AVANTASIA – Langen, Neue Stadthalle
Konzert vom 15.03.16
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AVANTASIA
Was wurde im Vorfeld der Ghostlight-Tour wegen des Auftrittes beim Eurovision Song Contest auf Tobi Sammet (voc., EDGUY) geschimpft. Von Verrat an der Metalszene war u. a. die Rede. Ganz ehrlich, welche Band würde eine solche oder ähnliche Gelegenheit nicht auch wahrnehmen? Egal, wie das Kind jetzt heißt. Heut zu Tage muss man als Musiker sehen, wie und wo man seine Schäfchen ins Trockene bekommt. Die im Vorfeld zur Tour und zur heutigen Show in Langen schon ausverkauften Häuser beziehe ich dann eher auch auf das Line Up von AVANTASIA als auf die Contestteilnahme.
Harte Fakten für Langen. Sold Out mit 1800 zahlenden Gästen, über 3 Stunden Show, durchweg eigentlich ein sehr guter Sound, nur beim Bühnenlicht hätte es meiner Meinung noch ein bisschen mehr Effekte geben können, um den imposanten Bühnenaufbau besser in Szene zu setzen. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Welches Stück der 25 Songs hebt man bei neun verschiedenen Vokalisten hervor? Jeder Fan, Zuschauer oder Redakteur hat hier so seine eigenen Favoriten und Empfindungen von der Show. Ich für meinen Teil fand es erholsam, dass Tobi Sammet seine sonst üblichen ausschweifenden Erzählmomente hier auf ein Minimum heruntergefahren hatte, was eventuell auch an seiner starken Erkältung gelegen haben dürfte. Dass er trotzdem bis zum Schluss durchhielt und alles gegeben hat, verdiente den vollsten Respekt von jedem Anwesenden. Echt verwunderlich war es dann auch nicht, dass er den ESC-Song „Mystery Of A Blood Red Rose“ als Solo-Sänger gleich mal vorn an stellte. Die Auswahl der Stimmcharaktere hätte besser eigentlich nicht sein können. Michael Kiske (Ex-HELLOWEEN) war ganz klar der Star für die hohen Tonlagen und eröffnete den Sangesreigen, bei dem nahezu zu jedem Song durchgewechselt wurde. Ronnie Atkins, der bei seinem ersten Einsatz („Invoke The Machine”) noch kleine Tonprobleme hatte, musste sich heute nicht mit den hohen Tonlagen auseinandersetzen, die er bei seiner Stammtruppe PRETTY MAIDS zu stemmen hat. Mehr die dreckig melodische Hard Rock Schiene war sein Part, in etwa so wie bei seinem Sideprojekt NORDIC UNION. Sein erstes Duett, hier mit Kiske bei „Unchain The Light“ entpuppte sich dann auch gleich als hohe Hausnummer für die anderen. Von Bob Catley (MAGNUM) war ich noch nie ein Freund, aber auch er hat, sein Gezappel mal außen vor gelassen, gut abgeliefert. „Scarecrow“ war der Moment meiner ersten Gänsehaut an diesem Abend. Jørn Lande (Ex-MASTERPLAN) am Mikro - noch dreckiger und berührender, seine zu singenden Songs und Parts klingen, wie ihm auf den Leib geschrieben. Dazu noch diese genialen Gitarrenbattles von Sascha Paeth und Oliver Hartmann – ein erstes Highlight! Hartmann selbst ist nicht nur ein guter Gitarrist. Nein, er war neben Amanda Somerville und Herbie Langhans (voc., SINBREED) auch ein fester Bestandteil der ausdrucksstarken Chöre. Und was wären die balladesken Stücke ohne Frau Somerville? „Farewell“ zusammen mit Tobi ist für AVANTASIA einfach unverzichtbar. Meine heutigen Überraschungssieger waren allerdings Eric Martin (MR. BIG) und Herbie Langhans. Letzterer mit ungewohnt dunkler Stimme überzeugend („Draconian“), überraschte mich Martin mit einer klaren Rockstimme, die ich so gar nicht von ihm auf dem Schirm hatte („Dying For An Angel“). Neben all den gelungenen Solovorstellungen wurden dem Zuhörer aber auch sehens- und hörenswerte Duette der Gastsänger geboten (Lande/Atkins bei „Let The Storm Descend Upon You“), wobei die Stücke, bei denen nahezu alle Akteure gemeinsam ihre Mikrophone beschallten, für mich den Vogel abschossen. Super arrangiert, super umgesetzt und super die Stimmung verbreitend waren für mich „The Wicked Symphony“ incl. starkem Somerville/Lande Duett und die Uptempo Nummer „Stargazers” hier das Maß der Dinge.
Als Redakteur sieht man viele Dinge aus einem anderen Blickwinkel. Heute reihte ich mich ausnahmsweise aber mal in die Reihen derer ein, die mit zufriedenen Gesichtern nach dem Konzert nach Hause gingen und das waren viele, ganz viele. Rock Opern anständig umzusetzen ist kein leichtes Unterfangen. Sammet, seinen Musikern und seiner Crew ist das hier aber bestens gelungen und das verdient Respekt. Ganz egal, ob man als Fan oder „neutraler Beobachter“ hier am Start war.
Fotos by Hans-W. Rock
Setlist (mit jeweiligem Sänger):
Intro - Also sprach Zarathustra
Mystery Of A Blood Red Rose (Tobias Sammet)
Ghostlights (Michael Kiske)
Invoke The Machine (Ronnie Atkins)
Unchain The Light (Ronnie Atkins, Michael Kiske)
A Restless Heart And Obsidian Skies (Bob Catley)
The Great Mystery (Bob Catley)
The Scarecrow (Jørn Lande)
Lucifer (Jørn Lande)
The Watchmakers' Dream (Oliver Hartmann)
What's Left of Me (Eric Martin)
The Wicked Symphony (Hartmann, Lande, Martin, Atkins, Somerville)
Draconian Love (Herbie Langhans)
Farewell (Amanda Somerville)
Stargazers (Kiske, Lande, Hartmann, Attkins)
Shelter From The Rain (Michael Kiske, Bob Catley)
Story Ain't Over (Bob Catley)
Let The Storm Descend Upon You (Jorn Lande, Ronnie Atkins)
Promised Land (Jørn Lande)
Reach Out For The Light (Michael Kiske)
Avantasia (Michael Kiske)
Twisted Mind (Martin, Atkins, u.a.)
Dying For An Angel (Eric Martin)
Zugabe:
Lost in Space (Tobias Sammet)
Sign of the Cross / The Seven Angels (alle)
Weitere Fotos von diesem grandiosen Konzert gibt es >hier<