HAMMER OF DOOM XIV - Würzburg

11 HOD

Festival vom 15.11. - 16.11.2019
Bands: ATLANTEAN KODEX, THE SKULL, ULI JON ROTH, SCALD, LORD VICAR, ORODRUIN, TANITH, MESSA, MIRROR OF DECEPTION, KHEMMIS, CRESTFALLEN QUEEN, SWALLOW THE SUN usw.

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HAMMER OF DOOM

Welches Festival passt besser zum trüb-nasskalten Novemberwetter als das HAMMER OF DOOM? Die 14. doomlastig wie schon lange nicht mehr bestückte Ausgabe lockte mit erlesenem Billing ausgefallener Art hinein ins bewährte Ambiente. Leider ist die Posthalle Abriss gefährdet, sie soll zukünftig laut Planung an einen anderen Standort verlegt werden, weshalb sich immer noch Möglichkeit bietet, eine Petition gegen die vorgesehene Schließung des alten Standortes zu unterschreiben, um der nicht zwingend erforderlichen Standortverlegung im letzten Moment Einhalt zu gebieten.

H.O.D.-Freitag 15.11.2019

Totenschädel auf dem Schicksalsberg

CRESTFALLEN QUEEN
aus der Baden-Württemberger Landeshauptstadt Stuttgart haben die Ehre das 14. HAMMER OF DOOM zu eröffnen.



Leicht macht es einem die progressive Heavy Doom-Metal-Mischung allerdings nicht, ebenso wenig deren launisch sich gebender Frontfrau. Die CRESTFALLEN QUEEN-Sängerin wirkt wie eine Klein-Ausgabe der ägyptischen Königin Cleopatra auf der Bühne, bissig dreinschauend, anmutig in schlangenartiger Bewegung tanzend, von liebreizendem Gesang abrupt auf brutal agressive Death Metal-Crowls unterlegt von biestiger Mimik und Gestik umschaltend. Dabei sollte sie künftig mehr an ihrem phasenweise doch etwas zu leisen phasenweise stark gegen die Gitarren ankämpfen müssenden Gesang mehr arbeiten.

Giftgrün wie das zeitweise beklemmende Atmosphärentouch erzeugende Licht wirkt der unorthodoxen Musik, die von harrsch vorwärts preschenden Tempoausbrüchen verbunden mit extremen Rhythmuswechseln und melancholisch sanfter bis brutal zorniger Stimmungsfacetten lebt. Zwar fehlt ihnen bislang so einiges an Liveerfahrung, dennoch überzeugen CRESTFALLEN QUEEN mit ihrem obskuren Gebräu. Teile des HOD-Fanklientels. Gegen Ende wird auch der Applaus kräftiger, obgleich dieser Auftritt die Meinungen extrem spaltet. Nun heißt es die künftige Entwicklung dieser stilistisch durchaus interessanten Combo im Auge zu behalten.  



Musikalisch geht das unterkühlte Stimmung verbreitende Grundschema bestehend aus psychedelischem Heavy-, Progressive und Doom Metal inklusive okkult angehauchtem Image hinsichtlich der zum Ende gar nicht einmal so schlechten Resonanz in Ordnung. Auftakt ok. Gespanntes Warten auf die Folgeband:

ORODRUIN
Dem Auftritt von ORODRUIN habe ich bereits im Vorfeld entgegen gefiebert. ORODRUIN bedeutet auf elbisch Schicksalsberg, auch wenn eine andere bekannte dem Wikinger Death Metal verfallene Combo bereits seit Anfang der 90er - (genauer 1992!) den Begriff AMON AMARTH verwendet. Derart Geschwindigkeits forciert geht es bei der nach 16 Jahren langer Wartezeit mit ihrem Zweitalbum „Ruins of Eternity“ aktuell für heftig Wirbel innerhalb der Doom-Szene sorgenden ORODRUIN längst nicht zu, was bei lupenreinem Epic Doom im Prinzip obsolet ist.

Auf die Band haben sich wie das Bild in der Posthalle zeigt, wahnsinnig viele gefreut oder mit Spannung erwartet. Binnen weniger Minuten ziehen ORODRUIN das zeitweise mitsingende im Laufe der Vorstellung „Orodruin, Orodruin“ rufende Publikum vollständig in ihren Bann.

Bassist/Sänger Mike Puleo legt soviel Wärme und Gefühl in seine Stimme, das es ausnahmslos kribbelt. Zusammen mit den zwei fast wie Brüder wirkenden jeweils ohne Haare dafür auf der Bühne stehenden Gitarristen John Gallo im lässigen BLACK SABBATH-Shirt und Nick Tydelski operiert ein bis in jede Faser hochkonzentriert zu Werke gehendes Trio, angetrieben von ARGUS-Drummer Kevin Latchaw, dessen tightes Schlagzeug für kräftigen Punch sorgt. Erstklassig abgemischt versteut der wummernde Sound bittersüßes Gift ergreifender Melancholie.



Bei schweren Epik-Doomschellen Marke „Grave Illusion“ oder „Letter Of Life's Regret“, deren Refrain inbrünstig mitgesungen wird, bekomme ich im gedanklichen Rückblick auf den sich wie schleichendes Gift in der Halle ausbreiteten Doom-Vibe Gänsehaut! Sogar bei schwer sich im Ambiente verteilend raumgreifenden Epic Hämmern mitsamt abrupter Tempo-Verschärfung („Ruins of Eternity“) sorgen die Twingitarren für fett sägenden Groove.



Selten war die Posthalle recht früh bei der zweiten Band am HOD-Freitagabend in Würzburg so zahlreich mit Leuten gefüllt. Im Rahmen des überzeugenden Gesamtpakets in der Tat berechtigt. Stehender Beifall verbunden mit lautstarken Zugabeforderungen bestätigen den eindrucksvollen Job des begnadeten US-Vierers. Sieg auf ganzer Linie!
Der pathetische Abschied „Letter of Live's Regret setzt den Schlußpunkt unter ein superbes Gastspiel der Amis – so geht schleppender Epic-Doom!

Nach dieser eindrucksvollen ORODRUIN-Lehrstunde in Sachen Epischer Zeitlupen-Religionsunterricht ist die Messe gelesen. Was für ein tief unter die Haut gehendes Erlebnis. Großartig! Am Ende geht mir ein bestimmter im Geiste mitgesungener Refrain überhaupt nicht mehr aus dem Kopf:

„Why do we live, in this world of grave illusion
Now we're free, we can turn the night into day
Must we wait, until the end to come together
We're the same, just a flame that burns from inside.“

Nach der ORODRUIN-Messe ist zunächst eine Auszeit fällig. ANTIMATTER sind heute unsere Pausenband.

THE SKULL
legen das vielleicht heavieste Brett aller beiden H.O.D.-Tage auf die Bühne. 40 jähriges Jubiläum der US-Doomrecken TROUBLE sind wahrhaft reichlich gewichtiger Grund, sich rechtzeitig vor der Bühne einzufinden. Sinngemäß dessen gerät diese Special bzw. TROUBLE Gedenk-Show zum Triumphzug! Ihr Kulthammer 'Psalm 9' blickt auf 35 Jahre zurück. Eric Wagner mittlerweile schon deutlich ergraut, singt die alten TROUBLE-Klassiker leidenschaftlich, Ron Holzner lässt seinen alles überfahrenden Bass brutal heftig dazu rattern, Axeman Lother Keller haupt amtlicher Sänger/Gittarist bei den Progstern SACRED DAWN und DIVINITIY COMPROMISED spielt zusammen mit seinem Gegenpart an der Sechssaitigen, Rob Wrong ein brutal hartes zugleich variables Brett, reisst die Gitarre sich in einen gewaltigen Rausch spielend öfter mal bis zum Anschlag hoch und versetzt die auf Traditionsdoom schwörende Anhängerschaft in Hochstimmung.



THE SKULL fahren das gesamte Programm, dass es einem als beinharter Doomlunatic schwindelig wird, alle die's leichter mögen, verlassen ohne Zögern fluchtartig die Halle. Das treue auf knallharten in jeder Form kompromisslos Rübe abschraubenden Doom schwörende Fanklientel wird Zeuge einer meisterhaften Vorstellung, seltener Art, die so schnell vielleicht gar nicht wieder kommt! Bereits nach den ersten drei Songs haben THE SKULL ihre treu auf wirklichen Doom Metal statt irgendwelchem Fusions-Schnickschnack stehende Fanschaar völlig im Griff, die komplett austickt! Soviel 80er-Kult den THE SKULL-Fans an einem denkwürdigen Abend in der Posthalle Würzburg erleben, machen jede Minute zu einem intensiv greifenden Erlebnis. - Hammer!

Kompromisslos alles an die Wand spielender Heavy Metal ungeeignet für Weicheier, Poser, Ignoranten, Pseudos, Mitläufer und Leisetreter, geschaffen für eine schon seit vielen Jahren treu darauf schwörende kleine umso überzeugtere Fraktion, die nach Kräften Headbangend, Faustreckend und jede Zeile im Geiste mitsingend jeden einzelnen Takt sowie jede von Eric Wagner gesungene Note in vollen Zügen auslebend genießt. So geht schwerer seine Bezeichnung völlig zu Recht tragender HEAVY METAL!



Nummern wie „Come Touch The Sky“, „Plastic Green Head“, „The Tempter“, „Assassin“, „Bastards Will Pay“, „Psalm 9“ oder die geforderte und auch erhaltene Zugabe Psychotic Reaction/For Which Those Are Asleep“ sind zeitlos legendäres Doom-Kulturgut auf meisterhaftem Niveau. Bands wie THE SKULL mit diesem erlesenen Special Set, für den sich all diejenigen in den Hintern beissen dürfen, die ihn verpassten, machen das HAMMER OF DOOM schließlich erst zu dem, was es ist!

Das TROUBLE/THE SKULL-Fanklientel tobt, auch beim Verfasser dieser Zeilen, der in Thomas einen fleißigen Mitstreiter findet, springen alle Sicherungen im Dreieck raus. - Momente für die man als Metaller lebt!

Diese Setlist spielten THE SKULL im klassischen 80er-TROUBLE-Gewand und damit die Posthalle gnadenlos in Grund und Boden!
1. R:I.P.
2. At The End Of My Daze
3. Come Touch The Sky
4. Fear
5. Memory's Garden
6. Plastic Green Head
7. All Is Forgiven
8. The Tempter
9. Assassin
10. Revelation (Life Or Death)
11. Bastards Will Pay
12. Psalm 9
Zugabe:
13. Psychotic Reaction/For Those Which Are Asleep/Psychotic Reaction

ULI JON ROTH (Special Gig für HAMMER OF DOOM)
Pünktlich zum Special-Gig des Meisters auf der Himmelsgitarre (Sky Guitar) heißt es wieder zeitig vor der Bühne sich einfinden. Gitarrenlegende ULI JON ROTH & Band harmonieren traumhaft sicher als ganzes, haben die gesamte restlos gefüllte Posthalle binnen weniger Minuten vollständig im Griff, doch diese mit den Jahren zu einer top- harmonischen gewachsene Band besteht nicht nur allein aus Namensgeber ULI JON ROTH, sie hat sich im Laufe der Jahre zu etwas eigenständigem entwickelt. Da sich ULI JON ROTH und Crew nie in ihre Karten schauen lassen, überrascht das Programm einmal mehr, neben SCORPIONS-Klassikeralarm werden mit „Indian Dawn“, „Electric Sun“ und „Just Another Rainbow“ drei ELECTRIC SUN-Goodies angemessen für einen Special-Gig zum Besten gegeben. Dazwischen darf der an ULI JON'S Bruder ZENO gerichtete Tribut auch nicht fehlen. „Don't Tell The Wind“ sorgt für einen weiteren interessanten Farbtupfer im Set, ehe gleich fünf zeitlose SCORPIONS-Klassiker nacheinander „We'll Burn The Sky“ „In Trance“, „Fly To The Rainbow“; Pictured Live“ und „Catch Your Train“ nacheinander folgen, deren Inhalt das kräftig feiernd mitsingende Publikum in einen wahren Tiefenrausch versetzt, die gesamte Halle tobt ausnahmslos bis in die hinterste Ecke, - eine in ihrer Gesamtheit nahezu unglaubliche Liveatmosphären-Struktur!

Jubelstürme Kräftig aufbrandender Applaus wäre deutlich untertrieben, folgen spätestens nach jedem Stück im Minutentakt, Band und Fans machen ein gewaltiges Fass auf, Schweiß fließt in Strömen, Erinnerungen werden wach, wenn fast 50jährige im Herzen jung gebliebene Hardrock und Heavy Metalfans neben zwei bis drei Dekaden jüngerenen Baujahren rocken als gäbe es danach kein Morgen mehr sagt dieses Bild im Prinzip eigentlich alles.



Beim BOB DYLAN Cover „All Along The Watchtower“ gibt’s überhaupot kein Halten mehr, da dreht das Publikum durch, selbiges gilt für die unverzichtbaren Roth-Scorpions-Klassikerperle „The Sails of Charon“. Zwei kräftige Zugaben - „Dark Lady“ aus Uli's SCORPIONS-Phase gefolgt vom Jimi Hendrix (Experience)-Gedächtniscover „Little Wing“ krönen den mit jeder einzelnen Sekunde fesselnden Auftritt einer unglaublich straight aufspielenden Band, angeführt von Gitarrenlegende Uli Jon Roth, deren Line Up herzerfrischend erdigen 70er-Jahre-Rock in zeitloser hochwertig originalgetreuer Form bot, wie ihn zahlreiche Fan-Generationen lieben. Brilliant. Unverzichtbar, Kulturhistorisch wertvoll!

Fazit: Ein phantastisches, den Spirit der 70er-Jahre nicht nur schlicht revue passieren lassend, sondern in die Herzen der Fans transportierendes Gastspiel das mit einer Traumsetlist brillierte, deren Bühnen-Präsentation zu den ultimativen Live-Highlights des Jahres gezählt werden muss!

Setlist:
1. All Night Long (Scorpions song)
2. Indian Dawn (Electric Sun song)
3. Electric Sun (Electric Sun song)
4. Sun in My Hand (Scorpions song)
5. Don't Tell the Wind (Zeno cover)
6. Just Another Rainbow (Electric Sun song)
7. We'll Burn the Sky (Scorpions song)
8. In Trance (Scorpions song)
9. Fly to the Rainbow (Scorpions song)
10. Pictured Life (Scorpions song)
10. Catch Your Train (Scorpions song)
11. Yellow Raven (Scorpions song)
12. All Along the Watchtower (Bob Dylan cover)
13. The Sails of Charon (Scorpions song)
Zugaben:
14. Dark Lady (Scorpions song)
15. Little Wing (The Jimi Hendrix Experience cover)

H.O.D.-SAMSTAG, 16.11.2019

Lordpriesterschaft und Skalden treffen Atlantischen Kodex

Da es mit der Anreise per Zug aus einem in der Nähe gelegenen Ort von Würzburg nicht mehr zeitig klappt, sind nach den Doom Deathern IRON WALRUSS als erste Band am H.O.D.-Samstag TANITH Pflicht.

TANITH
70er Jahre Hardrock steht als erstes auf dem Programm. Kaum eine andere Band versteht es neben den Engländern WYTCH HAZEL so hervorragend Ketten fließender Rhythmuswechsel und Leadsoli-strukturen freizusetzen, wie TANITH, deren tightes Zusammenspiel sofort in den Bann zieht.



TANITH verschmelzen das beste aus den 70ern zu einer mit zeitlosem Rockflair permanent um sich werfenden Melange. Bassistin Cindy Maynard die sich den Gesang mit Russ Tippins teilt, besitzt ein herrlich wohltuend vom Einheitsbrei sich abhebendes rauchig uriges Hippie-Timbre von Carly Simon in ihrer Stimme. Erdiger von klassischem Hardrock beeinflusster WISHBONE ASH, MOUNTAIN, DEEP PURPLE, BLUE ÖYSTER CULT, UFO, URIAH HEEP, THIN LIZZY-Spirit breitet sich virenartig im Ambiente aus. Galoppierende Riffkaskaden lassen es zackig krachen.



„Wings of the Owl“ (Galantia Part 3) setzt soviel berührende Emotionen frei, es weckt phasenweise Erinnerungen zum englischen Pendant WYTCH HAZEL. Ein Fan ruft laut „Dionysos“ als Songwunsch dazwischen, worauf der Ex-PARIAH, Ex BLIND FURY, Ex-TYSONDOG-Axeman (kaum zu glauben, liegt das schon lange zurück, als TYSONDOG ihr 'Beware of the Dog'-Debüt 1983 aufnahmen!) heute bei SATAN aktive Lead-Gitarrist Russ Tippins mit seiner Antwort darauf, den nächsten Song verkündet: „Bevore We Do That, we have a „Mountain“ to climb!
Danach folgt nicht nur allein für den freundlichen Dazwischenrufer der gewünschte„Dyonisos“, (dem Gott der Weintraubenernte, Freuden, Fruchtbarkeit, des Wahnsinns und dem Ecstase-Rausch gewidmet) ehe sich TANITH das beste ganz bis zum Schluß, ihren Überhymnen-Fetzer „Citadel“ (Galantia Part 1) für den wohlverdienten Abgang aufgehoben haben, dessen flottes Finale folgt. Soviel intensiv packend unter die Haut gehendes 70er-Rockflair hat einfach nur gut getan. Perfekter Einstieg in einen abwechslungsreichen Tag der verspricht, hochinteressant zu werden!

MESSA
Nach dem guten Tanith-Einstieg wird es Zeit für italienischen Ambient Drone/Doom der manchmal in Funeral-Ebenen abdriftet, den liefern MESSA richtig überzeugend. Es gelingt dem Italien-Vierer dauerhaft mächtigen Vibratonsalarm einschließlich mystischer den Spannungsfaktor auf das Unbekannte steigernder Atmosphäre zu erzeugen. In ihrer rothaarigen Frontfrau Sara deren voluminöser Wallenlockenmähne nicht nur so manches Männerherz höher schlagen lassen dürfte, haben sie nicht nur einen optisch markanten Blickfang, deren glockenklare Stimme den Songinhalten Gestalt gibt.



Abrupte Stilwechsel geben dem von einem Hauch Obskurität umgebenen auch schon mal Black Metal-Tonfolgen anschlagend sich anschießend in melancholischem Blues ergießende Gebräu eine Besondere Note, der es ebenso wenig an fesselnder Eigendynamik mangelt. Massiv schleppend gedehnt nachhallende Drone-Monolithen („New Horns“, „She Knows/Tulsi“, Hour Of The Wolf“) einschließlich dezent verwendetem Bombast raumgreifender Langzeitwirkung verfehlen ihr Ziel nicht. Die Botschaft bleibt hängen. Jedes Stück dieser begnadten Düsterformation muss man entweder abfeiern oder bis zum letzten Takt auskosten. Dies tut das zahlreiche Doomfanklientel bis zum Schluß. Auch meine Wenigkeit ist von der eindrucksvollen Performance gefesselt. Tiefenmelancholisch, ergreifend.

MIRROR OF DECPTION
legen mit „The Ship Of Fools“ sofort kräftig los, „Ship of Fools“ und „Mirthless“ beleuchten die 'Foregone'-Ära, Mit „Splinters“, „Orphants“ und „At My Shore“ haben es überraschenderweise drei Nummern vom letztjährigen 'The Estuary'-Album-Release in den Set geschafft, die neben dem alten Material durchaus bestehen. Das Publikum braucht zunächst ein ganzes Weilchen länger, bis es auftaut, dies geschieht etwa zur Mitte bei „Vanished“, endlich kommen die gewünschten Reaktionen.



„Soyourner" baut das Stimmungslevel kurz vor Ende noch einmal etwas aus. Für ein recht außergewöhnliches Finale sorgt das in deutsch gesungene „Der Student von Ulm“ - nur eingefleischten Doomern von der 2009 zusammen mit Garden of Worm veröffentlichten Split-EP bekannt, ehe die Esslinger Doom-Crew mit sich und der Welt zufrieden die Bühne verlässt.

LORD VICAR
Gespenstische Stimmung herrscht in der Halle. „Sulphur, Charcoal and Salpetre“ eröffnet das fünfundvierzig Minütige Gastspiel der abermals auf dem HAMMER OF DOOM vertreteten auf Psychedelischen Doom geeichten Finnencrew um Gitarrist Kimi Kärki mit schwedischem Sänger, ehe mit der epischen Düster-Ode an den letzten Tempel-Ritter nachgelegt „The Last Of The Templars“. Frontmann Chritus schaut wie so häufig leidgeprüft drein, doch gerade seine außergewöhnliche Mimik mit epischen Tanzposen zu denen er inbrünstig jede Silbe auskostend singt, machen jeden LORD VICAR-Gig für treue Fans zu einem Geschenk.



Wirklich schlecht löst das Quartett seine Aufgabe nicht, Dank ihrer treusten Fans, von denen LORD VICAR gefeiert werden ist ihnen sicher, während ein anderer Teil der Anwesenden nur still zur Bühne schaut, sich das alles in Ruhe ansieht jedoch keinerlei Regung zeigt. Irgendwie wirken die Finnen nach der langen Tour zeitweise schon ein wenig müde. „Birth Of Wine“ beendet den Set. Zwar gelang ihnen mit diesem Gastspiel kein Überflieger wie 2016 wo LORD VICAR nach überraschenden selbst für die fleißigen Veranstalter kaum verkraftbaren Bandausfällen und eher durchschnittlichen Aufritten zuvor spielender Bands die Kastanien aus dem Feuer holten und einen recht verkorksten HAMMER OF DOOM-Samstag als letzte Hoffnungsträger des Festivals buchstäblich retteten!

Das man innerhalb fünfundvierzig Minütiger Spielzeit nicht den vierzehn-Minuten Mega-Riemen „The Funeral Pyre“ spielen kann, sollten sich jene auf die Stirn schreiben, die am Schluß nach diesem Stück verlangen. Leute denkt künftig vorher etwas mehr nach, ehe ihr im Alkoholrausch bedingt solche vielleicht gut gemeinten, aber völlig unrealistischen Songwünsche äußert. Mit „The Temple In The Bedrock“ wird auch dem aktuellen 'The Black Powder“ Album gedacht, was an sich kein schlechter Versuch ist, mal einen neueren Song, der sich nahtlos ins Gesamtbild fügt einzubauen. Angefeuert von einem gegenüber der treuen der lediglich zuschauenden Anhängerschaft kleineren Treu ergebenen wenn auch recht überschaubaren Fankreis ziehen LORD VICAR in gewohnter Manier ihre dreiviertelstunde bis zum Schluß durch.  Allerdings war dies, zumindest gewinne ich während der Vorstellung diesen Eindruck – nur Probelauf für eine vielleicht schon bald wieder längere Session. Ein ordentliches Gastspiel, deutlich aufzeigte, das LORD VICAR nach langer Tour berechtigtermaßen etwas müde waren (was ihnen auch niemand verübelt), generell weitaus mehr auf der Pfanne haben als sie an diesem wirklich in allen Belangen hochkarätig besetzten Hammer of Doom-Samstag zeigten.

KHEMMIS
legen einen Abriss erster Kajüte hin. Die rockigste aller Doom-Combos springt wie von der Tarantel gestochen ihre Axte im Anschlag über die Bühnenbretter, Gesang, Ansagen und Schlagzeugsound stimmen auch.



Zwar habe ich mir vor lauter heftigem Gitarrenalarm keine Reihenfolge der Stücke gemerkt, doch ist es letzten Endes auch egal, weil vor allem das Feeling zählt, das transportieren die amerikanischen Hippie-Doomer heute bei heftig dynamisch auf hohem Energielevel rausgehauenen Fetzern wie „Candlelight“, „Bloodletting“, „Three Gates“ oder „Maw of Time“ ausnahmslos belebend vital im Gegensatz ihrer zahlreichen Schwermutkollegschaft, wo das Stageacting oft um ein vielfaches gediegener ausfällt. In hervorragend gefüllter Location herrscht eine super Stimmung, womit KHEMMIS durchweg alles richtig gemacht haben. Auch die sich am Ende gebührend von ihrer treuen Anhängerschaft verabschiedende Band weiß, das war eine heftig energiegeladene Show! Besser könnte der Einstimmungsfaktor auf den Rest des Abends kaum sein. Danke für den phantastischen Gig. - Beste Grüße nach Denver, Colorado!

SWALLOW THE SUN
Um für das lange Restprogramm fit zu sein, empfiehlt es sich, den Magen rechtzeitig zu füllen, weshalb wir SWALLOW THE SUN  opfern, um zum großen Schlußfinale mit den bisher noch nie live aufgetretenen Epik-Metallern SKALD und ATLANTEAN KODEX in der Halle zurück zu sein. Ein Auftritt der finnischen Doom-Deather wird bei nächster Gelegenheit nachgeholt!

SCALD
Auf diese außerhalb ihrer Heimat Russland folgende Premiere wartete die zahlreiche Epic-Jüngerschaft bereits sehnsüchtig und niemand wusste so recht zu sagen, wie es werden würde. Original-Sänger Agyl ist 1997 verstorben, danach lösten sich SKALD auf. Insgesamt erinnert ihre Mischung aus Ancient Metal und Doom an MANOWAR und BATHORY, CANDLEMASS, SOLITUDE AETURNUS, MANILLA ROAD, welchen überzeugten Epic/Doomjünger hält es da noch lange auf dem Sitz, wenn es so überzeugt wie in dieser fesselnden Nachtvorstellung von Würzburg?

Noch ehe Russlands Epic-Doomer mit chilenischem Sänger auf der Bühne stehen, ist die Anzahl der SCALD-Shirts so hoch wie den ganzen Tag nicht. Die Russen angeführt vom chilenischen Sänger Felipe Placa der eine superbe Bühnenperformance gibt, das Publikum beständig mit Faustgestik zum Mitmachen auffordert und mit seinem ausdrucksstarken Gesang fesselt, machen so ziemlich alles richtig, schaffen es binnen fünf Minuten sich anschließend mit jeder weiteren Songhymne steigernd die gesamte Posthalle bis zum Schluß auf ihre Seite zu bringen. Mit Sänger Felipe Kutzbach Plaza der u. a. bei PROCESSION und CAPILLA ARDIENTE das Zepter schwingt und bereits auf dem KIT mit SOLSTICE mächtig den epischen Doom-Hammer kreisen ließ, haben die Ancient-Metaller SCALD deren Sänger Agyl 1997 durch ein Zugunglück dahingerafft wurde eine hervorragende Wahl getroffen, wie sie überhaupt nicht besser sein konnte.



Die gesamte Band harmoniert angeführt von einem durch aussdrucksstarke Gestiken, flexibles Gesangsvolumen hoch motiviert zu Werke gehenden Felipe dem das Lampenfieber Anfangs noch etwas anzumerken ist, an diesem unvergesslichen H.O.D.-Abend vorzüglich. Unüberhörbar laut fordernde Scald, Scald, Scald!-Rufe noch ehe die Hälfte vom Set verstrich, sowie ein schrittweise zunehmend gewaltig ansteigendes durch Mark und Bein gehendes den ultimativen Höhepunkt erreichendes Stimmungslevel zeigen, das die Epic Doomfangemeinde auf eine Band wie SCALD lange warten musste. Bassist Velingor und Drummer Ottar legen so ein dichtes Fundament, da passt kein Bleistift mehr durch, das konzentriert zu Werke gehende Gitarrentandem Harald/Karry dem zu Beginn die hohe Anspannung wie der gesamten Band regelrecht auf die Stirn geschrieben steht, lässt die Äxte kraftvoll sägen, röhren, quietschen und Kreischen. Je länger sie auf der Bühne stehen, desto sicherer werden sie. Jeder einzelne Takt versetzt die fast wortwörtlich im Handumdrehen eroberte Posthalle in unbändig fesselnden  Pathos-Taumel. Fans des griechischen UP THE HAMMERS-Festival dürfen schon jetzt dem Auftritt dieser wiedererwachten schon durch ihren einmaligen Stil herausragenden russischen Epic Doom-Legende  gespannt entgegen fiefern. Geduld zahlt sich aus, SCALD belohnen ihre an diesem denkwürdigen Abend erheblich angewachsene Fangemeinde mit einem Hammergig der zum besten des gesamten Festivals wird!

Was immer SCALD bringen, angefangen vom unwiderstehlich sakralen Einstiegsdoppel „Night Sky/In The Open Sea“ über „Eternal Stone“, „A Tumulus“ sowie die gesamte Halle in Ecstase versetztende Doomhämmer „Sepulchral Bonfire“, „Ragnaradi Eve“ bringen den Waräger-Spirit dieser in Russland beheimateten Skalden wirkungsvoll mit mächtig Druck an den Instrumenten auf den Punkt, bis am Schluß ein unbekannter Song folgt, der sich nahtlos ins Gesamtgefüge einreiht. - Überraschung gelungen!

Zahlreich erhobene Fäuste eines stilsicher jeden Takt auskostenden Epic Doom-Fanklientels welche die Band inbrünstig anfeuernd, treu unterstützen, geben ein beeindruckendes Bild. Der Plan ging auf, die Entscheidung für SCALD stellte sich als richtig heraus. Besser als diese hoffentlich künftig wesentlich öfter auf der Bühne stehende Combo kann man - (unabhängig der lange nicht mehr so tief im Basisorientierten Doom verwurzelten ATLANTEAN KODEX) - emotional berührend tief unter die Haut gehenden Epic-Metal nicht spielen. War das ein Fest in der Posthalle!

Danach, soviel ist mir selbstverständlich bewusst, werden sich die Propheten des Atlantischen Kodex mit zahlreichen Hymnen zwar gewaltig strecken, sich keine Blöße mehr geben, doch wer hätte mit einer solch überwältigenden Resonanz bei SCALD gerechnet? Ganz riesengroßes Kino - ultimativer Bringer des Hammer of Doom-Samstages (!) zumindest aus meiner Sicht...
(MT)

ATLANTEAN KODEX
Überraschungen sind geneigte Fans von der Epic Metal-Schmiede ATLANTEAN KODEX gewohnt, jedoch ist der Einstieg mit einem gesprochenen für beklemmende Stimmung sorgenden Outro (!) mal ganz was neues. Statt es am Schluß zu bringen eröffnet das nachdenklich machende, vom Band laufende Sprech-Intro „Die Welt von Gestern“ gleich zu Anfang den Reigen live wie im Studio unschlagbarer Hochkaräter Epic Metal-Hymnen. Nach vier Stücken vom Aktuellen Genremeisterwerk The Course of Empire („The Alpha and the Occident“, „People Of The Moon“, „Lion of Chaldea“ und „Chariots“) ehe die Geister verlassener Küsten („From Shores Forsaken“), mit lautstarkem Bombast die treue jeden Ton leidenschaftlich zelebrierende Fangemeinde zu sich rufen, danach wird’s mit „The Atlantean Kodex“ (Part 1) fließend episch, während die abenteuerliche Wallfahrt des „Pilgrim“ zur Berg- und Talfahrt intensiver Gefühle gerät, bis „He Who Walks Behind The Years“ erneut zeigt, wie prächtig das Neumaterial von der Fangemeinde aufgenommen sich in den Set integriert.


ATLANTEAN KODEX sind wie so häufig eine völlig eigene Liga für sich. Die Menge jubelt dem Kodex zu, feiert, wird von häufigen Ohohohoho-Singalnongs mitgerissen, headbangt, staunt und tanzt, zahlreiche Arme feiern die süddeutschen Atlantean Metaller, deren würdevoll epischer Kodex Riesenstimmung auslöst. Neu ins Team gekommen ist seit geraumer Zeit Gitarristin Coralie Baier die Michael Koch an der zweiten Axt ersetzt, ihren ersten Auftritt für ATLANTEAN KODEX auf dem HAMMER OF DOOM absolviert (die Warm Up-Party vom Stormcrusher-Festival bleibt außen vor, drei Songs mit ATLANTEAN KODEX auf der Bühne, wo sie Kostproben ihres Könnens gab, sind noch lange kein komplett vollständiger Gig!) Stimmbandästhet Markus Becker ist hin und weg von der großartigen der Band entgegenschlagenden Atmosphäre, Manuel Trummer als erster Gitarrist, Bassist Florian Kreuzer und Schlagzeuger Mario Weiss geben heftig Gas reihenweise heroische Singalong-Parts dürfen ebenso wenig fehlen. Die Atlantean Metaller legen sich exzessiv gepusht von großartig mitgehender Kulisse mächtig ins Zeug – die Euphorie bei diesem Fünfer kennt schlicht überhaupt keine Grenzen!

Alles wird bejubelt, gnadenlos abgefeiert von den Textsicheren Fans Zeile für Zeile mitgesungen, da macht es auch den Kohl nicht mehr fett, wenn das Doppel „Sol Invictus“/“Twelve Stars and an Azure Crown“ erst so spät nach hinten geschoben wird, ehe „The Atlantean Kodex Part 2“ und „The Course of Empire“ die Eroberung Würzburgs gelungenermaßen beenden.
Annihilation of Würzburg erfolgreich... The ATLANTEAN KODEX rise...

Die Setlist einer trotz überraschend erhöhtem Anteil neuer Songs restlos beeindruckenden Demonstration soll an dieser Stelle auch nicht fehlen:
Intro (Kassettenband): Die Welt Von Gestern
1. The Alpha And The Occident
2 People of the Moon
3. Lion of Chaldaea
4. Chariots
5. From Shores Forsaken
6. The Atlantean Kodex (Part 1)
7. He Who Walks Behind The Years
8. Pilgrim
9. Sol Invictus
10. Twelve Stars and an Azure Gown
11. The Atlantean Kodex (Part 2)
12. The Course Of Empire

Unsere Tops: ATLANTEAN KODEX, SCALD (grandioser Re-Union-Gig!) - Die Überraschung des Festivals!) , ULI JON ROTH und THE SKULL. Gute Auftritte legten ORODRUIN, TANITH, MESSA, MIRROR OF DECEPTION, KHEMMIS hin, CRESTFALLEN QUEEN forderten zwiespältige Reaktionen heraus,  einen recht ordentlichen Gig legten LORD VICAR hin.

Festival-Nachwort:
Ein großes Lob und von Herzen kommendes Danke geht an das gesamte Veranstalterteam von Oli Weinsheimer, das hilfsbereit freundliche Posthallen-Thekenpersonal, welches fleißige Arbeit am Getränkeausschank hinter der Theke leistete, selbiges gilt für das Garderoben-Team, eine zuverlässige Security muss auch lobend erwähnt werden. Auf ein neues im nächsten Jahr, wenn es wieder heißt – Würzburg doomt - dann hoffentlich noch im alten Ambiente, deshalb an dieser Stelle noch ein dringender Apell: Um zahlreiche Beteiligung an der Unterschriften-Aktion zur Erhaltung des bisherigen Posthallen-Standortes wird gebeten!

Dieser Bericht rückblickend auf ein grandioses HAMMER OF DOOM-Festival 2019 einschließlich phantastischem Billing sowie einigen dazugehörigen Fotos weckt nachhaltig Erinnerungen; weitere Fotos steuerte Melissa Hart bei, hierfür an dieser Stelle ein kräftiges Danke. Es hat heftig gedoomt. Mal schauen, was nächstes Jahr kommt... Folgende Wünschkandidaten für das nächst kommende Billing schweben mir schon vor: AVATARIUM, OGRE, GOATESS, BLOOD FIRE DEATH, CRYPT SERMON, DOLCH, YEAR OF THE GOAT,  CAPILLA ARDIENTE und ein recht bizarrer wohl unrealistisch bleibender Traum wäre der wie lange nun eigentlich schon (?) fällige Headliner-Auftritt von WITCHFINDER GENERAL auf dem HAMMER OF DOOM... 2020?!?

Geschrieben von Michael Toscher
Fotos: Michael Toscher und Melissa Hart

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