ROCK HARD FESTIVAL 2019



ROCKHARD FESTIVAL Gelsenkirchen (Amphietheater) 07.06.19 
Bands: VULTURE, CHAPEL OF DISEASE, THE IDIOTS, TYGERS OF PAN TANG, LIZZY BORDEN, WATAIN 

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ROCK HARD FESTIVAL

Leider hat die Bahn Verspätung, weshalb ich VULTURE bei deren Albumpremiere vor heimischer Kulisse und die Death Metaller CHAPEL OF DISEASE auf die ich mich im Vorfeld sehr freute, uneingeplant verpasse (Shit!) , um auf dem Festivalgelände angekommen, etwas in Eile mein Ticket lösend am frühen Abend bei einer gewissen im Ruhrpott weit mehr als nur lokalen Status besitzenden Punklegende einzusteigen...

WATAIN 21:30 – 23:00 Uhr
LIZZY BORDEN 19:45 – 21:00
TYGERS OF PAN TANG 18:15 – 19:15
THE IDIOTS 17:05 – 17:50
CHAPEL OF DISEASE – 16:00 – 16:40
VULTURE 15:00 – 15:40

Scharfe Tigerkrallen und die Frau mit der Axt...

THE IDIOTS
Ab 1978 datiert, gehören THE IDIOTS zu den dienstältesten Punkbands und sind unverzichtbarer Teil gelebter Ruhrpottgeschichte. Mit ihrem reichlich bunt gewürfelten Sammelsurium schräger keinen Augenblick an Gesellschaftskritik sparender Geschichten des Alltags heizen sie ihr Publikum beständig auf. dabei sorgen sie ein ums andere Mal für Verblüffung.



Sir Hannes Schmidt gebärdet sich auf den Brettern als derbe Rampensau wie sie im Buche steht, wirft sich alle Regeln der Kunst beherrschend in diverse Posen. Aggressiv-bissig, dreckig, mitreissend, elektrisierend wie ein Blitz mit kurzen Momenten der Ruhe hallt sein räudiges Organ wie ein Echo durchs Ambiente. Ein solches Frontmann-Original wünschten sich viele dem waschechten rauen Straßenpunkrock verfallene oder den Stil schon lange nicht mehr derart heftig zelebrierende Combos nur allzugern. Die Axtfraktion rifft sich mit brachialer Urgewalt durch den Set, Schlagzeugsound passt auch, jau, - da ist viel Bewegung drin!

(Mit Ausnahme der Ansagen) keine Sekunde still stehend schafft es der zum Energiebündel mutierende Mikroschwinger herrlich fiese, heitere oder verzerrte Grimassen schneidend mit rauem Organ bei aberwitzigem Bizrarrpossenrepertoire inklusive purer Provokation die auf den Dortmunder Punkfünfer steil gehende Fanmasse dauerhaft bei Laune zu halten, ohne dass es peinlich wird – that's real and dirty Rock n' Roll – Folks!

Nach der knackigen Visitenkarte von The Idiots kommt anschließend ein ganz dickes Doppelpack, auf das ich mich schon lange sehr gefreut habe. Was wäre ein gutes Metal-Festival ohne zeitlosen NWOBHM-Kult? Beim ROCK HARD in Gelsenkirchen würde gewaltig etwas fehlen. Etwa gegen 18:15 Uhr betritt ein ganz heißes Eisen das keinen NWOBHM-Fan der etwas auf sich hält, kalt lässt den Bretterwald, es handelt sich um die...

TYGERS OF PAN TANG
die Raubkatzen teilen mächtige Krallenhiebe ins weite Rund aus. „Only The Brave“ vom aktuellen 2016er-Album sorgt für den passablen Einstieg. Danach folgt ein früh gebrachtes Fünferpaket, - „Love Don't Stay“, „Lonely at the Top“, „Gangland“, Euthanasia“, „Take it“ dass für dauerhaft ansteigenden Stimmungsschub im textsicheren Publikum sorgt. Der kleine angenehme Abkühlung bringende Regenschauer kommt zur richtigen Zeit, um die Akkus nach zu viel Bullen-Hitze vollständig aufzuladen, im Anschluß des wohltuend kühlenden Schauers lugt die Sonne wieder lächelnd aus den Wolken hervor. An der ultimativen Stadion-Hymne „Keeping Me Alive“ führt kein Weg vorbei, das Ding ist im Studiomodus ein gewaltiger Hammer und killt live genauso heftig! Die TYGERS... sind bissig, ihre Äxte röhren kernig, wozu der maßgeschneidert druckvolle die Vorderleute zu Höchstleistungen antreibende Schlazeugpunch von Craig Ellis seinen Anteil beiträgt.

Jacobo Meille brüllt wie ein Löwe. Seit dem Einstieg bei der wiedererstarkten NWOBHM-Kultband ein Sechser im Lotto für die TYGERS holt stimmlich aus sich heraus, da sitzt jeder Schrei am richtigen Fleck; der sympathisch vielseitige Stimmbandästeht sorgt in eleganter Gentleman-Optik in Weste und feinem Tigermuster-Langarmhemd für die mit Abstand eleganteste Optik am Festival-Freitag. Bandgründer Rob Weir bildet mit Gitarrenkomparse Micky Crystal ein top eingespieltes Duo, auch die Rhythmussektion in Person des früheren-BLITZKRIEG bzw. THE ALMIGHTY Bassers Gavin Gray und Drummer Craig Ellis lässt überhaupt nichts anbrennen. Selbst zwischendrin im Set eingebaute kurze Soloeinlagen von Drummer Craig Ellis und Gitarrist Micky Crystal werden respektvoll im Fanpulk gewürdigt. Songmaterial jüngerer TYGERS OF PAN TANG-Alben („Glad Rags“, „Devil You Know“), stinkt in einer phantastischen Songauswahl kein Gramm gegen die Mehrzahl nostalgischer NWOBHM-Klassiker ab. Die NWOBHM-Institution liefert einen ihrer besten von der Fanschaar kräftig abgefeierten Gigs ever. - Phantastisch!

Den furiosen Schlußdreier begonnen mit dem Rock n' Roll-Bonbon „Suzie Smiled“, gefolgt von  „Hellbound“ und „Don't Touch me There“ am Schluß auspackend, holen die Tigers schwer von zahlreich versammelter Fangemeinde abgefeiert zum letzten Krallenhieb aus, der deutlich auf Angriff geht. Hinterher nach Vorstellungsende sind sich viele einig: War das ein Klasse Gig am Rhein-Herne-Kanal, darauf ein kräftiges Prosit – auf die nächste Session mit den TYGERS..! Bestens eingestimmt auf Kommendes liegt ein mächtiges Kribbeln in der Luft, was durchaus berechtigten Grund hat:

LIZZY BORDEN
Darauf haben sich nicht wenige Oldschooler gefreut, (zumal die lange angekündigte Show der US-Horror Shock-Rock/Metaller eine ganz besondere ist. Zum ersten Mal seit langer Zeit stehen LIZZY BORDEN für ihre einzige Deutschlandshow im Rahmen ihrer 'My Midnight Things'-Tour 2019 in Gelsenkirchen auf der Bühne. „Unser Lizzy“ wie ein freundlicher Schreiber-Kollege den Maestro obskurer Horrorblutorgien liebevoll nennt, hat es einschließlich Crew immer noch drauf. Als Rhythmussektion sind Joey Scott Harges an der Kesselwerkstatt - Marten Andersson bedient den Bass aktiv, die Sechssaitige Riffs und Soli nach allen Seiten austeilende Kampfaxt führt der vormals in vielen Bands u. a. HEATHEN; VICOUS RUMORS, nach wie vor bei den Power-Thrashern CONSFEARACY mitwirkende Ira Black. Die Murderess Metal-Roadshow aus den Staaten macht vom Start weg alles richtig. Dabei schaffen es die Amis, den starken Tygers of Pan Tang-Gig, der schon viele nach ihnen folgenden Combos locker in die Schranken gewiesen hätte, nicht nur deren gewaltiges Stimmungslevel zu halten, sondern sogar noch zu übertreffen! Vielleicht spielt der auch der Extrabonus einer einzigen Deutschlandshow eine gewichtige Rolle - wie auch immer – LIZZY BORDEN ist nicht nur ein begnadeter zwischen erstklassigem Hardrock und Heavy Metal auf vielseitigem Niveau pendelnder Shock-Rock-Entertainer, der in eine Reihe mit ALICE COOPER, TWISTED SISTER, WASP und KISS gehört, darüberhinaus auch ein Künstler mit sensibler Eigenstilnote, der genau weiß, was er will. Auch wenn heute nicht mehr „Council For The Calderon“ mit der Axt in den Händen performt wird – so ist es immer noch der gleiche Lizzy, dessen auffälliges Erscheinungsbild einst von seiner Wuschelmähne in den 80ern geprägt heute Rabenschwarz mystische Finsterlanghaaroptik trägt.

Im dämonischen Finsterhöllenfürstenkostüm die Bühne betretend richten sich schnell alle Augen auf ihn. Now, it's Show Time! Es ist seine Zeit, sind seine 90 Minuten - 35Jahre Heavy Metal History (nicht erst seit legendärer Murderess Metal Roadshow) die ein sehr gut ausgewähltes Best Of-Programm ausfüllt, dass alle Anwesenden für eiserne Treue belohnt.



Daran lassen der Einstieg des aktuellen Hit-Hammers „My Midnight Thing“dem nach „Abnormal“ mutigerweise „Obsessed with You“ folgt nicht den geringsten Zweifel, die Euphorie in Gelsenkirchen ist gewaltig! Vorhang auf für zwei Stunden Hardrock/Heavy Metal der Extraklasse! Egal was auch kommt - „Love Kills“, „Roll Over and Play Dead“, „Eyes of a Stranger“, „Notorious“, „Master of Disguise“, „Under Your Skin“... alles wird gnadenlos abgefeiert, bei „There Will Be Blood Tonight“ spuckt Lizzy seine Axt in der linken haltend, so heftig viel Kunstblut, das es über die Köpfe und auf die Kleidung der vordersten Köpfe innerhalb ausgelassen feiernder Fanreihen tropft. Shirt waschen oder Blut drauf lassen? lautet hier die Frage!

Sicher vermisst seien wir spätestens an dieser Stelle angelangt, ganz ehrlich so mancher Maniac (mir geht’s nicht anders) langjährige LIZZY BORDEN-Fan zwischen drin Kracher vom Typ „Give Em The Axe“, „Psychopath“ „Outcast“, „Flesh Eater“ oder „Warfare“, doch dafür müssten LIZZY BORDEN mindestens zwei Stunden Zeit zur Verfügung stehen – wenn dass mal ausreicht. Alle genannten 80er-Perlen in Ehren - gibt es an der Songauswahl gemessen an heutigen Umständen, unter Berücksichtigung des aktuellen Band Line Ups gar nichts zu bekritteln. Sound, Licht und Performance stimmen, somit wird der Gig rückwirkend als besonderes Highlight in die Annalen der Geschichte des beliebten
3-Tage-Festivals im Ruhrkohlenpott am Rhein-Herne-Kanal eingehen.

Zu „American Metal“ wo der Maestro sich demonstrativ in Doppelfahne BRD und Sternen-Banner der Vereinigten Staaten von America hüllt, geht das Publikum nocheinmal richtig exzessiv steil, danach wird mit „Long May They Haunt Us“-starkes Kraftfutter vom abermals zwischen Melodischer Gitarrenbreitseite, elegant flankierenden Keyboardsilhouetten und knalligen Drums Kraftfutter vom in Fankreisen nicht unumstrittenen eher Hardrock lastigen Album ausgeschenkt, ehe das fette Klassikerdoppel mit der Protest-Hymne „Me Against The World“ und dem Speedgewitter „Red Rum“ für einen Abschluß der Extraklasse sorgt.

The power's in the crowd,
Cause we all,
we all love it loud We love it loud
We all need - American Metal
Through in through - American Metal
You've got to bleed - American Metal
Red, white and blue - American Metal

LIZZY BORDEN zogen folgende 15 Trümpfe aus dem Ärmel:
1. My Midnight Things
2. Abnormal
3. Tomorrow Never Comes
4. Obsessed With You
5. Love Kills
6. Roll Over and Play Dead
7. Eyes of a Stranger
8. Notorious
9. Master of Disguise
10. Under Your Skin
11. There Will Be Blood Tonight
12. American Metal
13. Long May They Haunt Us
14. Me Against The World
15. Red Rum

WATAIN

markieren bedrohlich wütende Stimmung im Amphietheater verbreitend einen ungewöhnlichen Abschluss des ROCKHARD-Freitags. Düstere Intros, harte Knüppelattacken, sakral ausgelegte Atmosphärenvorhänge... bei den schwedischen Anti-Kosmisch-Luciferianischen Black Metallern  geht es zum einen sehr mystisch-geheimnisvoll, teils von grenzwertigen Inhalten geprägt zu. WATAIN polarisieren auch beim ROCK HARD FESTIVAL wenngleich sie durch ihren gestiegenen Bekanntheitsgrad mittlerweile nicht mehr ganz so tief im black metallischen Underground verwurzelt sind, wie zu früheren Zeiten. Immerhin gelingt es der Band ihre diabolischen Messages unters Volk zu bringen, dabei das entsprechend intensiv nachhallende Atmosphärenlevel aufzubauen. Trockeneisnebel und eine häufig in rotorange, blau und violettes Licht getauchte Bühnenbeleuchtung tragen ebenfalls ihren Anteil für eine Untermalung der 90-Minütigen WATAIN-Show bei.



Jedenfalls geht es im sich bildenden PIT zu Nummern vom Typ „Furor Diabolicus“, „Sacred Damnation“, „Storm of the Antichrist“, „The Child Must Die“, „Towards The Sanctuary“ oder „Underneath the Cenotaph“ amtlich ab. Frontmann Eric Danielsson ausdrucksstark charismatisch wirkende Gestik inklusive dazugehörig boshafte Mimik wissen zumindest das auf WATAIN-schwörende Die Hard-Fanklientel zu überzeugen.



Vollständig räumen die Schweden nicht ab, obwohl im Rund amtlich der Beelzebub kreist, steht dennoch am Ende die nüchterne Bilanz: Im Direktvergleich haben BEHEMOTH (siehe Rock Hard-Festival 2018) mit ihrem obskur-okkulten Trip in tiefe Gefilde Ägyptischer Mythologie mehr überzeugt und somit die Nase vorn.

Schlußbetrachtung:
THE IDIOTS waren ein interessantes Erlebnis, TYGERS OF PAN TANG haben eine saubere ihrer Bandgeschichte würdige zu den besten zählende Performance hingelegt, mein absolutes Highlight waren LIZZY BORDEN und WATAIN habem die von ihnen erwartete Düsterheimer-Session geboten. Ich wurde nicht enttäuscht, die Entscheidung für den Freitag war trotz Zugverspätung und Killer- Schlußdoppels ANTHRAX/POSSESSED am Sonntag richtig – beide Acts wurden vor nicht allzulanger Zeit im Rahmen von Festivals mitgenommen, weil es die Entscheidung zwischen einem der drei Rock Hard-Festival-Tage zu wählen, sehr erleichterte.

Aufgrund wichtiger privater Verpflichtungen ist dieses Jahr bedauerlicherweise kein vollständiges Pfingst-Wochenende in Gelsenkirchen drin. Der ROCK HARD-Freitag war den Besuch wie so häufig wert, es hat sich gelohnt. Ergo: Gelsenkirchen bis zum nächsten Mal... dann hoffentlich falls möglich, wieder das komplette Programm. - Let's gettin' Rock Hard!