KISS - Hannover

Konzert vom 05.06.19
Hannover, Expo-Plaza

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KISS

Benannt nach Superhelden aus Marvel-Comics und Kabuki-Masken in Kombination zu Fantasy-Trash-Pseudonymen schufen sie bereits in den 70er Jahren eine zeitlose Legende. The Demon, The Starchild, The Spaceman und The Catman wurden für die seit Bandgründung stetig wachsende Anhängerschaft, weltweit (als die KISS-Army bekannt) unanfechtbarer (Musik)- Kult! Im Rahmen einer 'End Of The Road-Worldtour' verabschieden sich KISS nach 45 Jahren voller Höhen und Tiefen endgültig aus dem Rock n' Roll-Geschäft und somit von ihrer weltweiten Anhängerschaft. Wie eines der Bandmitglieder im Vorfeld bekanntgab, „sind die Zeiten schwerer Metall- Rüstungen ab einem gewissen Alter vorbei...“ Immerhin wiegen diese robusten Kampfmonturen durchschnittlich um die 20 Kg, was keine unerhebliche Belastung für Liveauftritte darstellt. 45 Jahre Rock n' Roll haben Spuren hinterlassen, verständlichermaßen auch bei KISS. Nun ist es Zeit für die geschminkten Herrschaften wie angekündigt in Rente zu gehen, aber nicht, ohne ein allerletztes Mal an mindestens einem halben Dutzend speziell auserwählter Örtlichkeiten ein gewaltiges Feuerwerk der Superlative steigen zu lassen. Zahlreiche Fans auf dem Expo-Placa-Gelände fiebern der Session gespannt entgegen mindestens jeder zweite trägt ein Shirt mit vier Buchstaben, denen der heutige Tag gehört. KISS haben unzählige Rockfangenerationen beeinflusst und werden es weiter tun selbst wenn sie nicht mehr aktiv sind.  
Nach Leipzig, München, Essen und Berlin steht Hannover auf dem Plan, worauf sich meine Wenigkeit seit mindestens knapp einem gefühlten Jahr wahnsinnig freut! Ihr kennt das ja selbst: Mindestens eine Band aus der Big-Player-Riege die fehlt, gibt es immer. Für mich waren es - bis auf den heutigen Tag: - KISS. Umso mehr steigt die Freude auf diesen innig herbei gesehnten Livegig. Das weiträumige EXPO-Placa-Gelände bietet einen phantastischen Anblick. Für den Hunger zwischendurch gibt’s Original VW-Currywurst wofür beim Verkäufer auf dem Gelände schon mal dreist nen Fünfer pro Portion (ohne Pommes!) verlangt wird, auch die Getränke auf dem Festivalgelände sind mit 5 Euronen für den Becher preislich schon recht happig angesetzt. Dieses Preismuster gehört bei derartigen Großevents zur Normalität, um den astronomischen Kostenaufwand für einen Megaseller wie KISS wirtschaftlich ausgleichend zu decken.  An einem solchen Tag sind erwartungsgemäß ihre Idole vergötternde Fans unterwegs, die aufwändig geschminkt in teurer Edel-Montur (Glanzanzug und Plateaustiefeln) im unverzichtbaren Stil der großen Originale auf dem Festivalgelände auszumachen, die sich bei solcher Gelegenheit vor dem Auftritt für ein lockeres Nebenbei-Erinnerungsfoto ablichten lassen. Alles kein Problem, solange das Wetter mitspielt - weder Sturm noch Hagel, Regen, geschweige denn locker die 30°-Grenze überschreitende Hitzetemparaturen, die nur Sonnenanbeter und Solariumsüchtige brauchen, dafür angenehme 21° im Schatten und dazu leichter Wind, - Traumhaft!

Bevor der lange 'Rock n' Roll-All Nite'-Express mit ca. sechzig Minuten Verspätung startet, gibt’s zur Auflockerung ein Vorprogramm zwecks Einstimmung der zahlreichen Gäste. Rock’n’Roll Action Maler David Garibaldi lässt im Freestyle-Painting binnen der nächsten fast 60 Minuten Häupter von Alice Cooper, Steven Tyler, Mick Jagger sowie die von Künstlern der Bands Alice Cooper, Aerosmith und Rolling Stones sowie die von ihnen beeinflussten KISS per Leinwand und Stift lebendig werden, Danach kommt endlich die KISS-Army zu ihrem Recht. Nichts gegen Moderne Kunst auf der Bühne, aber allmählich steigt die Ungeduld trotz aller Herumtänzelei begleitet von Anfeuerungsversuchen der ohnehin bereits eingestimmten Fans in schrägen eher zum Schreien komischen Haltungen des künstlerisch begabten Farbverteiltechnikers im Publikum. Je weiter sich das Vorprogramm in die Länge zieht, desto später entfaltet sich der Abend. Es ist mitten in der Woche. Viele Besucher wollen aus berechtigtem Grund wenn sie nächsten Tag raus zur Arbeit müssen, verständlicherweise während der Nacht den Heimweg antreten.

Zunächst tönt der LED ZEPPELIN-Klassiker 'Rock n' Roll' vom Band, womit eigentlich alles gesagt wäre – - KISS haben in ihrer Karriere nie etwas anderes zelebriert und verkörpert als klassischen - Rock n' Roll (!)  im hardrocklastigen Stil. Hannover kommt in den Genuss der gleichen Setlist wie München, d. h. Volles Programm das auswahltechnisch fast keinen Wunsch offen lässt. Einen zwar schon, doch erst am Ende offenbart sich die Überraschung.

Fantasiekostüme, Schminke, Plateaustiefel und Feuernde Gitarren
Rein optisch fällt zunächst der Blick auf die im Krieg der Welten-Outfit sichrecht beeindruckend dekorierte Riesen Festivalbühne.

Deutlich dröhnt eine verzerrt heißere Ansage der Stadt Hannover gefolgt vom berühmten Spruch aus den Lautsprechern: „All... right... Hannover - You wanted the Best , - You got the Best, - the hottest Band in the World... - KISS!“ Mit der locker aus dem Bauch heraus geäußerten Einschätzung auf die Frage, welches Stück wohl als Opener kommen dürfte, liege ich in Bezug auf 'die heißeste Band der Welt' exakt richtig: - „Detroid Rock City“ lässt drei achteckige Hebebühnen mit der Gitarrenfraktion im UFO-Outfit herab sinkend begleitet von gewaltigem Krachen der Pyros ehe sie ohne ihre Piloten nach oben zur Decke (gen Himmel) entschweben in Null komma nichts alle Dämme brechen!

Die vier gesetzteren unter dem KISS-Logo firmierenden Herrschaften Stanley/Thayer/Simmons/Singer im Glamour-Outfit einschließlich Plateaustiefeln in Maskerade stehen obwohl Paul Stanley's Organ phasenweise enorm heißer klingt, gut im Saft. Sämtliche Posen des dynamisch zu Werke gehenden US-Vierers sitzen am richtigen Platz, obwohl Stanleys Organ scheinbar so heißer wie es vereinzelt klingt, mit Erkältung zu kämpfen hat,  schafft es der Enthusiasmus eines sehr textsicheren Publikums, dass die Band nach kräften Mitsingend unterstützt, den erlebnisreichen Abend prächtig auszufüllen. 

Umrahmt von Pyro-, Lichteffekten und Feuerfontänen (die mehrfach schießende Gitarre nicht zu vergessen!) liefern KISS anschließend ihre Show der Superlative inklusive selbst nach 45 Jahren aktiver Rock n' Roll-Karriere immer noch raumhaft sicher wie am ersten Tag sitzender Posings. Dass hier gestandene Profis am Werk sind liegt sowohl am Können der Herrschaften die ihr Metier bestens kennen als auch an der Art, Publikumsdialog zu führen sowie einem erstklassigen auf Stadtionrockacts zugeschnittenen Top-Sound. 12.000 Menschen diverser RockFan-Generationen harter Stromgitarrenmusik sind Zeuge eines weiteren tollen Auftritts einer Legende in der EXPO-Placa, deren Bühnenoutfit inklusive Nebel, Brummenden Geräuschen und Flammen-Pyroeffekten der Landung von Außerirdischen gleicht.

Gene Simmons streckt gern mal sein Instrument wechselnd fröhlich gelaunt seine Zunge raus, Paul Stanley und Tommy Thayer lassen die Klampfen röhren, quietschen, kreischen, dass es eine Wonne ist, während Eric Singer viel Druck hinterm Schlagzeug entfacht der seine Vorderleute antreibt.



„Shout it Out Loud“ wird aus voller Kehle mitgesungen, „Deuce“, „Say Yeah“, „I love It Loud“, „Heaven's On Fire“, und ein monströß fett rockendes „War Machine“ beamen das Publikum galaktisch auf Wolke sieben, ehe Gene Simmons berühmte Feuerspuckeinlage vor den drei für Rock n' Roll-Schübe am Fließband sorgenden Rockern „Lick it Up“, „Calling Dr. Love“ und „100.000 Years“ erfolgt, danach geben alle vier Bandmitglieder vor einem staunenden Auditorium Soloeinlagen ihres Könnens. Auch mein verwaschenes und verbleichtes Rock n' Roll-All-Over T-Shirt erstrahlt in hellem Glanz.

Eine Hebebühne befördert die Musiker im Schrittempo traditioneller Hydraulik über die Köpfe des Publikums hinweg, auf ein im wahrsten Sinne des Wortes ganz 'Hohes Niveau' – was dem Stellenwert einer waschechten KISS-Show wenn alle Voraussetzungen stimmen, entspricht. Schlagzeuger Eric Singer macht den Anfang mit seinem Drumsolo,



danach wird amtlich mit „Cold Gin“ weiter gerockt, Tommy Thayer (für 'Space Ace' ins Team gerückt) darf umrahmt von Blitzen vor „God of Thunder“ seiner hochgradig  flexiblen Solierkunst freien Lauf lassen,



bis Gene Simmons' im Rahmen seiner Solo-Inszenierung mit ausgebreiteten Fledermausflügeln zum berühmten Axt-Bass greift, um Blut spuckend seinen lautstark umjubelnden Teil der grandiosen Show beizutragen,



ehe „Psycho Circus“ bzw. „Let Me Go, Rock n' Roll“ den roten Faden einschließlich kombinierter Gitarren/Bass-Soloeinlage zwischen Gene und Paul, ehe das berauschende „Love Gun“-Virus freigesetzt wird, wobei Paul mehrfach seine Gitarre abfeuert.



„I was made for Lovin' You“ bringt verstärkt Bewegung auf den reichlich gefüllten Platz, der weltbekannte Megahit löst sogar bei bis dato gar keine Aktivität zeigendem Volk Bewegung aus, das wie versessen auf dieses eine Stück fixiert ist, wodurch sich Komik zum Paradoxum erhebt.

Viel Kohle für eine handvoll weniger Momente einer von Anfang bis Ende restlos begeisternden vor besonderen Momenten prickelnden Rock n' Roll-Show hinblättern, um dem alleinigen Augenblick entgegen fiebernd, dieses Stück zu erleben und hinterher auf die Frage, was an der KISS-Show am besten gefiele, ausgerechnet die unsäglich verpoppte Nervtablette als Antwort... geben! Typisch. Tja, ja, das Genre parodiert einmal mehr sich selbst... Immerhin tut es der Tatsache keinen Abbruch, das Bandleader Paul Stanley seinen Solopart auf einer kleineren Bühne im Zentrum des Platzes, in den Fokus des Geschehens rückend bei „Love Gun“ und „I was Made For Loving You“ in vollen Zügen geniesst.



Nach„Black Diamond“ ist offiziell Schluß, ehe das Publikum die vier geschminkten Herrschaften lautstark Zugabe fordernd auf die Bretter zurück bittet. Keineswegs überraschend sitzt Eric Singer am Piano, um die Herzen zahlreicher Liebespaare auf dem Platz mit der Ballade „Beth“ höher schlagen zu lassen, da fließen auch so manche Tränen. Rock n' Rollig verrückt bringt „Crazy, Crazy Nights“ dem Platz zum austicken, ehe bei unsterblichem Partyklassikeralarm in Form von „Rock n' Roll All Nite“ Konfettischnipselstürme und Bälle über das Gelände ins Publikum fliegen.

Leider bleibt die Hommage an unser aller Lieblingsmusik 'God Gave Rock n' Roll Too You' (im Original von der britischen Rockband ARGENT auf dem 2. Album 'In Deep' veröffentlicht), 1991 durch Gene Simmons und Paul Stanley zusammen mit den Musikern bzw. Produzenten Russ Ballard und Bob Ezrin für den Filmsoundtrack zu Bill & Ted's Bogus Journey verwendet), außen vor, während sie piepsend vom Band läuft, statt zum gediegenen Bombast-Ausstieg ladend, um das geflashte Publikum auf den Heimweg zu schicken. Einzig 'Strutter' fehlt(e), ungeachtet dessen sind KISS ihrem gewaltigen Top-Ruf wie so häufig gerecht geworden. Mit diesem wirklich denkwürdigen Abgang eines meisterhaft inszenierten Rock n' Roll-Entertainment-Spektakels aller feinster Sorte der maskierten Legende ging in Hannover ein kleiner Traum für mich in Erfüllung. Ein Jahr darauf gefreut, - und nichts bereut.

Die Setlist der vier KISSualisten auf der Expo-Plaza:
Rock and Roll (abgespielt vom Band) (Led Zeppelin-Song)
1. Detroid Rock City
2. Shout It Out Loud
3. Deuce
4. Say Yeah
5. I Love It Loud
6 Heavens On Fire
7. War Machine
(Gene spukt Feuer)
8. Lick it Up
9. Calling Dr. Love
10. 100.000 Years
(Eric Drum Solo)
11. Cold Gin
(Thommy Gitarren solo)
12. God of Thunder
(Gene bass solo)
13. Psycho Circus
14. Let Me Go, Rock n' Roll
15. Love Gun
16. I was Made For Lovin' You
(Paul Gitarren-Solo im Publikum)
17. Black Diamond
Zugabe:
18. Beth (Eric Singer am Piano)
19. Crazy, Crazy Nights
20. Rock and Roll all Nite
God Gave Rock 'n' Roll to You II (abgespielt vom Band)

Über 2 Stunden bombastisches Rock n' Roll-Bühnenfeuerwerk, die sämtliche Erwartungen an eine wahre Hard Rock-Legende erfüllten.

„Alles, was wir in den vergangenen vier Jahrzehnten aufgebaut und erreicht haben, wäre ohne die Millionen von Menschen weltweit nicht möglich gewesen, die in all diesen Jahren Clubs, Arenen und Stadien füllten. Die Tour wird ein ultimatives Fest für diejenigen werden, die uns schon einmal live erlebt haben und eine letzte Chance für die, die es bisher noch nicht geschafft haben. KISS-Army, wir sagen Lebwohl auf unserer finalen Tour mit unserer bisher größten Show und gehen auf die gleiche Art, auf die wir gekommen sind... unverfroren und unaufhaltsam“, heißt es laut einer Pressemitteilung seitens der Band (nachzulesen unter folgender Quelle: Wizard Promotions).  Dem wäre nichts mehr hinzuzufügen.

Froh darüber, diese letzte sich bietende Chance KISS endlich einmal live zu erleben nicht ungenutzt gelassen zu haben, wirkt der phantastische Auftritt in Form eines supergigantischen Rock n' Roll-Feuerwerks des New Yorker Vierers mehrere Tage später immer noch gewaltig in mir nach.

Ein ehrliches von Herzen kommendes DANKE geht an die Herren Singer/Stanley/Thayer/Simmons, ihr habt euch würdevoll von euren Fans verabschiedet, - Rock n' Roll All Nite!

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