BONFIRE AND FRIENDS – Frankfurt/M.
Konzert vom 05.11.18
Support: OVERSENSE
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BONFIRE AND FRIENDS
OVERSENSE
„Bonfire and Friends – A Night With Rock Legends“ - so der Name des Tour-Programms. Das Konzept: zusammen mit BONFIRE als „Begleitband“ sollten Hits der Rock- und Popgeschichte von Originalinterpreten auf die Bühne gebracht werden. Ähnliches kennt man ja bereits schon von ROCK MEETS CLASSIC, nur sollte dieses Konzept hier eben ohne eine orchestrale Begleitung umgesetzt werden. Kritiker, Neider, aber auch Befürworter diskutierten teils sogar öffentlich im Vorfeld über diese Tourneereihe. Als dann gleich nach dem ersten Tourtag in Fischach bekannt wurde, dass Joe Lynn Turner und Phil Mogg (UFO) die Tour verlassen haben, begann eine wahre Flut an nicht autorisierten Meldungen. Jeder wusste mal wieder etwas besser oder hatte gehört, dass… Mehr oder weniger unbeeindruckt davon machte ich mich dann auf zur anstehenden Show Nr. 4 in die Frankfurter Batschkapp.
Ob OVERSENSE jetzt, wie vielerorts rumerzählt wurde, als „buy on“ Tickets für den heutigen Opening Slot abnehmen mussten, soll ihr Geheimnis bleiben. An diesen Spekulationen möchte ich mich auch nicht beteiligen. Mir sagte das noch recht junge Quartett aus dem unterfränkischen Obersinn bislang nichts. Ihr modern gestrickter Melodic Metal/Rock fand bei nicht wenigen der zur frühen Stunde bereits in der Halle weilenden Anwesenden sogar einen ganz passablen Anklang. Selbst ein angestimmtes, und wie ich finde mutiges, Mitsingspielchen fand Gehör und auch Teilnahmewillige. Meinen musikalischen Nerv reizte diese Darbietung hier nicht, was aber nicht unbedingt an der Band selbst lag, denn für den verwaschenen Sound konnte sie nichts, und die regen Diskussionsbeiträge von anwesenden Pressekollegen, Musikern und Freunden zum aktuellen JLT / BONFIRE-Thema bestimmten heute die Zeit bis zum Beginn des eigentlichen Konzertabends.
Dankenswerter Weise starteten BONFIRE den ersten Songblock des Abends und das auch noch mit Stücken aus ihren Anfangstagen. Ulkig hier die Vorstellung, dass an den erst 1993 geborenen Drummer Tim Breideband damals auch nur einer einen Gedanken verschwendet hätte. Leider für die übrigen Protagonisten meinte es der Soundingenieur viel zu gut mit ihm und mischte ihn dermaßen laut in den Vordergrund, dass die ersten vier Stücke nahezu verblassten und ich mir erstmal von Neusänger Alexx Stahl kein gescheites Bild machen konnte. Schade, denn meine damaligen BONFIRE Highlights „Ready For Reaction“ und vor allem „You Make Me Feel“ hätte ich gerne uneingeschränkt auch von ihm mal gehört.
Dass er sich nicht nur als Sänger, sondern auch als Moderator eignet, stellte er in den folgenden Ankündigungen der jeweiligen Gäste unter Beweis. Zu allererst bei Paul Morris. Der Ex-RAINBOW, DORO und NENA Keyboarder stand nach einer Augen-OP heute wieder an seinen Tasteninstrumenten und gab zu den Klassikern wie „Black Masquerade“ von RAINBOW und UFO’s „Doctor Doctor“ mit der BONFIRE-Band sein Stelldichein. Fortan blieb er auch auf der Bühne und übernahm alle Keyboard-Parts für die nachfolgenden Künstler. Zu den beiden nicht mehr anwesenden Musikern JLT und Mogg, deren Songs dies ja gewesen wären, gab es eine kurze und knappe Ansage von Mr. Stahl, dass man eben zu dem Umstand hier keine Erklärung abgeben wird. Nachvollziehbar und richtig so!
Dass der Mikrofonsound auch besser klingen konnte, stellte man schnell bei James Christian fest. Der HOUSE OF LORDS Frontmann steuerte zwei Stücke aus seinem Schaffen bei, konnte mich aber hier überhaupt nicht überzeugen. „Love Don’t Lie“ empfand nicht nur ich sogar als unterirdisch.
So gar nichts sagte mir der „Quaster“ oder Dieter Hertrampf, wie er mit bürgerlichem Namen heißt. Weder kannte ich bis dahin Songs von den PUHDYS noch das ehemalige Gründungsmitglied dieser ostdeutschen Rockband. Wie das oft so ist, wirst du eben von diesen Unbekannten mal schnell positiv überrascht. Nicht nur, dass das etwa 15 Mann/Frau starke Trüppchen neben mir die drei PUHDYS-Stücke lauthals und textsicher mitsang, auch viele andere schienen hier nur wegen ihm gekommen zu sein. Sympathisch kam der mittlerweile 73-jährige zudem auch rüber, als er mit einer Art Verneigung sich bei BONFIRE für die Möglichkeit bedankte, dem deutschen Rock hier eine Stimme zu geben.
Von seinen Songs möchte ich hier „Erinnerung“ hervorheben. Nicht, weil er sehr emotional und gut eingesungen war, nein – dieser oldschool Instrumentalteil mit diesem Hammond-Sound von Paul Morris im Zusammenspiel mit den jetzt drei Gitarren war einfach gigantisch.
ROBIN BECK dürfte von diesem grandiosen Stelldichein natürlich profitiert haben, denn die Stimmungstür stand jetzt sperrangelweit weit auf. Die Pop/Rock Ikone mit ihrer rauchigen Stimme hatte ganz leichtes Spiel. „Tears In The Rain“ wird für sie zum Festzug, und zum „Cola“-Song gab’s nicht nur eine längere Ansage, sondern für einen Fan in der ersten Reihe gleich noch eine Flasche des koffeinhaltigen Getränks dazu.
Die BONFIRE’s beschlossen nun mit „I Surrender“ musikalisch den ersten Teil der Show und schickten ein positiv gestimmtes Publikum in eine 20-minütige Pause.
Setlist Set 1:
BONFIRE:
Ready For Reaction
Never Mind
Sweet Obsession
You Make Me Feel
PAUL MORRIS:
Black Masquerade
Doctor Doctor:
JAMES CHRISTIAN:
Wanna Be Loved
Love Don’t Lie
QUASTER:
Gier
Erinnerung
Alt Wie Ein Baum
ROBIN BECK:
Save Up All Your Tears
Tears In The Rain
First Time
BONFIRE:
I Surrender
Weitere Highlights sollten in den nächsten 105 Minuten des 2. Sets folgen. Den Anfang machten wieder BONFIRE mit einer wirklich klasse Gesangsleistung zu „Child In Time“ von Alexx Stahl, der bekanntlich ja auch mal in der DEEP PURPLE Tribute Band PURPLE RISING performed hat.
Letzte Woche hatte ich ihn noch als Frontmann bei und neben AXEL RUDI PELL gesehen, und heute stand er, exakt am Tag nach dem PELL-Tourende, bei den BONFIRE Legenden auf der Bühne. Wie sagte Sammy Hagar mal während einer VAN HALEN Show, als er das Gitarrensolo von Eddy Van Halen ankündigte? „My favourite part of the show…“ – genau so ging es mir heute. Johnny Gioeli lieferte sein HARDLINE/PELL-Paket zu meiner vollsten Zufriedenheit ab. OK, „Hallelujah” klang durch das Duett mit Alexx Stahl etwas ungewohnt und auch noch nicht so exakt, aber für beide war das hier auch der erste Versuch. Vorfreude für alle anstehenden Konzertbesucher garantiert!
Der Metalpart dieser Veranstaltungsreihe wurde Chris Boltendahl Von GRAVE DIGGER zu Teil. Übrigens einer der wenigen noch wirklich aktiven Sänger des heutigen Abends. Der Schreihals im Schottenrock sorgte für mächtig Wirbel und – man staune – sogar richtig Stimmung. Als hätte dem Publikum ein Ausgleich gefehlt, hier ging was! Ich möchte nicht von Ekstase sprechen, aber „Clans Are Marching“ war nah dran und räumte ab.
War eine Steigerung noch möglich? Ja, da ging noch was und zwar bei „Hold The Line“. Bobby Kimball outete sich gleich mal als Ex-Frankfurt Einwohner und hatte damit noch mehr Sympathisanten auf seiner Seite. Dass der Ex-TOTO Frontmann auch eine Quasselstrippe sein kann, bewies er mit der Erzählung seiner 8-fachen Grammy Nominierung und dem letztendlichen 6-fachen Gewinn der begehrten Trophäe zum bereits erwähnten Song. Stimmlich merkte man ihm seine 71 Lenze jedoch an, und so gingen seine beiden anderen Hits („Rosanna“ und „Africa“) leider unter.
Meinen „Sieger“ unter den Sängern des heutigen Abends nenne ich in Person von Geoff Tate jetzt schon mal vorweg. Mit den QUEENSRYCHE Klassikern „Jet City Woman“, „Silent Lucidity“ und „Eyes Of A Stranger” konnte er schlichtweg nichts falsch machen. Auch wenn er sich optisch gegenüber den früheren Tagen verändert hat, seine Stimme hat nach wie vor an Charisma nichts eingebüßt.
Gewünscht hätte ich mir dies alles auch von Dave Bickler. Trotz seiner recht ordentlichen Darbietung der SURVIVOR-Songs kam er nicht an das Niveau seines Kollegen ran. Auch wenn sich das jetzt vielleicht nach Gotteslästerung anhört: Es war schön „Eye Of The Tiger“ - der Song ist mittlerweile ja auch schon 36 Jahre alt - einmal vom Original-Sänger gehört zu haben, aber das war es dann auch. Der mittlerweile auch schon 65-jährige, der aktuell Solo ja wieder unterwegs ist, holte sich seinen trotzdem verdienten Applaus ab.
Zum großen Finale mit „American Nights“ vom BONFIRE eigenen „Fireworks“-Album (1987) kamen dann alle Gäste noch einmal auf die Bühne, um mit diesem Song gemeinsam eine 3-stündige, klasse Show verdientermaßen entspannt ausklingen zu lassen.
Ach ja, fast vergessen - es gab noch weitere Sieger neben den Musikern zu vermelden, und zwar alle, die trotz der Querelen zum Konzert in die Batschkapp nach Frankfurt gekommen waren und es sich auch angeschaut haben. Ich will mal behaupten, dass ein sehr hoher Prozentteil derer hier einen ebensolchen schönen Konzertabend erlebt hat wie ich. Wenn nicht, Pech gehabt und zu einer anderen Show fahren.
Setlist Set 2:
BONFIRE:
Child In Time
JOHNNY GIOELI:
Dr. Love
Hot Cherie
Hallelujah
CHRIS BOLTENDAHL:
Clans Are Marching
Heavy Metal Breakdown
BOBBY KIMBALL:
Hold The Line
Rosanna
Africa
GEOFF TATE:
Jet City Woman
Silent Lucidity
Eyes Of A Stranger
DAVE BICKLER:
Caught In The Game
Burning Heart
Eye Of The Tiger
ALLE:
American Nights
Fotos © by Jan Heesch (Rock Genuine Magazin)