkommen. Ein frischer  Szenenewcomer, der dank seines aktuell erfolgreichen, extrem facettenreichen Monumental Okkultepos 'The Fiery Hand' über ebenso locker hängen bleibende Grooves, reichlich obskuren, düster okkulten Inhalt, eine fesselnde Liveperformance mit eigens auf der Bühne platzierten Altar inklusive dreiarmigem Kerzenleuchter verfügt. Kriechende Finsterhymnen in zückersüß klar gesungener Melodie, umgeben von weltentrückt verschroben-gruseligem Psychedelic-Flair breitet sich kreisförmig wie der Schleier einer über den Köpfen der Leute befindlichen Kuppel innerhalb der gesamten Halle aus. Während des Gigs herrscht eine richtig angespannte, kaum in Worte zu fassende Stimmung. - PATH OF SAMSARA, soviel wird ersichtlich,  haben im Anschluß dieser wahrlich berauschenden Okkultarie ihre bisherige Fanbasis problemfrei gehalten, kräftig ausgebeaut und auf diesem Wege zahlreich weitere Jünger zur Beschreitung des lichten Pfades hinzugewonnen!

Nach den prächtig einschlagenden Vorbands CROSS VAULT und PATH OF SAMSARA verlagert sich das Interesse einer zunehmend größer werdenden Fanmasse direkt vor die Bühne. Der Grund dafür kommt aus Schweden, genießt seit den End-80ern innerhalb der auf episch zelebrierte Finsterheimer Melancholie fixierten Doomszene zentnerfetten Kultstatus und hört auf den Namen:

SORCERER

haben sich im Rahmen der 5. Auflage des HAMMER OF DOOM-Festivals reformiert, um fünf Jahre später, an den Ort ihres Comebacks zurückkehrend einen Wahnsinnsauftritt hinzulegen! Punkt 21:00 legen die Schweden mit einer feinen Setlist los. Bei den SORCERER-Fans gibt es kein Halten mehr, was nicht weiter verwundert, das bärenstarke SORCERER-Debüt schlug einer mächtigen Bombe gleich im europäischen Doom-Underground ein. „In the Shadow of the inverted Cross“ gehört zum aller besten, was außerhalb von Genrekoryphäen wie CANDLEMASS und SOLITUDE AETURNUS seit geraumer Zeit auf dem Epic-Doom-Sektor erschien. Der feinfühlig heroische Klargesang von Anders Engberg, der im Nachtwächtergewand mit Lampe in der Hand brilliert, dessen Klares Hochtonorgan sich wohltuend vom Wust der breiten Masse abhebt, veredelt heroische Hymnen, die mit entsprechender Gestik sowie gepflegtem Düsterbombast in Form von Sprechgesängen plus Keyboardeffekten untermauert, ihr Publikum in den Bann ziehen. Epic-Walzen vom Kaliber „The Dark Tower of the Sorcerer“, „Sumerian Script“, „Lake of the Lost Souls“, „Prayers For The King“, „In the Shadow of the Inverted Cross“ das heroische „The Battle“ und die mächtig eindrucksvoll kein Wikingerschwert ruhen lassende Heidenhymne „Northern Seas“ (von der 2004 erschienenen 'Heathens from the North'-Compilation) sorgen für unglaublich fesselnde Stimmung bei manch vergossener Freudenträne. Zwischendurch des öfteren laut hörbar zu vernehmende „Sorcerer, Sorcerer“-Fan-Chöre verdeutlichen: SORCERER sind momentan das Maß der Dinge hinsichtlich Epic-Doom, - ein Act vor dem gänzlich ohne Fremdschämen der würdevolle Kniefall zelebriert werden darf, was in vorderster Reihe von zwei am Geländer bangenden Fans in Form einer „Wir sind unwürdig“ -Verneigungsposse (die schwer an den Film Wayne's World als Meister ALICE COOPER um Audienz bittet erinnert) tatsächlich zelebriert wird! Der mitreißende Groovehammer „The Gates of Hell“ überrollt gnadenlos alles, gefolgt vom ebenso starken Überepos „In The Shadow Of The Inverted Cross“. SORCERER werden ihrem legendären Ruf in aller Form gerecht. Dem Zauberer „The Sorcerer“ bleibt es vorbehalten, das granatenstarke Doomspektakel zu beenden, danach fällt amtlich der Vorhang.

Obgleich die Schnittmenge der anwesenden Gäste bei PENTAGRAMM erwartungsgemäß stark ansteigt, haben SORCERER verdoomt mächtig (!)  viel Eindruck geschunden, zahlreiche Fans bestätigen dies, ihre Gesichter sprechen Bände. - PENTAGRAM sind gefordert, alles zu geben! Bei amtlich druckvollem Sound sollte ihnen dieses Unterfangen auch gelingen. Zurück an alter Wirkungsstätte vor bewährtem Fankreis auftretend kann im Grunde genommen nichts anbrennen.

SORCERER verabreichten folgenden Set aus den Gemächern vom Dunklen Turm:

01. Born With Fear
02. The Dark Tower of the Sorcerer
03. Lake of the Lost Souls
04. Northern Seas
05. Sumerian Script
06. The Gates of Hell
07. The Battle
08. Prayers For a King
09. In The Shadow of The Inverted Cross
10. The Sorcerer

PENTAGRAM

Bobby Liebling heute wieder in Schwarz. Ja, so passt's, und so gehört es sich auch! Das auf dem Rock Hard-Festival reichlich deplazierte rosa (!) wollen wir doch lieber ganz schnell vergessen... räusper* Extrem laut abgemischt präsentieren PENTAGRAM eine mit zahlreichen Klassikern vollgepackte Setlist, u. a. „Death Row“, „All Your Sins“, „Forever My Queen“, zu deren Inhalt das Publikum vom Start weg richtig steil geht! Wenn die Stimmung so derart hochgeht, kann man es sich locker leisten, auch Nummern wie „The Tempter Push“ vom schwächeren Curious Volume-Output einzustreuen, die ebenso dankbar vom Publikum angenommen werden. Bobby Liebling wirkt körperlich fit, präsentiert sich stimmlich in Topform, dabei richtig impulsiv ausdrucksstark zu Werke gehend. Seine Gestiken zeigen, das sich der gut aufgelgete, sich energiegeladen quirlig auf der Bühne präsentierende Altmeister des Doom vor heftig mitgehendem Kennerpublikum sichtlich wohl fühlt. Das Gesamtbild sagt soweit alles. PENTAGRAM geben (wie schon vor drei Jahren wo die US-Truppe als überragender Headliner auf dem H.O.D. 2012 kräftig abräumte!), erneut ein prächtiges Heimspiel in Würzburg. Gitarrenvirtuose Victor Griffin spielt zusammen mit Basser Greg Turley ein extrem fett hart groovendes Brett, gebärdet sich seine Axt mehrfach in die Luft reisend, bis zum äußersten Anschlag quietschen lassend, wie eine tobende Wildsau auf der Bühne – genau diese ungezügelt ruppige Wildheit die zahlreiche Bands vermissen lassen, ist es, wenn der Gedankenfundus um ein Hardrock-Konzert kreist, jene Pure Essenz des wahren Rock n' Roll, welche die Musik erst zu dem werden lässt, was sie ist. Ausgelebte Wildheit auf der Bühne mit zentnerdick Dreck unter den Fingernägeln! Drummer „Minnesota“ Pete Campbell (u. a. Ex-IN GRAVED, Ex-PLACE OF SKULLS, ELECTRIC ALLMIGHTY/SPIRITUAL OUTLAWS) seit 2015 im Team, feuert hinter seiner Schießbude aus allen Rohren, das es heftig scheppert und knallt. Zum genialen Zugabetriple bestehend aus den Doomperlen „Last Days Here, „Be Forewarned“ und „20 Buckspin“gibt's in der bis zum Schluß restlos tobenden Halle überhaupt kein Halten mehr!

PENTAGRAM haben ihren unanfechtbaren Status in beeindruckender Weise bestätigt. Großartig!

Der fünfzackige Stern brachte die Posthalle mit dieser Setlist zur Erschütterung:

01. Death Row
02. All Your Sins
03. Close the Casket
04. Sign of the Wolf
05. Forever My Queen
06. The Tempter Push
07. Screams
08. Wartime
09. Dead Bury Dead
10. Curious Volum
11. Dying World
12. Devils Playground
13. Relentless
Zugabe/n:
14. Last Days Here
15. Be Forewarned
16. 20 Buckspin

Nachträglich bleibt festzuhalten: Obwohl PENTAGRAM einen echtem Top- Auftritt hinlegten, waren die Schweden SORCERER aus Sicht vieler Doomlunatics das eigentliche Highlight des Festivalfreitags. So, nun aber nichts wie auf zur Garderobe, Jacken geholt, zum Bus gelaufen, rechtzeitig nach Hause, kräftig Schlaf tanken, der lange Festivalsamstag steht erst noch bevor...

HAMMER OF DOOM-Samstag, 21.11.15

Eine Legende erwacht!

LORD VIGO

machen für den Einstiegsact alles richtig. Die Halle ist schon einigermaßen angenehm gefüllt. Nach zahlreich positiven Reaktionen innerhalb diverser Heavy Metal-Postillen, haben sich LORD VIGO ihren Slot als Supportact vor immerhin acht weiteren Acts redlich verdient. Statt schleppend geht’s häufig tempoforciert zur Sache. Dem entsprechend rocken LORD VIGO mit episch inszenierter Drama-Theatralik mit „The Arrival“ „Babylon, The Great“, „Ishtar – Queen of the Night“ und einem fulminant den Tempofaktor erhöhenden „Terror Witchcraft“ die Bühne. Sänger Vinz Clortho geht sogar erkältungsgeschwächt ins Rennen, und meistert seinen Auftritt ungeachtet der Grippe bravourös. Ein Teil des früh in der Posthalle anwesenden Publikums lässt sich vom LORD VIGO-Virus infizieren. Wer darüber hinaus ein so kraftvoll fließend umgesetztes WITCHFINDER GENERAL- Cover („Witchfinder General“) im Programm hat, kann so gut wie nichts mehr falsch machen. LORD VIGO erfahren zurecht von ihrer treuen Fanschar lautstarke Unterstützung. Nach dem (nicht unter der karpatischen Sonne erfolgten Bühnenabtritt) steht das Ergebnis eindeutig für uns fest: Äußerst gelungener Auftakt, der einen reichlich interessanten Tag verspricht!

DOOMSHINE

Zu überraschend früher Zeit müssen die deutschen Epic-Doomer DOOMSHINE auf die Bretter, während sich die Fanreaktionen seitens der H.O.D.-Anhängerschaft zunächst stark in Grenzen halten. Durch lockere Ansagen „Keine Ahnung, wie sie heißt“... „Third From Inferno“ heißt se nicht, dafür aber unser nächster Song“ (vom starken Piper at the Gates of Doom-Album) heizt Sänger/Gitarrist Tim Holz die sich nun zunehmend steigernde Stimmung an. Mit einer netten kleinen Anekdote, laut derer es heißt, er habe davon geträumt, Bobby Liebling sei auf der Bühne gewesen, auf einem Stuhl gesessen und wäre am nächsten Morgen relaxt beim Teetrinken in eine Zeitung vertieft am Lesen, lockert der Blonde Vokalist den Stimmungspegel im Publikum ein wenig auf. Ob dem wirklich so gewesen ist, darüber darf spekuliert werden. In für alle verständlicher Kurzansage wird „No One Kills….“ - “Freedom!“ angekündigt. DOOMSHINE  geben ihr bestes, wenigstens geht ein Die-Hard- Fanblock in den vorderen Reihen vom Start weg begeistert zu sämtlichen Epic-Doomwalzen darunter auch „Shine on, sad Angel“ und „Where Nothing Hurts, But Solitude“ mit. Tim Holz lässt es sich ebensowenig nehmen, eine Warnung vor Schottischem Malz-Whiskey (Scottish-Malt Whisky) auszugeben, ehe „Shelter of the Beast“ kraftvoll melodiös walzend im druckvoll rollenden Groove gebracht wird. Es wäre sinnvoller gewesen, DOOMSHINE besser etwas weiter hinten im Billing zu platzieren.Gemessen an ihren Qualitäten dürfte für die in guter Form befindlichen das Publikum in den vorderen Reihen sicher mobilisierenden Epic-Doomer dank eines verlässlichen Hymnenvorrats unter passenderen Umständen mehr möglich gewesen sein.

BLACK OATH

Hinterließen DOOMSHINE angenehmen Eindruck, bestätigen die Italiener BLACK OATH meine Vorahnungen. Gespaltenes Publikum, viele Neugierige, wenig Vielseitigkeit, Funeral-Doom der immer mal zwischendurch bei schleppend langsamer, groovend und kantig harter Spielweise nach vorn auch manchen Progressive Rhythmuswechsel einstreut. Am aller meisten erstaunt der ziemlich eigenständige keiner bekannten Szenegröße zuordbare Gesang ihres Fronters, womit ein gewaltiges Plus in Sachen Wiedererkennungswert zu Buche steht. Im Publikum bleibt's bis auf einige wenige schwer überzeugte, denen das starke „Ov Qliphot and Darkness“-Silberdeckelchen geläufig ist, für die dritte Band im Billing ziemlich ruhig, die nicht nur an uns vorbeiplätschert, während einige Hardliner Beim vorletzten Track, wenn sie denn mal richtig brachial nach vorn gehen, rührt sich etwas bei mir, ansonsten reißen die sich kräftig auf der Bühne abmühenden Funeral-Doomer BLACK OATH ihr kleines Die-Hard-Fanklientel vollständig mit, doch ansonsten nicht allzu viel. Ob's eventuell am komplexen Material der Italiener liegt? Wahrscheinlich schon. Auf Studiotonkonserve klingen BLACK OATH verdammt gut. Live hingegen wirken sie ganz anders.

Daran zeigt sich, dass bei der Positionierung der Bands im Billing vom Samstag etwas mehr Fingerspitzengefühl erforderlich wäre. Zu viel Depro-Doom hintereinander lullt zu sehr ein, schlägt extrem auf's Gemüt. Deshalb wäre es ratsamer gewesen, eine Epic-Doomband dazwischen zu schieben.

CARONTE

spalten trotz größerer Anwesenheit als bei den drei Bands zuvor wie schon Black Oath die Gemüter, wobei den auf ihre Landsleute folgenden Stoner-Doomern die bisher größten Publikumsreaktionen zu Teil werden, woran CARONTE-Fronter Dorian Bones unschlagbare Gesangseinfärbung Marke DANZIG, PETER STEELE & Co. gewichtigen Anteil trägt. Die fett walzende Rhythmussektion in Person von Henri Bones/Mike de Chirico macht keine Gefangenen. Zur Halbzeit wird's anstrengend. Nichts gegen das handwerkliche Können, das dröhnende Geknarrze der Wummernden sechs Fuß tiefergelegten Seitenfidel von Tony Bones mit einbezogen, drückt das Gemisch aus tief verankerter Esoterik, Okkultismus und dem Schaffen Aleister Crowleys bei aller Liebe zum Finsterheimersound das Stimmungslevel phasenweise ganz extrem nach unten. Drückende Schwere liegt in der Luft. Ein Teil des Publikums zeigt sich angetan, zahlreich neugierige schauen hingegen regungslos zu, manche wandern zwischenzeitlich ab, denn die eigentliche Härteprobe für Geduld und Nerven folgt schließlich erst noch.

SKEPTICISM

polarisieren das Meinungsgefüge ziemlich extrem. Für einige ist der eigenwillige Funeral-Doom des Finnenquintetts nur schrecklich auf den Zeiger gehender Krach, für ein kleines auf schmerzhaft morbide Selbstverstümmelung abfahrendes Klientel hingegen zählen gerade SKEPTICISM mit ihrem Bizarr-Deprodoom zu den Highlights im Billing. Wie auch immer – es wird Zeit, die Halle zu verlassen, in Ruhe zu speisen, um nicht die Schweden THE ORDER OF ISRAFEL zu opfern.

Statt uns mit ätzend versalzener Pizza zu überteuerten Preisen den Magen zu verderben, geben wir dem Chinesen um die Ecke klar den Vorzug. Draußen regnet es weiterhin stark, es ist ungemütlich kalt. Da wir unsere Jacken nicht von der Garderobe nehmen dürfen, ohne ein weiteres Mal zu bezahlen, schenken wir uns dies, begeben uns mitten in den Regen. Letztes Jahr ist das noch möglich gewesen, der Erkältungsgefahr zu trotzen. Das hinterlässt komischen Beigeschmack. Gegenüber dem Freitag, wo die Running Order sich wunderbar den Bedürfnissen des Festivals anpasste, lässt die Planung für den Samstag, einiges zu Wünschen übrig, was nachdenklich macht.

THE ORDER OF ISRAFEL

Nach ihrem großartig eingeschlagenen Debüt „Wisdom“ ist der Name THE ORDER OF ISRAFEL vielen in der nun deutlich mehr gefüllten Posthalle bereits ein Begriff. „On Black Wings, A Demon“donnert im geradlinig trotzig-rotzigen heavy Groove mächtig derb in den Hintern tretend aus den Verstärkern, das es auch den Rezensent dieser Zeilen unweigerlich packt! Geil, endlich ist die heiß ersehnte viel zu lange abhanden gekommene Stimmung da! Zur Aufrechthaltung sorgt auch der zehn Minuten kultiges Früh70er- BLACK SABBATH-Flair in die Posthalle zaubernde Langriemen „Wisdom“. THE ORDER OF ISRAFEL schaffen es wie keine andere Combo vor ihnen richtig schön unter die Haut gehendes Doomfieber zu entfachen, das vor allem eines tut: ansteckt! Endlich kommt so etwas wie Stimmung auf, was bei den vorherigen Acts größtenteils fehlte. Auch dem Rezensent wird bei Nummern wie „The Earth Will Deliver, What Heaven Desires“ ganz schnell richtig warm. Die Band angeführt von ihrem australischen Fronter, Ex CHURCH OF MISERY-Stimmband-Ästhet Tom Sutton, dessen angenehm warmes Gesangspathos sich wohltuend im Raum ausdehnt, teilt der Anhängerschaft einige seit Veröffentlichung ihres Debüts schon lange offenen Geheimnisse nur allzu gern mit. „We are the Order, The Order of Israfel“ schwört die ORDER OF ISRAFEL-Jüngerschaft auf's Gebet ein, „Born For War“ rockt sich dank fett röhrender Heavy Grooves den Weg frei. THE ORDER OF ISRAFEL vertreiben mit ihrer erfrischenden Vorwärtsdynamik die zunächst häufig recht dröge Hälfte des ersten Tages. Patrick Andersson Winberg/Hans Lilja präsentieren sich als druckvoll aufspielende Rhythmusfraktion, zu deren Takt kräftig die Gitarren des Duos        Tom Sutton/Staffan Björk sägend wirbeln, solieren und riffen. Jau, so muss es sein. Zum Schluß verlassen die Schweden mit erhobenen Instrumenten vom Jubel der Menge überschüttet auf dem Gesicht ein breites Grinsen von der anstrengenden Performance schwitzend gezeichnet die Bühne. Hinterher sind sich viele einig: Die haben's gebracht! Einiges was zuvor schief ging, wurde wieder zurecht gerückt, womit ein Teil des zeitweise verkorksten Samstags gerettet wurde!

40 WATT SUN

lassen ein knappes halbes Dutzend langatmig zäh wie lava fließender Dronedoom-Eruptionen auf ihr eingeschworenes Fanklientel los, die sich eine Stunde lang in der Posthalle ergießend keinen Fan dieser Stils enttäuschen. Mit „The Inside Room“ gelang es dem Trio ein bärenstarkes Drowne-Doom-Meisterwerk, an dessen Inhalt es überhaupt nichts zu rütteln gibt. Auf der Bühne wirken gerade Combos dieser Sorte im Regelfall statisch, trotz gut besuchter Halle hinsichtlich Stageacting fast wie auf der Bühne festklebend bewegungslos. Obwohl 40 WATT SUN durch ihre Statik kaum echtes Live-Feeling, dafür umso mehr Faszination aufkommen lassen, legen sie trotz erwähnten Mankos eine so heavy dröhnende Slo-Mo-Vorstellung hin, die ihr Fanklientel vollkommen überzeugt, wofür auch der zeitweise träumerisch in seiner völlig eigenen Welt versinkende Gesang von Patrick Walker sorgt. Damit können die technisch auf enormen Hoch-Niveau musizierenden Engländer in der gut besuchten Posthalle kräftig punkten!

CANDLEMASS

betreten ohne den erkrankten der Bühne wie schon bei AVATARIUM fern bleibenden Leif Edling, dafür mit neuem Sänger Mats Levén die Bühne, der treuen H.O.D.-Gängern bereits im Vorfeld kein Unbekannter gewesen sein dürfte. Zunächst läuft das Intro „Marche Funebre“ direkt vom Band, ehe die schneidenden Gitarren von „Dark Reflections“ nullkommanichts die Stille zerreißen! Egal ob Material aus der Marcolin oder Lowe-Ära gebracht wird, der hochmotivierte Schwedenfünfer hat neben einer Top-Songauswahl einen sackefetten Sound in der Posthalle, wodurch die Gitarren neben amtlicher Schwere unglaublich druckvoll aus den Verstärkern kommen, selbiges gilt auchfür das heftig intensiv laut knallende Schlagzeug, und schon folgt der nächste CANDLEMASS-Klassiker „Bewitched!“ Bei dem Auftakt packt's mich sofort, das ist Epic-Doom auf Höchstniveau! Laut, Heavy alles wegfegend, was nicht frühzeitig auf die Bäume kommt!

Der gesamte Set wird für die stark auftrumpfenden Schweden CANDLEMASS zum überragenden Triumphzug! Mats Levén erweist sich als Glücksgriff. Der Mann passt sich seinen Mitmusikern problemlos an, beherrscht dank seiner großen Erfahrung die er in anderen Bands zuvor sammelte auch sämtliche Gestiken und Tonlagen, auf die es bei theatralischem Epic-Doom, wie ihn das Team von der Kerzenmesse seit Jahr und Tag zelebriert, im Endeffekt ankommt. Skeptikern sei gesagt: Hier steht weder ein Messiah Marcolin, noch ein Rob Lowe auf der Bühne, sondern Mats Leven, der genauso ins Gesamtbild hineinpasst. Teamwork as it's best! So lautet das kompakt umgesetzte Motto einer fett auftrumpfenden Schwedencrew. Shouter Matts Levén der schon bei vielen Bands u. a. Aeonsgate, Krux, Ludor, ex-Abstrakt Algebra, (aktuell bei AB/CD, FAT.MO.MAC tätig), ex-At Vance, ex-Yngwie J. Malmsteen, ex-Firewind (live), ex-Therion (live), ex-Sabbtail, ex-Capricorn, ex-Dogface, ex-Swedish Erotica, ex-Treat etc., etc., das Mikro übernahm, schwingt passend zum Düsterbolzen „Emperor of the Void“ (vom King of the Island-Album) heftig die Totenkopfflagge. Was wäre ein CANDLEMASS-Gig nur ohne „At the Gallows End“? Mitten im Set gebracht, löst die Superhymne exzessive Jubelstimmung aus, dementsprechend geht es im Publikumspulk ab, ehe die ersten Akusstikakkorde uns auf das kommende Gewitter einstimmen. Fulminant folgen zwei weitere Sahnehäppchen aus dem Spiegelkabinett pechschwarzer Dunkelheit  „Mirror, Mirror“ und „Crystal Ball“, deren gewaltige Heavyness die Posthalle in extremen Ausnahmezustand versetzt. Erneut macht sich prickelnde Spannung im Saal der Posthalle breit. Noch ehe Mats Levén überhaupt auch nur einen Takt zu „Solitude“ vorgibt, wird auch schon der heroische Anfang von textsicheren Fans mitgesungen, was für ein unglaublich intensiv beklemmendes Atmosphärenlevel sorgt, während Schrittweise der Trauerslogan verkündet wird: „I'm sitting here alone in Darkness, Waiting to be Free, „Lonely and forlorn I'm Crying...“

Wer jetzt immer noch von „Cancelmass“ redet, kann den Gedanke canceln,  hiermit erfolgt offiziell Entwarnung: CANDLEMASS können ihre Gigs tatsächlich immer noch  durchziehen, wobei sie kein Gramm Klasse verbunden mit gewaltiger Durchschlagskraft eingebüßt haben! Ok, fünf Minuten fehlen am Ende, um die Spielzeit komplett in voller Länge auszunutzen. Sinnvoller wäre es gewesen, vielleicht einen weiteren Klassiker vom Kaliber „Samarithian“ oder „Demons Gate“ zu bringen, unabhängig dessen: CANDLEMASS haben sich eindrucksvoll zurückgemeldet!

Mit ihrem aktuellen Sänger Mats Levén der hoffentlich keine allzu kurzfristige Übergangslösung für Leif Edlings früheres Paradepferd bleibt, wäre den Schweden sogar ein weiteres Studioalbum zuzutrauen, was diese Top-Vorstellung, die sämtliche Erwartungen übertraf, umso mehr unterstrich. CANDLEMASS haben ihren ohnehin seit den 80ern immens hohen Stellenwert für die Doomszene eindrucksvoll bestätigt. Fehlt nur noch die Ankündigung eines weiteren Studioreleases...

Die Genre-Urväter doomten mit folgender Tracklist:

Intro (Marche Funebre)
01. Dark Reflections
02. Bewitched
03. The Dying Illusion
04. A Cry from the Crypt
05. Emperor of the Void
06. Under the Oak
07. At The Gallows End
08. Mirror, Mirror
09. Crystal Ball
10. Solitude
 
Ein begeistert von der halben Halle inbrünstig mitgesungener SCORPIONS-Evergreen („In Trance“) dessen Text seit ULI JON ROTH beim KEEP IT TRUE gastierte, vielen in guter Erinnerung blieb, bezeichnet den Gefühlszustand des Publikums nach dem Hammergig eines absolut würdevoll zurückgekehrten Schweden-Doom-Urgesteins!

MY DYING BRIDE

die sterbende Braut bekommt anschließend noch einmal kräftig (wenn auch nicht mehr ganz so zahlreich wie zuvor bei Candlemass) die ihr gebührende Aufmerksamkeit. MY DYING BRIDE haben den Vorteil, eine ziemlich bunte zwischen klassischem Heavy Metal und Düsterheimersektor sich bewegende Anhängerschaft auf ihrer Seite zu wissen. Die bis heute mit Abstand konstanteste, zugleich stärkste Band auf dem Gothic-Doom-Sektor stellt einmal mehr ihren unantastbaren Status für die Düsterheimer-Szene unter Beweis. Heavy Metal-Fans, Gothics, Death-, Blackmetaller und programmgemäß ebenfalls vertretene Doomhörerschichten wohnen nebeneinander vereint in Reihe und Glied versammelt dem Spektakel auf der Bühne bei. 90er Melancholic-Doomwalzen ergänzen sich effektvoll zu Trauerweiden jüngeren Datums („To Shiver in Empty Halls“, „Feel The Misery“).

Das Logo vom aktuellen MY DYING BRIDE-Silbereisen ragt auf der rechten Seite in Form einer großen Leinwand über die Köpfe aller hinweg. Punktgenau sicher bearbeitet Bassistin Lena Abé ihren Bass, die Dame gibt fleißig bangend nicht nur optisch eine gute Figur neben ihrer männlichen Kollegenschaft ab. Endloswalzen wie „From Darkest Skies“, „The Thrash of Naked Limbs“, der monumentale Zwölf Minuten-Überflieger „The Cry of Mankind“ gefolgt vom kaum weniger mächtigen „Like Gods of the Sun“ sowie zum Abschluß ein brutal kompakt mit zermalmender Wucht in exzessiver Geschwindigkeit rausgefeuertes „God is Alone“ zeigen einmal mehr, das die Stainthorpe-Crew stets eine Liga für sich ist, die man entweder liebt oder hasst, dazwischen gibt es nichts. MY DYING BRIDE haben den druckvollsten Sound beider Tage. Gitarren und Schlagzeug dröhnen abnorm höllisch laut bis in den Hintersten Hallenwinkel. Nach Candlemass völlig im Eimer ist es für uns ein Genuss dieser begnadeten Düstermetalcombo live on Stage zuzuschauen, womit das Jubiläums-HAMMER OF DOOM seinen gewohnt versöhnlichen Abschluß bekommt.

Englands Vorzeigetrauerweide wälzte sich zu folgender Setlist in tiefer Seelenpein:

01. Your River
02. From Darkest Skies
03. A Kiss To Remember
04. And My Father Left Forever
05. The Thrash of Naked Limbs
06. To Shiver in Empty Halls
07. The Songless Bird
08. Feel The Misery
09. The Cry of Mankind
10. Like Gods of the Sun
11. God is Alone

Festivalnachwort:

Das HAMMER OF DOOM war dieses Jahr erneut positiv, allerdings kein ganz so großes Highlight wie all die Jahre zuvor, was unter anderem der ungünstig platzierten Reihenfolge im Bandbilling vom Samstag zuzuschreiben ist. Doomshine hätten ruhig etwas später auf die Bühne gekonnt, um eine willkommene Brücke zwischen BLACK OATH und CARONTE zu bilden. Manch ungünstige Rahmenbedingungen, waren unabhängig von einer wie immer wirklich erstklassigen Locationauch nicht so das gelbe vom Ei. Das bei zwischenzeitlichem Verlassen der Halle sogar extra für Abgabe kurzfristig entliehener Jacken erneut gezahlt werden muss, kannten wir so bislang nicht, hm öfter mal was neues. Immerhin gelang es dank Tee, Latte Macchiato, eisernem Durchhaltevermögen und einer Portion gesunden Optimismus den Umständen zu trotzen. Unterm Strich präsentierte sich das HAMMER OF DOOM dieses Jahr daran führt kein Weg vorbei – nicht ganz so stark wie sonst. Für die ihren Job amtlich erledigende Security und das immer zuvorkommend freundlich uns bedienende Thekenpersonal in der Posthalle zeigt unser Daumen weit nach oben.

Als echte Bringer eines zeitweise heftig auf's Gemüt schlagenden HAMMER OF DOOM-Festivals erwiesen sich CANDLEMASS, PENTAGRAM, THE ORDER OF ISRAFEL,DOOMSHINE, LORD VIGO sowie das ultimative Festival-Highlight – SORCERER! Abstriche  hingegen gab es bei den Vorstellungen von BLACK OATH und SKEPTICISM. Nächstes Jahr wird auf dem HAMMER OF DOOM kräftig weiter gedoomt. Dafür wären Wunschbands wie THE FLIGHT OF SLEIPNIR, UNCLE ACID & THE DEADBEATS, PAGAN ALTAR und ein vielleicht irgendwann tatsächlich realisierbarer WITCHFINDER GENERAL-Headlinerauftritt sehr zu begrüßen!

Fotos: Michael Toscher & Melissa Hart

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