CORRODED – Frankfurt/M.
Konzert vom 16.11.19
Supp.: MILE
Dem Greta-Effekt mal gefolgt und mit der Bahn angereist, da es an einem Freitagabend eh keinen Sinn macht, im Frankfurter Kultviertel Sachsenhausen auf einen Parkplatz zu hoffen. Und was kommt raus? – Bahn fast pünktlich, aber das Konzert im Elfer fing ohne Vorankündigung 30 Minuten früher an. Ganz großes Kino… Warum ich deswegen u. a. einen Hals bekam, kann man gleich nachlesen.
Über den mitgebrachten Tour-Support MILE war im Vorfeld im Netz nicht viel zu finden. Sie beschreiben ihren Stil selbst als melodischen Metal mit Einflüssen von IN FLAMES und ENGEL. Gerade das machte die Schweden für mich interessant. Dann betrittst du voller Erwartung das Kellerloch, sorry, so muss ich den Elfer einfach bezeichnen (mehr dazu später) und gut 60 Besucher sind da schon vor der Bühne am Toben. Die fünf Jungs von MILE sorgten mit ihren musikalisch breit gefächerten Musikbeiträgen recht schnell dafür, dass mein Frust vom früheren Anfang in positive Überraschung umschlug. Es bleib einem aber gar nicht viel anderes übrig, als sich von dieser Energie, welche die Jungs ausstrahlten, anstecken zu lassen. Extrem tight und selbstsicher agierten die Burschen an ihren Instrumenten, wobei Sänger Marcus Karlsson mit seinen eher rauen Cleanvocals auch keine Schwierigkeiten bei kurzen Shout-Einsätzen hatte. Völlig baff war ich bei der extrem groovigen Crossover Nummer „Burning“ (DYNAZTY treffen auf ROB ZOMBIE). Überhaupt agieren die Schweden in ihren Songs stets genreübergreifend (Heavy Rock, Melodic Power Metal, Melo Death), dass du fast schon gezwungen warst, das Geschehen auf der Bühne nicht nur visuell genau zu verfolgen. Keine Ahnung, wie lange die Show gedauert hat, mich haben die vier oder fünf erlebten Songs dermaßen geflasht, dass ich mir unmittelbar nach Setende ihre bislang einzige erschienene CD „The World In Focus“ (für nur 10 €!) zugelegt habe. Gut, dass ich gleich hin bin, denn der Run auf den Merchstand ließ nicht lange auf sich warten.
In Schweden sind CORRODED, nachdem ihre Songs „Time and Again“ für die schwedische Version der TV-Show „Survivor“ als Titelsong und „Age of Rage“ im Computerspiel „Battlefield“ Verwendung fanden, überall bekannt. Hierzulande gelten sie immer noch als Geheimtipp, aber die Fanbase ist am Wachsen. Gut 100 dankbare und feierwütige Fans gingen ab dem ersten Song lautstark mit und verwandelten den kleinen Clubraum recht schnell in eine Sauna. Trotz fehlendem Sound von der Bühne her (kein Backline- und Monitorsound durch die Verwendung von In-Ear Systemen) war der Klang aus der Boxen nahezu perfekt und schadete dem treibenden Hard’n Roll des Quartetts (zumindest weiter hinten) in keiner Weise. Frontmann Jens Westin, heuer einmal mehr wieder nicht nur gesanglich in Hochform, kündigte einige Songs mit kleinen Ansagen an. So wären CORRODED u. a. hier, um das Gerücht, der Rock’n Roll sei tot, zu widerlegen, was nachhaltig mit der Performance zum sich anschließenden “Burn” auch gelang. Kurze Zeit später entledigte er sich mit dem Hinweis, dass er dies seit gefühlt 20 Jahren während einer Show nicht mehr gemacht hätte, wegen der stetig steigenden Hitze im Laden seiner Lederweste und seines T-Shirts. Schlagzeuger Per Soläng, der übrigens barfuß spielte, postete dazu später in den sozialen Medien ein Video, in dem er sein klatschnasses Shirt im Backstage auswrang. Mit einem kleinen Fingerzeig in Richtung des Lightjockeys vor der Halbballade „Bleed“, dass es auf der Bühne doch recht dunkel sei, animierte Westin die Fans, für einen Moment ein wenig für Stimmungsbeleuchtung mit Feuerzeugen oder Handys zu sorgen. Immer wieder ein Genuss sind die Twin-Gitarren-Läufe in einzelnen Stücken, die dem Power Rock den metallischen Touch liefern und in “Testament” und “6 Ft. Of Anger“ heute ihren Höhepunkt fanden. Leider wurde der letztgenannte Song vom Outing des Gitarristen Tomas Jacobis überschattet, dass er nach sechs Jahren der Bandzugehörigkeit seinen Ausstieg nach der Tour bekannt gab. Seine freundliche Art und die Mattenkreisel seiner blonden Mähne werden mir in Zukunft definitiv fehlen. Und als wäre das nicht schon genug, kündigte man das offizielle Setende gleich mit an - da waren gerade mal 60 Minuten gespielt. Immerhin durfte sich das aufgeheizte Publikum über die Ein-Song-Zugabe in Form von „Fall Of A Nation“ noch freuen und diese gebührend feiern. Nicht nur ich war nach dieser erneut schweißtreibenden Show der Meinung, dass CORRODED immer wieder einen Besuch wert sind.
Setlist CORRODED:
Age Of Rage
Carry Me My Bones
More Than You Can Chew
Time And Again
Cross
Burn
Breathing
Bleed
Retract And Disconnected
Testament
I Am The God
6Ft Of Anger
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Fall Of A Nation
Nachwort zum Elfer Live Club:
Im Zeitalter der immer weniger werdenden Live Clubs empfinde ich es als eine Frechheit von Seiten des Betreibers dem Publikum und den Bands gegenüber, einen solch versifften Club als Konzertstätte anzubieten. Der Zustand der Toiletten für beide Geschlechter sind eine Zumutung (zu Konzertbeginn kein Toilettenpapier, lose Wasserhähne, Dunkelheit in den Kabinen beim Schließen der Tür, Sauberkeit!? etc.), die Ausleuchtung im Club, sei es Bühnenlicht (Hinweis an den Lightjay: es soll außer rot und blau auch andere Farben geben, immerhin gibt es jetzt LED-Strahler) oder an den dunklen Stufen vor der Bar (LED-Leuchtbänder eignen sich hier bestens zur Minderung der Sturz-/Verletzungsgefahr) sowie die Pflege des Veranstaltungskalenders (inaktueller geht es fast schon nicht mehr, die heutige Veranstaltung fehlte z. B. gänzlich) sind neben nicht vorhandener allgemeiner Sauberkeit im Veranstaltungsraum ein No-Go. Eure Besucher sind Menschen, die Eintritt zahlen und einen gewissen Standard und Sicherheit dafür erwarten dürfen…