EXODUS - Kassel



Konzert vom 09.07.18
Kassel, K 19

Support: ULTRA VIOLENCE

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EXODUS
ULTRA VIOLENCE

Donnerwetter! Ein reizvolles Triple kündigte sich für Heavy Metalfans der härteren Gangart aus dem nordhessischen Raum mit EXODUS, SOLSTICE und ULTRA VIOLENCE zum Wochenstart an. Nach längerer Abstinenz war somit der Besuch im K 19 auch mal wieder Pflicht. Entsprechend reger Betrieb herrscht bereits zum frühen Abend gegen 19:00 Uhr auf dem Gelände. - Möge die Campus-Invasion beginnen!

Kaum angekommen sticht uns bereits ein schwarzes extrem langes Fahrzeug von gewaltiger Höhe ins Auge. Der EXODUS-Tour-Liner steht in unmittelbarer Nähe vom Eingang. Auf dem Gelände herrscht gegen 19:00 Uhr bereits ordentlich Betrieb, zahlreiche sich angeregt unterhaltende Metallergrüppchen, darunter viel Kuttenträgerschaft mit Getränken in der Hand bieten genau das Bild, den ein richtiger Heavy Metalevent braucht. Schnell rein in die Location, ne' Limo besorgt, und zahlreich Bekannte Gesichter sowohl auf regionaler Ebene wie außerhalb der Region Kassel begrüßen. Die Wiedersehensfreude überwiegt den Drang, sich wartend vor der Bühne festzusetzen. Das Fassungsvermögen des K 19 wird locker überschritten, soviel zeigt gleich der erste Blick auf das Universitätsgelände. Es sind geschätzte 300 Leute anwesend; etwas mehr als in die Location reinpasst. Die Veranstaltung ist sehr gut besucht.

Eigentlich sollten die US Thrash/Deather SOLSTICE - nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Doomkapelle aus England - in der Mitte des Dreierpackages den Mob heftig zum Toben bringen, doch da SOLSTICE ihre Tour absagten, fehlen sie in Kassel.

ULTRA VIOLENCE

Die Italiener ULTRA VIOLENCE (möglicherweise haben sie sich nach dem DEATH ANGEL-Erstling benannt) - locken zu früher Abendzeit bereits massig Publikum vor der Bühne, was nicht allein daran liegt, das sie mit EXODUS auf Tour sind, sondern in erster Linie dem Umstand geschuldet ist, das die Mannschaft aus Turin etwas kann. Ihr nicht immer überall gut ausgesteuerter heftig laut durchs K 19 hallender Modern Thrash stimmt einen größeren Teil des Publikums bereits prächtig auf den Headliner ein, und man sieht schnell die ersten Mähnen rotieren, was die ULTRA VIOLENCE entgegen schlagenden Reaktionen recht deutlich signalisieren. Der Italien-Vierer verabreicht den Anwesenden im K 19 eine Modern Thrash-Metal-Kur die sich gewaschen hat, und bringt selbst so rein gar nichts mit Modern Metal anzufangen wissende Oldschooler wie mich zum Staunen! Angeführt von ihrem vitalen oft die Nähe zum Publikum suchenden Frontmann Loris Castiglia legt die Truppe aus Turin mit fleißigem Stageacting bei Nummern wie „Lost In Decay“ einen amtlich sauberen Job hin.

Trotz brütender Sauna-Hitze gelingt den Italienern dank überzeugt mitgehenden Fanpulks - wobei sich zwischen zeitlich ein kleiner Moshpit bildet – ein respektabler Achtungserfolg in Kassel. Nach diesem bereits für gute Stimmung sorgenden Gig stehen alle Zeichen auf Sturm, wenn die Bay Area-Thrash-Institution EXODUS - hier bedarf es keiner Form von Prophetie, - das K 19 gnadenlos zerlegt.

EXODUS
Und das tun EXODUS ausnahmslos, ohne lange zu Fackeln. Auch wenn sich einige den traurigerweise 2002 verstorbenen Ausnahmefronter Paul Baloff herbeigesehnt hätten, sind solche Vergleiche im Prinzip obsolet, weil das Hier und Jetzt zählt; das sind EXODUS in ihrer aktuellen Besetzung. Steve 'Zetro' Souza & Crew recken gleich zu Beginn beim fetten Einstieg des zunächst ein wenig schleppend dafür systematisch bedrohlich aufbauenden anschließend im weiteren Verlauf alles wegmähenden Thrash-Hammers "Black 13" die Faust in die Höhe, um sich und ihre Fans in Stimmung zu bringen, da weiß man sofort, was die Stunde geschlagen hat! Deutschlands Thrash-Zentrum liegt im Ruhrpott, Nordhessens Thrash-Hochburg ist Kassel. Auch einige mir bekannte Fans, die speziell für dieses Konzert aus dem Ruhrpott anreisten, sind von der berauschenden Atmosphäre inklusive heftigem Stimmungslevel vom Start bis zum Schluß und dem Auftritt in Kassel schwerstens beeindruckt.  Die treue Die-Hard-Thrash-Fangemeinde vor der Bühne, im mittleren sowie hinteren Bereich nimmt den Faden vom Start weg auf. Im Handumdrehen (binnen fünf Minuten!) erreicht das prächtige Stimmungslevel in den eng nebeneinander gedrängten Reihen bereits ein solch enorm hohes Level, das konstante Steigerung erfahrend, bis zum Schluß gehalten wird. Wer sich ein Getränk holen will, muss dazu erst einmal den Weg durch die große Menge an Leuten im ausgedehnt schmalen Saal finden.

Im K 19 ist es brechend voll, der Schweiß strömt nur so von der Decke, mittendrin unüberhörbar kräftige „Exodus, Exodus“-Sprech-Chöre, gefolgt von einem Meer erhobener Fäuste und Hörnergabeln, kreisender Köpfe und fliegender Langhaarmähnen, Adrenalinschock pur! EXODUS bringen das 80er-Oldschool-Thrash-Feeling selbst bis in den verstecktesten Winkel der Location, - ohne ihre Linie im Geringsten zu verlieren. Das vielleicht beste aller Bay Area-Thrash Gitarrentandems Lee Altus/Kragen Lum (auch bei den Genre-Kollegen HEATHEN tätig), lässt gar nichts anbrennen, da passt jedes Riff und noch so filigran gezockte Solo exakt. Die Rhythmus-Maschine in Person von Schlagzeuger Tom Hunting und Bassist Jack Gibson läuft präzise auf Hochtouren, wie frisch geölt.

Steve 'Zetro' Souza im schwarzen bis oben hin zugeknöpften Hemd (und das bei der Hitze!) stachelt das Publikum permanend durch lockere Sprüche an, er hat die Fanmasse sicher im Griff.Jedes Stück wird von den begeisterten Fans bejubelt, während Lee Altus Bühnenposen dabei immer mal den Blick auf's Publikum richtend mal wieder eine Liga für sich ist. Sein Gitarren-Pendant Kragen Lum, der Gary Holt auf unbestimmte Zeit ersetzt (zumindest solange bis dieser seinen Job bei SLAYER vollständig erledigt hat), ist ein genauso starker Gegenpart, die beiden Saitenhexer harmonieren traumhaft sicher. Zwischendrin kommt sogar ein Crowdsurfer vom Publikum getragen auf der Bühne, der nach kurzem Bühnenaufenthalt  den Endteil eines Stückes (welches ist mir in dem Trubel ganz entfallen) zusammen vor einem sichtlich verblüfften, nicht schlecht staunenden, zugleich von der Aktion beeindruckten 'Zetro' ins Mikro röhrt, um danach als Stagediver in der Menge wieder abzutauchen! Was für eine Demonstation. Das ist Weltklasse, was die Bay Area Thrash-Ikone im K 19 auffährt! EXODUS fühlen sich wie Steve 'Zetro' Souza den Fans mehrfach zu verstehen gibt sauwohl in Kassel, was den Musikern anzusehen ist, die geradezu vor Spielfreude sprühend bei aller Konzentration auf der Bühne des Öftteren breit grinsen. Geschosse wie „Exodus“, „And Then There Were None“  „A Lesson in Violencence“, "Parasite" oder „Blacklist“ bringen die Meute kräftig in Fahrt.

Der Bay Area-Thrash-Fünfer hat wie Drummer Tom Hunting im Verlauf des Sets bekennt an dem kleinen Clubgig im K 19 ebenso viel Freude wie an einem großen kürzlich absolvierten Festivalauftritt; was schon deswegen nicht verwundert, weil dem sympathisch ehrlichen Abrisskommando direkte Nähe zu den Fans mehr bedeutet als Megamassen von Publikum, die man gar nicht mehr sieht, sondern lediglich erahnt. Genau das zeichnet eine Band wie EXODUS seit ihrer Gründung aus.

Neueres deutlich in der Unterzahl befindliches Material vom aktuellen auch schon wieder vier Jahre zurückliegenden 2014er Album „Blood In, Blood Out“ und „Body Harvest“ wird vom Thrashgeschulten Kasseler Auditorioum ebenso dankbar angenommen. Ein kleiner Pit darf selbstverständlich nicht fehlen. Den Zugabepart bilden die unverzichtbaren das Ambiente in Ausnahmezustand versetzenden Genre-Klassiker (sogar auf der Eckbank im hinteren Bereich des Ambientes wird Vollgas geheadbangt, was die Matte hergibt!) „Bonded By Blood“, „ Toxic Waltz“ (inklusive 'Wall of Death') und der nach Zugabeforderung seitens der völlig aus dem Häuschen geratenen Fans im Eilzugtempo über die Köpfe hinweg rasende Nackenwirbelzersetzer „Strike Of The Beast.“ Der übliche Zugabeteil mit "Piranha" und METALLICA-Tribut "Motorbreath" wird außen vor gelassen, was allerdings auch nicht mehr viel zur Sache tut.  Zum Schluß müssen die Musiker viele Hände schütteln und nach gefühlten knapp 85 Minuten gehen die Lichter im Saal an. Zurück bleibt folgender Eindruck: Was für ein Abriss! Das K 19 im Ausnahmezustand. Ein knallhartes Thrashinferno nach herrlich arschtight bis zum äußersten Anschlag rumpelndem Oldschool-Rezept - ganz so, wie man es von EXODUS kennt.

Nachwort zum Event:
EXODUS haben ihren legendären Ruf in Kassel bestätigt.  No Trends, No Bullshit, - Dauerfeuer von Anfang bis Ende auf die Glocke! Die Bay Area-Thrasher können gern erneut nach Kassel kommen, um ihrer Fangemeinde eine weitere Lektion in Sachen musikalischer Zerstörungsgewalt zu erteilen. Der Merchstand ist nach dem Auftritt gut besucht. Einige Fans nutzen die seltene Gelegenheit für ein Gespräch mit den Musikern oder lassen sich Shirts und Tonträger signieren. Zurück bleibt ein Abend, an den man sich gern erinnert, - Thrash or be Thrashed! - Thank you so much, Guys!

Ich zolle dem fleißigen Team der MOSHPIT CREW CASSEL in Kooperation mit 2 BC EVENTS anerkennend Respekt für einen gelungenen Thrash-Event, der in kampferprobter Location keine Wünsche offen, statt dessen Schweiß nur so strömen ließ. Phantastisch. Original wie in den 80ern!

Ein kräftiges Extralob bekommt Mario Ziegan, dem trotz proppevoller Location schöne Fotos gelangen.

Geschrieben von Michael Toscher
Fotos: Mario Ziegan