SOILWORK - Essen, Zeche Carl
Support: Hatesphere, Construcdead
Konzert vom 14.10.05
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Wenn das mal kein fetter Abend werden sollte. Schon seit zwei Wochen habe ich die Vorfreude auf diesen Abend kaum verbergen können und fieberte dem Konzert wie selten einem anderen entgegen. Soilwork sind auf einer kleinen Tour durch Europa und machen auf dieser auch in Deutschland halt. Leider nur an zwei Terminen und leider nicht wirklich in der Nähe von Frankfurt, nämlich einmal in Hamburg und am folgenden Tag in Essen. Aber das war mir recht egal, ist mir dieses Package die dreistündige Anfahrt zur Zeche Carl doch alle Mal wert. Mit auf dem akkustischen Speiseplan sind die Dänenthrasher Hatesphere, die seit dem Up From The Ground meine persönliche 'Beste Liveband 2005' sind, weshalb ich sie dementsprechend mit enormer Spannung erwartete. Eröffnen soll diesen Abend eine Truppe, die mir bis dato unbekannt ist und auf den vielversprechenden Namen Construcdead hört. Also ab in den fahrbaren Untersatz und rein in ein vergnügliches Freitagabendprogramm.
Mit leichter Verspätung erreichten wir den Austragungsort dieses musikalischen Schauspiels und konnten bereits ein vielversprechendes Geprügel aus dem Halleninneren vernehmen. Ich war nie zuvor in der Zeche Carl gewesen und bin recht angetan von dem recht hohen und angenehm breiten Raum. Lediglich das Foyer schreit nach Beengung und Chaos, aber was soll's! Hauptsache der Inhalt stimmt.
Und der scheint mit den Schweden Construcdead gut gewählt worden zu sein. Die fünf Endzwanziger sind technisch enorm versiert und wissen, wie man deathlastigen Thrashmetal im 21. Jahrhundert zu spielen hat. Tighte Beats, gelegentliches Blastgewitter, fette Riffs, geschriene Strophen und gelungene Ohrwurmrefrains. Die Band hat sichtlich Spaß an der Sache, auch wenn das Publikum noch etwas verhalten auf die Band eingeht. Eine sehr gute Wahl, Construcdead mit ins Tourschiff zu holen.
Es folgt ein kurzer Umbau, ein sehr kurzer sogar, stehen Katharina und ich nämlich immer noch für zwei Cola an, als die Dänen Hatesphere die Bühne betreten und mit Low life vendetta von dem 2002er Album 'Bloodred hatred' umgehend klarstellen, dass sie nicht zum Spaß hier sind. Den haben sie allerdings trotzdem. Frontmann Jacob Bredahl kann sich gelegentliche lustige sprachliche Ausrutscher auf Deutsch („Wir sind die dummen Dänen“, „Isch bin schwull“) nicht verkneifen und hat sichtlich Freude daran, dem Publikum immer mal wieder zuzuprosten, was dazu führt, dass seine Zunge immer schwerer und die Ansagen im Verlauf des Gigs immer nuschelnder werden. Hier wird noch ordentlich Rock'n Roll zelebriert. Mit Reaper of life, Sickness within, Murderous intent, The fallen shall rise in a river of blood und Heaven is ready to fall ist der aktuelle Release unserer nördlichen Nachbarn gebührend vertreten. Gerade letzt genannter Song verbreitet live eine ungeheure Dynamik und Energie. Schade nur, dass Jacobs Stimme manchmal etwas zu leise ist. Rausschmeißer ist Hate, der erste Song ihres 2001er Debuts unter dem Namen Hatesphere. Die Setlist beinhaltet einen guten Mix aus neuem Material und alten Hits. Außerdem beweisen die fünf Dänen ein weiteres Mal, dass sie zu den derzeit spielfreudigsten und sympathischsten Bands im Metalbereich zu zählen sind. Das Publikum dankt es ihnen, indem es sichtlich aktiver ist, als noch bei der Vorband.
Das ist allerdings noch lange nichts im Vergleich zu der Action, die sich entwickelt, als Soilwork die Bühne betreten. Man spürt sehr deutlich, dass die Fans die ganze Zeit auf diese Band gewartet haben. Noch bevor die erste Note erklingt, werden die Schweden stürmisch begrüßt und gefeiert. Mit dem Titeltrack des aktuellen Albums 'Stabbing the drama' geht's los und sofort zeigt die Band, dass sie die komplette Kontrolle über die hungrige Masse hat. Gitarrist Ola Frennings Gestik tut ihr Übriges, um das Publikum immer wieder zum Abgehen anzustacheln. Die Setlist ist ein guter Streifzug durch das bisherige Schaffen der Göteborger Neothrasher. Mit Nerve, One with the flies, Chainheart, Rejection role und Room #99 will ich nur einige, der an diesem Abend zum Besten gegebenen Stücke nennen. Sänger Speed lobt zwischendurch in höchsten Tönen das deutsche Bier, das er nach längerem Touren in den USA mehr als vermisst hat und Bassist Ola Flink trumpft mit dem vermutlich erotischsten Hüftschwung an diesem Abend auf. Allgemein scheint dieser bärtige Hüne eine Menge Spaß zu haben und hüpft teilweise wie ein verschwitztes Metalhähnchen auf LSD über die Bühne oder ärgert im Wechselspiel mit Björn Strid den sympathischen Leadgitarristen Ola Frenning, der sich aber auch durch einer Faust auf seinem Kopf oder Kitzelattacken nicht aus der Ruhe bei seinem Solospiel bringen lässt. Einzig das ständige, widerliche Rumgerotze des Sängers befleckt das bunte Treiben auf der Bühne etwas. Schlagzeuger Dirk arbeitet wie ein Tier hinter den Kesseln und allein an dem schwer konzentrierten Blick lässt sich möglicherweise erahnen, dass er noch mit den Schmerzen der offenen Hände zu kämpfen hat, wegen welchen der Gig am vorigen Abend in der Hamburger Markthalle gecancelt werden musste. Glücklicherweise ist er wieder soweit fit, um diesen Auftritt 1a zu zocken. Die Menge frönt fröhlich dem Stagediving, das vermutlich nicht alle ganz unbeschadet überstanden haben. Ich erinner mich da an den ungewollten Überschlag eines Mädchens, die nicht einsah, dass es vermutlich nicht das Klügste ist, in die Mitte eines sich schnell bewegenden Circlepits zu springen, zu welchen Speed das Publikum immer wieder animiert (“Come on, give me the biggest circle-pit Europe has ever seen!“ - Zitatende). Es gibt großen Flüssigkeitsverlust auf beiden Seiten und nach den drei Zugaben As we speak (ich will nicht sentimental werden, aber es war einfach nur ergreifend), Sadistic lullacry und Follow the hollow verlassen einige hundert Menschen glücklich und fertig die Halle. Im Anschluss hatten wir noch die Möglichkeit uns mit Hatespherebasser Mikael und -sänger Jacob zu unterhalten, bevor wir uns, vollgepumpt mit den Eindrücken dieses geilen Abends, auf die Heimreise gen Frankfurt machten.
Foto © 2005 by: Katharina Kunz